Die Suche nach Dialog
Die Lage ist ernst. Das haben die Bischöfe erkannt und sich bei der Frühjahrsvollversammlung in Augsburg gleich mit mehreren schwierigen Themen beschäftigt. Da gab es die klare Absage an jede Form des Rechtsextremismus und völkischen Denkens verbunden mit einer deutlichen Positionierung zur AfD. Dazu habe ich bei ZDFheute bereits geschrieben. Dann befassten sich die Bischöfe bei einem Studientag mit den Ergebnissen der Kirchenmitgliedschaftsbefragung, die den Kirchen im vergangenen November verheerende Zahlen bescherte. Und schließlich ging es um die Zukunft des deutschen Reformprojekts Synodaler Weg. Den sehen manche Beobachter bereits vor dem Aus, nachdem der Vatikan am vergangenen Wochenende deutlich gemacht hatte, dass er das Nachfolgegremium der Synodalversammlungen, den „Synodaler Ausschuss“, nicht genehmigen werde.
Große Herausforderungen
Trotz der vielen ernsten Themen zeigten sich die Bischöfe in den Pausen meist entspannt. Doch im Tagungssaal war die Stimmung über weite Strecken nachdenklich, berichten Teilnehmer. Das Gespräch mit dem Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder und dem Leiter des Katholischen Büros in Erfurt, Claudio Kullmann, über Rechtsextremismus und die Arbeit der AfD erzeugte bei den Bischöfen eine nachhaltige Wirkung. Vielleicht konnte auch deshalb die Erklärung zur Unvereinbarkeit von völkischem Nationalismus und Christentum so deutlich ausfallen. Auffallend ist, dass sich die Bischöfe bei der letzten Herbstvollversammlung Ende September in Wiesbaden zwar auch schon zum Thema geäußert hatten, eine gemeinsame klare Positionierung zur AfD damals aber noch nicht möglich war. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, begründete das damit, dass sich in der Zwischenzeit die Situation noch einmal verändert habe und jetzt manches klarer Zutage trete.
Angesprochen auf den Umgang mit den Ergebnissen der Kirchenmitgliedschaftsbefragung wirkten manche Bischöfe am Rande der Versammlung ratlos. Bischof Bätzing erklärte bei der Abschlusspressekonferenz, dass es nicht mit schnellen Maßnahmen getan sei. Vielmehr müssten Lösungen vor allem vor Ort gesucht werden. Die Generalsekretärin der Bischofskonferenz, Beate Gilles, verwies darauf, dass in diesem Herbst eine detailliertere Auswertung der Umfrageergebnisse vorläge und erst dann eine tiefere Analyse möglich sei. Bei der repräsentativen Umfrage, hatten nur neun Prozent der Befragten erklärt, dass sie der katholischen Kirche vertrauten, vier Prozent der Kirchenmitglieder bezeichneten sich selbst als religiös, 96 Prozent der Befragten forderten Reformen. Es war eine gemeinsame Untersuchung der evangelischen und katholischen Kirche. Zu den Beratungen über die Umfrage waren Vertreterinnen und Vertretern des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken und die Präsidentin des Deutschen Caritasverbands nach Augsburg gekommen.
Zukunft des Synodaler Weg
Heikel war der Tagesordnungspunkt „Synodaler Weg“. Hier hatte sich der Vatikan einmal mehr per Brief zu Wort gemeldet quasi nur wenige Minuten vor Beginn der Versammlung am Samstagabend. Die Bischöfe änderten daraufhin die Tagesordnung und strichen die Abstimmung über das Statut des Synodalen Ausschusses. Dieses Gremium, das letztlich einen Synodalen Rat vorbereiten soll, in dem Bischöfe und Laien gemeinsam über wichtige Fragen der Kirche in Deutschland beraten und beschließen, möchte der Vatikan seit Monaten verhindern. Dabei spielt ihm in die Karten, dass die Bischofskonferenz sich von Anfang an beim Synodalen Weg nicht einig ist und vier Bischöfe, aus Eichstätt, Regensburg, Passau und Köln, den Synodalen Ausschuss boykottieren.
Bischof Bätzing verwies mehrfach darauf, dass die Bischofskonferenz aus Respekt vor den römischen Verantwortlichen deren Bitte nachgekommen sei und nicht über das Statut abgestimmt habe. Er machte zugleich deutlich, dass die Mehrheit der Bischöfe, die auf Reformen drängt, jetzt große Hoffnungen in den Dialog mit den vatikanischen Stellen setzt. Dieser war beim Ad Limina-Besuch im November 2022 beschlossen worden. Bisher gab es allerdings nur zwei Treffen. Dabei ging es noch nicht um Inhalte, sondern die Beteiligten diskutierten kontrovers über Verfahrensfragen. Bischof Bätzing deutete an, dass ein nächstes Treffen bereits terminiert sei. Das genaue Datum wollte er nicht nennen, so solle die Vertraulichkeit gewahrt bleiben. Doch es scheint schon in naher Zukunft stattzufinden. Bätzing hofft, dann endlich in die inhaltliche Debatte mit Rom einsteigen zu können.
Bedenken Roms
In Augsburg wurde einmal mehr deutlich, dass die Mehrheit der Bischöfe die Bedenken Roms zum Synodalen Ausschuss nicht nachvollziehen kann. Das Gremium solle nicht zu einer Schwächung des Bischofsamts führen, wie Rom es kritisiere. Sondern es gehe um eine Stärkung, weil es nur eingebunden in eine synodale Struktur heute noch gelebt werden könne und Autorität gewinne. Zudem stünden alle Beschlüsse des Synodalen Ausschusses und später des Synodalen Rats wie jetzt schon die Beschlüsse der Bischofskonferenz unter dem Vorbehalt, dass die einzelnen Bischöfe diese in ihren Bistümern auch umsetzten.
So wird die Arbeit am Reformprojekt weitergehen. Die Bischöfe suchen den Dialog mit Rom und müssen im Gespräch mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken ausloten, wie die konkrete Arbeit weitergehen kann, wenn der Synodale Ausschuss zunächst einmal kein gültiges Statut hat. Das nächste Treffen ist für Mitte Juni geplant. Bis dorthin dürften die Bischöfe in Rom gewesen sein. Vielleicht ergeben sich dann auch neue Perspektiven.
7 Kommentare
Der Beschluss der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz schließt selbterhaltungsbemüht als Teil des ideologischen Staatsapparates Schulter zu dem, was Robert Spaemann zum sich als Wertegemeinschaft aufspielenden Staat einmal „die Parodie der christlichen Kirche“ genannt hat. Nur die Überschrift dieses Dokuments „Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar“ mag wohlverstanden als richtig stehenbleiben; aber was ist „völkisch“ denn überhaupt? „Völkisch“ im fachwissenschaftlich informierten Gebrauch für eine purifikatorische Übersteigerung des Volksbegriffs genommen, so freilich unchristlich, oder als neoideologisierte Angriffsvokabel gegen das für viele Selbstverständliche, „Deutschland normal“? Spaemann konstatierte und kritisierte bereits 2004, man versuche „in Deutschland…. eine öffentliche Diskussion um die Frage der Zuwanderung von Ausländern dadurch zu verhindern, dass restriktive Positionen oder gar ein ethnisch-kulturelles Selbstverständnis der Nation als unanständig tabuisiert und mit den Gewalttätigkeiten gegen Ausländer in Beziehung gebracht werden“. – „Volk … als Gemeinschaft der ethnisch und kulturell Gleichen oder Ähnlichen. Dies ist die Ideologie des völkischen Nationalismus“, heißt es in dem Dokument. Halten Sie das mal einem Japaner vor! Die deutschen Bischöfe schreiben ganz dekonstruktivistisch: „ Der Rechtsextremismus behauptet die Existenz von Völkern, die angeblich in ihrem „Wesen“ und in den kulturellen Lebensgestalten scharf von den anderen Völkern abgegrenzt werden können“. Wesen in Anführungszeichen. In einer Katholischen Dogmatik, mit kirchlicher Druckerlaubnis, von Michael Schmaus, zugegeben, lese ich: „Da Gott alles nach ewigen Ideen wirkt, so ruht auch auf den von Gott gewirkten Völkern die Weihe einer göttlichen Idee. Das Volk ist eine aus göttlichem Schöpfergedanken und – willen geborene Tochter Gottes voll gottgeschaffener Kraft und Lebendigkeit. Wie von den Einzelwesen, so hat Gott auch von jeder Gemeinschaft die ihr entsprechende ewige Idee, von jeder also eine andere. … Auch die Völker sind endzeitliche Wirklichkeiten. Sie vergehen mit der vergehenden Welt … Aber sie werden auch im Himmel und in der Hölle in ewigem Andenken bleiben. Daraus ergibt sich, daß auch die völkische (sic!) Eigenart der Vollendeten und Verdammten ähnlich wie ihre Eigenart als Mann und Frau weiterdauert…“ – Weiter heißt es aber bei den Bischöfen: „ Die Konzentration auf das kulturell homogen gedachte eigene Volk geht notwendig einher mit einer Verengung des Solidaritätsprinzips, das in der katholischen Soziallehre zentrale Bedeutung hat und eine Leitidee der deutschen Verfassung darstellt.“ Meinen sie Solidarität oder Subsidiarität und sind diese nicht gestuft? Dann ist von „vermeintliche(r) Verschwörung der sogenannten globalen Eliten“ die Rede. Zumindestens eine kenn ich: den Neoliberalismus; man konsultiere durchaus ernsthafte Literatur dazu. – Einem braucht die AfD in ihrer populistischen Erscheinungsform nicht sympathisch zu sein – mir ist sie es weitgehend nicht, wie auch die übrigen Parteien -, um in der an das fragwürdige Propagandanarrativ der von correctiv ausgehenden Inszenierung sich anschliessenden Wortmeldung der Bischöfe eine freche Übergiffigkeit zu sehen.
VOLK ist ein vieldeutiger Begriff, der emotional und politikideologisch stark aufgeladen ist und sich von daher für demagogische Agitation besonders eignet.
Es ist bezeichnend, wenn Sie, „Zufälliger Gastleser“, ausgerechnet MICHAEL SCHMAUS gegen den von den Bischöfen dekonstruktivistisch verstandenen Volksbegriff in Anschlag bringen. Dieser lehrte 1933 als Theologieprofessor im westfälischen Münster und steuerte ein Werk zu der Schriftenreihe „REICH UND KIRCHE“ des münsteraner Aschenberg-Verlages bei. Selbsterklärtes Ziel dieser Reihe war es, „dem Aufbau des Dritten Reiches aus den geeinten Kräften des nationalsozialistischen Staates und des katholischen Christentums“ zu dienen.
Unter dem 1933 erschienen Titel „Begegnungen zwischen katholischem Christentum und nationalsozialistischer Weltanschauung“ urteilte Schmaus: „DIE TAFELN DES NATIONALSOZIALISTISCHEN SOLLENS UND DIE DER KATHOLISCHEN IMPERATIVE WEISEN IN DIESELBE WEGRICHTUNG.“
In seiner Korrespondenz mit dem Tübinger Theologen Karl Adam schrieb er noch 1940: „WIR KATHOLIKEN WISSEN UNS ALS GLIEDER DIESES REICHES UND ERBLICKEN UNSERE HÖCHSTE IRDISCHE AUFGABE IN UNSEREM DIENST AM REICH.“
1941 erschien Schmaus‘ „Lehrbuch der Katholischen Dogmatik“, in dem er „die Juden“ als „Knechte der Sünde“ und als „Kinder, Knechte des Teufels“ diffamierte.
Kurz nach seinem Wechsel von Münster nach München wurde Schmaus im November 1946 wegen seiner vormaligen Zugehörigkeit zu NS-Organisationen als Professor DER UNIVERSITÄT VERWIESEN.
Das Werk von Michael Schmaus ist sehr differenziert zu bewerten. Das muss auch beim Heranziehen seines Verständnisses von „Volk“ beachtet werden. Schmaus kehrte Ende 1947 wieder an die Universität in München zurück und wirkte als ordentlicher Professor für Dogmatik. Gerichtlich war zuvor festgestellt worden, dass er als „Nichtbetroffener“ einzuordnen sei.
Da fühlt sich jemand auf den Schlips getreten, weil die Bischöfe sich zum Rechtsradikalismus abgrenzen.
Für Rom völlig inakzeptabel, daß es zwischen Bischöfen und den „Laien-Gläubigen“, dem (irrelevanten) Leib der Kirche, zu einem Dialog kommt. Wenn man seinerzeit als aufmüpfiger, bereits zweifelnder Jungspund den Pfarrer nach der Bedeutung des Textes bei Matthäus 23.8-12 fragte, bekam der Schnappatmung. Zur Erinnerung, die Jesus Worte: Aber ihr sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn EINER ist euer Meister; ihr aber seid alle „Brüder“. Und ihr sollt niemand euren Vater (Papa/Papst) heißen auf Erden; denn EINER ist euer Vater, der im Himmel ist. Und ihr sollt euch nicht lassen Lehrer nennen; denn EINER ist euer Lehrer, Christus. Der Größte unter euch soll euer Diener sein. Frage an die Spezialisten: sind diese doch ziemlich klaren in die Zukunft weisenden Mahnungen des Nazareners etwa nur ein Mißverständnis ?
Ich kann unseren Bischöfen nur wünschen, dass es zu dem von Frau Stetter – Karp angedachten Rückzug vom Synodalen Ausschuss und hoffentlich auch generell kommt.
Ich meinte den Rueckzug des ZdK.
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