Ist das gesamtorthodoxe Konzil gescheitert?

Es sollte ein historisches Ereignis werden: das erste gesamt-orthodoxe Konzil seit über 1200 Jahren. Doch wenige Tage vor Beginn des „Großen und Heiligen Konzils“ haben fünf Kirchen ihre Teilnahme zunächst abgesagt, zuletzt am Montagabend die russisch-orthodoxe Kirche. Sie ist die mitgliederstärkste der 14 orthodoxen Kirchen. Moskau sowie die orthodoxen Kirchen von Bulgarien, Antiochien, Georgien und Serbien begründeten ihre Absage mit Differenzen bei Verfahrensfragen des Konzils sowie auch bei Inhalten der geplanten Texte. Dass sie bei einem Vorbereitungstreffen Ende Januar in Chambesy bei Genf alle den geplanten Texten und den Verfahrensfragen zugestimmt haben, scheint sie jetzt nicht mehr zu kümmern. Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I., das Ehrenoberhaupt der Orthodoxie, hält an den Konzilsplänen fest. Er wird am Sonntag in der Kathedrale des heiligen Menas in Heraklion mit einem feierlichen Gottesdienst das Treffen eröffnen, der übrigens in Teilen ab 9.30 Uhr auch im ZDF übertragen wird. Ob es dann wirklich ein „Großes und Heiliges Konzil“ sein wird, ist aktuell mehr als fraglich. Beobachter sprechen bereits jetzt davon, dass das Konzil gescheitert sei.

In der Kathedrale des heiligen Menas in Heraklion wird am Sonntag die Göttliche Liturgie zur Eröffnung des Konzils gefeiert. (Quelle: Erbacher)

In der Kathedrale des heiligen Menas in Heraklion wird am Sonntag die Göttliche Liturgie zur Eröffnung des Konzils gefeiert. (Quelle: Erbacher)

Zerstrittenes Bild der Orthodoxie

Die orthodoxen Kirchen geben ein zerstrittenes Bild ab. Seit den 1970er Jahren wird an einem gemeinsamen Konzil gearbeitet. 2014 schien man sich endlich auf einen Ort und einen Termin geeinigt zu haben. Mit dem orthodoxen Pfingstfest am 19. Juni 2016 sollte es in Istanbul beginnen, dem altehrwürdigen „zweiten Rom“, dem Sitz des Ehrenoberhaupts der Orthodoxie, des Ökumenischen Patriarchen. Doch dann zerstritten sich 2015 Russland und die Türkei auf politischer Ebene nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch türkische Militärs im Grenzgebiet zu Syrien. Dazu kamen die allgemeine instabile Sicherheitslage in der Türkei sowie die mangelnde Unterstützung der türkischen Regierung für das panorthodoxe Treffen. So entschied man bei einer Krisensitzung aller Vorsteher der orthodoxen Kirchen im Januar in Chambesy, das Konzil nach Kreta zu verlegen.

In Chambesy wurde auch noch einmal heftig um Verfahrensfragen und Texte gerungen. Am Ende schienen alle zufrieden, bis auf den georgischen Patriarchen Ilia II., der vorzeitig abreiste und nicht alle Diskussionen bis zum Ende mit führte. Besonders kritische Fragen wurden in Chambesy von der Tagesordnung des Konzils genommen, darunter etwa die Fragen nach der Verleihung der kirchlichen Eigenständigkeit (Autokephalie), der Rangfolge der orthodoxen Kirchenoberhäupter und der Einführung eines gemeinsamen Kirchenkalenders. Zudem beschloss man, das Konzil solle nicht nur eine Sitzungsperiode haben, sondern in mehrere Sessionen aufgespalten werden. Dadurch wollte man den Einigungsdruck aus der ganzen Veranstaltung nehmen.

Wollen die Orthodoxen die Ökumene?

Nun gibt es dennoch Streit über die Texte. Eines der umstrittensten Dokumente im Vorfeld des Konzils war der Text „Verhältnis der Orthodoxen Kirche zur übrigen christlichen Welt“. Einigen Orthodoxen geht der Text ökumenisch zu weit, denn viele billigen etwa der katholischen oder den evangelischen Kirchen den Status „Kirche“ nicht zu. So erkennt beispielsweise die georgische orthodoxe Kirche die Taufe nicht-orthodoxer Kirchen nicht an. Sie will auch keine „Mischehen“ dulden, also Ehen zwischen Orthodoxen und Nichtorthodoxen, selbst wenn diese beispielsweise katholisch sind. Schon im Vorfeld der Versammlung von Kreta war etwa aus dem Vatikan zu hören, dass die Konzilstexte einen Rückschritt in der Ökumene bedeuten könnten. Welchen Sinn machten die gemeinsamen theologischen Gespräche, wenn man einen der beiden Partner nicht als Kirche anerkenne?

Neben theologischen Differenzen stecken aber hinter den Streitigkeiten der orthodoxen Kirche handfeste kirchenpolitische Fragen. Es geht um Macht. Moskau will eine gewisse Vorrangstellung des Ökumenischen Patriarchen nicht akzeptieren. Kleinere Nationalkirchen, die zwar unabhängig sind, sich aber nach Moskau orientieren, wie die Georgier, Bulgaren und Serben, unterstützen Moskau in dieser Ansicht. So gab es zuletzt Streit über die Sitzordnung. Während die griechischen Organisatoren geplant hatten, dass Bartholomäus als Vorsitzender am Kopf der Runde Platz nehmen sollte, lehnten die slawischen Kirchen dies entschieden ab. „Das sind päpstliche Zustände“, lautet die Kritik. Es verstoße gegen die Auffassung, die Kirchenoberhäupter seien gleichberechtigt. Auch kommt Kritik am Gesamtverfahren der Synode. Die einzelnen Kirchen sind durch Delegationen von maximal 24 Bischöfen sowie ihrem Vorsteher vertreten. Abgestimmt wird nicht nach dem Mehrheitsprinzip; jede Kirche hat eine Stimme. Für Entscheidungen ist Einstimmigkeit vorgeschrieben. Die Frage ist nun, ob dieser Modus die byzantinischen Orthodoxen gegenüber den slawischen Orthodoxen bevorzugt. Würde man alle orthodoxen Bischöfe zulassen und hätte jeder Teilnehmer eine Stimme, würden die Slawen ein Konzil klar dominieren. Nach dem aktuellen Modus haben die Byzantiner etwas die Nase vorn.

Schaden bei Scheitern ist groß

Es fällt schon auf, dass beim aktuellen Streit einmal mehr Slawen und Byzantiner gegeneinander stehen. Dabei wollten die Orthodoxen mit dem Konzil gerade nach innen und außen Einigkeit demonstrieren. Doch sie scheinen aus ihrem alten Denken nicht herauszukommen. Moskau und Belgrad hatten vorgeschlagen, das Konzil zu einem weiteren präkonziliaren Treffen herabzustufen. Dann wären sie auch gekommen. Doch der Ökumenische Patriarch Bartholomäus sieht sich an die Beschlüsse von Chambesy gebunden. Er ist am Mittwoch auf Kreta eingetroffen und wird am Sonntag mit der feierlichen Liturgie in der Kathedrale von Heraklion die Versammlung eröffnen. Es wird spannend sein, wer dann dabei sein wird. Hier auf Kreta wird gemunkelt, die russische Regierung sei unzufrieden mit der Absage der russisch-orthodoxen Kirche. Vielleicht bewegt sich ja doch noch einmal etwas bis zum Wochenende.

Der Schaden für die orthodoxe Kirche ist jedenfalls jetzt schon gewaltig – das gilt nicht nur für das Image. Wie sollen künftig Orthodoxe verschiedener Kirchen in der Diaspora wie Deutschland zusammenleben und –arbeiten? An der Basis wächst in diesen Tagen die Angst, dass sich das kirchenpolitische Ränkespiel der Oberen negativ auf die konkrete praktische Arbeit an der Basis auswirken wird. Und das in einer Zeit, in der die Christen weltweit vor ungeheuren Herausforderungen stehen. Wer sich nicht trifft, kann seine Differenzen nicht besprechen. Selbst wenn bei den Konzilsberatungen, die mit einer Woche sowieso schon sehr knapp angesetzt waren, keine konkreten Ergebnisse herausgekommen wären, die Patriarchen hätten ihren Gläubigen und der Welt wenigstens das Gefühl vermitteln können, dass man an einer Problemlösung arbeitet, anstatt sich jetzt über die Medien und Presseerklärungen gegenseitig die Schuld für das Scheitern in die Schuhe zu schieben. Wenn die fünf Aussteiger bei ihrer Entscheidung bleiben und Bartholomäus die Versammlung von Kreta durchzieht, werden die Gräben in der Orthodoxie noch tiefer werden. Unklar ist, welche Verbindlichkeit das Treffen dann haben wird. „Er rief alle zur Einheit“ lautet das Motto des Konzils. Vier Tage vor dem Start zeigt sich die Orthodoxie zerstritten wie eh und je. Immerhin gab die serbisch-orthodoxe Kirche am Mittwochabend bekannt, sie wolle nun doch anreisen. Es bleibt also spannend bis zuletzt.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

18 Kommentare

  • Silberdistel
    16.06.2016, 7:52 Uhr.

    Tja, eine Priesterkaste spielt hier wohl wiedermal ihr ganz eigenes Spiel, nämlich letztendlich auf das eigene Tor. Aber die rkk-Kirche hat sich ja auch erst mit den letzten Päpsten ganz langsam aus einer feudalistischen Hierarchie heraus entwickelt in der der Klerus eine ganz eigene, recht selbstherrliche Stellung, inne hatte. Und die Gläubigen praktisch gar keine, außer die des untertänigen Dienens.
    Wann wird die Priesterkaste denn anfangen zu dienen: Gott und gleichzeitig den Menschen? Es scheint je höher es in der Hierarchie geht, desto schlimmer wird es mit dieser biblischen Art von Hoffart.
    Unverständlich dieses Verhalten im Kontext zur Urlehre des Religionsstifers, der so beherzt gegen die damalige Priesterkaste der Juden gewettert hatte (beispielsweise Mt. 23). Man sollte hier mal eine soziologische/psychologische Untersuchung in Auftrag geben an was es liegt.

  • Silvia
    16.06.2016, 13:42 Uhr.

    Dieses Gerangel und Gezerre ist ein Armutszeugnis für christliche Kirchen.

    Wenn man das so sieht, spricht eigentlich Alles für unsere Weltkirche, die unter dem Papst geeint ist und auch dafür, dass der Papst bei allen (wichtigen) Fragen das letzte Wort hat.

    Es muss allerdings ein starker Papst sein, wobei ich unter stark nicht autoritär oder diktatorisch verstehe, sondern eine gute Führungspersönlichkeit, nach innen und nach außen.

    Allerdings hat Papst Benedikt den evangelischen Kirchen auch das Kirche sein abgesprochen, ich glaube, da war er noch Glaubenspräfekt.

    • SuNuraxi
      16.06.2016, 18:26 Uhr.

      Silvia, 16.06.2016, 13:42

      Nicht Benedikt hat den Evangelischen das Kirche-Sein abgesprochen, sondern das 2. Vatikanum (Lumen Gentium, Kap.8; Unitatis Redintegratio, Kap.3) Es wird ausdrücklich unterschieden zwischen getrennten Kirchen (diejenigen, die eine auf dem Weihesakrament beruhende Hierarchie haben – Orthodoxe und Altorientalen) und kirchlichen Gemeinschaften (die so eine Hierarchie nicht haben).
      Ratzinger hat in „Dominus Jesus“ nur wiederholt, was das Konzil dazu sagte.

      • Alberto Knox
        17.06.2016, 16:27 Uhr.

        es ist sachlich falsch, dass das 2. vatikanum den aus der reformation hervorgegangenen kirchen das kirchesein abgesprochen hat.
        die unterscheidung zwischen kirche und kirchlicher gemeinschaft stammt von johannes xxiii., der damit evangelischen gemeinschaften entgegenkommen (!) wollte, die sich selber nicht als kirche ansehen. GENAU IN DIESEM SINNE hat das 2. vatikanum diese redeweise aufgegriffen. die lutherischen sind nach dem 2. vatikanum sehr wohl kirche.
        joseph ratzinger hat das begriffspaar in dominus jesus gegen den (aus dem kontext und den konzilsdokumenten durchaus erhebbaren) sinn dreist umgedeutet, soviel ehrlichkeit muss sein.

        • SuNuraxi
          19.06.2016, 20:19 Uhr.

          Alberto Knox, 17.06.2016, 16:27

          Ich empfehle Ihnen eine nochmalige und gründliche Lektüre von Lumen Gentium und Unitatis Redintegratio. Dass diese beiden Dokumente ein Fortschritt gegenüber der Meinung der RKK von vor dem Vatikanum 2 sind, bestreitet ja keiner. Dennoch ist dort eben nur von „kirchlichen Gemeinschaften“ die Rede. Und seither hat es kein anderes Konzil gegeben, dass daran etwas geändert hätte..

    • Silberdistel
      16.06.2016, 19:42 Uhr.

      Silvia
      16.06. 13:42 h
      Wer mutig genug ist die bemerkenswerteste Weihnachtsansprache aller Zeiten (2014: Die 15 kurialen Krankheiten) zu halten, die Eucharistie für alle Katholiken auch an eine ´Eucheraristiefähigkeit´ zu binden; Erzfeinde wie den Palästinenserpräsident Abbas und Israels Staatschef Peres zum Friedensgebet in den Vatikan zu bringen; den Ausgleich in dieser Zeit zum Islam zu suchen; der kann einfach nicht schwach sein, sondern der wird schlichtweg verkannt.

      • Silvia
        17.06.2016, 12:23 Uhr.

        Silberdistel
        16.06.2016, 19:42 Uhr.

        Die ÖFFENTLICHE Weihnachtsansprache an die Kurie 2014 war nicht mutig sondern schlechter Führungsstil.

        So etwas macht man als Chef unter vier Augen und nicht öffentlich.

        • Alberto Knox
          17.06.2016, 16:27 Uhr.

          woher wollen sie wissen, ob das nicht schon unter vier augen geschah – und fruchtlos war?

        • Silberdistel
          20.06.2016, 19:11 Uhr.

          Silvia
          17.06. 12:23 h
          Der ebenfalls um diese Zeit geschehende Skandal um den Mitarbeiter der Glaubenskongregation Priester Krzysztof Charamsa, der mit seinem homosexuellen Outing quasi ein „soziologisches Selbstmordattentat“ vollzog; zeigt wie hoch der Druck der Frustration, zumindest bei Einzelnen, unter der vatikanischen Käseglocke sein muss. Um halt überhaupt auch nur auf solche Ideen zu kommen.

  • Alberto Knox
    16.06.2016, 18:07 Uhr.

    ich finde die ränke der russisch-orthodoxen kirche schon ziemlich ekelerregend. von vielen inhaltlichen positionen ganz abgesehen.
    ich habe jüngst gelesen, dass sich sogar eine mehrheit für die übernahme des gregorianischen kalender ausgesprochen habe. nur die russen wollten nicht: begründung sei gewesen, dass man sich dann nicht mehr von den katholiken unterscheiden könne. das sagt doch alles. es geht doch nicht um christus. wie bei sarah, müller, burke, die sich gegen unseren wunderbaren papst stellen.

  • Pfingstrose
    16.06.2016, 23:36 Uhr.

    Hallo, denjenigen, vor allem den römisch-katholischen Stänkerern, die jetzt gegen die Orthodoxie wettern, sei mal folgendes gesagt, auch wenn es sich nicht sehr diplomatisch anhört: Habt ihr euch eigentlich mal überlegt, wo die ganzen Probleme rund um dieses Konzil überhaupt ursprünglich herrühren? Sind das alles nur irgendwelche Machtspiele der orthodoxen Hierarchen?

    Das Hauptproblem ist nämlich die Ökumene, ja die Ökumene mit Euch! Die Orthodoxe Kirche muss einfach aufpassen, dass sie sich von all den schismatischen und häretischen christlichen Gemeinschaften nicht über den Tisch ziehen lässt bzw. negativ beeinflussen lässt. Und da sind manche orthodoxe Kirchen einfach extrem vorsichtig (besonders die slawischen Kirchen, aber auch die georgische, antiochenische usw.), indem sie sagen, lieber kein Konzil und nach außen (für euch) uneinig wirken, eventuell auch euren Spott ertragen, aber innerlich in der orthodoxen Lehre, Theologie und Eucharistie vereint sein, indem erst gar keine gefährlichen bzw. theologisch nicht absolut exakten Beschlüsse/Dokumente verabschiedet werden, nur um nach außen ein vereintes Bild abzuliefern. Das ist es echt nicht wert! Es geht hier um die eine Heilige Kirche Jesu Christi. Und wenn es dann wirklich eine signifikante Einigkeit über alle Textvorlagen und Verfahrensfragen gibt, dann kann es auch ein allorthodoxes Konzil geben.

    • Silberdistel
      17.06.2016, 11:03 Uhr.

      Pfingstrose
      16.06. 23:36 h
      Sind diese Ansprüche nicht etwas arg hoch gestelzt?!
      Man sollte sich als Christenheit besser der gemeinsamen Wurzeln bewußt werden: Der 10 Gebote und das Einhalten derselben natürlich; Das Verstehen über das Kommen von Jesus Christus und seiner Lehre. – Und das dieses letztlich ein übergroßes Geschenk ist das man miteinander teilen und feiern darf. Das steht im Vordergrund! Die jeweiligen „Eliten“ aller christl. Konfessionen sollten es lassen dem noch etwas hinzu fügen zu müssen.

      • Pfingstrose
        17.06.2016, 15:38 Uhr.

        Das, was Sie nennen, sind die Aufgaben eines jeden einzelnen Christen. Konzile haben die primäre Aufgabe, innerkirchliche Probleme zu lösen.

  • Silvia
    17.06.2016, 12:20 Uhr.

    „Es geht hier um die eine Heilige Kirche Jesu Christi“

    Eben darum geht es! Und wenn man in der heutigen Zeit, in der Christen ALLER Konfessionen wieder den Märtyrertod sterben, nichts Wichtigeres zu tun hat als sich als Kirche gegen andere christlichen Kirchen abzugrenzen, dann fehlt mir dafür jedes Verständnis.

    In so schweren Zeiten wie heute, müssen Christen ALLER Konfessionen zusammenhalten und zumindest nach außen ein geschlossenes Bild abgeben.

    Es geht um unser ALLER christlichen Glauben!

    Und Streitereien um die Sitzordnung sind einfach nur kindisch und beschämend. Wer sich um die Sitzordnung streitet hat vom Christentum wenig bis gar nichts begriffen.

    • Pfingstrose
      17.06.2016, 15:17 Uhr.

      Ich würde die Kritik an der Sitzordnung nicht als Kindergarten bezeichnen. Hier ging es mehr darum, das altkirchliche Prinzip zu betonen, dass kein Patriarch/Hierarch über einem anderen stehen sollte. Manche Orthodoxe sehen das sehr sensibel und stören sich daher schon an einer Sitzordnung, die dieses Prinzip symbolisch verletzen könnte. Das ist/wirkt vielleicht etwas überempfindlich, stellt aber sicher kein Hindernis für ein Konzil dar, es ist eher Nebensache.

      Klar sollten Christen aller Konfessionen zusammenhalten, aber das orthodoxe Kirchenverständnis muss genauso stets bewahrt bleiben. An diesem Verständnis darf nichts geändert werden, denn dieses Verständnis reicht bis zu unseren Aposteln zurück. Und das sind eben die schwierigsten Punkte für das geplante panorthodoxe Konzil, bei denen eine Lösung gefunden werden muss, die für alle orthodoxen Kirchen annehmbar ist. Und manche Textvorlagen waren da einfach zu unpräzise und theologisch nicht eindeutig formuliert, vor allem was die Bezeichnung/Begrifflichkeit nichtorthodoxer Konfessionen angeht. Einige orthodoxe Kirchen hatten nun Angst, dass auf dem Konzil nicht genügend Zeit bleibt, diese Unstimmigkeiten in den Textvorlagen zu beseitigen. Sie befürchteten, auf dem Konzil unter Druck gesetzt werden zu können. Sie sahen als einzigen Ausweg, dem Konzil fernzubleiben, damit gar nicht erst problematische Textbeschlüsse in Kraft treten können. Es ist natürlich sehr bedauerlich und nicht alle Orthodoxen unterstützen dieses Vorgehen. Ich bin darüber auch nicht glücklich und etwas enttäuscht, dass es so gekommen ist. Aber vielleicht ist es trotzdem das geringere Übel. Wahrscheinlich braucht der vorkonziliare Prozess einfach noch mehr Zeit, obwohl er bereits schon jetzt sehr lange dauerte.

  • Wanda
    17.06.2016, 19:02 Uhr.

    Silberdistel, Silvia:
    – der nazarener Wanderprediger war weder katholisch, protestanisch oder orthodox noch Baptist oder evangelikal und was es da sonst noch an „einzig wahrer Kirche“ gibt. Jesus selbst hatte lediglich eine simple Botschaft, die den grossen Vorsitzenden der Glaubensgemeinschaften aber allein auf Dauer nicht genügte. Sie brauchten Brimborim, Riten, Regeln, Dogmen und (gewollte) Abgrenzungen im Detail, die sich dann schnell zu Schismen auswuchsen.
    Von der ursprünglich kollegialen Leitung ging man recht schnell zu den gleichberechtigten 5 Patriarchaten über, wobei Rom nicht mehr als der lediglich ehrenmässige Rang als Primus inter pares zugestanden wurde.
    Die weitere Entwicklung ist bekannt und dem überaus menschlichen Machtkalkül geschuldet: Lieber Erster in „meiner Kirche“ als Zweiter der gesamten Christenheit…

    • Silberdistel
      20.06.2016, 7:40 Uhr.

      Wanda
      17.06. 19:02 h
      Richtig. Anscheinend muss man bekennender Atheist sein, um sich einen möglichst unverstellten, klaren Blick auf die Christenheit bewahren zu können 😉
      Das Phänomen ist, das Jesus Christus in einer seiner Primärbotschaften ganz explizit die GESCHWISTERLICHE Religionsgemeinschaft wollte und eben keine mehr der alten Hierarchie. Dargelegt beispielsweise im ganzen Kapitel Mt. 23 (Worte gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer); insbesondere aber in Vers 8 und 9: „Ihr aber sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn nur einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder. Auch sollt ihr niemand auf Erden euren Vater nennen; denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel“. Das ist im Kern die ´Betriebsphilosophie´ der Evangelien.

      Also nix da mit Unterschiede schaffenden Würden, Weihen, bauchpinselnde Titel. Die ersten Urgemeinden wußten das noch so zu praktizieren. Es ist das Alleinstellungsmerkmal, das das Christentum zum Erfolgsmodell werden lies – und zwar in späteren Zeiten sogar trotz der Kirche(n) und nicht wegen ihr. Die Geschichte hat im Übrigen erwiesen, das weder bauchpinselnde Titel noch gar Weihen vor Skandalen und/oder Fehltritten schützen, sondern diese eher wie magisch anziehen.
      Die Erklärung warum es mit der geschwisterlichen Menschheit trotz aller himmlischen Interventionen gar so schlecht klappt, liefern die teils prophetischen Autoren der Bibel übrigens gleich mit: Es ist schlichtweg die in unserer Zeit fast schon vergessene (warum eigentlich?) ´HOFFART´.

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