Papst Franziskus in Fernost – Tag 2
Mit einem eindringlichen Appell zum Kampf gegen die sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern hat Papst Franziskus seinen Besuch in Thailand begonnen. Beim Treffen mit Vertretern aus Politik, Zivilgesellschaft und Diplomatischem Korps kritisierte er „Ausbeutung, Sklaverei, Gewalt und Missbrauch“, denen besonders Frauen und Kinder ausgesetzt seien. Zwar würdigte Franziskus auch den Demokratisierungsprozess. Doch er sparte nicht mit deutlichen Worten, auch bei diesem Thema. Er rief die Thailänder zum Aufbau einer „gerechten, feinfühligen und inklusiven Gesellschaft“ auf. Bei der Begegnung mit dem obersten Patriarchen der Buddhisten Thailands warb Franziskus für eine „Kultur der Begegnung“.
Plage der Ausbeutung, der Sklaverei und des Missbrauchs ausrotten
Wie üblich ist es eine Mischung aus Lob und Mahnung, wenn Papst Franziskus sich mit Vertretern aus Politik und Zivilgesellschaft trifft. Einerseits lobte er die „Rückkehr zum normalen demokratischen Prozess“ durch die letzten Wahlen.Zugleich mahnte er aber, Thailand solle sich „als multikulturelle, durch Vielfalt geprägte Nation“ sehen und „dabei den verschiedenen Kulturen, Religionsgruppen, Philosophien, Gesinnungen Achtung und Hochschätzung entgegenzubringen.“ Auch wenn er die Meinungs- und Religionsfreiheit bei dem politischen Termin nicht eigens ansprach, waren sie doch im Subtext präsent. Etwa als er von einer Einheit sprach, „welche Unterschiede respektiert und aufnimmt“. Deutlich war seine Forderung nach „Zugang zu Bildung, würdiger Arbeit, Gesundheitsfürsorge“ für alle Menschen im Land sowie nach „Schutz der Würde und der Rechte der Migranten und Flüchtlinge“.
Dass Franziskus mehr Einsatz beim Kampf gegen sexuelle Ausbeutung und Menschenhandel wünscht, wurde deutlich trotz seines Lobs für die Anstrengungen der thailändischen Regierung, die „Plage“ der Ausbeutung, Sklaverei, Gewalt und Missbrauch gegenüber Frauen und Kindern „auszurotten“. Er erinnert eigens „an alle jene Frauen und Kinder unserer Zeit, die besonders verletzt udn vergewaltigt werden“. Der Papst rief dazu auf, den 30. Jahrestag der Kinderrechtskonvention in diesem Jahr zum Anlass zu nehmen, stärker den Schutz des Wohls der Kinder, „ihre soziale und intellektuelle Entwicklung, ihren Zugang zu Bildung wie auch ihr körperliches, seelisches und geistiges Wachstum“ in den Blick zu nehmen.
Kritik an Prostiution und Menschenhandel
Das Thema Missbrauch von Jungen, Mädchen und Frauen griff Papst Franziskus am Nachmittag noch einmal bei der großen Messe im Nationalstadion auf. Die Kirche müsse sich besonders um die Betroffenen kümmern, jene, „die der Prostitution und dem Menschenhandel ausgesetzt sind und in ihrer ureigentlichen Würde gedemütigt werden“. Auch die Migranten erwähnte er in diesem Kontext noch einmal eigens, derer sich die Christen besonders annehmen sollten. Ausgangspunkt war für den Papst der Gedanke, dass „missionarische Jünger“ in der Nachfolge Jesu „alles miteinander teilen“ und durch ihr Handeln andere die Nähe Gottes spüren ließen.
Das Evangelium überrasche immer wieder mit Fragen, „die darauf abzielen, zu verunsichern und aufzurütteln“, erklärte Franziskus bei der Messe. So hätten die ersten Missionare in der Region ihre Herzen „für neues Denken öffnen [müssen], das in der Lage ist, Adjektive zu überwinden, die zu Spaltung führen“. Er erinnerte, dass Missionierung immer zwei Dimensionen habe. Beide Seiten lernten voneinander: der Missionierende und die Missionierten. Anlass des Besuchs von Papst Franziskus ist neben der 50-Jahr-Feier der diplomatischen Beziehungen zwischen dem Königreich und dem Heiligen Stuhl das 350-Jahr-Jubiläum des Beginns der katholischen Mission auf dem Gebiet des heutigen Thailand.
Zum Abschluss seiner Predigt betonte Franziskus, dass nicht die Quantität sondern die Qualität entscheidend sei für das Wirken der katholischen Kirche: „Der missionarische Jünger weiß, dass Evangelisierung nicht bedeutet, Mitgliederzahlen zu erhöhen oder mächtig zu erscheinen, sondern Türen zu öffnen, um die barmherzige und heilende Umarmung Gottes des Vaters miteinander zu erleben, der uns zu einer Familie macht.“
Dialog für ein friedliches Miteinander
Beim Treffen mit dem obersten Patriarchen des Buddhismus, Somdej Phra Maha Muneewong, entfaltete Franziskus einmal mehr seine Idee der Kultur der Begegnung und des Dialogs. Es gehe darum, sich in den Unterschieden „gegenseitig kennen und schätzen zu lernen“, um so denjenigen „Mut und Halt zu geben, die immer stärker unter den Konflikten leiden“, erklärte Franziskus. In der Ausübung von „Kontemplation, Barmherzigkeit und Unterscheidung, die unseren Traditionen weitestgehend gemeinsam sind“, könnten die beiden Religionen „in einem Stil guter ‚Nachbarschaft‘ wachsen“, zeigte er sich überzeugt.
Die zahlreichen Begegnungen, die es in den vergangenen Jahrzehnten zwischen Vertretern des Buddhismus in Thailand und des Vatikans gegeben habe, wertete Franziskus als „kleine Schritte“ sowie Zeugnis dafür, „dass eine Kultur der Begegnung möglich ist, nicht nur in unseren Gemeinschaften, sondern auch in unserer Welt mit ihrer starken Tendenz, Spaltung und Ausgrenzung hervorzubringen und zu propagieren“. Der Oberste Patriarch hatte seinerseits auf die lange Freundschaft hingewiesen und von „engen und guten Beziehungen“ sowie einem Ereignis von „historischer Bedeutung“ gesprochen.
Franziskus überreichte dem Patriarchen das Dokument über die „Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt“, das er im Februar gemeinsam mit dem Großimam der Al-Azhar Universität, Ahmed al-Tayyeb, in Abu Dhabi unterzeichnet hatte. Der Vatikan möchte damit erreichen, dass sich auch die asiatischen Religionen dem Engagement für mehr Geschwisterlichkeit und Frieden verpflichten und so eine globale Friedens-Allianz der Religionen entstehen kann. Zum Abschluss segneten sich die beiden Religionsführer gegenseitig, teilte der Vatikan mit.
Mission ist nicht Proselytismus
Das Treffen der beiden Religionsvertreter wird weniger über die Worte als über die Bilder Wirkung entfalten. Einmal mehr wird deutlich, dass trotz religiöser und theologischer Differenzen ein respektvoller Umgang möglich ist. Mehr ist von einer solchen Begegnung nicht zu erwarten. Dennoch ist sie wichtig und zwar vor allem für die lokalen Gemeinschaften im Land. Dass der Papst bei derartigen Anlässen immer wieder unterstreicht, dass es der katholischen Kirche nicht um Proselytismus geht, ist für die Minderheitenkirchen von großer Bedeutung. Oft wird jegliche Arbeit von Seiten staatlicher Stellen oder Vertretern der Mehrheitsreligion kritisch gesehen und als Abwerbung von Gläubigen missverstanden. Das führt dann oft zu Argwohn gegenüber den Katholiken und der Einschränkung der Arbeit. Franziskus ist es daher, wie schon seinen Vorgängern wichtig, hier eine scharfe Grenze zu ziehen. Aktives Abwerben wird abgelehnt, missionarisch Zeugnis geben von der Überzeugung, die die Katholiken in ihrem Handeln leitet, ist okay. Oft ist es ein schmaler Grat. Doch für den Alltag der Katholiken in der Minderheitensituation ist diese Unterscheidung oft überlebenswichtig.
5 Kommentare
„Dass Franziskus mehr Einsatz beim Kampf gegen sexuelle Ausbeutung und Menschenhandel wünscht…“.
er kann gleich im vatikan beginnen. das kapitel in martels sodom zur prostitution ist eindrücklich genug. es sind ja bemerkenswerterweise nicht die liberalen schwulen priester, die zur stazione termini gehen, um dort ihre escorts aufzusuchen. es sind die extremen konservativen und reaktionären.
diese männer brauchen eine therapie, aber nicht eine, die etwa von der homosexualität heilt (das geht auch gar nicht, ist ja keine krankheit, sondern sie ist völlig normal und von gott gewollt), sondern eine heilung von heuchelei und doppelleben. lasst priester heiraten, wenn sie einander lieben! im grunde kann ein intellektuell aufgeweckter mensch gar nicht konservativ oder reaktionär sein.
Nun ja, was die Bekämpfung besagten Missbrauchs angeht, entbehrt die Kritik und Forderung des Papstes an Thailand zu mehr Anstrengung nicht einer gewissen Peinlichkeit. Erfolgsrezepte der röm.-kath. Kirche zum eigenen monströsen Unrat sind jedenfalls kaum vorzuweisen: Täter, Mitschuldige und Vertuscher finden sich sogar im höchsten Klerus. Und eine Erfolgsbilanz in der Bekämpfung kann Franziskus bisher wohl kaum vorweisen…
– Und die Demokratie ? Für die röm.-kath. Kirche intern ein Fremdwort, das nur als Vorwurf an die profane Welt gerichtet wird, während man selbst im Glashaus sitzt. Die Mitwirkung vom Kirchenvolk her, Mitsprache von der Basis, Gleichberechtigung der Frau, Wahlrecht – alles lediglich Heissluft. Aber den Finger ausfahren…
Es hiess doch irgendwo „Ihr alle aber seid Brüder (und Schwestern)“, oder ?
Sie haben zwar im Großen und Ganzen recht, aber zur Wahrheit gehört auch:
Franziskus hat die größte […]* von seinen beiden Vorgängern geerbt – und wären Sie Papst, wären Sie vermutlich genausoweit gekommen wie er. Die Reinigung des Augiasstalls Kirche ist wie die das Putzen der Sphinx mit einer Zahnbürste.
*Der Beitrag wurde wegen des Verstoßes gegen die Netiquette editiert.
„Franziskus überreichte dem Patriarchen das Dokument über die „Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt“, das er im Februar gemeinsam mit dem Großimam der Al-Azhar Universität, Ahmed al-Tayyeb, in Abu Dhabi unterzeichnet hatte. Der Vatikan möchte damit erreichen, dass sich auch die asiatischen Religionen dem Engagement für mehr Geschwisterlichkeit und Frieden verpflichten und so eine globale Friedens-Allianz der Religionen entstehen kann. Zum Abschluss segneten sich die beiden Religionsführer gegenseitig, teilte der Vatikan mit.“
Das wäre sehr wünschenswert. Von ferne erinnert mich das an Hans Küngs Projekt Weltethos. Ich bin mir sicher, dass er sich, wie die überwältigende Mehrheit der Christ*innen, die nicht total geistig verknöchert ist wie die Miniaturminderheit, die nur laut schreit, über diesen Papst froh ist, der so mutig Zeugnis ablegt für die Wahrheit des Christentums.
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