Finanzaufsicht nimmt Fahrt auf

Die vatikanischen Finanzgremien sind auf gutem Weg, die internationalen Standards zur Verhinderung von Geldwäsche und der Finanzierung von Terrorismus einzuhalten. Das bescheinigte heute der vatikanische Oberfinanzaufseher Rene Brülhart den vatikanischen Institutionen bei der Vorstellung seines Jahresberichts. Zwar gab es 2013 mehr „suspekte Fälle“ als in den Jahren davor. Doch nach Ansicht Brülharts sei das ein Zeichen, dass die Kontrollmechanismen funktionierten. Neben dem Jahresbericht gab es heute noch eine seltsame Versetzung eines argentinischen Bischofs, die einige Beobachter als Abstrafung eines Bergoglio-kritischen Kirchenmannes werten.

Mehr Verdachtsfälle gemeldet

Für Rene Brülhart war das Jahr 2013 ein erfolgreiches Jahr. Der Direktor der vatikanischen Finanzaufsicht AIF konnte eine Reihe von bilateralen Abkommen mit Finanzaufsichtsbehörden in Deutschland, Italien, den Niederlanden, Slowenien und den USA vorweisen. Zudem ist das AIF seit 2013 Mitglied in der sogenannten Egmond-Gruppe, dem Zusammenschluss von rund 140 Finanzaufsichtsbehörden weltweit, darunter auch der im deutschen Bundeskriminalamt angesiedelten Financial Intelligence Unit. Würde die vatikanische AIF nicht den internationalen Standards genügen,  wäre sie dort auch nicht aufgenommen worden.

2013 gab es insgesamt 202 verdächtige Transaktionen auf vatikanischem Gebiet, die der AIF gemeldet und von dieser untersucht wurden. Zum Vergleich: 2012 waren es 6. Fünf Vorgänge wurden an den vatikanischen Staatsanwalt für weitere Ermittlungen übergeben. Auch die internationale Kooperation wurde ausgebaut. Insgesamt erbat das AIF in 28 Fällen von externen Institutionen eine Auskunft, im Gegensatz zu einem Fall 2012, in 53 Fällen fragten externe Institutionen beim AIF an (2012 waren es 3 Fälle). Keine konkreten Angaben machte Brülhart zu den einzelnen „suspekten Transaktionen“; auch nicht darüber, wie viele auf die Vatikanbank IOR entfallen und wie viele auf andere Finanzinstitutionen des Heiligen Stuhls wie etwa die APSA. Keinen Kommentar gab es von Brülhart auch zur Anfrage der Bild-Zeitung, ob es korrekt sei, dass die AIF gegen den ehemaligen Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone  wegen einer Finanztransaktion in Höhe von 15 Millionen Euro ermittle.

Undurchsichtige Personalie

Während bei den vatikanischen Finanzen langsam Transparenz Einzug hält, gab es heute eine Personalie, die am Ende des Tages viele Fragen offen lässt. Das vatikanische Presseamt teilte heute mit, dass der „bisherige“ Erzbischof von Rosario in Argentinien, José Luis Mollaghan, vom Papst zum Mitglied der Glaubenskongregation ernannt wurde in der noch zu errichtenden Kommission für die Rekurse von Geistlichen für „delicta graviora“, dazu zählen Verurteilung wegen Missbrauch von Minderjährigen. Nun hat die Kommission bereits ein Mitglied und in Mollaghan möglicherweise auch schon einen Leiter, bevor sie offiziell eingerichtet wird. Auch war nicht so ganz klar, ob Mollaghan diesen Job hauptberuflich macht oder nicht. Die Formulierung „bisher Erzbischof von Rosario“ deutet allerdings darauf hin, dass er ganz nach Rom wechseln wird.Entsprechend verabschiedete sich Mollaghan bereits in einer Erklärung an die Gläubigen in seinem Bistum. Er bleibe zunächst Apostolischer Administrator, bis der Papst einen Nachfolger ernannt habe, so Mollaghan. Der 68-Jährige ist übrigens in Buenos Aires geboren und arbeitete inige Jahre als Pfarrer in der Gemeinde San José de Flores, in der Jorge Mario Bergoglio in seiner Kindheit lebte.

Nun werden Stimmen laut, Bergoglio habe mit Mollaghan einen ihm unliebsamen Erzbischof aus Argentinien schlicht in ein kleines vatikanisches Büro strafversetzt. Die argentinische Vatikanexpertin und Korrespondentin der Zeitung La Nacion, Elisabetta Piqué, schreibt in ihrem gut recherchierten Franziskus-Buch, dass Mollaghan zu den größten Kritikern des damaligen Erzbischofs Jorge Mario Bergoglio innerhalb der argentinischen Bischofskonferenz gehörte. Die Vorwürfe lauteten, Bergoglio sei gegenüber der Regierung zu nachsichtig, mache fragwürdige Aktionen in der Pastoral und vertrete nicht die rechte Lehre. Auch sei Mollaghan im Dezember 2005 nicht auf den Vorschlagslisten der argentinischen Bischöfe für den Posten im Erzbistum Rosario gestanden, sondern auf Wunsch des vatikanischen Staatssekretariats in die Dreierliste des Nuntius für den Papst eingefügt worden. Die Apostolische Nuntiatur in Buenos Aires teilte im Dezember 2013 mit, dass die vatikanische Bischofskongregation den emeritierten Bischof von Mendoza, José María Aranciba, damit beauftragt habe, dem Bistum Rosario einen „brüderlichen Besuch“ abzustatten. Ziel sei es, Informationen über die pastorale Situation in dem Bistum zu sammeln. Im Falle von Limburg hatte der Vatikan einen „brüderlichen Besuch“ in einer äußert schwierigen Situation angeordnet. Dies legt nahe, dass auch In Rosario einiges im Argen liegt. Allerdings wurde bisher nichts bekannt darüber, wie das Ergebnis des Besuchs ausgefallen ist.

Fest steht: In der Glaubenskongregation wird es eine Kommission geben, die sich mit den Rekursen von Geistlichen etwa in Missbrauchsfällen beschäftigen wird. Bisher waren diese Fälle in der alle zwei Wochen stattfindenden „Feria quarta“, der Vollversammlung aller Bischöfe und Kardinäle, der Glaubenskongregation behandelt worden. Das hemmte den laufenden Betrieb und verzögerte bisweilen die Verfahren. Die neue Kommission soll mit einigen wenigen Experten besetzt sein und so die Verfahren beschleunigen. Dies hilft Opfern wie Tätern; denn je schneller die Rekurse bearbeitet werden können, umso schneller liegen endgültige Urteile vor und sind die Fälle abgeschlossen. Erzbischof Mollaghan als designierter Leiter ist Kirchenrechtler. Er lehrte ab 1975 viele Jahre an der Katholischen Universität von Argentinien in Buenos Aires als Professor für Kirchenrecht. Auch auf Bischofskonferenzebene war er in verschiedenen Gremien, die sich mit Rechtsfragen beschäftigen aktiv gewesen.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.