Finanzen neu geordnet

Ein erster großer Schritt zu Veränderungen in der Kurie ist getan. Mit der Einrichtung eines „Sekretariats für die Wirtschaft“ setzt Papst Franziskus an einer zentralen Stelle an. Auch wenn noch nicht ganz klar ersichtlich ist, wie die neue Behörde mit den bestehenden zusammenarbeiten wird bzw. ob alle bisher bestehenden Finanzbehörden am Ende „überleben“ werden, die konkreten Reformen beginnen. Unangetastet von den aktuellen Veränderungen ist die Vatikanbank IOR. Der neue Finanz- und Wirtschaftsminister, Kardinal George Pell, sagte jetzt in einem Zeitungsinterview, dass zum IOR die K8 beim nächsten Treffen Ende April dem Papst Entscheidungsvorschläge machen könnte.

Neue Behörde nicht nur für Finanzen

Die Einrichtung des neuen Wirtschaftssekretariats kam am Ende überraschend schnell. Erst Mitte vergangener Woche hatte der Kardinalsrat (K8) dem Papst entsprechende Empfehlungen vorgelegt. Diese waren von der so genannten COSEA-Kommission vorbereitet worden, einer Expertenkommission zur Überprüfung der wirtschaftlichen und administrativen Organisation des Vatikanstaats und des Heiligen Stuhls, die der Papst am 19. Juli 2013 eingerichtet hatte. Dem achtköpfigen Expertengremium (sieben Laien und ein Geistlicher als Sekretär) gehört auch der deutsche Versicherungsmanager Jochen Messemer an. Die Kommission wird weiter bestehen, um den Gründungsprozess der neuen Behörde zu begleiten.

Oft wird in diesen Tagen von einem neuen vatikanischen „Finanzministerium“ gesprochen. Doch die Kompetenzen der neuen Behörde gehen weit über die eines klassischen Finanzministeriums hinaus. Neben dem Aufstellen eines Haushalts und von Bilanzen für alle Einrichtungen des Heiligen Stuhls und des Vatikanstaats soll die neue Behörde sich auch um Fragen der Personalausstattung und der Vereinheitlichung von Verwaltungsstrukturen kümmern. Es soll eine einheitliche Buchführung geben und mehr Transparenz in Finanz- und Wirtschaftsangelegenheiten.

APSA ist Zentralbank

Erstmals gibt es damit eine Behörde, die Finanzhoheit sowohl über Einrichtungen des Vatikanstaats (Governatorat) als auch des Heiligen Stuhls (APSA, Kongregationen, Päpstliche Räte, Medien etc.) hat. Dies gilt auch für die Kontrolle, denn es wird in der neuen Behörde ein Wirtschaftsprüfer angesiedelt, der alle Einrichtungen kontrollieren kann. Unklar ist derzeit noch, was künftig die Präfektur für die wirtschaftlichen Angelegenheiten macht, denn diese Behörde hatte bisher bereits einen Teil der Arbeit des neuen Ministeriums erledigt. Eigens bestätigt wurde, dass die APSA die Aufgabe einer vatikanischen Zentralbank übernimmt, mit allen Rechten und Pflichten, wie sie international üblich sind. Auch die vatikanische Finanzaufsichtsbehörde AIF bleibt in ihren Kompetenzen unberührt.

Interessant ist, dass der bisher aus 15 Kardinälen bestehende Rat für wirtschaftliche und administrative Fragen durch einen Wirtschaftsrat ersetzt wird, in dem zwar immer noch acht Kardinäle oder Bischöfe sitzen werden, aber auch sieben Laien, internationale Finanzexperten. Damit ziehen dauerhaft Laien in ein zentrales Entscheidungsgremium ein. Auch der zweite Mann in der neuen Behörde könnte ein Laie sein. Neben dem Präfekten, Kardinal George Pell, soll es einen Generalsekretär geben.

Staatssekretariat mit weniger Einfluss

Interessant ist, dass mit der neuen Behörde das Staatssekretariat (weiter) an Einfluss und Kompetenzen verliert, denn Pell ist künftig direkt dem Papst unterstellt. Es scheint, als wolle der Papst die Übermacht des Staatssekretariats und damit auch des Kardinalstaatssekretärs zerschlagen. Dieser könnte auf lange Sicht dann „nur“ noch für die Politik zuständig sein. Denn es fällt auf, dass sich der amtierende Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin augenscheinlich nicht als innerkurialer Organisator versteht. Dies könnte darauf hin deuten, dass es in Kürze noch ein weiteres neues Amt geben könnte, über das schon lange spekuliert wird: einen „Moderator Curiae“, der die Arbeit der Kurienbehörden koordiniert. Damit hätte der Papst ein neues Machtgefüge innerhalb der Kurie geschaffen, mit einer Aufteilung der Verantwortlichkeiten nach Finanzen, Kurie und Politik. Die jeweiligen Spitzen dieser drei Stränge sind nur dem Papst verantwortlich. Bei ihm laufen die Fäden zusammen und nicht bei einem „Unterpapst“. Einerseits hätte Franziskus damit die Macht innerhalb der Kurie verteilt; zugleich wird das ganze System aber wieder stärker auf den Papst hin ausgerichtet, der am Ende entscheidet. In diesem Sinne ist Franziskus ganz Jesuit: der Obere lässt sich beraten, entscheidet dann aber selbst. Der Papst regiert.

Damit wird das Staatssekretariat wieder zu einem Dikasterium unter vielen, wie es bis 1967 war. Seitdem besteht es aus einer „Ersten Sektion“, die eine Mischung aus Staatskanzlei und Innenministerium ist, und einer „Zweiten Sektion“, eine Art Außenministerium. Erst damals machte es Papst Paul VI. zur „obersten“ Kurienbehörde. Unter den Kardinalstaatssekretären Agostino Casaroli (Amtszeit: 1979-1990) und Angelo Sodano (1991-2006) entwickelte es sich zu einer Art Superministerium im Vatikan. Nach der Reform durch Papst Franziskus könnten große Teile der Ersten Sektion dem Moderator Curiae unterstellt werden. Es bliebe die politische Arbeit für das Staatssekretariat übrig.

Und wer könnte Moderator Curiae werden? Da bietet sich natürlich der amtierende „Innenminister“ an, Erzbischof Giovanni Angelo Becciu. Es könnte aber auch Kardinal Oscar Rodríguez Maradiaga sein. Er moderiert bereits die K8-Gruppe und ist ein enger Vertrauter von Papst Franziskus. Damit wären die drei Spitzenämter unterhalb des Papstes aufgeteilt in einen Italiener für das Staatssekretariat, einen Ozeanier für die Finanzen und einen Lateinamerikaner für die Moderation der Kurie. Gerade die Wahl von Kardinal Pell für die Finanzen hat gezeigt, dass Franziskus es wichtig ist, dass vor allem auch Nicht-Italiener an entscheidende Stellen kommen, an denen Reformbedarf besteht. Dies dürfte mit den von ihm oft kritisierten Seilschaften zu tun haben, die er zerschlagen bzw. verhindern will.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.