Abschied von Franziskus

Der Sarg ist verschlossen. Eine letzte Nacht wachen Kanoniker von Sankt Peter am Leichnam des verstorbenen Pontifex. 250.000 Menschen haben Franziskus die letzte Ehre erwiesen in den vergangenen drei Tagen. Am Samstag findet der Trauergottesdienst auf dem Petersplatz statt. Im Anschluss wird Franziskus nach Santa Maria Maggiore überführt und dort am frühen Nachmittag beigesetzt. Zum Requiem werden hunderttausende Menschen erwartet. Die Liste der Staats- und Regierungschefs ist lang. Aus rund 160 Ländern und internationalen Organisationen haben sich Delegationen angemeldet, darunter mehr als 50 Staatsoberhäupter, dazu Vertreter anderer Religionen und Konfessionen. Aus Deutschland reisen alle fünf Verfassungsorgane an sowie der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, und mehrere Diözesanbischöfe.

In einer kleinen Feier wurde der Sarg am Freitagabend verschlossen und versiegelt. (Foto: VaticanMedia)

Heilig-Jahr-Feier der Teenager

Rom ist in diesen Tagen eine junge Stadt. An diesem Wochenende findet die Heilig-Jahr-Feier der Teenager statt. Eigentlich sollte der 15-jährige „Cyberapostel“ Carlo Acutis am Sonntag heiliggesprochen werden. Doch ohne Papst kann niemand zur Ehre der Altäre erhoben werden. Die Heilig-Jahr-Feier findet trotzdem statt. Am Sonntag gibt es einen großen Gottesdienst. Viele der jungen Gläubigen nehmen morgen bereits am Requiem für Papst Franziskus auf dem Petersplatz teil. Die Jungen und die Alten lagen dem verstorbenen Pontifex sehr am Herzen. So führte er neben einem katholischen Weltkindertag auch einen katholischen Weltseniorentag ein. Immer wieder ermahnte er die Eltern, sich Zeit für ihre Kindern zu nehmen etwa zum Spielen. Den in Politik und Wirtschaft verantwortlichen redete er ins Gewissen und kritisierte die hohe Jugendarbeitslosigkeit in vielen Teilen der Welt. So passt es sicherlich gut, dass die Welt sich just an diesem Wochenende der Heilig-Jahr-Feier der jungen Menschen von diesem Papst verabschiedet.

Sarg verschlossen

Am Freitagabend wurde im Rahmen einer schlichten Zeremonie der Sarg verschlossen. Der Zeremonienmeister bedeckte das Haupt des verstorbenen Pontifex mit einem weißen Seidentuch. Als Grabbeigabe wurden Münzen und Medaillen des Pontifikats sowie das sogenannte Rogitum in den Sarg gelegt. In der auf Latein verfassten Urkunde sind die wichtigsten Daten des Lebens und des Pontifikats von Papst Franziskus festgehalten. „Franziskus hinterließ allen ein bewundernswertes Zeugnis der Menschlichkeit, der heiligen Lebensführung und der universalen Vaterschaft“, heißt es darin. Er habe immer ein offenes Ohr für die Abgehängten und die Ausgestoßenen der Gesellschaft gehabt. „Die gesamte christliche Gemeinschaft, insbesondere die Armen, lobten Gott für das Geschenk seines Dienstes“. Der etwa drei Seiten umfassende Text erwähnt wiederholt die Bescheidenheit des verstorbenen Kirchenoberhaupts und dessen Nähe zu den Menschen am Rande.

Ein kleiner Fehler hat sich in das Rogitum eingeschlichen – just in dem Satz, in dem auch Bergoglios Zeit in Deutschland erwähnt wird. Dort heißt es: „Nach 1986 verbrachte er einige Jahre in Deutschland, um seine Doktorarbeit abzuschließen.“ Der Aufenthalt des jungen Jesuiten in Deutschland dauerte allerdings nur knapp ein Jahr und es war zwar sein Ziel, dort an seiner Promotion zu arbeiten, aber abgeschlossen hat er sie nicht. Das spielt heute allerdings keine Rolle mehr. Die Welt nimmt nun Abschied von einem außergewöhnlichen Menschen, der Ecken und Kanten hatte. Dem ein Doktortitel wenig wichtig war, dafür die Menschen.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

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