Papst feiert Geburtstag
80 Jahre und kein bisschen müde. Das ist Papst Franziskus. Zu seinem Geburtstag heute gibt es keine großen Feierlichkeiten. Der Papst macht „Business as usual“. Es gibt viel zu tun für ihn, da bleibt keine Zeit für große Feierlichkeiten. An Rücktritt gar ist erst Recht nicht zu denken. Immer wieder wurde darüber spekuliert, Franziskus könnte zum 80. zurücktreten. Dass er zu Beginn seiner Amtszeit diese Perspektive vielleicht einmal hatte, ist durchaus möglich. Doch schon seit geraumer Zeit dürfte er gemerkt haben, dass seine Projekte noch Zeit brauchen, bis sie soweit implementiert sind, dass eine Umkehrung nur noch schwer möglich ist. Und solange seine Gesundheit mitspielt, sieht Franziskus keinen Grund für einen Rücktritt. Den hat er nie ausgeschlossen; hat ihn aber immer mit Verweis auf seinen Vorgänger Benedikt XVI. an die schwindenden Kräfte gebunden und nicht an ein Datum.
Handlungsmaxime: Begegnung, Dialog, Unterscheidung
Am Freitag noch hat Franziskus versucht, im festgefahrenen Friedensprozess in Kolumbien zu vermitteln. Präsident Juan Manuel Santos und sein Gegenspieler, der noch immer einflussreiche ehemalige Präsident Alvaro Uribe, waren beide zu Gesprächen in den Vatikan gekommen. Sie sprachen zunächst getrennt mit dem Papst; dann gab es gemeinsam ein Dreiertreffen. Nach Medienberichten schaffte auch Franziskus nicht den Durchbruch. Das wird den Pontifex nicht entmutigen. Seine Devise ist: nichts unversucht lassen. Im offiziellen Kommuniqué des Vatikans stehen einige der Schlüsselwörter des Pontifikats von Franziskus: die „Kultur der Begegnung“ und der „ehrliche Dialog“ mit allen Akteuren der kolumbianischen Gesellschaft, über die der Papst mit den beiden Politikern gesprochen habe.
Vier Punkte sind für einen systematischen Blick auf das Pontifikat wichtig: Die „Kultur der Begegnung“, der „ehrliche Dialog“, das Gewissen und die Unterscheidung als Handlungskategorie bei Problemlösungen. Diese Haltungen prägen Jorge Mario Bergoglio zeitlebens. Damit hat er sich viel Respekt erworben; er ist aber auch immer wieder angeeckt. Dessen ist er sich bewusst. Als Papst versucht er Fehler, die er etwa als Provinzial der Jesuiten in Argentinien oder als Rektor der Jesuitenhochschule in Buenos Aires gemacht hat, zu vermeiden. In seinem ersten großen Interview nach der Papstwahl hatte Franziskus im Herbst 2013 über seine Zeit als Provinzial gesagt: „Ich traf meine Entscheidungen schroff und eigenmächtig.“ Fehlerlos ist niemand, auch ein Papst nicht, bis heute. Dennoch versucht Franziskus seine Entscheidungen heute auf eine möglichst breite Basis an Beratungen zu stellen. Das zeigt der Beratungsprozess über die Reform der Kurie; das hat auch der synodale Prozess zu Ehe und Familie deutlich gemacht. Am Ende entscheidet aber der Papst. Das steht für Franziskus außer Frage. „Die Synode ist kein Parlament“, wird er nicht müde zu betonen. Da ist er ganz Jesuit. Vertraute sagen, dass sich Franziskus die verschiedenen Argumente gut anhöre und dann nach einer intensiven Phase des Nachdenkens und Betens entscheide.
Franziskus – der Provokateur
Zeitlebens war Franziskus auch ein Provokateur. Seine scharfe Kritik etwa am aktuellen Weltwirtschaftssystem hat er bereits als Erzbischof von Buenos Aires immer wieder geäußert. Doch was kümmert die Welt, was ein einzelner Bischof gleichsam „am Ende der Welt“ zu erzählen hat. Zumal wenn er auch noch einen seltsamen Lebensstil pflegt: in einem kleinen 3-Zimmer-Apartment lebt, in der Stadt mit dem Bus und der Metro unterwegs ist und abends durch die Straßen um die Kathedrale streift und mit den Cartoneros Mate trinkt. Seit März 2013 ist dieser etwas seltsame Zeitgenosse nun das Oberhaupt von mehr als 1,2 Milliarden Katholiken. Über Nacht haben seine Worte Gewicht bekommen und bringen bisweilen Politiker und Bischöfe in aller Welt in Erklärungsnot.
Ob alles, was dieser Papst sagt und macht, wirklich der Weisheit letzter Schluss ist, mag dahin gestellt sein und kann letztendlich nur die Geschichtsschreibung im Rückblick klären. Kirche und Welt tut dieser etwas unkonventionelle Papst durchaus gut. Im eigenen Haus stellt er vieles auf den Prüfstand. Muss immer wirklich alles bis in alle Ewigkeit so bleiben, nur weil es angeblich immer schon so war? Franziskus macht deutlich, dass vieles, was konservative Kreise gerne als in Stein gemeißelt sehen, sich erst im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat. Er wirft die Kirche radikal auf den „Gründer“ zurück. Maßnehmen an Wort und Tat des Jesus von Nazareth ist angesagt. Da bleiben so mancher Pomp, so manche kirchenrechtliche Regel und liebgewonnene Tradition auf der Strecke.
Mit Blick auf die weltlichen Dinge wurde Franziskus schnell zur Stimme der Verlierer des 21. Jahrhunderts. Er provoziert und zeigt in seinen Gegenwartsanalysen bisweilen prophetische Züge. Er wählt drastische Worte, die ihn manchmal wie einen Radikalen wirken lassen. „Diese Wirtschaft tötet“, schrieb er in seiner ersten großen Programmschrift „Evangelii gaudium“. Er spricht von der „Wegwerfgesellschaft“, die nicht nur Dinge wegwirft, sondern Menschen: die Kranken, die Alten, Menschen mit Behinderung oder mit Blick auf die hohe Jugendarbeitslosigkeit in vielen Ländern gar eine ganze Generation. Doch diese Radikalität hat Franziskus nicht ins Abseits manövriert. Der Heilige Stuhl und dieser Papst besitzen weltweit eine hohe moralische Autorität – über Partei-, Konfessions- und Religionsgrenzen hinweg. Angesichts der Krise, in der sich internationale und zwischenstaatliche Organisationen wie UNO oder die EU aktuell befinden, richten sich immer mehr Augen in Richtung des kleinsten Staats der Welt am Tiber.
Franziskus und das Alter
Das sind eine hohe Verantwortung und auch eine hohe Bürde, die da auf den Schultern eines 80-Jährigen lasten. Ob so manchem Kardinal heute Morgen in der Capella Paolina der Atem stockte, als Franziskus am Ende des Geburtstags-Gottesdienstes noch einmal das Wort ergriff und über das Alter sinnierte? Wird er etwa doch zurücktreten? Nein! „Seit einigen Tagen schwirrt mir ein Wort im Kopf herum, das hässlich zu sein scheint: Das Alter“, erklärte Franziskus. Am Vortag habe ihm ein Monsignore Ciceros Buch „Cato der Ältere über das Alter“ geschenkt, „eine Träne mehr“, so der Papst. Doch das Alter sei auch Sitz der Weisheit. „Hoffen wir, dass das auch bei mir so ist“, fügte Franziskus hinzu und bat die Kardinäle, für ihn zu beten, damit sein Alter „ruhig, religiös, fruchtbar und auch freudig“ werde. Zuvor hatte Franziskus noch einmal den Dichter Friedrich Hölderlin zitiert, wie schon beim ersten Treffen mit den Kardinälen nach seiner Wahl zum Papst im März 2013: „Es ist ruhig, das Alter, und fromm.“
14 Kommentare
Wir können nur beten und hoffen, dass er uns lange erhalten bleibt
Dann hoffe ich, dass Papst Franziskus noch viel Gutes für die Kirche tun kann und wünsche alles Gute zum Geburtstag!
unser papst ist summa einfach ein kluger mann. die kirche bräuchte ihn weißgott noch lange, damit die massiven fehler seiner beiden vorgänger ausgebügelt werden können, vor allem die acht verlorenen jahre von ratzinger.
Alberto Knox
18.12.2016, 1:51 Uhr.
Sehe ich auch so! Ich habe ihn in der letzten Zeit ja oft kritisiert, aber gemessen an seinen beiden unmittelbaren Vorgängern liegt er meilenweit vorne.
Ich habe ihm übrigens über die bei Radio Vatikan speziell für seinen Geburtstag eingerichtete Emailadresse gratuliert und ihm gewünscht, dass er noch lange an der Spitze der Kirche stehen möge.
„Ich habe ihn in der letzten Zeit ja oft kritisiert“
es gibt, meine ich niemanden, dem kritiklosigkeit weniger liegt als franziskus. sie gehören ja zu denen, die sachlich kritisieren – und das bringt vorwärts!
„aber gemessen an seinen beiden unmittelbaren Vorgängern liegt er meilenweit vorne.“
tut gut, dass auch mal von anderen zu hören.
„Ich habe ihm übrigens über die bei Radio Vatikan speziell für seinen Geburtstag eingerichtete Emailadresse gratuliert und ihm gewünscht, dass er noch lange an der Spitze der Kirche stehen möge.“
habe ich auch getan!
Alberto Knox
18.12.2016, 19:40 Uhr.
Unter dem Ratzinger – Pontifikat habe ich auch gelitten. Diese acht Jahre waren wirklich eine verlorene Zeit für die Kirche.
Das mit dem „meilenweit vorne“ steht ausser Frage, möchte aber doch hinzufügen: bei den Vorgängern kein allzu grosses Wunder, oder ?
Mir ist dieses Jahr nix zum Papstgeburtstag eingefallen. Und prompt bleibt auch das Januarius-Spektakel ohne das erwartete Ergebnis.
Ich meine, der Satz mit „des Menschen Leben währet 70 Jahre“ ist zwar religiös konnotiert, aber irgendwie unpassend.
Man liest regelmäßig in aktuellen Veröffentlichungen der aktuellen Kirchenführung von den Zeichen der Zeit, die beachtet werden sollen, nunja wie das wohl wieder gemeint sein soll… da gibt es zum einen das biblische Wort – die Mahnung, um es zurückhaltend zu formulieren -, dann die rein weltliche Sicht, die künftigen sich entwickelnden Situationen vorherzusehen und dann gibt es die esoterische Sichtweise, die immer und überall Bedeutungen meint munkeln zu müssen.
Ich werde dieses Posting posten und ich bin mir sicher, daß auch ein Zeitpunkt des Abschickens angezeigt wird. (Man kann überall Bedeutung sehen – vorallem dann, wenn man sie nicht sehen will.)
Auch von mir nachträglich alles Gute für den Papst. Möge er lange gesund bleiben. Ob ich mir eine lange Amtszeit wünschen soll, weiß ich nicht, da ich, anders als die meisten Blogger, Franziskus für keinen überragenden, ja nicht einmal einen mittelmäßigen Papst halte. Ein Papst, der redet, wenn er schweigen sollte und der schweigt, wenn er reden sollte, ist kein Papst nach meinem Geschmack. Einmal abgesehen davon, dass es zu viele Widersprüche in seinem Pontifikat gibt:
– die Betonung der Dichotomie von Gut und Böse (samt Léon Bloy) und dann die Betonung der Barmherzigkeit, die möglicherweise die Rettung Satans, also die Allversöhnung miteinschließt (eine Position, die im Zusammenhang mit Origines als häretisch verurteilt wurde);
– die Betonung der Kollegialität und dann eine der autoritärsten Amtsführungen, die es seit Pio XI. nicht mehr so gegeben hat;
– der Antikapitalismus („quest’economia uccide“) und Marketingevents von Firmen in der Sistina
etc.
Die geringe Intellektualität des Papstes will ich nicht bemängeln, denn es hat wenig intellektuelle Päpste vor ihm gegeben. Umso wichtiger wäre es für ihn, sich von Intellektuellen beraten zu lassen, am besten von seinem Vorgänger.
einem papst, der mehr von kunst und kultur versteht und theologisch fitter ist und noch mehr: nicht beratungsresistent wie sein vorgänger, zu unterstellen, er sei nicht intellektuell, das ist schon große verleumdungskunst. oder wirklichkeitsverweigerung. oder vielleicht auch beides.
bernardo
20.12.2016, 21:09 Uhr.
Was Sie anführen, ist die andere Seite des gegenwärtigen Pontifikates, also gewissermaßen die Schattenseite.
Ich denke, wie so oft wird man erst mit (großem) zeitlichen Abstand dieses Pontifikat einigermaßen sachlich beurteilen können. Man weiß ja jetzt noch gar nicht, was unter dem Strich wirklich raus kommen wird.
Es gibt viele lose Enden, die im besten Fall der Nachfolger miteinander verknüpfen wird (hoffentlich). Meiner Einschätzung nach scheint Franziskus der Papst zu sein, der durch sein ganzes Verhalten das Papstamt selbst reformiert oder zumindest dessen Reform einleitet, auch mit offenem Ergebnis.
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