Marx: Kein Stopp-Schild für „Synodalen Weg“

Spannend wie selten sind die Beratungen bei der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda. Zum Start forderten am Montag knapp 200 Frauen bei einer Demonstration die Bischöfe auf, am „Synodalen Weg“ festzuhalten. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, sicherte den Frauen zu, dass bei den Beratungen keine Themen ausgeklammert werden. Für Donnerstag sind weitere Aktionen der Bewegung Maria 2.0 und der KJG geplant. Kardinal Marx betonte vor Journalisten, aus Rom gebe es kein Stopp-Schild für den „Synodalen Weg“.

Kardinal Reinhard Marx im Gespräch mit Frauen der KfD, die heute in Fulda vor dem Tagungsort der Bischofskonferenz demonstrierten. (Quelle: Erbacher)

Deutsche wollen keine Alleingänge

„Der Weg ist frei für Gespräche“, erklärte Kardinal Reinhard Marx am Montagmittag beim Eröffnungsstatement zur Herbstvollversammlung in Fulda gegenüber den Journalisten. Details über seine Gespräche vergangene Woche in Rom wollte er nicht preisgeben. Zunächst werde er am Dienstag den Bischöfen berichten und mit diesen über die beiden Briefe aus Rom, Ende Juni von Papst Franziskus und Anfang September vom Präfekten der Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet, beraten.

Marx machte deutlich, dass es keine deutschen Alleingänge am Ende des „Synodalen Wegs“ geben werde. „Es war von vornherein klar, dass die deutsche Kirche sich nicht lösen wird von der Weltkirche“, stellte Marx mit Entrüstung fest. Auch sei klar, dass am Ende jeder Bischof für sein Bistum entscheiden muss, ob und welche Beschlüsse umgesetzt werden. Fragen, die nur auf weltkirchlicher Ebene zu behandeln sind, würden dann als Votum nach Rom gebracht. „Man kann dafür werben, das Kirchenrecht zu ändern“, so der Konferenzvorsitzende.

Wie schon bei früheren Anlässen betonte Marx, dass es um die Einheit gehe und zwar in einer vielfachen Weise: die Einheit mit Rom, die Einheit unter den Bischöfen aber auch die Einheit mit dem ganzen Volk Gottes. Und dieses Volk Gottes seien nicht nur die, die sonntags in die Kirche gingen, sondern alle Getauften. Selbstverständlich gehe es bei dem „Synodalen Weg“ um die Frage, wie Evangelisierung heute gelingen könne. Dafür müssten aber die Hindernisse zur Evangelisierung in den Blick genommen und die Unglaubwürdigkeit überwunden werden. Dazu müssten die Themen bearbeitet werden, die man sich in den vier Foren des „Synodalen Wegs“ vorgenommen habe.

Reformbewegungen unterstützen „Synodalen Weg“

Die Bewegung „Wir sind Kirche“ sieht die katholische Kirche in Deutschland und in vielen anderen Ländern am „Scheideweg“. Sprecher Christian Weisner zeigte sich erfreut, dass die Mehrheit der Bischöfe den „Synodalen Weg“ unterstütze. Besorgt sei er, dass von Einigen Zwietracht gesät werde. Er warnte davor, die Weltkirche gegen die Ortskirchen auszuspielen. Gabriele von Karais von der Bewegung Maria 2.0 erklärte, die Frauen wollten „keine Kirche mehr, die einer absolutistischen Monarchie gleicht. Wir träumen nicht mehr nur von einer geschlechtergerechten Kirche, sondern wir kämpfen dafür.“ Es habe in der Geschichte schon einmal einen Marin Luther gegeben. „Vielleicht gibt es heute eine Martina oder viele Martinas“, so von Karais.

Der Sprecher des Eckigen Tischs, ein Zusammenschluss von Opfern sexuellen Missbrauchs, Matthias Katsch, zeigte sich zuversichtlich, dass die Bischöfe morgen eine Entschädigungsregelung für Betroffene verabschieden werden. Diese sei seit Mai in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe von Betroffenen, Experten und Bischofskonferenz ausgearbeitet worden. Während bisher Betroffene in der Regel eine einmalige Zahlung als „Anerkennung erlittenen Leids“ von 5.000 Euro erhalten haben, sollen künftig Zahlungen bis zu 300.000 Euro, nach Informationen des Magazins Spiegel vom Montagabend sogar 400.000 Euro, möglich sein. „Endlich kommen die Bischöfe vom Reden ins Handeln“, wertete Katsch die bevorstehenden Entscheidung sowie den anstehenden „Synodalen Weg“.

Was will der Papst?

Im Vorfel der Beratungen in Fulda wird deutlich, dass doch die Mehrheit der Diözesanbischöfe entschlossen ist, den „Synodalen Weg“ zu starten. Das wird nicht ohne Reibung gehen. Das zeigen die vergangenen Monate. Dafür steht zu viel auf dem Spiel. Die Bischöfe werden sich am Dienstag noch einmal intensiv mit dem Papstbrief an die Katholiken in Deutschland beschäftigten. Bischof Felix Genn und Kardinal Rainer Maria Woelki werden ihren Mitbrüdern den Brief erläutern. Es wird eine heftige Diskussion erwartet, denn nach der Veröffentlichung des Briefes Ende Juni fühlten sich Gegner und Befürworter des „Synodalen Wegs“ in ihren Positionen bestätigt.

Die Beiden Interpreten sind von der Konferenzregie klug ausgewählt. Gehört Woelki doch zu den stärksten Kritikern des „Synodalen Wegs“, wie er aktuell geplant ist. Genn ist auch eher ein Vertreter der Konservativen in der Bischofskonferenz. Allerdings hat sich der Münsteraner Bischof klar hinter den „Synodalen Weg“ gestellt. „Wir brauchen eine neue Machtverteilung, konkret ein neues Verhältnis von sogenannten Laien und Priestern, von Haupt- und Ehrenamtlichen, von Männern und Frauen in der katholischen Kirche“, so Genn gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Samstag.

„Synodaler Weg“ wird kommen

Ein „weiter so wie bisher“ scheint in Fulda nicht mehr möglich. Die Mehrheit der Bischöfe hat erkannt, dass Veränderungen nötig sind. Der Missbrauch hat systemische Ursachen und die müssen angepackt werden. Nur so kann die Kirche wieder Glaubwürdigkeit zurückgewinnen und Vertrauen neu aufgebaut werden. Dabei müssen die Bischöfe und am Ende wohl auch der Papst vielleicht an der ein oder anderen Stelle sogar weiter gehen, als es eigentlich möglich ist. Aber wer so massiv Kredit verspielt und Menschen Leid zugefügt hat, muss in Vorleistung treten. Man merkt dem Konferenzvorsitzenden Marx und seinen Amtsbrüdern an, wie kompliziert die aktuelle Situation ist. Der Druck ist massiv von allen Seiten. Die Erwartungen sind hoch.

 

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

19 Kommentare

  • Wanda
    23.09.2019, 22:01 Uhr.

    Nun ja, spiegelt sich alles auch in den Druckmedien und Öffentlich-Rechtlichen wieder. ARD heute zur
    – „Missbrauchsstudie 1 Jahr danach: ausser Versprechen nicht viel passiert“… – Bischofskonferenz in Fulda „Wie findet die Kirche aus der Krise?“ Und im Nebensatz „Die deutschen Bischöfe laufen damit direkt auf einen Konflikt mit dem Vatikan zu“ (dort spielt ein gewisser Franziskus die Hauptrolle)…

  • Silvia
    24.09.2019, 0:52 Uhr.

    Marx sagt genau das, was ich im vorigen Thread versucht habe zu erklären:

    Beschlüsse der DBK, die Bedeutung für die gesamte Weltkirche haben, müssen dem Papst zur Entscheidung vorgelegt werden.

    Dass niemand in der DBK wirklich ein Schisma anstrebt, glaube ich sofort, so unvernünftig wird kein deutscher Bischof sein.

    Die Bischöfe werden sich mehrheitlich auf bestimmte Reformanliegen einigen und diese dann dem Papst zur Entscheidung vorlegen. Marx wird wahrscheinlich noch mal persönlich beim Papst vorstellig werden und für diese Reformanliegen werben, aber kein deutscher Bischof wird zu einem Alleingang gegen Rom bereit sein, und das ist auch gut so.

    Der synodale Weg soll meines Wissens nach im Dezember beginnen und zwei Jahre dauern. In diesen zwei Jahren kann viel geschehen, warten wir also ab, was daraus werden wird.

  • Silvia
    24.09.2019, 9:08 Uhr.

    Ich denke, wenn überhaupt, dann bringt die Amazonassynode Änderungen, an die man sich in Deutschland versuchen wird, dran zu hängen.

    Ich war am Sonntag nach gesundheitlich bedingter längerer Abwesenheit mal wieder in meiner Gemeinde zum Gottesdienst und anschließendem Stehempfang anlässlich der Vorstellung einiger neuer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

    Da habe ich eine sehr lebendige City – Gemeinde erlebt, eine volle Kirche, jede Menge Ministranten/innen vom diesjährigen Kommunionjahrgang bis zum Teenageralter.

    Und neu hinzu gekommen sind ein paar junge, schwarzafrikanische Familien mit kleinen Kindern.

    Das ist die Realität, die von unseren Internetdiskussionen nicht abgebildet wird.

    Auch beim Stehempfang sprach niemand vom synodalen Weg, von der Amazonassynode oder Maria 2.0. Niemand hat gestritten. Es war das pralle, fröhliche Leben einer lebendigen Gemeinde, die ihren neuen Vikar und einige andere neue Hauptamtliche mit großer Freude begrüßt hat.

    Und da habe ich mich gefragt, warum ich Zeit und Nerven hier im Blog investiere, wenn das reale kirchliche Leben so schön und lebendig und auch vielfältig ist.

    Mit anderen Worten, ich habe den guten Vorsatz gefasst, mich hier in Zukunft rarer zu machen.

    • Silberdistel
      24.09.2019, 14:59 Uhr.

      Silvia
      24.09.2019, 9:08 h
      Wie heißt es so schön: „Die Ausnahme bestätigt die Regel“ oder „Bildung einer Blase“ oder garstiger (und nicht miss zu verstehen): „Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn“ 😀

    • Wanda
      24.09.2019, 15:29 Uhr.

      Verständlich…

  • neuhamsterdam
    25.09.2019, 20:29 Uhr.

    »Während bisher Betroffene in der Regel eine einmalige Zahlung als „Anerkennung erlittenen Leids“ von 5.000 Euro erhalten haben, sollen künftig Zahlungen bis zu 300.000 Euro, nach Informationen des Magazins Spiegel vom Montagabend sogar 400.000 Euro, möglich sein.«
    Neulich. Priester kommt aus dem Urlaub zurück, Generavikar ist auch da zur Feier der Heiligen Messe.
    Was geschah…
    Der Pfarrer war in Urlaub — und daß er in Urlaub war, das wurde den Gläubigen in einem informativ-appellativen Flugblatttext mitgeteilt, in welchem jener zentrale Urlaub-Satz in Fettschrift gehalten war.
    Warum war der Priester in Urlaub? A) Es war Sommer. Richtig — ist auch B), denn er wurde vom Bischof beurlaubt.
    Warum hat der Bischof das gemacht? Mindestens deswegen, weil es in den beschlossenen Richtlinien steht. Dann wurde ermittelt und ermittelt und die weltliche Obrigkeit ist zu der Überzeugung gelangt, daß die geschilderte Rahmenhandlung nicht plausibel ist.
    Unnu issa wieder da.
    Ich meine, auch 5.000 Euro haben Kehrseiten. Wenn es hingegen in die Hundertausende geht, dann kann einer angesichts dieser Zahlen schon mal den klaren Kopf verlieren.
    Regelmäßig angewendet führt das zu einer „Opfer-Bezahlung“ und monetären Bewertung von berichteten Geschehnissen. Das widerspricht schon der oft und weltweit geäußerten Floskel, daß solches Erlebenmüssen eben gerade NICHT mit ausreichend Geld aufgewogen werden kann.
    Schon fangen die Bischöfe an zu rechnen und darüber nachzudenken, wen sie fragen müssen, um diese Summen bereitstellen zu können. Wenn es denn nicht die wichtigste Forderung der Opfer ist, dafür viel Geld zu bekommen, kann es sein, man will die Kirche zahlen sehen, nur deswegen, weil man was gegen die Kirche hat und die Rolle des aussenstehenden Opferbeistehers moralisch Eindruck macht? Der Verdacht drängt sich auf.
    Mit diesen hohen Geldbeträgen ist aber noch etwas viel wichtigeres berührt: Nämlich die Glaubwürdigkeit. Am Ende des Artikels ist die verspielte Glaubwürdigkeit angesprochen worden. Diese Form des weltlichen Glaubwürdigkeitsverlustes wird dauernd von der Presse konstatiert und resultiert AUCH daraus, daß die Presse das schreibt, jedoch sind das weltliche Kategorien und möglicherweise auch weltlich richtig. Ich meine hingegen die spirituelle Glaubwürdigkeit. Kann sich die Kirche noch glaubwürdig Heilsinstitution nennen, wenn sie weltlichen Mammon zu verteilen bereit ist, in der Art, wie jeder Konzern dazu verpflichtet sein könnte? DAS mindert doch die Glaubwürdigkeit. Heil kann nur umfassend sein.
    Mit Gottes Hilfe wird der Generalvikar bis Weihnachten schon noch welche aus dem „normalen“ Urlaub an ihren Wirkungsort zurückgekehrten Pfarrer besuchen können.

    • Silberdistel
      26.09.2019, 16:14 Uhr.

      neuhamsterdam
      25.09., 20:29 h
      „Kann sich die Kirche noch glaubwürdig Heilsinstitution nennen, wenn sie weltlichen Mammon zu verteilen bereit ist, in der Art, wie jeder Konzern dazu verpflichtet sein könnte?“ Zitatende.
      Die Höhe der Entschädigungszahlung von kläglichen 5.000,- € für „Anerkennung erlittenen Leids“ rk-Missbrauchsopfer, war bereits ein Nebenaspekt des Limburger TvE-Skandals. – Wenn man sich denn erinnern mag. – In dem z.B. der gleichzeitig im Bistum Rottenburg begonnene Verwaltungsbau für veranschlagte 12,5 Mio., der schließlich 39,2 Mio. kostete; ebenso zur Sprache kam, wie der Erwerb einer 10-Mio.-Villa in Rom als Residenz für Kardinal Marx. Sowie last but not least das Marx´sche millionensanierte Prunk-Palais in München. Wo man in dieser Diözese allerdings gleichzeitig keine Unterkunft für Obdachlose mehr weiterführen wollte.
      TvE, der Luxusskandal der rk-Kirche, der soviel Druck der Öffentlichkeit auf die Bistümer aufbaute, das sich schließlich einige dazu veranlaßt fühlten „freiwillig“ ihre Bilanzen offen zu legen. Und wer nach diesen Bilanzen der paar immer noch glaubt, das die Kirchen mit ihren Unterorganisationen und Beteiligungen an Dax-Unternehmen, keine Konzerne mit ebensolchen Strukturen und Umsätzen sind; welche z.B. auch Steuerschlupflöcher (ein anderer Skandal um den Mammon) nutzen; sowie das man seit 2015 mit dem Staat zusammen das automatische Verfahren zur Abführung von Kirchensteuern auf Kapitalerträge nutzt (Wo bleibt diesbezüglich eigentlich die Beachtung des 9. und 10. Gebotes?). Derjenige Welcher fühlt sich nicht der Wahrheit verpflichtet, sondern wirft Nebelkerzen um den exorbitanten Reichtum der Kirche(n) hierzulande, rk wie ev. Deren „kirchliche Würdenträger“ z.B. immer noch vom Staat aufgrund eines Reichsdeportationshauptschlusses aus dem Jahre anno 1803 monatlich mit über 10.000,- Euro, alimentiert werden.
      War der Christus nicht besitzlos gewesen und man will ihm in seinen Fußspuren folgen? Geld ist in den Kirchen soviel vorhanden, wie Staub auf den Kirchenbänken. Man braucht nur mal hinschauen!

    • Wanda
      27.09.2019, 0:08 Uhr.

      neuhamsterdam 25.09. 20:29
      – Oha ! Wollen Sie etwa ausdrücken, dass der schnöde Mammon (d.h. finanzielle Entschädigung) nicht dazu geeignet ist, den Missbrauch und dessen schlimme Folgen für die Opfer zu mildern ?
      Und wenn Sie schon in diesem Zusammenhang die spirituelle Glaubwürdigkeit bemühen,
      dann sollten Sie sich auch fragen, ob die Opfer den klerikalen Kirchenvertretern überhaupt noch eine Glaubwürdigkeit zutrauen. Denn die dürfte den meisten restlos abhanden gekommen sein.
      – Noch etwas: es handelt sich hier nicht nur um einen (wie Sie meinen) weltlichen- sondern auch religiösen Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche, und nicht nur bei den Missbrauchsopfern, deren Klagen vom Klerus lange genug als unglaubwürdig abgetan wurden und die deshalb noch Spott über sich ergehen lassen mussten. Über die oft skandalöse Reaktion der kirchlichen Stellen auf die Anzeigen wurde genug berichtet. Eine Wiederholung erübrigt sich also.

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