Papst: Über Viri probati nachdenken

Papst Franziskus hat erneut bekräftigt, dass man über das Thema „viri probati“ nachdenken müsse, also die Weihe von verheirateten „bewährten Männern“ zu Priestern. Zugleich sprach er sich gegen einen „freiwilligen Zölibat“ für Priester aus. Der Papst äußerte sich in einem Interview mit der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“. Schwerpunkt des Gesprächs ist die Frage nach dem Glauben, nach der Chance, die in Krisen steckt. Immer wieder streift es aber auch aktuelle Fragen. So betont Franziskus, dass er Kardinal Burke „nicht als Widersacher empfinde“. Er spricht über seine Reisepläne für 2017 und lässt dabei wenig Chancen für einen Besuch in Deutschland im Rahmen des Reformationsjubiläums. In dem Gespräch rückt er noch einmal einige Dinge klar. So betont er, dass es ihm in Bezug auf die Kommission zum Diakonat der Frau darum ging, „das Thema zu erforschen und nicht eine Tür zu öffnen“. Kritisch äußert sich Franziskus zu übersteigerten Hoffnungen und Erwartungen an seine Person. „Ich bin Sünder und bin fehlbar, und wir dürfen nicht vergessen, dass die Idealisierung eines Menschen stets auch eine unterschwellige Art der Aggression ist. Wenn ich idealisiert werde, fühle ich mich angegriffen.“

Papst Franziskus hält sich diese Woche in Arricia nahe Rom auf. Dort nimmt er zusammen mit den Spitzen der Römischen Kurie an den traditinellen Fastenexerzitien teil. (Quelle: reuters)

Papst Franziskus hält sich diese Woche in Ariccia nahe Rom auf. Dort nimmt er an den traditionellen Fastenexerzitien der Römischen Kurie teil. (Quelle: reuters)

Kritik nimmt Papst mit Humor

Das Interview bietet keine großen News; aber es ist doch sehr interessant zu lesen, was Franziskus über Glaube, Glaubenszweifel und den Teufel denkt. Für Schlagzeilen werden wohl vor allem seine Aussagen zum Zölibat sorgen. Einer Lockerung wegen des Priestermangels erteilt der Papst eine Absage. Er sieht den Mangel an Berufungen im Kontext der hohen Jugendarbeitslosigkeit und der damit verbundenen Perspektivlosigkeit der jungen Menschen heute sowie der niedrigen Geburtenrate. Bei der nächsten Bischofssynode zum Thema „Jugend“ will er auch über dieses Thema und die Zusammenhänge sprechen. Beim Thema „viri probati“ signalisiert er Offenheit, betont aber zugleich, „dann müssen wir auch bestimmen, welche Aufgaben sie übernehmen können, zum Beispiel in weit entlegenen Gemeinden“. Irgendwie kann man hier die Situation etwa in großen Teilen Südamerikas mitschwingen hören; ob das allerdings auch auf Europa zutrifft ist fraglich. Immerhin beschäftigt sich ja die Deutsche Bischofskonferenz bei ihrer aktuellen Vollversammlung in Bensberg mit der Zukunft und Lebensweise des priesterlichen Dienstes. Man darf gespannt sein, ob sie sich dabei auch an das Thema „viri probati“ heranwagen.

Franziskus äußert sich auch zu Kritik an seinem Pontifikat. Er habe seit der Wahl „seinen Frieden nicht verloren“. Er könne verstehen, wenn sein Stil manchen nicht gefalle. „Jeder darf seine Meinung haben. Das ist legitim und menschlich und bereichernd.“ Über die Plakataktion vor wenigen Wochen könne er lachen. „Der römische Dialekt der Plakate war großartig,“ so Franziskus. Die Aktion mit dem „Fake-Osservatore Romano“ hingegen scheint ihm weniger gefallen zu haben. Angesprochen auf die Querelen um den Malteser-Orden scheint er nicht Kardinal Burke als die entscheidende treibende Kraft zu sehen. Das Problem sei gewesen, „dass Kardinal Burke mit der Sache nicht umgehen konnte, weil er nicht mehr allein agierte.“

Volles Reiseprogramm für 2017

Zum Schluss erklärt Franziskus, warum es wohl 2017 nichts mit einem Deutschlandbesuch wird. Er habe schon viele Reisen auf dem Plan stehen. Eigentlich wolle er in den Südsudan und den Kongo reisen; doch Franziskus ist skeptisch, ob das klappen wird. Erstmals bestätigt er, dass er wohl nach Kolumbien fahren wird. Daneben gebe es noch die geplante Asienreise mit Stationen in Indien und Bangladesch. Und dann spricht er von einer „Studienreise“ nach Ägypten. „Klingt nach einem vollen Terminkalender, nicht wahr?“ so der Papst. Allerdings schließt er den Deutschlandtripp für 2017 auch nicht völlig aus. Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr gering.

„Man gesteht mir nicht zu, ein fehlbarer Sünder zu sein.“ Das scheint Franziskus doch sehr zu beschäftigen. Wie schon zuvor spricht er offen über Glaubenszweifel und „leere Momente“. Er betont, „ein Glaube, der nicht in die Krise gerät, um an ihr zu wachsen, bleibt infantil“. Er will nicht zum Heiligen und Superstar hochstilisiert werden. Das hat er früher bereits deutlich gesagt und das wird auch bei diesem Interview wieder sehr deutlich. Das Gespräch selbst lässt viele Fragen aus, die aktuell zu klären wären, wie etwa die Debatte um die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals. Es konzentriert sich stark auf das Thema Glauben. Die Selbstverständlichkeit, mit der Franziskus dabei erneut vom Teufel spricht, sagt viel über seine Spiritualität und sein Denken aus. Bei seinem Vorgänger, den Franziskus in dem Interview ausdrücklich lobt, hätten derartige Aussagen zu heftiger Kritik geführt. Das wird bei Franziskus ausbleiben. An diesem Thema kann man sehen, wie doch oft mit zweierlei Maß gemessen wird.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

21 Kommentare

  • Silberdistel
    09.03.2017, 9:44 Uhr.

    Also ein Besuch in Deu wäre mutmasslich nicht so gefährlich, aber sicher vom Glauben her herausvordernder, wie einer im Südsudan oder den Kongo 😉
    Das der Papst ein Sünder ist, ist schon klar 🙂 Aber das er je, trotz aller Zweifel, vom Glauben abfiele, das glaubt wohl keiner. Dazu weiß man im Vatikan ganz andere Dinge. Übrigens besucht Franziskus, wie einige seine Vorgänger, im Mai Fatima. Das ist der Ort mit den 3 Seherkindern, von denen die dritte Botschaft lange im Vatikan geheimgehalten wurde.

  • bernardo
    09.03.2017, 11:19 Uhr.

    „Er betont, „ein Glaube, der nicht in die Krise gerät, um an ihr zu wachsen, bleibt infantil“.“

    „Ich bin Sünder und bin fehlbar, und wir dürfen nicht vergessen, dass die Idealisierung eines Menschen stets auch eine unterschwellige Art der Aggression ist. Wenn ich idealisiert werde, fühle ich mich angegriffen.“

    Gute Sätze des Papstes, der sich nach wie vor als Brückenbauer versteht. Ich möchte auch klarstellen, dass ich den Papst kritisch sehe (wie seine Vorgänger auch), dass ich einiges nicht teile, was der Papst sagt oder tut, dass ich die Schmähkritik, die Häme, das Infragestellen seines Papsttums aber fürchterlich finde. Eigentlich un-katholisch, auch wenn ich mit solchen Vorwürfen zurückhaltend bin. So fürchterlich und un-katholisch wie die Schmähkritik an Johannes Paul II. oder Benedikt XVI., an deren Amtsführung es auch einiges zu kritisieren gab: Das Desinteresse an administrativen Fragen etwa oder die Unfähigkeit, Machtworte zu sprechen.

    Thema Idealisierung: Die Idealisierungen führen ja, weil sie oft genug enttäuscht werden, zu Hass und Verbitterung.

  • Alberto Knox
    09.03.2017, 11:26 Uhr.

    lieber herr erbacher,

    hat denn franziskus auch wie sein vorgänger exzessiv zu exorzismen aufgefordert? im übrigen spreche auch ich gern vom bösen und vom teufel, ich kenne da keine hemmungen, auch wenn ich nicht an die metaphysische existenz von geistern, spuk und ähnlichem humbug glaube.

    im übrigen: die viri probati sind überfällig. schön, dass das auch im vatikan angekommen ist.

  • Heilbründl
    09.03.2017, 14:40 Uhr.

    Es gibt bei uns in Deutschland viele gute Diakone und Pastoralreferenten und natürlich laiisierte Pfarrer…. Es wird Potenzial verschenkt, man könnte diese sofort weihen lassen. Ich stelle auch fest, dass junge Pfarrer heute oft zu „vergeistigt“, dass wäre bei den Diakonen nicht der Fall, die stehen im Leben.

  • Heilbründl
    09.03.2017, 14:41 Uhr.

    es muss heißen, zu vergeistigt sind

  • Suarez
    09.03.2017, 15:01 Uhr.

    SEHR gutes Interview. Ich hab immer schon große Stücke auf Papa Franz gehalten – er kann’s halt einfach. So soll ein Hirte sein!

  • Silvia
    09.03.2017, 16:48 Uhr.

    Meiner Erinnerung nach denken wir schon seit ungefähr Ende der 1960er Jahre über viri probati nach, und denken nach, und denken nach…..

    Mit Priestern zweiter Klasse, die man in die Pampa schickt, ist uns auch nicht gedient. Zumal verheiratete Männer meistens Kinder haben, die einen Kindergarten und Schulen in erreichbarer Nähe brauchen. Und ob die Ehefrauen ewig lange Fahrten zu ihrem Arbeitsplatz in Kauf nehmen wollen, bezweifle ich auch.

    Vom Zölibat fühle ich mich z.Zt. persönlich betroffen, weil unser Pfarrer vor wenigen Tagen aus diesem Grund sein Priesteramt aufgegeben hat. Ein sehr sympathischer Mann von erst 40 Jahren, der der Kirche noch lange hätte dienen können.

    Und was die Kommission, die über das Diakonat der Frau „nachdenkt“ angeht, habe ich schon vermutet, dass es wahrcheinlich um die Öffnung einer Tür geht.

    • Silvia
      09.03.2017, 16:50 Uhr.

      P.S.: Sollte heißen, dass es wahrscheinlich NICHT um das Öffnen einer Tür geht habe ich vermutet. War wohl eine freudsche Fehlleistung!

    • Alberto Knox
      10.03.2017, 13:56 Uhr.

      ich stelle mit erschrecken fest, dass sie kommunikation für eine eindeutig festlegbare propositionsproduktion halten und nicht für ein geschehen, dass durch sich selbst nicht nur adressent und adressat, sondern auch sich selbst ändert.

  • Alberto Knox
    10.03.2017, 14:03 Uhr.

    @Wrightflyer

    das peinliche an der malteseraffaire ist doch, dass boeselager NICHT kondome hat verteilen lassen. man muss es mal ganz krass sagen: die ganze kondomverbotkacke hat doch nichts mit gott oder moral zu tun (n.b. sogar der greise b16 hat […]* strichern die kondombenutzung widerwillig zugestanden), sondern es geht um macht.

    *Der Beitrag wurde wegen des Verstoßes gegen die Netiquette editiert.

  • Silvia
    10.03.2017, 14:57 Uhr.

    Ich würde hier gerne zu den Hoffnungen, dass der Zölibat bald fällt (was ich begrüßen würde), einiges sagen:

    Diese Hoffnungen gab es schon vor über 50 Jahren während des Konzils und verstärkt, als der ständige Diakonat verheirateter Männer wieder eingeführt wurde, da kamen auch die viri probati ins Spiel.

    Zum ständigen Diakon werden bereits vor der Weihe verheiratete Männer geweiht, NACH der Diakonenweihe ist keine Eheschließung mehr möglich.

    Genauso würde es sich bei den viri probati verhalten.

    Dh., für Fälle wie den meines seitherigen Pfarrers, der kein Einzelfall ist, der knapp 13 Jahre NACH seiner Priesterweihe und nach knapp 9 Jahren als leitender Pfarrer einer Seelsorgeeinheit zu der Erkenntnis gekommen ist, dass er sein Zölibatsversprechen nicht mehr halten kann, würde das rein gar nichts bringen.

    Der Entscheidung „meines“Pfarrers ging ein zweimonatiger Aufenthalt im Recollectiohaus in Münsterschwarzach voraus, dh., er hat es sich wirklich nicht leicht gemacht.

    Unsere Kirche verliert mit ihm einen erst vierzigjährigen, guten und beliebten Pfarrer! Und daran würden auch viri probati nichts ändern!

    Eine wirkliche Hilfe wäre nur, wenn jeder Priester sich jederzeit auch noch Jahre nach seiner Priesterweihe für eine Heirat entscheiden könnte, ohne deswegen sein Amt zu verlieren. Und da ist leider keine Änderung in Sicht.

  • Student
    10.03.2017, 23:39 Uhr.

    Sehr geehrter Herr Erbacher!

    Ich danke Ihnen für diesen sehr guten Artikel!

    Meiner Meinung nach ist es doch gerade richtig, dass Papsr Franziskus endlich mal über den Glauben spricht, und zwar so, dass es ein größeres Publikum mitbekommt. Klar, er macht das ja ständig, aber wer schaut sich denn schon die Zusammenfassungen auf radio vaticana an? Es werden wohl tatsächlich mehr Menschen Zeitung lesen.
    Dafür kann ich diesen Papst nur loben, ansonsten hat er von mir ja eher Kritik abbekommen.

    Das mit den Viri probati gefällt mir nicht so…
    Es ist mir bewusst, dass in Einzelfällen so gehandelt werden kann (bei konvertierten evangelischen Pfarrern zum Beispiel), aber das wäre sicherlich keine generelle Lösung. Daher bin ich dankbar, dass sich das deutsche Episkopat mehrheitlich gegen eine Lockerung des Zölibats ausgesprochen hat.
    Besonders Bischof Felix Genn hat sich skeptisch gegenüber der Weihezulassung für Viri probati geäußert.
    Vermutlich ist der einziges Weg mehr Gebet um Berufungen und dabei auch eine direktere Ansprache von jungen Männern. Vorallem ist die seelsorgerliche Begleitung während des Studiums zu intensivieren.

    • Alberto Knox
      13.03.2017, 14:41 Uhr.

      @student

      haben sie auch gründe, warum man die gemeinden auf eucharistische nulldiät setzt, obwohl sie ein RECHT auf die sonntagsmesse haben? das ist der eindeutig höhere wert im vergleich zum zölibat. im übrigen sei auch angemerkt, dass nicht die ehelosigkeit der priester das fundamentale problem ist, sondern die tatsache, dass der zölibat flächendeckend nicht gehalten wird, weil die meisten priester entweder mit freundin oder freund sex haben oder masturbieren und damit der zölibatsbruch und nicht der verzicht auf die sexualität die regel ist.

      erschreckend ist auch die unkenntnis über die tatsache, dass nicht die entscheidung für eine partnerschaft legitimationspflichtig, sondern der zölibat begründungspflichtig ist. wie sonst könnte die überwältigende mehrzahl der katholischen kirchen und der nichtkatholischen kirchen den zölibat als pflichtvoraussetzung für das amt ablehnen? unter mehr als 20 katholischen kirchen kennt nur eine einzige diese unsinnige regelung.

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