Noch eine Umfrage vor der Synode
Die traditionelle Lehre der katholischen Kirche zu Ehe und Familie hat einen schweren Stand. Einmal mehr zeigt das eine Studie, die heute drei Studierende in Berlin vorgelegt haben. Sie haben mehr als 12.000 Katholiken in über 40 Ländern befragt. Zwar ist die Studie nicht repräsentativ; dennoch sind die Ergebnisse aussagekräftig. Die große Mehrheit der Befragten, in Deutschland knapp 80 Prozent, nimmt nach Angaben der Autoren mehr als einmal im Monat an einem Gottesdienst teil. Und wie denken diese Kirchgänger? Knapp 90 Prozent der mehr als 7800 Teilnehmer aus Deutschland lehnen das Kommunionverbot für wiederverheiratete Geschiedene ab. Rund 70 Prozent der Teilnehmer wünschen sich eine Anerkennung und Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Über 85 Prozent sind für den Wahlzölibat und 87 Prozent für das Diakonat der Frau.
„Vorsynode“ nimmt Fahrt auf
So langsam beginnt die heiße Phase der „Vorsynode“. Noch gut sechs Wochen sind es bis zum Beginn der Familiensynode. Es werden noch einige Bücher auf den Markt kommen und es wird heftig über die Kandidaten spekuliert, die der Papst zusätzlich zu den Delegierten der Bischofskonferenzen als Teilnehmer für die Synode benennen wird. Kardinal Raymond L. Burke soll nicht dabei sein, dafür die Kardinäle Walter Kasper und Gottfried Danneels. Aus den USA sollen noch zwei zusätzliche Synodenväter kommen, die auf der Linie von Papst Franziskus liegen: Chicagos Erzbischof Blase Cupich und der Bischof von Youngstown, George Murry. Spannend wird es, ob aus Deutschland noch jemand berufen wird, neben Kardinal Reinhard Marx, Familienbischof Heiner Koch und Pastoralbischof Franz-Josef Bode. Es würde mich nicht wundern, wenn neben einem Ehepaar auch noch ein weiterer Bischof dabei wäre. Die Betreffenden sind längst informiert. Doch offiziell wird der Vatikan wohl erst in gut drei Wochen die Namen bekannt geben. Auch hier ist beim Thema Transparenz noch Luft nach oben.
Doch zurück zur Studie: Interessant ist, dass die Position der Deutschen zu wiederverheirateten Geschiedenen wohl in den meisten anderen Ländern ähnlich ist. Beim Thema Homosexualität gibt es nach Aussage der Autoren in Polen, Südeuropa und Brasilien eine Mehrheit gegen die Anerkennung und Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Polen und Südeuropa teilen demnach auch nicht die hohe Zustimmung der deutschen Teilnehmer für den Wahlzölibat. Die Studierenden haben auch nach Ehevorbereitung und Begleitung gefragt. Demnach gaben 21 Prozent der Teilnehmer aus Deutschland an, in der Ehe Unterstützung bei der Kirche gesucht zu haben. 83 Prozent von diesen gaben an, diese auch erfahren zu haben. Allerdings gaben insgesamt 60 Prozent der deutschen Teilnehmer an, dass sie in der Ehe keine Unterstützung von Seiten der Kirche erfahren haben. Schließlich gaben 60 Prozent derer, die sich an ihre Ehevorbereitung erinnerten an, dass ihnen diese im späteren Eheleben keine Hilfe war.
Manches deckt sich mit letzter Synode
Interessant ist, dass sich die Wünsche der Teilnehmer der Studie durchaus auch mit Positionen decken, die im vergangenen Jahr von vielen Teilnehmern der Außerordentlichen Synode im Vatikan geäußert wurden: nicht eine verurteilende, sondern eine zuhörende Haltung der Kirche, bessere Ehevorbereitung, zeitlich intensivere und langfristige Ehebegleitung sowie die Idee der Gradualität in Beziehungen und der Wunsch, die Kategorie des Scheiterns lehramtlich besser zu berücksichtigen, sowie eine stärkere Beachtung des kulturellen Kontextes, in dem die Paare leben.
Die Studie steht also in einer Spannung zwischen Gemeinsamkeit und großen Differenzen zu den Positionen der letzten Synode. Die Ergebnisse können nicht einfach beiseitegeschoben werden. Denn neben dem regelmäßigen Kirchgang gaben über 60 Prozent der Teilnehmer mit Kindern an, mindestens einmal die Woche mit ihren Kindern zu beten. Hier haben aktive Katholiken gesprochen; für die aber etwa die Kirche in Fragestellungen wie der Empfängnisverhütung „keine relevante Bezugsgröße“ ist.
Die Ergebnisse der Studie gibt es in der neuen Ausgabe der Jesuitenzeitschrift „Stimmen der Zeit“. Auf der Internetseite der Universität Münster, deren Theologische Fakultät zusammen mit dem Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften („GESIS“) die Untersuchung begleitet hat, gibt es einen Link zum Fragebogen.