Politische Agenda: Armut, Frieden, Schöpfung

Mit einem Gottesdienst mit den Gärtnern und Reinigungskräften des Vatikans hat heute der Tag von Papst Franziskus begonnen. Der Pontifex feierte die Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses Santa Marta. Dort wird Franziskus nach Auskunft des Vatikans auch noch einige Zeit wohnen bleiben. Unklar ist nach wie vor, ob er in die Papstwohnung im dritten Stock des Apostolischen Palasts einziehen wird oder eine andere Bleibe im Palast bezieht. Bei der Besichtigung der mehrere Hundert Quadratmeter großen Wohnung am Tag nach seiner Wahl, soll er gesagt haben, diese sei zu groß für ihn und biete ja Platz für 300 Menschen. In Buenos Aires bewohnte Kardinal Bergoglio eine kleine Zweizimmerwohnung. Da wird er sich künftig wohl etwas umstellen müssen.

Politisch wurde es dann beim Treffen mit dem beim Heiligen Stuhl akkreditierten Diplomatischen Korps. Auch hier wieder das gewohnte Bild: Franziskus verzichtet im Vergleich zu seinem Vorgänger auf den roten Schulterumhang, die Mozzetta, und den großen roten Thron. In einfachem Weiß sitzt er auf einem schlichten gepolsterten Stuhl. Seine Rede dauert ganze 10 Minuten; gehalten auf Italienisch, der Sprache des Bischofs von Rom, und nicht auf Französisch, der Sprache der Diplomatie. Erneut ging der Papst auf seine Namenswahl ein und leitete von Franz von Assisi die Grundkonstanten auch seiner politischen Arbeit ab: Einsatz für die Armen, für den Frieden und die Bewahrung der Schöpfung. Dabei betonte er heute, dass unter Armut nicht nur die materielle, sondern auch die geistliche Armut der Gegenwart zu verstehen sei. Dabei machte er sich die Worte seines Vorgängers Benedikt XVI. der „Diktatur des Relativismus“ zu Eigen. Einmal mehr wird damit deutlich, dass die beiden Päpste inhaltlich nicht so weit auseinander sind, wie es äußerlich scheinen mag. Franziskus forderte zugleich zum Dialog der Religionen auf. Der Pontifex erklärte, er wolle Brückenbauer sein zwischen Gott und den Menschen, aber auch unter den Menschen. Dazu möchte er die Botschafter und ihre Länder als Verbündete gewinnen: „Die materielle wie die geistliche Armut bekämpfen, Frieden schaffen und Brücken bauen – das sind gleichsam die Bezugspunkte eines Weges, den mitzugehen ich jedes der Länder, die Sie vertreten, einlade.“

Hier findet morgen das Treffen von Papst Franziskus mit Benedikt XVI. statt.

Mit Spannung wird in Rom die Begegnung der beiden Päpste morgen in Castelgandolfo erwartet. Es ist ein historisches Ereignis, denn bisher haben sich nie ein Papst, der freiwillig auf sein Amt verzichtet hat, und sein Nachfolger getroffen. Live-Bilder wird es von der Begegnung mit anschließendem Mittagessen morgen nicht geben. Dennoch ist zu erwarten, dass es Fotos und einige TV-Aufnahmen der Vatikanmedien im Nachhinein geben wird. Ob es die letzten Bilder des emeritierten Papstes sein werden, ist ungewiss. Benedikt XVI. selbst hatte ja angekündigt, dass er künftig für die Welt „verborgen“ sein werde. Ob dies wirklich so sein wird, hängt auch von seinem Nachfolger Franziskus ab. Obwohl die beiden beim Konklave 2005 „Gegenspieler“ waren, ist das Verhältnis gut. Papst Bergoglio hat in den letzten Tagen immer wieder an Papst Ratzinger erinnert und dessen Leistungen gewürdigt; angefangen von der Aufforderung zum Gebet für Benedikt XVI. zu Beginn seines ersten Auftritts nach der Wahl auf der Loggia am 13. März bis heute zur Ansprache an die Diplomaten mit dem Zitat der „Diktatur des Relativismus“. Die beiden Herren in Weiß haben sich also sicher Einiges zu sagen und Benedikt XVI. kann seinem Nachfolger wohl auch einige Hinweise geben, wenn es um Personalentscheidungen und anstehende Reformen geht. Daher wird die morgige Begegnung sicher nicht die letzte sein. Wenn Benedikt XVI. erst einmal in seinem Kloster im Vatikan wohnen wird, womit für Mai, spätestens Juni zu rechnen ist, werden sich die beiden sicher öfters sehen.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.