Papst kippt „Päpstliches Geheimnis“

Es ist ein längst überfälliger Schritt. Papst Franziskus hat mit sofortiger Wirkung das „Päpstliche Geheimnis“ im Kontext von Missbrauchsfällen abgeschafft. Zudem verschärfte er die Regelungen beim Besitz von kinderpornografischem Material. Auch in der kirchlichen Prozessordnung verändert er die Regelungen. So können künftig auch Laien als Anwälte in Missbrauchsprozessen aktiv werden. Allerdings das Richteramt bleibt ihnen weiterhin verwehrt.

Papst Franziskus möchte Licht ins Dunkel der Missbrauchsfälle bringen. Dabei kämpft er intern gegen massive Widerstände. (Quelle: reuters)

Längst fälliger Schritt

Die Betroffenen und Opfer forderten schon seit Jahren, das Päpstliche Geheimnis bei Missbrauchsuntersuchungen aufzuheben. Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hatte sich immer wieder dafür stark gemacht – zuletzt beim Missbrauchsgipfel Ende Februar. Da hatte der Papst die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen aus aller Welt in den Vatikan einbestellt. Franziskus hatte konkrete Maßnahmen gefordert, bleib sie allerdings dann zum Ende des Gipfels schuldig.

Die heutige Entscheidung ist nun einer dieser konkreten Schritte. Dass Franziskus ihn nicht schon im Februar gegangen ist, liegt auch an den massiven Widerständen, die es nach wie vor innerhalb der katholischen Kirche beim Thema Missbrauch gibt. Nun scheinen sich die Aufklärer ein weiteres Mal durchgesetzt zu haben. Bereits im Mai hatte Franziskus die Regelungen verschärft und eine Anzeigepflicht eingeführt im Falle von Missbrauch oder dem Verdacht von Missbrauch, von Vertuschung oder der Verschleppung von Verfahren.

Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen vereinfacht

Allerdings sind die Regelungen immer nur so wirksam, wie sie von den Kirchenvertretern umgesetzt werden. Hier ist die Wachsamkeit der Medien gefordert, aber auch aller Beteiligten. Die Aufhebung des Päpstlichen Geheimnisses erleichtert es Betroffenen oder denjenigen, die von Missbrauch oder der Vertuschung erfahren, die Fälle öffentlich zu machen. Sie können nicht mehr zur Geheimhaltung verpflichtet werden. Das Beichtgeheimnis bleibt von der neuen Regelung unangetastet.

Die Entscheidung des Papstes schafft zum einen mehr Transparenz bei den kirchlichen Verfahren im Kontext von Missbrauch. Sie erleichtert die Zusammenarbeit mit den staatlichen Justizbehörden, weil die kirchlichen Akten leichter weitergeleitet werden können. Sie schafft eine bessere Vergleichbarkeit von Urteilen innerhalb der kirchlichen Gerichtsbarkeit. Durch die größere Transparenz, die jetzt möglich ist, erwarten Kirchenrechtler, dass es zu einer Professionalisierung der kirchlichen Verfahren kommen wird. Verfahren und Urteile können besser verglichen werden. Auch könnte der Schritt die Einführung einer kirchlichen Strafgerichtsbarkeit auf nationaler Ebene erleichtern.

Neue Richtlinien der Deutschen Bischofskonferenz

Unbeachtet der neuen Regelungen gilt weiterhin der Schutz der Betroffenen und das Anrecht auf ein ordentliches Verfahren für die Beschuldigten, deren Persönlichkeitsrechte zu wahren sind. In der heutigen Instruktion gibt es auch keine Aussage zum Thema Anzeigepflicht bei staatlichen Stellen. Hier greifen weiter die jeweils gültigen staatlichen Regelungen in den einzelnen Ländern. In Deutschland gibt es keine Anzeigepflicht. Die Bischofskonferenz schreibt vor, „sobald tatsächlich Anhaltspunkte für den Verdacht einer Straftat“ bestehen, müssen die staatlichen Strafverfolgungsbehörden informiert werden.

Die Deutsche Bischofskonferenz hatte ihre Richtlinien zum Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs in den vergangenen Monaten überarbeitet. Am 1. Januar treten diese in allen Bistümern in Kraft. Damit soll eine einheitliche Handhabung beim Umgang mit Missbrauch erreicht werden sowie eine größere Verbindlichkeit und mehr Transparenz. Die wissenschaftliche Studie zum Missbrauch in der katholischen Kirche, die im September 2018 veröffentlicht worden war, hatte unter anderem bei diesen Punkten Handlungsbedarf angezeigt.

Umsetzung entscheidend

Franziskus ist einen weiteren wichtigen Schritt bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche gegangen. Es wird zunehmend schwieriger für die Täter und auch diejenigen, die Taten vertuschen oder die Aufklärung verschleppen wollen. Entscheidend wird sein, dass die Regelungen entsprechend angewendet werden. Das liegt nur begrenzt in der Macht des Papstes.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

5 Kommentare

  • Novalis
    17.12.2019, 20:58 Uhr.

    Es wäre Zeit auch mal Vertuscher wie Kardinal Müller zur Rechenschaft zu ziehen. Wetten, dass sein Nachfolger Voderholzer keine Akten rausrückt?

  • bernardo
    18.12.2019, 15:09 Uhr.

    Ich bin ja „Papstkritiker“, aber Kritik muss ja nicht unbedingt negativ sein. Dies ist eine richtige Entscheidung des Papstes.

  • Heilbründl
    23.12.2019, 7:35 Uhr.

    Liebr Carla Maltese,
    ich lese Ihre Beiträge gern, was mich aber gewaltig nervt, ist diese Koketterie, ich armes Wesen werde verkannt, und, und…….
    Schreiben Sie einfach und es ist gut!

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