Prüfstein der Barmherzigkeit
Der Umgang der katholischen Kirche mit den wiederverheirateten Geschiedenen ist für viele Menschen ein Prüfstein für ihre Barmherzigkeit. In den Dialoggesprächen war es eine zentrale Forderung der Laien, den Kommunionempfang für diese wachsende Gruppe von Menschen zu ermöglichen. Die Bischöfe signalisierten, dass sie nach Lösungen suchen wollten, doch so recht wollte niemand daran glauben.
Doch heute hat die Erzdiözese Freiburg einen großen Schritt nach vorne gemacht. Das Seelsorgeamt veröffentlichte eine Handreichung „Zur Begleitung von Menschen in Trennung, Scheidung und nach ziviler Wiederverheiratung.“ Darin werden erstmals Wege gezeigt, wie Menschen, die nach einer Scheidung wieder standesamtlich geheiratet haben, mit offizieller Erlaubnis zur Kommunion und Beichte gehen können.
Damit hat Erzbischof Zollitsch eine Vorreiterrolle für Deutschland übernommen, die seiner Funktion als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz erneut alle Ehre macht. Wie auch beim Dialogprozess schreitet er mutig voran. Seine Amtsbrüder werden sich dieser Entwicklung nicht lange entziehen können, zumal auch Papst Franziskus einen neuen Umgang mit Wiederverheirateten angemahnt hatte. Schon einmal hatten die südwestdeutschen Diözesen (Mainz, Rottenburg-Stuttgart und Freiburg) einen Vorstoß in diese Richtung unternommen. Doch damals scheiterten die Bischöfe Lehmann, Kaspar und Saier am Widerstand von Rom. Das ist jetzt anders und gibt Hoffnung. Die katholische Kirche hält zwar am Grundprinzip der Unauflöslichkeit der Ehe fest, aber sie trägt dem Scheitern von Menschen Rechnung und übt Barmherzigkeit, indem sie ihre Sakramente nicht länger verweigert.
Voraussetzung ist eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Situation im Dialog mit einem Pfarrer. Die Handreichung ist zutiefst geprägt vom Willen, Menschen in ihren Beziehungen zu stützen und zu begleiten. „Wir wollen deutlich machen, dass uns Wiederverheiratete und Geschiedene willkommen sind und sie ganz zur Kirche gehören“, sagt der für die Seelsorge im Erzbistum verantwortliche Domkapitular Andreas Möhrle, der auch Unterzeichner der Handreichung ist.