Papst Franziskus in Fernost – Tag 3
Die Themen Inkulturation und interreligiöser Dialog standen im Mittelpunkt des dritten Tages von Papst Franziskus in Thailand. Beim Treffen mit den Priestern und Ordensleuten am Morgen waren zudem erneut Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung ein Thema. Franziskus würdigte den Einsatz der Kirchenleute für die Betroffenen. Zugleich rief er dazu auf, mit „heiligem Wagemut“ neue Wege der Verkündigung zu suchen. Das Christentum dürfe nicht länger als eine „Religion der Ausländer“ wirken, lautete seine Botschaft. Bei einer interreligiösen Begegnung am Nachmittag legte der Papst seine „kühne“ Vision vom Miteinander der Religionen dar. Die „Logik der Begegnung und des Dialogs“ solle zu einem „neuen Muster zur Lösung von Konflikten“ werden. Die kurze Rede gehört sicherlich zu den programmatischen Reden des Pontifikats zum Dialog der Religionen.
Mehr Inkulturation wagen
Mut, Freimut, Wagemut und Entschiedenheit, Dialog, Begegnung und Respekt – Das waren die Worte, die den dritten Tag des Papstes in Thailand bestimmten. Sie gehören allesamt zum typischen Wortschatz von Franziskus. Den Auftakt machte er beim Treffen mit Ordensleuten, Priestern und Seminaristen in einem Heiligtum vor den Toren von Bangkok. Mit „etwas Schmerz“ habe er in der Vorbereitung der Begegnung gelesen, „dass der christliche Glaube für viele ein fremder Glaube ist, dass er eine Religion der Ausländer ist“.
Der Glaube müsse ein „thailändisches Gesicht“ bekommen, „was weit mehr bedeutet, als Übersetzungen anzufertigen“, betonte Franziskus. „Es bedeutet zuzulassen, dass das Evangelium sich seiner zwar guten aber fremdartigen Kleidung entledigt, um in der hiesigen, euch eigenen Tonalität zu erklingen“, erklärte das Kirchenoberhaupt. Mit „heiligem Wagemut“ solle die Kirche nach „neuen Wegen suchen“.
Weltkirche muss von Minderheitenkirchen lernen
Ähnlich war die Tonalität beim anschließenden Treffen mit den Bischöfen Asiens. Diese forderte der Papst auf, sich „freimütig“ der Zukunft zu öffnen. Dabei sollten sie sich ein Beispiel an den ersten Missionaren in der Region nehmen. Diese seien nach ihrer Ankunft in die „neuen Realitäten eingetaucht“. Kühn und mutig seien sie gewesen. Sie hätten in der Gewissheit gelebt, „dass kein Mensch und keine Kultur a priori unfähig ist, den Samen des Lebens, des Glücks und vor allem der Freundschaft, die der Herr ihnen schenken will, aufzunehmen“. Sprich, das Evangelium ist für alle da. Das war dann doch eine klare Warnung, sich nicht nur mit Seinesgleichen abzugeben. Auch die Erinnerung der Bischöfe daran, „dass viele eurer Länder von Laien missioniert wurden“ hatte einen mahnenden Unterton. Sie sollten nicht vergessen, „Gott inmitten seines Volkes handeln zu sehen“. Einmal mehr ein Hinweis auf den Glaubenssinn der Gläubigen. „Sie hatten die Möglichkeit, den Dialekt ihres Volkes zu sprechen, eine einfache und direkte Form der Inkulturation, weder theoretisch noch ideologisch, sondern eine Frucht leidenschaftlicher christlicher Verkündigung“, stellte Franziskus und forderte dazu auf, die Würde der Laien zu respektieren und ihr Wirken zu fördern und wertzuschätzen.
Lob und Mahnung steckte auch in der Feststellung, dass die Weltkirche noch viel von den Kirchen der Region lernen müsse, „die ihr in vielen euren Ländern oder Regionen Minderheiten seid, und euch dabei nicht von Minderwertigkeitskomplexen oder Geltungsbedürfnis mitreißen oder vergiften lasst“. Es war eine interessante Erfahrung hier in Bangkok. Die Katholiken sind eine verschwindend kleine Minderheit. Aber die Einrichtungen sind zum Teil beeindruckend und groß etwa das Krankenhaus, das Franziskus gestern besuchte, oder die beiden Schul- und Gemeindezentren, in denen die Veranstaltungen heute stattfanden. Das sind große Anlagen. Hier zeigt sich die kleine Minderheit als selbstbewusster Player im Sozial- und Bildungsbereich. Der Geist in den Einrichtungen, so zumindest die Berichte, ist von Herzlichkeit und Offenheit gegenüber allen geprägt.
Mehr Dialog wagen
Diese Haltung propagierte der Papst am Nachmittag beim Treffen mit Vertretern anderer christlicher Kirchen und anderer Religionen. Seine Ansprache war ein einziger Appell gegen jegliche Form der Abschottung und ein flammendes Plädoyer, sich „mit Entschiedenheit den Weg des Dialogs und des gegenseitigen Verständnisses zu eigen zu machen“. Dann könnten die Religionen viel erreichen, gab sich Franziskus überzeugt. Sie könnten „den vielen Sklavereien“ der heutigen Zeit, wie etwa dem Menschenhandel, ein Ende setzen, einen „ganzheitlichen Humanismus fördern“ und durch Dialog und Begegnung „ein neues Muster zur Lösung von Konflikten anbieten“.
„Die großen religiösen Traditionen unserer Welt zeugen von einem transzendenten und weithin gemeinsamen geistigen Erbe, das solide Beiträge in diesem Sinn anbieten kann, wenn wir nicht die Begegnung miteinander scheuen.“ So begründete Franziskus seine Zuversicht, dass die Religionen zusammen viel bewirken könnten. Der Papst möchte, dass sich aus ersten zaghaften Foren gemeinsamen Wirkens eine große interreligiöse Bewegung entwickelt. Dafür wirbt er, sobald er Vertreter anderer Kirchen und Religionen trifft. Ausgangspunkt ist für ihn die praktische Arbeit etwa für die am Rande der Gesellschaft. Das setzt sich dann fort bis zur „gebotenen Verteidigung der Menschenwürde und Achtung des Rechts auf Gewissens- und Religionsfreiheit“.
Und Deutschland?
Franziskus spricht zu den Menschen in Thailand. An vielen Stellen haben die Worte aber Gültigkeit über das asiatische Land hinaus. Das gilt sowohl für die gesellschaftspolitischen Fragen, als auch die religiösen und innerkirchlichen. Damit lohnt es sich auch in Deutschland, die Texte zu studieren. Was ist ein „deutsches Gesicht“ des katholischen Glaubens, das mehr ist als nur Übersetzung von Texten? Wie steht es um das Engagement der Kirche bei Themen wie sozialer Gerechtigkeit, Menschenhandel sexueller Ausbeutung oder Arbeitsausbeutung? Teilweise stehen diese Fragen auf der Tagesordnung des Synodalen Wegs, der offiziell am 1. Advent beginnt.
P.S. Die Bildergalerie kommt erst morgen.