Der Papst und die Heiligkeit

Taugt jeder Mensch zum Heiligen? Grundsätzlich ja, sagt Papst Franziskus. Wie das konkret gelingen kann, dafür hat er jetzt einen Ratgeber vorgelegt: sein drittes Apostolisches Schreiben mit dem Titel „Gaudete et exsultate – über den Ruf zur Heiligkeit in der Welt von heute“. Schon mit dem Titelzitat macht er deutlich, dass ein heiligmäßiges Leben kein Vergnügen ist. Denn das „freut euch und jubelt“ ist den Seligpreisungen des Matthäusevangeliums entnommen und zwar der Stelle, wo es um die Verfolgung derer geht, die Jesus nachfolgen. Christ sein bedeutet, so Franziskus, gegen den Strom des Zeitgeistes zu schwimmen. Heiligkeit im Alltag ist demnach auch eine Form der Entweltlichung. Die Katholiken warnt er vor Überheblichkeit und davor, das soziale Engagement als zweitrangig abzutun. „Wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt“, argumentiert er mit dem Apostel Paulus. Einmal mehr erklärt Franziskus, der Teufel sei kein Mythos oder bloß eine Idee, sondern es gelte, ihm zu widerstehen. Das ganze christliche Leben sei ein Kampf gegen das Böse.

Alle sind zur Heiligkeit berufen. (Quelle: reuters)

Seligpreisungen als Wegweiser

Diese Kampfesrhetorik könnte dem einen oder anderen Leser etwas befremdlich vorkommen. Allerdings ist sie auch nicht so dominant, um die Kernbotschaft des Dokuments zu verdecken. Franziskus möchte eine Hilfestellung geben, wie der „Ruf zur Heiligkeit“, der jedem Menschen gilt, „in der Welt von heute“ gelingen kann. Zentral sind für ihn dabei die Seligpreisungen (Mt 5, 3-12; Lk 6, 20-26) sowie die Gerichtsrede Jesu, die im 25. Kapitel des Matthäusevangeliums überliefert ist. Sie sind für Franziskus der Schlüssel für eine gelungene christliche Existenz. Das machte der Pontifex in den vergangenen fünf Jahren seines Pontifikats immer wieder deutlich. Zusammen mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter gehören die beiden Bibelstellen zu den am häufigsten von ihm zitierten und ausgeführten Erzählungen aus der Heiligen Schrift.

Die Erläuterungen der Seligpreisungen und der Gerichtsrede im dritten Kapitel sind daher das Herzstück des vorliegenden Dokuments. Im ersten der fünf Kapitel legt Franziskus dar, wie die Berufung zur Heiligkeit sich im Alltag auswirken kann und soll. Dabei will er auch die Angst vor Überforderung nehmen, in dem er von den „Heiligen von nebenan“ spricht und mehrfach in dem Dokument deutlich macht, dass die Heiligkeit im Kleinen beginnt. Wie ein roter Faden zieht sich auch die Mahnung durch das Dokument, dass die Grundlage für ein heiligmäßiges Leben eine tiefe spirituelle Verwurzelung ist, das Gebet, persönlich und in der Gemeinschaft, und die Gottesdienste. Es geht also nicht um blinden sozialen Aktivismus, sondern um eine enge Verbindung von Glaube und Leben.

Gegen elitäres Christsein

Interessant ist, dass Franziskus auch in diesem Dokument seine Kritik an neuen Formen des Gnostizismus und Pelagianismus anbringt. Er bezeichnet sie als „zwei subtile Feinde der Heiligkeit“. „Es tut uns nicht gut, von oben herabzuschauen, die Rolle gnadenloser Richter einzunehmen, die anderen für unwürdig zu halten und ständig Belehrungen geben zu wollen. Dies ist eine subtile Form der Gewalt.“ Egozentrische und elitäre Selbstgefälligkeit ohne wahre Liebe führe in der Kirche zu „Gesetzeswahn, der Faszination, gesellschaftliche und politische Errungenschaften vorweisen zu können, dem Zurschaustellen der Sorge für die Liturgie, die Lehre und das Ansehen der Kirche“, schreibt Franziskus. Dadurch drohe die Kirche auf ein Museumsstück und zum Eigentum einiger weniger reduziert zu werden.

Auffallend ist, dass das Papier in einem doppelten Sinn evangelisch ist. Franziskus bezieht das christliche Leben als Weg der Heiligkeit radikal auf das Evangelium zurück, konkret auf die Worte Jesu bei den Seligpreisungen und der Gerichtsrede. Zum anderen betont er die Rechtfertigung allein aus Gnade. Wer meine, nur durch seine Taten erlöst zu werden, ist nach Ansicht des Papstes auf dem falschen Weg. Dann wird die Kirche nämlich zu einer reinen Nichtregierungsorganisation. Umgekehrt ist sei es aber auch schädlich, das soziale Engagement für „oberflächlich, säkularisiert, kommunistisch oder populistisch“ zu halten. An mehreren Stellen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das neue Lehrschreiben auch eine Reaktion auf die Erfahrungen von Franziskus in den vergangenen fünf Jahren ist, etwa auch wenn er seine Forderung nach der Aufnahme von Flüchtlingen mit dem Verweis auf entsprechende biblische Texte wiederholt und dann feststellt: „Es handelt sich daher nicht um die Erfindung eines Papstes oder um eine momentane Begeisterung.“

Über die Rolle der Kirche

Franziskus macht mit dem Dokument einmal mehr deutlich: seine Priorität liegt bei der Seelsorge und weniger im Management der katholischen Kirche. Der Papst als oberster Hirte sorgt sich um die Seelen der Menschen. So könnte man es auch formulieren. Er will, dass sie am Ende im Angesicht Gottes bestehen können. Da werden Dogmen, Kirchenrechtsregelungen und auch die Frage, ob alles rund um den Globus einheitlich geregelt werden muss, zweitrangig. Auch wenn Franziskus mit dem vorliegenden Text eher eine geistliche Orientierung geben will, spricht auch aus diesen Zeilen, wie er sich Kirche in der Welt vorstellt. Schließlich sagt er dem Leser seines neuen Lehrschreibens zu: „In der Kirche, die heilig ist und zugleich aus Sündern besteht, findest du alles, was du brauchst, um auf dem Weg der Heiligkeit zu wachsen.“ Entsprechend muss er dann seine Kirche aufstellen, damit sie die Heiligkeit der Einzelnen fördert und nicht bremst.

Autorenbild

Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

60 Kommentare

  • bernardo
    09.04.2018, 21:46 Uhr.

    „Christ sein bedeutet, so Franziskus, gegen den Strom des Zeitgeistes zu schwimmen. Heiligkeit im Alltag ist demnach auch eine Form der Entweltlichung. Die Katholiken warnt er vor Überheblichkeit und davor, das soziale Engagement als zweitrangig abzutun. „Wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt“, argumentiert er mit dem Apostel Paulus.“

    Hier unterstütze ich die Anliegen des Papstes. Ich hoffe, das mit dem Zeitgeist fließt stärker in sein Pontifikat ein. Es ist auch richtig, gegen einen Neopelagianismus wie ihn etwa Kardinal Kasper vertritt („die Welt wird durch Dialog und Willkommenheißen gerettet werden“), und ein elitäres Christentum, das auch manche „Ultrakonservative“ vertreten, Stellung zu beziehen. Es gibt nur die eine, sichtbare Kirche, keine unsichtbare der „eigentlichen Christen“.

    An einer Stelle eine Anmerkung: Ich bin dafür, den Notleidenden und Flüchtlingen zu helfen. Das bedeutet, die Anregungen von wirklichen Migrationsforschern wie Paul Collier aufzugreifen statt das „survival of the fittest“ zu belohnen.

    • Wanda
      10.04.2018, 18:55 Uhr.

      – Wäre ich noch katholisch, würde ich behaupten: heilig kann doch wohl nur Gott sein…
      Was Menschen (nicht nur Gläubige) angeht, gibt es nur gute und fehlende. Das Attribut böse scheint mir manchmal etwas übertrieben…
      Insgesamt haben wir es wohl beim Wort heilig auch mit einer Inflation zu tun. Und die Kirche wird bestimmt nicht besser durch eine immer höhere Anzahl dieser Heiligen…
      – Wie fragwürdig Heiligsprechungen sind, zeigt z.B. der Hl. Kyrillos, ein fanatischer Eiferer, der seine Stellung als Patriarch nutzte, Pogrome gegen die jüdische Kolonie in Alexandrien zu entfesseln und besonders berüchtigt wurde „Seine Heiligkeit“ dadurch, dass er Hypathia lynchte, eine vornehme Dame und Mathematikerin, die an der neuplatonischen Philosophie festhielt. Sie wurde auf unmenschlichste Weise vom Vorleser Petrus und wilden, unbarmherzig christlichen Fanatikern hingeschlachtet…
      Die Reihe liesse sich beliebig fortsetzen, der Heiligen-Status jedoch wurde solchen Monstern nie in Frage gestellt und noch weniger aberkannt…

      • Silvia
        11.04.2018, 10:30 Uhr.

        Wanda
        10.04.2018, 18:55 Uhr.

        Die Inflation von Heiligsprechungen, die unter JPII eingesetzt hat, halte ich für äußerst fragwürdig.

        Ganz besonders fragwürdig finde ich es, dass heutzutage jeder Papst ein paar Jahre nach seinem Tod heiliggesprochen wird. Diesen Automatismus lehne ich ab, zumal ich den Eindruck habe, dass die zur Legalisierung des Vorgangs behaupteten Wunder oft oder meistens Fakes sind.

      • Peter Werner
        16.04.2018, 0:11 Uhr.

        Das, was Sie hier über den heiligen Kyrillos von Alexan-
        drien behaupten, Aufruf zum Lynchen der Neuplatonikerin
        Hypathia, ist historisch keineswegs gesichert. Es gibt
        lt. Wikipedia, welches bisher nicht unbedingt durch Vor-
        eingenommenheit pro Christentum aufgefallen ist,EINEN Autor (Gibbon 1987), der dies so geschrieben hat und eine Autorin (Walker 1993), welche das übernommen hat und das war es dann. Ansonsten kommt wikipedia zu dem Ergebnis:“Der Hintergrund ihrer (Hypathias) Ermordung ist bis heute umstritten.“

        Darf ich nochmal auf unseren alten Disput zurückkommen
        und ein paar Dinge klären, die Sie zuletzt geschrieben
        haben?

        Das von mir angeführte Zitat (Mt 17,17) sollte nicht Ihre
        These widerlegen, dass die Katholiken alle Brüder und
        Schwestern sind, denn dieser These widerspreche ich ja
        gar nicht. Ich wollte nur veranschaulichen, was Jesus
        sehr wahrscheinlich zu Ihrer ausgeprägten Verstocktheit
        sagen würde, wenn Sie so auf seine Kirche, seine Braut,
        seinen Leib, eindreschen. Und ich bleibe dabei: vom
        Papst bis zu Oma Erna sind wir alle Brüder und Schwestern
        vor Gott, ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht. Es gibt
        keinen Widerspruch zu Jesu Worten. Wer allerdings am
        Buchstaben klebt, wie Sie, muss hier sehen, was er perdu
        sehen will, nämlich einen Widerspruch, aber der existiert
        nur in Ihrem, in diesem Fall im Irrtum befindlichen Denken.

        Und zur Vernunft ist es klar, dass Sie als Atheistin hier
        die uralten (abgedroschenen) Phrasen aus irgendwelchen
        Broschüren der Giordano-Bruno-Stiftung auspacken müssen.
        Das kann ich Ihnen fast nicht übel nehmen, obwohl Sie auch hier auf dem Holzweg sind. Ihre positivistische Vernunft erkennt nur das an, was mit den Mitteln der Wissenschaft erkannt werden kann, alles andere wird als nichtexistent erklärt. Das aber wiederum ist selbst aus Sicht seriöser Wissenschaft falsch. Seriös wäre, wenn Sie sagen würden, hier kommen wir an die Grenze dessen, was wissenschaftliche Methoden beweisen können, ob darüber
        hinaus mehr existiert, darüber kann Wissenschaft nichts
        aussagen. Die menschliche Vernunft aber würde sich selbst beschneiden, wenn sie ihre Grenze in vollkommene Kongruenz zur Naturwissenschaft ziehen würde. Die reli-
        giösen Erfahrungen der Menschheit gehören zum vernünftigen Denken dazu.

        Es ist also überhaupt nicht unvernünftig an Gott
        zu glauben und ein Leben, eine Familie und auch ein Ge-
        meinwesen darauf aufzubauen. Am wenigsten überzeugen mich
        atheistische Konzepte, wenn es um ethische Fragen geht:
        Umgang mit dem ungeborenen, dem kranken,dem behinderten, dem alten,dem irdischen Ende entgegengehenden Leben, Fragen zur Sexualität (alles was im gegenseitigen Einvernehmen geschieht, wird als moralisch okay betrach-, tet), Fragen der regenerativen Medizin (PID, PND, Embryo-
        nenselektion, Leihmutterschaft usw.).

        Wie Sie auf Ihren letzten Vergleich kommen, mit einem
        Bürokraten, dem die Ausführungsbestimmungen wichtiger
        sind als das eigentliche Gesetz, das wissen nur Sie.
        Dieser Satz steht zusammenhanglos zu unserem gesamten
        Disput und Ihren eigenen zuvor gemachten Aussagen […]*
        Die Lehre der katholischen Kirche steht in keinerlei
        Widerspruch zur Lehre Jesu, wie sie im Neuen Testament
        dokumentiert ist, incl. der Nichtzulassung evangelischer
        Christen zum Kommunionempfang. Redliche evangelische
        Christen haben dies auch immer anerkannt. Ihre ganze
        Argumentationskette, @wanda, zielt nur auf eines ab: Sie
        wollen mit demagogischen Mitteln die Hauptbastion gegen
        den Atheismus unserer Tage schwächen und so dieser Ideo-
        logie, also dem aggressiven Atheismus, zu einem Endsieg verhelfen, der, Gott steh uns bei, niemals kommen möge.
        […]*
        *editiert wegen des Verstoßes gegen die Netiquette

        • Wanda
          17.04.2018, 23:37 Uhr.

          Peter Werner 16.04. 00:11
          – Sie haben mich entlarvt…

    • Erasmus
      10.04.2018, 20:38 Uhr.

      @bernardo
      „… einen Neopelagianismus wie ihn etwa Kardinal Kasper vertritt.“

      Gegen diese Stigmatisierung von Kardinal Kasper antworte ich mit Papst Franziskus:
      „»Selig die Sanftmütigen; denn sie werden das Land erben.«
      71. Das ist eine starke Aussage in einer Welt …, wo wir ständig die anderen KLASSIFIZIEREN, nach ihren Ideen und Gewohnheiten bis hin zu ihrer Art zu sprechen oder sich anzuziehen. Letztendlich ist es ein Reich des Stolzes und der Eitelkeit, wo ein jeder glaubt, das Recht zu haben, sich über die anderen zu erheben. Obwohl es unmöglich erscheint, schlägt Jesus dennoch einen anderen Stil vor: Sanftmut.“

  • Silberdistel
    10.04.2018, 10:45 Uhr.

    Wenn ich auf so manche strahlende Fassade schaue, kommt mir oft die Aussage von Matth. 23, 27 in den Sinn: „…Ihr seid wie getünchte Gräber, die von außen schön aussehen, innen aber voll sind von Knochen der Toten und aller Unreinheit“. – Diese Fassaden sieht man oft im materiellen, aber genauso im menschlichen Bereich.
    „Heiligkeit“ ist doch auch nur so eine idealisierte Fassade: Schaut man auch hier näher hin, wie etwa auf das Treiben einiger Kleriker bei deren Exzellenzen und Monsignores man doch noch am ehesten ´Heiligkeit´ vermuten würde, so trifft man allerdings nur allzu oft das Gegenteil der Erwartung: Wie in 2017 etwa auf Homosex- und Drogenpartys im nahen Umfeld des Horts kath. Moral & Sittlichkeit, der rk-Glaubenskongregation. Man trifft auf Kindesmissbrauch oder auf kriminelle und mafiöse Geschäfte in der IOR, der vatikaneigenen Bank. – Tja, der heilige Schein, der auch so manchen angeblich zölibatär lebenen Priester umgibt…
    Jesus Christus spricht in seiner Lehre vom „neuen Menschen“, den es zu erreichen gilt, was 2. Korinther 5,17 vielleicht noch am Besten beschreibt: „Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“.
    Nachdem wir durch Gnade der späten Geburt hinter den vielfältigen gesellschaftlichen Experimenten ohne Gott wie Kommunismus und Faschismus angekommen sind und auf deren Ergebnisse schauen können, nachdem mittlerweile 7 Mrd. Menschen auf diesem Planeten leben, bedarf es in der Konsequenz umso mehr dieses „Neuen Menschen“, – von mir aus dann auch ´Heiliger´ genannt.

  • Eduard Abraham
    10.04.2018, 20:22 Uhr.

    Sehr geehrter Herr Erbacher!
    Liebe Community!

    Kann mir bitte wer erklären, WAS (oder gar: WEN) der Papst meint, wenn er den Begriff „Teufel“ verwendet?

    Und WAS meint er, wenn er den Begriff „das Böse“ verwendet?

    Beste Grüße,
    Eduard Abraham

    (Bitte die Variante nehmen, weil ich auch Herrn Erbacher dazu fragen möchte. Vielleicht kann der mir das ja erklären. Danke!)

    • Silvia
      11.04.2018, 10:33 Uhr.

      Eduard Abraham
      10.04.2018, 20:22 Uhr.

      Der Papst neigt dazu, Begriffe äußerst schwammig und beliebig zu verwenden, deshalb dürfte es schwer sein, genau zu definieren, was er unter „Teufel“ und „das Böse“ versteht.

    • Erasmus
      11.04.2018, 19:05 Uhr.

      „WAS (oder gar: WEN) der Papst meint, wenn er den Begriff „Teufel“ verwendet?“

      Katholisch.de stellte diese Frage im Oktober 2014 dem Bamberger Dogmatiker Jürgen Bründl, der über „Eine Theologie des Teufels“ promoviert hat. Seine Antwort:

      „Der Papst ist jemand … der auch über seine italienischstämmigen Vorfahren sehr in der Volksfrömmigkeit verwurzelt ist. Ich denke, dass seine rhetorischen Formen aus diesem Umfeld kommen. Das betrifft natürlich auch seine Rede von der Hölle und vom Teufel. Ich würde sagen, für den Papst ist der Teufel eine Möglichkeit, ‚böse Strukturen‘ anschaulich zu machen. Und das tut er in der Sprache des Volkes, er schaut den Leuten aufs Maul.“

      In den „Stimmen der Zeit, Heft 3, März 2018“ äußert sich der Jesuit Klaus Mertes zum Papst und dessen Teufelsrede:

      Als Jesuit wäre Franziskus durch die ignatianischen Exerzitien geprägt. „In deren Mittelpunkt steht bekanntlich die ‚Unterscheidung der Geister‘, die Unterscheidung des ‚guten Geistes‘ vom ‚bösen Geist‘.“ Aus der Sicht der ignatianischen Mystik wirken der ‚Geist Gottes‘ und der Widersacher Gottes „durch mociones auf die menschliche Seele ein und kämpfen um sie.“ ‚Mociones‘ sind „Regungen oder auch Bewegungen, spontane Lebensäußerungen, die vor der bewussten Einflussnahme liegen: Gefühle, Stimmungen, Gedanken, Assoziationen.“ Sie kommen „von Gott oder eben vom ‚bösen Feind der menschlichen Seele‘ (Ignatius).“
      Wer an ignatianischen Exerzitien teilnimmt, hat das Ziel, „zu einer eigenen Erkenntnis des göttlichen Willens zu kommen.“ Das unterscheidende, wählende Subjekt hat eine persönliche Verantwortung, die „der Freiheit Gottes und seines liebenden Willens entspricht.“ Es ist aufgefordert, „der Intelligenz des Teufels eine eigene Kompetenz entgegenzustellen.“

  • bernardo
    11.04.2018, 9:49 Uhr.

    @ Wanda: Sie haben recht, es gibt sehr fragwürdige Heilige.

    @ Erasmus: Ich klassifiziere nicht Kardinal Kasper, sondern seine Aussagen.

    • Erasmus
      12.04.2018, 10:48 Uhr.

      @bernardo
      „Ich klassifiziere nicht Kardinal Kasper, sondern seine Aussagen.“

      Papst Franziskus bezeichnet den Pelagianismus als Häresie (GE 35). Für ihn sind jene Christen Neopelagianer, die „den Weg der Anbetung des menschlichen Willens und der eigenen Fähigkeit (gehen wollen); das übersetzt sich in eine egozentrische und elitäre Selbstgefälligkeit, ohne wahre Liebe.“ (GE 57)

      Sie benannten Kardinal Kasper als Repräsentanten des Neopelagianismus. Jenen Kardinal Kasper, den Franziskus dadurch auszeichnete, dass er ihn am 20. Februar 2014 vor dem Konsistorium einen Vortrag zum Thema „Ehe und Familie“ halten ließ. Dies war die Ouvertüre zu den beiden Familiensynoden, die am Ende in „Amoris laetitia“ mündeten.

    • Novalis
      12.04.2018, 13:17 Uhr.

      Doch, hier wird notorisch Kardinal Kasper schlecht geredet.

  • Silberdistel
    11.04.2018, 13:02 Uhr.

    Eduard Abraham
    10.04., 20:22 h
    Zunächst: Von und über ´Gott´ heißt es: „Du sollst dir kein Bildnis noch irgend ein Gleichnis machen, weder des, das oben im Himmel, noch des, das unten auf Erden, oder des, das im Wasser unter der Erde ist“ (Ex 20,4). – Wohl, weil wir als menschliche Wesen ´Gott´ nicht verstehen können und bis heute mit modernster Wissenschaft noch nicht einmal die Grundlage der Schöpfung annähernd verstehen (Quantenphysik). Andere Religionen handhaben das Bildnisverbot übrigens ähnlich oder umschreiben ´Gott´ auch nur mit Metaphern oder andern ´Göttern´.
    Zwar ist beispielsweise im NT, Mt. 1-11, Jesu Versuchung, der ´Teufel´ zumindest mit seinem „bösen“ Wirken recht ausführlich beschrieben. Doch wenn es sich mit ´Gott´ schon so verhält das ER/Es unvorstellbar ist, so wäre es vielleicht anzuraten es genauso mit dem ´Teufel´ zu handhaben. Offenbar handelt es sich bei beidem um Kräfte, die sich menschlichem Verständnis komplett entziehen, so wie er die Schöpfung ansich schon nicht versteht. – Im Zweifelsfall kann man sich also ohnehin nur an dem orientieren, was für den Menschen segensreich, aufbauend und erkenntnisreich ist.

    • Erasmus
      12.04.2018, 10:18 Uhr.

      @Silberdistel

      Nach altpersicher Vorstellung teilte sich die Welt in ein Reich des Lichtes und einen Abgrund der Finsternis. Auf dem Schauplatz Erde tobte der Kampf zwischen Ahura Mazda (Ohrmazd), dem Herr der Weisheit, und seinem Widersacher Angra Mainyu (Ahriman), der die Lüge, das Chaos und die Zerstörung repräsentiert.

      Wer ein dualistisches Weltbild ablehnt, für den ist der Teufel ein Teil der Schöpfung Gottes, und er/sie müsste dann auch eine Aussage darüber machen, in welchem Verhältnis Gott und der Teufel zueinander stehen.

      • Silberdistel
        13.04.2018, 10:32 Uhr.

        Erasmus
        12.04., 10:18 h
        Letztere Frage ist natürlich eine hoch interessante! Fast ungefähr so wie diejenige, die Einstein stellte, ob Gott bei der Erschaffung der Welt eine Wahl hatte. – Doch wäre die Frage was ´Gott´ für das eigene Leben bedeutet, allenthalben nicht noch ein wenig interessanter?

        • Wanda
          16.04.2018, 2:27 Uhr.

          Silberdistel 13.04 10:32
          – A. Einstein stellte in 2 Briefen die von ihm herumgeisternden, angeblichen Äusserungen zu seinem Gottverständnis klar:
          – 1. an den jüdischen Philosophen Eric Gutkind (03.01.1954) ..“Das Wort Gott ist für mich nichts anderes als Ausdruck und Produkt menschlicher Schwäche, die Bibel eine Sammlung erwürdiger aber reichlich primitiver Legenden. Keine noch so feinsinnige Auslegung kann etwas daran ändern“…
          – 2. und in einer Antwort an Joseph Dispentiere New Jersey vom 23.03.1954 stellte er richtig …“Es war natürlich eine Lüge, was Sie über meine religiösen Überzeugungen gelesen haben. Eine Lüge, die systematisch wiederholt wird. Ich glaube nicht an einen persönlichen Gott und habe dieses niemals geleugnet sondern habe es deutlich ausgesprochen. Fall es in mir etwas gibt, das man religiös nennen könnte, so ist es eine unbegrenzte Bewunderung*) der Struktur der Welt soweit sie unsere Wissenschaft enthüllen kann“…
          *) Mit einem Zitat aus seiner „Kritik der praktischen Vernunft“ drückt der Philosoph Kant verblüffend ähnliche Empfindungen aus, nämlich: „Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Erfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir“…
          – Bemerkenswert: ein Erkenntnis-Physiker und ein Erkenntnis-Philosoph aus verschiedenen Jahrhunderten bzw. Epochen auf (Einstein würde sagen) gleicher Wellenlänge…

          • Wanda
            17.04.2018, 16:12 Uhr.

            Wrightflyer: 16.04. 21:51
            – Wo ist das Problem ? Das Datum der beiden Briefe ist doch angegeben. Einstein wurde 14.03.1879 geboren, war also als er sie verfasste um die 75 Jahre alt und starb etwa ein Jahr danach (18.04.1955).
            Man darf also annehmen, dass seine religiösen Ansichten bzw. Überzeugungen in diesem Alter gefestigt waren, wie er sie denn auch in diesen Briefen unmissverständlich klar stellte…

  • Eduard Abraham
    12.04.2018, 13:04 Uhr.

    Danke an alle für die erhellenden Antworten!

    Was mich halt wundert, ist einfach dieser bemerkenswerte Dualismus.

    Dass für uns Menschen „Gott“ immer ein absolutes Geheimnis bleibt … und umso mehr für uns zu diesem absoluten Geheimnis wird … je mehr wir „Gott“ als dieses absolute Geheimnis „erkennen“ … für diesen wunderbaren Gedankengang bin ich Karl Rahner sehr dankbar (sh. Grundkurs des Glaubens).

    Aber Karl Rahner zum Beispiel … ja auch nicht gerade ein unbedeutender Jesuit 🙂 … spricht dabei nie vom „Teufel“.

    Ich halte es da viel lieber mit Goethe: „Ein Teil von jener Kraft, Die stets das Böse will und stets das Gute schafft.“

    Oder mit Konrad Lorenz: „Das sogenannte Böse“ (1963)

    Oder mit dem Tao Te King von Laotse.

    Oder mit Nietzche: „Jenseits von Gut und Böse“

    Oder mit Viktor Frankl: „… trotzdem Ja zum Leben sagen: Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager“ … und hier gerade die „Synchronisation in Birkenwald“

    Bei all denen gibt es keinen Dualismus. Keine anthropomorphe Aufspaltung des – eben erst in seiner GESAMTHEIT heiligen – Kosmos in Gut und Böse. Weil heil = ganz = salam = wohl = Frieden.

    Ich erlaube mir hier auch meine eigene Definition des „Teufels“ darzulegen:

    „Der Teufel ist eine kollektive Projektions-Akkumulation.“

    Und die „Stärke“ des Teufels würde dann einfach davon abhängen, wie groß der Anteil des verdrängten, also unbewussten, Schattens in uns Menschen ist, der dann auf diese kollektive Projektionsfigur eben projiziert wird. Denn diese Figur entsteht erst durch unsere Projektionen. Bzw. aus der Akkumulation der Projektionen von vielen Individuen unserer christlichen Religion. Bzw. aus der Akkumulation der Projektionen von sehr vielen Individuen einer ganzen Religions-Gruppe: Judentum / Christentum / Islam.

    Insofern kann ich mit dem „Teufel“ nichts anfangen. Und mit dem „Bösen“ auch nicht. Sagte nicht Thomas von Aquin schon, dass dem Bösen keine Wesenheit zukommmt?! Dass das „Böse“ eine reine Mangelerscheinung ist?!

    Ich bin da ganz bei Thomas von Aquin. Und bei Goethe. Und bei Konrad Lorenz. Und bei Laotse. Und bei Viktor Frankl. Und beim Zen-Buddhismus eines Daisetz Teitaro Suzuki. Und auch beim Alten Testament. Zumindest bei Jesaja:

    Ich erschaffe das Licht und mache das Dunkel, / ich bewirke das Heil und erschaffe das Unheil. / Ich bin der Herr, der das alles vollbringt. (Jes 45,7)

    Nein, vom Dualismus halt ich echt nix!

    • Silberdistel
      13.04.2018, 10:43 Uhr.

      Eduard Abraham
      12.04., 13:04 h
      Bitte doch um lobende Erwähnung, das ich mich mit meiner Antwort 11.04., 13:02 h, einigermaßen aus der Dualität heraus geredet habe. – Ich finde es schade, das Herr Erbacher als kath. studierter Thologe, sich bis jetzt ihrer Eingangsfrage entzogen hat. Denn die rk.-Kirche betreibt ja bis heute Exorzismus, versteht sogar die Taufe als „kleinen Exorzismus“. Und wenn man den ´Teufel´ austreibt, dann setzt das ja zumindest ein rudimentär vorhandenes Wissen voraus, WAS oder WEN man austreibt, mal abgesehen von dem WIE.

      • Eduard Abraham
        13.04.2018, 17:50 Uhr.

        Ok ich erwähne Sie lobend :-)) Aber Sie waren eh selbst so ehrlich sich einzugestehen, dass auch Sie sich nur „einigermaßen aus der Dualität heraus geredet“ haben. Da waren doch auch noch größere Spuren Rest-Dualismus in Ihrem Post (11.04., 13:02 h) vorhanden. Das ist wie bei diesen Nahrungsmitteln: „Kann Spuren von Nüssen … äh Dualismus enthalten“ :-))

        Das mit dem „Exorzismus“ und gar dem „kleinen Exorzismus“ ist spannend zu lesen … und sehr traurig zugleich. Also wenn das wirklich so passiert. Und dann widerspricht sich die Katholische Kirche hier ja auch selbst. Ist jetzt das „Neugeborene Kind“ ein (Real)-Symbol des „Heiligen“ und der „Ganzheit“ … oder nicht? Wenn es aber heilig ist, warum dann einen Teil davon „austreiben“, also abspalten?

        Nein, der sogenannte „Teufel“ ist mit Sicherheit ein wichtiger Teil „Gottes“! Der weder ausgetrieben, noch abgespalten, sondern ins Bewusstsein integriert werden sollte. In die Ganzheit der jeweiligen Person. Nicht ausgetrieben gehört dieser Teil von uns. Sondern angenommen. So wie C.G.Jung das in seinen Schriften in einem Fort wiederholt und wiederholt und wiederholt.

        In dem Punkt, also bezüglich „Teufel“ und „Exorzismus“, täten der katholischen Kirche wohl noch ein paar Portionen Psychoanalyse mehr wirklich nicht schlecht: Freud, C.G.Jung, Frankl, Fromm, Kohut, Kernberg etc. etc. etc.

        Und Rene Girard („Das Heilige und die Gewalt“, „Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz: Eine kritische Apologie des Christentums“) gehört wohl von Seiten der Katholischen Kirche diesbezüglich auch wieder mehr gelesen. Wobei ich zugeben muss, dass ich mir „Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz: Eine kritische Apologie des Christentums“ selber noch nicht gelesen habe. Wäre aber sicher lohnend für uns alle. Zum tiefereren Verständnis unserer Religion. Dann könnte der Papst vielleicht auch auf diesen Dualismus und auf den „Teufel“ und „Das Böse“ verzichten.

        Oder liest der Papst eh „Rene Girard“? Weiß das wer?

        Außerdem weiß ich ja noch immer nicht, was der Papst mit dem „Teufel“ überhaupt meint?! Vielleicht tue ich Ihm ja unrecht mit meiner „Dualismus“-Unterstellung? Vielleicht meint er es ja ganz anders?! Keine Ahnung.

        Aber ich halte alleine die „Wortwahl“ für problematisch. Weil Sie den Menschen Angst macht vor etwas dem – schon nach Thomas von Aquin – keine Wesenheit, also keine Realität zukommt.

        Also kurz mal Klartext geredet für alle die vielleicht vor „Ihm“ Angst haben, und unsere – diesbezüglich sehr sehr sehr geplagten – muslimischen Mitbrüder tun das ja zu Hauf: HALLO, sowas wie den „Teufel“ und „das Böse“ gibt es natürlich nicht! Oder hat Ihn schon mal wer gesehen, den „Teufel“, den „Satan“? :-)))))

        Da lachen ja die Hühner! Und nicht zu wenig :-))))

        • Eduard Abraham
          13.04.2018, 18:05 Uhr.

          Also „gesehen“ ist dabei natürlich nicht auf einer „Alltagsebene“ gemeint. Sondern auf einer „symbolisch-geistigen“. Aber auch dort natürlich: Teufel? Fehlanzeige!

          Und gibt es da nicht eine Verbindung von „Satan“ und „Dionysos“? Also ein griechischer Gott, der vom Christentum abgelehnt und „bekämpft“ und DAHER zum „Teufel“, also zum „Bösen“ gemacht wurde?

          • Wanda
            14.04.2018, 18:37 Uhr.

            Eduard Abraham 13.04. 18:05 und 10:29
            – Nun, die Vorstellung von Figur und Rolle des Teufels wurde immer gern und mit voller Absicht (wie es die Kirche bevorzugte) den Religionen bzw. Mythologien der antiken Hochkulturen „entliehen“, sei es der bocksbeinige Pan bzw. die Satyrn, oder wie schon die Juden lang zuvor den babylonisch-assyrischen Pazuzu, etc…
            Hatte gleichzeitig den Vorteil, dass man die heidnischen Vorstellungen und ihre Götter oder Halbgötter den eigenen Gläubigen verächtlich als böse, d.h. eben abgrundtief teuflisch darstellen konnte. Bestens kalkuliert.
            – Bleibt allerdings die ketzerische Frage: da angeblich alles und jedes von Gott kommt bzw. von ihm erschaffen wurde, müsste das ja logischerweise auch für den Teufel und das Böse zutreffen, oder ? Kam also durch oder mit Gott auch das Böse in die Welt ?
            Abgesehen davon, wenn das kein Dualismus sein soll:
            – hier Gott (das Gute) – dort der Teufel (das Böse) als sein Gegenspieler.

        • Erasmus
          14.04.2018, 22:06 Uhr.

          @Eduard Abraham
          „Außerdem weiß ich ja noch immer nicht, was der Papst mit dem „Teufel“ überhaupt meint?!“

          Ich denke, dass Sie hier genau richtig ansetzen. Ich schlage vor, das, was Guardini zum Phänomen der Engel geäußert hat, analog auf das Phänomen Teufel anzuwenden.

          Nach Romano Guardini kommt Engeln als Gestalten aus der heiligen Welt allein schon deshalb ein Stellenwert zu, weil „Menschen von einem religiösen Rang, wie die Lehrer des Alten und Neuen Bundes“ (Engel. 2016, S. 76), etwas erfahren haben und darüber sprechen, was sie Engel nennen. Diese artikulierten Erfahrungen bezeugen Wirklichkeit.

          Auch wenn die Bezeichnung „Teufel“ für viele aufgeklärte Christen aus der Zeit gefallen ist, sollte man sich dennoch fragen, welche Wirklichkeit denn gemeint war oder gemeint ist, wenn „Teufel“ in biblischen Kontexten oder im Vokabular des Papstes auftaucht.

          Ich habe am 11.04. dargestellt, wie die Theologen Bründl und Mertes das Sprechen des Papstes vom Teufel deuten. Ein weiterer Ansatzpunkt wäre, sämtliche Textpassagen, die das Wort Teufel enthalten und die Franziskus in seinem bisherigen Pontifikat geäußert hat, zusammenzustellen und hermeneutisch zu analysieren. Der direkteste Weg wäre, dem Pontifex einen Brief zu schreiben und ihn um Erläuterung zu bitten.

          • Eduard Abraham
            16.04.2018, 21:53 Uhr.

            @Wanda:

            Sie schreiben: „Bleibt allerdings die ketzerische Frage: da angeblich alles und jedes von Gott kommt bzw. von ihm erschaffen wurde, müsste das ja logischerweise auch für den Teufel und das Böse zutreffen, oder ? Kam also durch oder mit Gott auch das Böse in die Welt ?“

            Meine Gegenfrage dazu: Und was ist für Sie, dieser „Teufel“ und dieses „Böse“, von dem Sie (sich) fragen, ob es auch von „Gott“ erschaffen wurde? Welcher „Teufel“ den leicht? Und was ist das, das „Böse“?

            Der „Teufel“ und das „Böse“ sind ja zuerst nur mal Wörter. Begriffe. Was meinen Sie mit diesen Wörtern? Mit diesen Begriffen?

          • Eduard Abraham
            16.04.2018, 22:25 Uhr.

            @ Erasmus:

            Was Sie da schreiben finde ich sehr interessant: Ich denke auch, dass hinter dem Begriff „Teufel“ IRGEND-eine seelische Wirklichkeit steckt. Die Frage ist bei jedem einelnen Menschen: welche?!

            Wenn zum Beispiel ein Mensch, der als kleines Kind von seiner Mutter oder seinem Vater schwer seelisch oder gar seelisch-sexuell mißbraucht worden ist, als Erwachsener die Zwangs-Phantasie hat, andere Menschen zu töten, abzustechen, zu erschießen, was auch immer, dann kann es wohl leicht passieren, dass dieser Mensch dahinter zuerst einmal etwas wie den „Teufel“ vermutet.

            Warum? Weil er sein REALES Leiden der Kindheit verdrängt hat … und es Ihm somit nicht bewusst ist, dass er einen unbändigen Hass gegen den mißbrauchenden Elternteil in sich trägt, der sich in einem fort in seinen Zwangs-Phantasien zeigt.

            Wenn es aber dann der „Teufel“ ist, der Ihn diese Phantasien haben lässt, dann wehrt er damit seinen eigenen Hass, ja seine eigenen Mordphantasien ab.

            Ist dieser Hass nun, der hinter diesen Mordphantasien steckt, etwas „Böses“? Nein. Aus der Sicht des kleinen Kindes, das dieser Mensch einmal war, natürlich nicht. Denn ein kleines vollkommen wehrloses Kind, das mißbraucht wird, kann ja gar nicht anders, als den Mißbrauchs-Täter zu hassen. Dieser Hass eines kleinen wehrlosen Kindes, ist eine vollkommen normale seelische Regung. In Psychoanalyse geht es dann darum, dass der Patient sich seines Hasses auf die Eltern bewusst wird. Und wenn das – in einem (sehr) schmerzvollen Erkenntnisprozess – erfolgreich ins Bewusstsein integriert werden kann, dann hören auch die Zwangsphantasien auf. Und dann ist es auch nicht mehr nötig, seinen eigenen Hass irgendwo hinzuprojizieren, weder auf andere Menschen, noch auf eine Figur wie den „Teufel“.

            Drum nochmal meine Definition des Teufels:

            „Der Teufel ist eine kollektive Projektions-Akkumulation.“

            Ad „Ein weiterer Ansatzpunkt wäre, sämtliche Textpassagen, die das Wort Teufel enthalten und die Franziskus in seinem bisherigen Pontifikat geäußert hat, zusammenzustellen und hermeneutisch zu analysieren.“ Ja, das sollte wirklich wer machen! Und dem Papst Franziskus einen Brief zu schreiben halte ich auch für eine sinnvolle Möglichkeit.

            Und noch eine Möglichkeit wäre es, wenn Herr Erbacher bei einem Interview mit Papst Franziskus vielleicht einfach mal genauer nachfragt, wie er das denn so meint mit dem „Teufel“ und dem „Bösen“. Und vielleicht könnte Herr Erbacher dann auch fragen, was der Papst von Rene Girard hält. Und von Freud. Und C.G.Jung. Und Viktor Frankl. 🙂 Und auch auch wie er zum Anti-Dualismus-Vers in Jesaja (Jes 45,7) steht?! Naja, bleiben wohl Wunschgedanken.

            Oder wäre das mal möglich, Herr Erbacher? 🙂

            Beste Grüße,
            E.Abraham

      • Wanda
        16.04.2018, 17:36 Uhr.

        Silberdistel 13.04. 10:43 und Eduard Abraham 17:50
        – Das online-Portal Vatican News informiert:
        Die päpstliche Universität Regina Apostolorum in Rom bietet vom 16.-21.04. ein nichtöffentliches Seminar zum Exorzismus an, welches sich an Priester richtet, die eine Auffrischung ihrer Kenntnisse benötigen. Seit 2000 hätten sich die Bitten um Befreiung von Dämonen verdreifacht, begründete Prof. Pedro Barrajon, Ordenpriester der Legionäre Christi…
        – Deckt sich mit meinen Informationenvor Ort: im Municipio Colon/Queretaro wurde eine speziell für den Exorzismus gebaute und von Armen(!) finanzierte Kirche durch den Regional-Bischof eingeweiht. Grund wie oben: die Dämonen-Besessenheit unter der Bevölkerung hätte stark zugenommen…
        – Interessant dabei auch: die entsprechenden geistlichen Exerzisten und Fachkundigen tragen fast alle Latino-, d.h. italienische oder spanische Namen. Zufall ?
        – Ansonsten erübrigt sich jeder Kommentar…

        • Wanda
          17.04.2018, 0:35 Uhr.

          Pardon, sollte heissen „Exorzisten“…

        • Eduard Abraham
          17.04.2018, 23:13 Uhr.

          @Wanda (16.04.2018, 17:36 Uhr)

          Hier ist für mich zuallererst auch wieder die Frage, was denn mit den Begriffen „Exorzismus“ und „Dämonen“ genau gemeint ist. Ich glaube C.G.Jung hat in seinen Schriften erklärt und beschrieben, was es mit dem Begriff „Dämon“ von Kirchenseite her auf sich hat.

          Zu „Dämon“ gibt es sogar eine ganz gute wikipedia-Seite.

          Aber ganz grundsätzlich denke ich, dass hier die Psychoanalyse im allgemeinen (Freud, Jung, Frankl, Fromm, Kernberg, Kohut etc. etc. etc.) VIEL bessere und wirksamere theoretische Konzepte (und auch Begrifflichkeiten) hat und verwendet … als die katholische Kirche. Nein, das stimmt nicht. Ich WEISS es!

          Aber ich würde manchen Geistlichen, die hier auch für die Psychoanalyse offen sind, nicht mal absprechen, dass Sie mit „Exorzismen“ IMMER nur Unheil anrichten. Aber es wird wohl auch sehr viel Unheil damit angerichtet werden.

          Die Frage ist wohl wieder: wird an den „Teufel“ und das „Böse“ geglaubt … und also auf diese Figur projiziert … und damit etwas abgespalten und verdrängt … oder wird versucht den EIGENEN Hass und die EIGENE Wut ins Bewusstsein zu integrieren.

      • Erasmus
        17.04.2018, 17:57 Uhr.

        @ Eduard Abraham

        „Der Teufel ist eine kollektive Projektions-Akkumulation.“

        Nach dieser Definition wäre der Teufel ein rein psychologisches Phänomen. Theologisch steht für mich die Thematik Teufel im Zusammenhang mit „gefallener Schöpfung“. Der allgütige und allmächtige Gott riskiert eine Schöpfung, in der der Mensch frei ist, das Gute und/oder Böse zu tun. Das von Menschen zu verantwortende Böse kann solch monströse Formen annehmen, dass anthropologische Kategorien zur adäquaten Beschreibung als unzureichend erscheinen und man mit dem Begriff „teuflisch“ zum Ausdruck bringt, dass etwas passiert ist, was das menschlich Vorstell- und Einfühlbare übersteigt. Wenn Gott die Liebe ist, dann wäre der Teufel deren genaues Gegenteil.

        • Eduard Abraham
          17.04.2018, 23:54 Uhr.

          @Erasmus (17.04.2018, 17:57 Uhr)

          Find ich spannend, was Sie da schreiben … und kann auch einiges anfangen damit. Aber ich denke folgendes:

          Wir Menschen können Gott nicht DIREKT „erkennen“. Sondern nur als das absolute Geheimnis …

          … sh. Karl Rahner´s „Grundkurs des Glaubens“ Vierter Gang S. 120 (bzw. S.127): „Eben in diesem Ereignis der absoluten Selbstmitteilung Gottes wird diese Göttlichkeit Gottes als des heiligen Geheimnisses radikale, unverdrängbare Wirklichkeit für den Menschen. Diese Unmittelbarkeit Gottes in seiner Selbstmitteilung ist gerade die Entbergung Gottes ALS des bleibenden Geheimnisses.“

          Aber wenn wir Gott ohne jegliche Abstriche, zu 100% vertrauen, was ja „Adam“ eben nicht tat („Sündenfall“ = Gott NICHT 100% vertrauen) … und Jesus eben schon (= Aufhebung des „Sündenfalls“), dann werden wir von Gott erlöst. Man könnte es auch so ausdrücken: Wenn wir 100% an Gott glauben, ohne Abstriche, dann werden wir von Gott erlöst (sole fide). Weil wir uns eben nicht anmaßen sollten, es besser zu wissen als Gott (sh. „Das Buch Hiob“). Weil uns das als Menschen in diesem unendlichen und ewigen Kosmos einfach ÜBERHAUPT nicht zusteht. Uns kleinen Würmleins vor Gott! 🙂

          Insofern sehe ich es nochmals so: Der Teufel ist weder ein psychologisches Phänomen, noch ein theologisches, sondern es gibt „Ihn“ schlicht und ergreifend nicht. Und zwar GAR nicht.

          Ja, Gott lässt uns – NATÜRLICH – unsere Freiheit, Böses zu tun. Das MUSS sein! Sonst wären wir ja keine Menschen. Denn ohne die Freiheit Böses zu tun, wären wir ja unfreie Roboter, die keinerlei Verantwortung hätten. Insofern: klar, jeder von uns kann Böses tun. Aber das heisst noch lange nicht, dass es deswegen „DAS Böse“ oder den „Teufel“ gibt.

          Kurz: Ja, es gibt natürlich böse Taten. Aber NEIN, es gibt nicht „DAS Böse“ ansich.

          Und auch wenn wir Menschen in unserer Freiheit noch so unendlich Böses tun können (Auschwitz), sind es dennoch immer noch Handlungen von Großgruppen und Einzelpersonen. Und kein Handeln eines „Teufels“ oder eines „Bösen“.

          Kein „Teufel“ bringt Menschen um. Nein, das sind Handlungen von Menschen. Realen Menschen aus Fleisch und Blut!

          In dem wunderbaren Buch „Gottsuche und Sinnfrage“ sprechen Viktor Frankl und Pinchas Lapide hierbei von der „Anthropodizee“. Weil Sie es einfach nur als anmassend empfinden, wenn zuerst Menschen andere Menschen bestialisch und massenhaft ermorden … und dann andere Menschen Gott dafür verwantwortlich machen, sozusagen Ihm die Verantwortung „in die Schuhe schieben“ … nämlich im Sinne der „Theodizee“. Weil das – so meinen die beiden (und ich sehe es genau so) – ist ein „Stehlen aus der Verantwortung“ von UNS als Menschheit und als Einzelmenschen.

          Menschen haben 6 Millionen Juden vergast. Menschen sind dafür verantwortlich, dass im 2. Weltkrieg 60 bis 65 Millionen Menschen einen grausamen Tod fanden. Nicht der „Teufel“. Und schon gar nicht Gott. Es waren wir Menschen selbst! Wir Menschen aus Fleisch und Blut!

          Oder wir Rene Girard es in einem „Zeit-Interview“ mit Thomas Assheuer vom 23. März 2005 ausdrückt (Jesus, unser Sündenbock – Was das Christentum über menschliche Gewalt lehrt):

          „So gesehen, leben wir in einer sehr aufklärerischen Situation. Sie zeigt uns alle möglichen Formen von Gewalt. Es ist unsere eigene.“

    • bernardo
      17.04.2018, 20:41 Uhr.

      @ E. Abraham: Erst jetzt lese ich, dass Sie ähnlich wie ich dem Teufel keine „eigene Wesenheit“ – ich schrieb von „ontologischer Dimension“ – zuschreiben. Ich halte den Dualismus für eine falsche Vorstellung, die auf ältere Traditionen (Zoroastrismus bzw. Manichäismus) zurückgeht. Wie beurteilen Sie die häufige Nennung des Teufels durch Papst Franziskus? Das würde mich interessieren.

  • Novalis
    12.04.2018, 19:14 Uhr.

    Da @bernardo Kardinal Kasper zum wiederholten Male herabsetzt,

    eine Frage an in: Was haben Sie überhaupt von ihm gelesen?

    Und schauen wir doch einmal, was (Semi/Neo)Pelagianismus ist:

    „Diejenigen, die dieser pelagianischen oder semipelagianischen Mentalität entsprechen, verlassen sich, auch wenn sie mit süßlichen Reden von der Gnade Gottes sprechen, »letztlich einzig auf die eigenen Kräfte« und fühlen sich »den anderen überlegen […], weil sie bestimmte Normen einhalten oder weil sie einem gewissen katholischen Stil der Vergangenheit unerschütterlich treu sind«.

    Dennoch gibt es Christen, die einen anderen Weg gehen wollen: jenen der Rechtfertigung durch die eigenen Kräfte, jenen der Anbetung des menschlichen Willens und der eigenen Fähigkeit; das übersetzt sich in eine egozentrische und elitäre Selbstgefälligkeit, ohne wahre Liebe. Dies tritt in vielen scheinbar unterschiedlichen Haltungen zutage: dem Gesetzeswahn, der Faszination daran, gesellschaftliche und politische Errungenschaften vorweisen zu können, dem Zurschaustellen der Sorge für die Liturgie, die Lehre und das Ansehen der Kirche, der mit der Organisation praktischer Angelegenheiten verbundenen Prahlerei, oder der Neigung zu Dynamiken von Selbsthilfe und ich-bezogener Selbstverwirklichung. Hierfür verschwenden einige Christen ihre Kräfte und ihre Zeit, anstatt sich vom Geist auf den Weg der Liebe führen zu lassen, sich für die Weitergabe der Schönheit und der Freude des Evangeliums zu begeistern und die Verlorengegangenen in diesen unermesslichen Massen, die nach Christus dürsten, zu suchen.
    Oftmals verwandelt sich das Leben der Kirche, dem Antrieb des Heiligen Geistes entgegen, in ein Museumsstück oder in ein Eigentum einiger weniger. Dies geschieht, wenn einige christliche Gruppierungen der Erfüllung bestimmter eigener Vorschriften, Gebräuche und Stile übermäßige Bedeutung beimessen. Auf diese Weise pflegt man das Evangelium zu beschränken und einzuschnüren und man nimmt ihm so seine fesselnde Einfachheit und sein Aroma.
    Wenn wir denken, dass alles von der menschlichen Anstrengung abhängt, die durch Vorschriften und kirchliche Strukturen gelenkt wird, verkomplizieren wir unbewusst das Evangelium und werden wieder zu Sklaven eines Schemas, das wenige Poren für das Wirken der Gnade offenlässt. Der heilige Thomas von Aquin hat uns daran erinnert, dass die von der Kirche dem Evangelium hinzugefügten Gebote maßvoll eingefordert werden müssen, »um das Leben der Gläubigen nicht beschwerlich zu machen«, weil sich sonst »unsere Religion in eine Sklaverei verwandeln würde«.“

    Ich erkenne hier eine massive Kritik an rechtskatholischen Gruppen innerhalb (Petrusbruderschaft, Benedikt XVI. und seine Anhänger) und außerhalb der katholischen Kirche (Piusse), denen es in einem völligen Missverständnis des Christentums um Pomp und circumstance in der Liturgie geht.

    • bernardo
      13.04.2018, 14:45 Uhr.

      @ Novalis und @ Erasmus:

      1. Hier werden viel stärker als Kardinal Kasper andere Kardinäle schlecht geredet, Kardinal Müller, Kardinal Sarah, die vier Dubia-Kardinäle. Man drohte den verstorbenen Kardinälen Meisner und Caffara sogar mit dem Höllenfeuer wegen ihrer abweichenden Meinung.

      2. Kardinal Kasper war doch der Kardinal, der sich abfällig über seine afrikanischen Kollegen geäußert und dann bestritten hatte, diese Äußerung getätigt zu haben. Als dies mittels Tonbandaufnahmen widerlegt wurde, behauptete er, er habe von der Aufnahme nichts gewusst. Als auch das widerlegt wurde, sagte er, er habe „off the record“ gesprochen, obwohl auf der Tonbandaufnahme jeder Hinweis darauf fehlt. (Normalerweise erklärt man dies explizit.) Möglicherweise teilt er die Wahrheitsliebe mit den Kollegen Marx und Bedford-Strohm, die ihre Kruzifixe vor dem Tempelbergbesuch versteckt hatten und dann sagten, die israelischen Behörden hätten sie darum gebeten, was postwendend von den Israelis dementiert wurde.

      3. Die Aussagen Papst Franziskus‘: Ja, es gibt konservative Pelagianer, sogar Benedikt hatte dies kritisiert. Es gibt aber auch einen progressiven Pelagianismus, und wer wollte ernsthaft bestreiten, dass die Aussage, die Welt werde durch Dialog und Willkommenheißen, also durch Menschen, gerettet, Pelagianismus pur ist? Ich würde so eine Aussage von einem mediokren Politiker oder ZEIT-Journalisten oder von einem dieser intellektuellen Dünnbrettbohrer, die inzwischen Professuren der Gender Studies oder Migrationsforschung erhalten, erwarten. Von einem Kardinal der „Sancta Romana Ecclesia“ erwarte ich etwas mehr Substanz.

      4. Ja, die Barmherzigkeit des Papstes hört offensichtlich dort auf, wo es um die Kurie und konservative Katholiken geht. Letztgenannte sind diejenigen, die, abgesehen von den Neugierigen, am ehesten die Papstaudienzen besuchen. So lässt sich auch der eklatante Rückgang der Zahlen erklären: Die wenigsten Gläubigen haben Lust, Geld auszugeben, um sich dann öffentlich abwatschen zu lassen.

      • Jürgen Erbacher
        Jürgen Erbacher
        13.04.2018, 15:51 Uhr.

        Kardinal Kasper hatte in der Tat seinerzeit mit Journalisten gesprochen – und zwar beim Verlassen der Synodenaula auf dem Vorplatz der Audienzhalle als Hintergrundgespräch. Es kam ein weiterer Journalist dazu, der sein Aufnahmegerät in die Runde streckte und dann anschließend aus dem Gespräch zitierte, allerdings auch nur in Bruchteilen. Damit wurde dann der Anschein erweckt, als habe sich Kardinal Kasper in abfälliger Weise über afrikanische Teilnehmer der Bischofssynode geäußert. Man muss also sehr vorsichtig sein in der Argumentation, wenn man sich auf diese Szene bezieht.

        • bernardo
          13.04.2018, 21:49 Uhr.

          Lieber Herr Erbacher,

          “There must be space also for the local bishops‘ conferences to solve their problems but I’d say with Africa it’s impossible [for us to solve]. But they should not tell us too much what we have to do.” So lauten die Worte Kaspers.

          Dazu stellen sich einige Fragen:
          1. Warum geht der Kardinal auf die Probleme Afrikas ein? Hat die deutsche Kirche nicht genügend eigene Probleme?
          2. Kennt der Kardinal die correctio fraterna, die brüderliche Zurechtweisung (die Paulus auch gegenüber Petrus ausgeübt hat) und bestreitet er, dass die Afrikaner dazu berechtigt sind?
          3. Was ist das für ein Konzept von Weltkirche, in der jede nationale Bischofskonferenz eigene Beschlüsse fasst? Geht man jetzt die Irrwege des Anglikanismus und des Gallikanismus? Sollen wir von einem Germanicanismus sprechen? btw, die anglikanische Kirche zeigt, wie es nicht geht.
          4. Warum sind die deutschen Bischöfe so prominent aufgetreten auf der Synode? Welche Macht haben sie außer der finanziellen? Warum sagen die Bischöfe einer sterbenden Kirche ohne nennenswerte geistliche Impulse in der Breite der Kirche – die Ausnahmen existieren natürlich und sind umso mehr zu würdigen – den Vorstehern aufstrebender Kirchen, wie Barmherzigkeit zu defininieren ist?

          • Peter Werner
            14.04.2018, 16:35 Uhr.

            Sehr geehrter @bernado,
            ich kann Sie in Ihrer Argumentation nur unterstützen.
            Kardinal Kasper ist in wesentlichen Fragen kein Segen für
            Glaube und Kirche.

          • Novalis
            15.04.2018, 2:06 Uhr.

            Unter all den grotesken Versatzstücken, die ziemlich unsinnig sind und wenig theologischen Sachverstand aufzeigen, fand ich besonders witzig:
            „3. Was ist das für ein Konzept von Weltkirche, in der jede nationale Bischofskonferenz eigene Beschlüsse fasst? Geht man jetzt die Irrwege des Anglikanismus und des Gallikanismus? Sollen wir von einem Germanicanismus sprechen? btw, die anglikanische Kirche zeigt, wie es nicht geht.“

            „Anglikanismus“ ist letztlich eine Konfession, „Gallikanismus“ hingegen die staatskirchlichen Bestrebungen der im Übrigen katholisch gebliebenen Könige Frankreichs beginnend von Karl VII. bis hin zu Ludwig XIV. Bemerkenswert ist überdies, dass @bernardo ein Schreckgespenst erfinden muss, das es nicht gibt: „Germanicanismus“. Es gibt ja keinen deutschen Bischof, der los von Rom will. Los von Rom wollen ja nur die Piusbrüder. Bemerkenswert ebenfalls, dass er offenbar nicht den Febronianismus kennt; den hätte man wenigstens mit ein bisschen Geschichtskenntnissen zum Popanz aufbauen können. Aber so groß dünkt mir die theologische und kirchengeschichtliche Bildung so mancher nicht zu sein…

          • bernardo
            16.04.2018, 12:38 Uhr.

            @ Novalis: … Der Anglikanismus ist deswegen eine eigene Konfession, weil er sich historisch durchsetzen konnte – im Gegensatz zum Gallikanismus. Der Febronianismus ist mir sehr wohl bekannt, ich selbst habe ihn in diesem Blog an früherer Stelle erwähnt. Warum erscheint mir die Verwendung dieses Begriffs heute als unangemessen? Weil er eng mit der landesherrlichen Autorität der Bischöfe verknüpft war und sich ebenso gegen „Rom“ wie gegen die Autorität des Kaisers stand. Unsere „germanikanischen“ Bischöfe aber fügen sich unter die Autorität der deutschen Politik, sie machen sich zu Sprachrohren der Regierung.

            btw, meine Magisterarbeit behandelte die frühneuzeitliche Geschichte, aber gut, dass wir darüber gesprochen haben.

            * editiert wegen des Verstoßes gegen die Netiquette

      • Suarez
        13.04.2018, 16:31 Uhr.

        Die Dubia-Kardinäle haben keine abweichende Meinung, sondern woll(t)en in brüskierender Art und Weise ihren Ungehorsam als höhere Katholizität verkaufen. Wer hat hier mit Hölle gedroht?

        • Peter Werner
          14.04.2018, 16:31 Uhr.

          Das ist eine glatte Verleumdung. Bitte belegen Sie doch
          Ihre kecke These mit Zitaten aus dem Schreiben der 4 Kar-
          dinäle!

          • bernardo
            16.04.2018, 12:42 Uhr.

            Lieber Herr Werner,

            danke für Ihre Unterstützung. Es muss eine bestimmte Form der Barmherzigkeit sein, die manche Franziskus-Fans veranlasst, sich so unbarmherzig gegenüber Kirchenmännern zu verhalten, die – egal ob man ihre Position teilt – aus Sorge um die Kirche gehandelt haben und denen sogar mit dem Entzug der Kardinalswürde gedroht wurde. ….
            * editiert wegen des Verstoßes gegen die Netiquette

          • Novalis
            17.04.2018, 12:57 Uhr.

            Das ist schlicht die Wahrheit. Diese Kardinäle sind ihrem Gehorsamsversprechen untreu geworden. Jemand, der Argumente bemüht wie: „Ich bin zwar kein Theologe, aber das und das kann nicht sein“ (ja, warum nicht?), sollte vielleicht ein bisschen demütiger sein.

      • Wanda
        14.04.2018, 18:51 Uhr.

        bernardo 13.04. 14:45
        – Wäre ich noch gläubig, würde mich brennend (wie passend) interessieren, welcher Amtsinhaber der Kirche besagten Kardinälen Meisner und Caffara mit dem Höllenfeuer zu drohen könnte bzw. dazu berechtigt ist ?
        Dachte immer, vielleicht inzwischen überholt, die Entscheidung „Himmel oder Hölle“ käme einzig der himmlischen Gerichtsbarkeit zu…

        • bernardo
          16.04.2018, 12:49 Uhr.

          @ Wanda:
          bernardo 13.04. 14:45
          – Wäre ich noch gläubig, würde mich brennend (wie passend) interessieren, welcher Amtsinhaber der Kirche besagten Kardinälen Meisner und Caffara mit dem Höllenfeuer zu drohen könnte bzw. dazu berechtigt ist ?
          Dachte immer, vielleicht inzwischen überholt, die Entscheidung „Himmel oder Hölle“ käme einzig der himmlischen Gerichtsbarkeit zu…

          Liebe(r) Wanda,

          natürlich steht das der himmlischen Gerichtsbarkeit zu. (Übrigens: Selbst wenn Gott nicht existierte, wäre es ein kluges Konzept, diese Form der Gerechtigkeit in höhere, außermenschliche Sphären zu verlagern.)

          Es gibt aber – und jetzt kann ich nur mit Sarkasmus agieren – ein ordentliches und ein außerordentliches Lehramt der Kirche. Das außerordentliche Lehramt übt nicht, wie im Allgemeinen beurteilt, ein Konzil der Bischöfe mit dem Papst aus, sondern einige Blogger. Und natürlich steht über ihnen der Heilige Geist.

        • Novalis
          17.04.2018, 12:58 Uhr.

          Mit der Hölle hat hier niemand gedroht.

  • Eduard Abraham
    13.04.2018, 10:29 Uhr.

    Weil hier Walter Kasper ins Spiel gebracht wurde … und was man schon von Ihm gelesen hat. Da fang ich mal gleich an:

    Für mich ist Walter Kasper`s „Jesus der Christus“ ein einziger Traum von einem Buch!! :-)) WAS für eine Freude dieses Buch gelesen zu haben!! … und immer wieder mal drinnen nachzuschauen :-))

    Da gibt es SO viele Sätze in diesem Buch, die ich mir dick und farbig unterstrichen habe … und die mir weitergeholfen haben in meinem Glauben, aber auch in meinem Verständnis.

    Walter Kasper brachte (mit „Jesus der Christus“) stringentes Sytem in mein Wissen um die Evangelien. Aber gleichzeitig erweiterte er auch das Feuer in mir … bzw. für die Evangelien.

    Ein Klassiker. Ein einfach herrliches Buch über Jesus von Nazareth (den wahren Menschen aus und von Gott) und Jesus den Christus (den wahren Menschen aus und von Gott). Denn die beiden sind eines. Untrennbar. Auch hier kein Dualismus zu finden :-))

    • bernardo
      13.04.2018, 21:50 Uhr.

      Für mich waren die drei Jesus-Bücher Joseph Ratzingers ein größerer geistlicher Gewinn.

      • Novalis
        15.04.2018, 2:00 Uhr.

        Es gibt nur ein Jesusbuch von Ratzinger in drei Bänden, in dem unter anderem Märchen wie der betlehemitische Kindermord als historische Tatsachen verkauft werden, aber Ratzinger mit keinem Wort auf Jesu Wort eingeht, der Vater der Juden sei der Teufel. Ob er wohl gemerkt hat, dass sich da in die Bredouille gebracht hätte, weil er ja alles für historisch hält im Johannesevangelium?

  • bernardo
    16.04.2018, 12:52 Uhr.

    @ Wrightflyer: Soweit ich gelesen habe, war es nicht nur ein einziger afrikanischer Kardinal (in diesem Fall Napier), sondern eine breite Bewegung afrikanischer Bischöfe, die darauf verwiesen, dass sie unmöglich die in ihren Ländern weit verbreitete Polygamie verurteilen könnten, wenn sich die Position Kaspers durchsetzte.

  • Brigitta
    17.04.2018, 16:55 Uhr.

    Ich „beneide“ jeden, der mit den Ratzingerbüchern etwas anfangen kann. Ich kann es nicht und das, obwohl ich mich während meines Volksschullehrerstudiums sehr ernsthaft

    • Brigitta
      17.04.2018, 17:04 Uhr.

      Fortsetzung
      Mit Theologie auseinander gesetzt habe, auch meine Zulassungsarbeit darin geschrieben habe, allerdings die Prüfungen zur Missio canonica erst 5 Jahre später abgelegt habe, weil ich erst dann hinter dem stehen konnte, was Lehre der Kirche ist.
      Aber ich habe das Gefühl, da

      • Brigitta
        17.04.2018, 17:22 Uhr.

        Dass der Teufel hier ein zu großes Gewicht bekommen hat gegenüber der Heiligkeit.
        Wollte eigentlich mehr schreiben, aber meine Hände wollen nicht , deshalb auch die vielen Unterbrechungen

  • Eduard Abraham
    17.04.2018, 23:59 Uhr.

    @Wanda (17.04.2018, 17:07 Uhr)

    sh. meinen obigen Kommentar als Antwort Erasmus (17.04.2018, 17:57 Uhr)

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