Abstimmung mit den Füßen
Die neuen statistischen Daten zur Situation der katholischen Kirche in Deutschland, die am Freitag veröffentlicht wurden, sind erschreckend. Sie haben mit 178.805 Austritten im Jahr 2013 beinahe wieder die Zahl von 2010 erreicht, als der Missbrauchsskandal die deutsche Kirche erschütterte und mit 181.193 Austritten ein trauriger Rekord erreicht wurde. Das mühsam aufgebaute Vertrauen (118.335 Austritte in 2012) ist wieder dahin.
Kein Franziskuseffekt
Die Ursachenforschung ist recht einfach. Der Skandal um die Limburger Bischofsresidenz hat sich bundesweit ausgewirkt und konnte auch durch den Franziskuseffekt nicht aufgefangen werden. Allenfalls hat der am 13. März 2013 gewählte Papst noch Schlimmeres verhindert. Die hohen Sympathiewerte, die Franziskus genießt, konnten den Ärger über die Verschwendung und Täuschung der Öffentlichkeit jedoch nicht mildern.
Ebenfalls am Freitag hat das Bistum Limburg seine Vermögen und Verpflichtungen offen gelegt. Durch neue Transparenz soll das verlorene Vertrauen wieder hergestellt werden. Die Bilanzsumme liegt bei 909 Millionen Euro. Auf den Bischöflichen Stuhl entfallen 92 Millionen Gesamtvolumen. Es ehrt das Bistum, dass es die Zahlen zur Verfügung stellt. Die dazu gehörenden Vorgänge, die mangelnde Kontrolle, das Versagen aller Gremien und die Täuschungsmanöver des zurückgetretenen Bischofs sind dadurch allerdings noch nicht aufgearbeitet.
Ein Weckruf
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Marx, bezeichnete die niederschmetternden Austritte als einen „hilfreichen Weckruf: Die Zahlen rütteln noch einmal auf, danach zu fragen, wie wir uns jetzt und künftig neu aufstellen müssen, damit das Evangelium weiterhin gehört und gelebt werden kann.“
Interessant ist, dass die Bistümer Görlitz (20,1%), Erfurt (18,6%) und Dresden-Meißen (17,7%) prozentual die höchsten Gottesdienstteilnehmerzahlen aufweisen, gefolgt von Regensburg mit 16,6 %. Das bestätigt das Prinzip der kleinen Herde, die zwar mengenmäßig nicht groß ist, dafür aber treu und engagiert. Die Katholiken im Osten Deutschlands mussten sich immer schon bewusst für ihren Glauben und gegen einen gesellschaftlichen Trend einsetzen. Wer sich dazu durchgerungen hat, dem bedeutet auch der sonntägliche Gottesbesuch Stärkung und Aufgabe.
Bundesweit gehören noch 29,9 Prozent der Bevölkerung der katholischen Kirche an. Das ist weniger als ein Drittel. Tendenz fallend. Die Bischöfe werden mehr tun müssen als ihre Bilanzen offen zu legen (obwohl das natürlich auch wichtig ist), wenn sie den Trend stoppen wollen.