Synodaler Weg: Go für Schlüsseltext zur Synodalität
Der Synodale Weg tritt in eine entscheidende Phase ein. Bei der 3. Synodalversammlung liegen alle „heißen Eisen“ auf dem Tisch. Wichtige Richtungsentscheidungen stehen an. Am Donnerstagnachmittag wurde mit der erforderlichen Mehrheit der Text verabschiedet, der die theologischen Grundlagen für die weiteren Debatten festhält. Dabei werden neben der Heiligen Schrift, der Tradition und dem Lehramt auch den „Zeichen der Zeit“ und dem „Glaubenssinn der Gläubigen“ eine wichtige Rolle in theologischen Fragen eingeräumt. Das ist neu und nicht unumstritten. Am Abend stimmte die Versammlung mit deutlicher Mehrheit für einen Grundlagentext zu „Macht und Gewaltenteilung“. Darin geht es um eine stärkere synodale Verfassung der Kirche. Es ist ein Schlüsseltext für den ganzen Reformprozess, der mit dem Synodalen Weg angestoßen wurde. Die Debatten am ersten Tag der Synodalversammlung zeigten, es ist längst nicht klar, dass die von vielen Laien wie Bischöfen gewünschten Reformen wirklich die erforderliche Mehrheit finden, denn den einen gehen sie zu weit, den anderen nicht weit genug. Bei den beiden Astimmungen war die Anspannung im Raum förmlich zu greifen. Entsprechend groß war die Erleichterung, als auch die Zweidrittelmehrheit der Bischöfe auf den Displays erschien. Trotz allem geschwisterlichen Umgang und dem Dialog auf Augenhöhe, am Ende sind die Stimmen der Bischöfe entscheidend.
Emotionale Aussprache zur aktuellen Lage
Zu Beginn brauchte die Versammlung – wie schon beim letzten Treffen im September – eine ausführliche Aussprache über die Ereignisse der vergangenen Wochen. War es im September die Debatte um die Vorgänge im Erzbistum Köln und Kardinal Rainer Maria Woelki, führte am Donnerstag das Missbrauchsgutachten im Erzbistum München-Freising, die Debatte um Benedikt XVI. und die Aktion #outinchurch zu teils sehr emotionalen Wortmeldungen. Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer sorgte mit einer unklaren Äußerung für Aufregung. Er hatte in seinem Wortbeitrag ein Zitat liberaler Sexualwissenschaftler aus den 1970er Jahren, die Missbrauch verharmlosten und relativierten, nicht deutlich gekennzeichnet. Am Ende der Debatte stellte er das Missverständnis klar. Voderholzer suchte direkt auch das Gespräch mit den anwesenden Betroffenen.
Auffallend ist, dass sich bei dieser Synodalversammlung die Bischöfe viel stärker in die Debatte einbringen, als das bei der vergangenen Vollversammlung im September der Fall war. Allein am ersten Tag haben sich rund zwei Dutzend zu Wort gemeldet. Im Herbst gab es Unmut, weil sich die Bischöfe nur sehr spärlich eingebracht hatten. Die Laien kritisierten damals, dass dadurch nicht greifbar gewesen wäre, wo die Bischöfe stehen bei den einzelnen Positionstexten. Dieses Mal ist das anders, ob als Reaktion auf die Kritik oder weil es bei dieser Synodalversammlung um erste abschließende Entscheidungen, bleibt offen.
Mehrheit der Bischöfe steht zur Synodalität
Wiederholt gab es Kritik am Verfahren der Synodalversammlung. Bei Wortmeldungen gibt es eine Minute Zeit, um die eigene Position darzustellen. Das empfinden viele als zu kurz angesichts der Bedeutung der Entscheidungen. Änderungsanträge wurden zudem nicht mehr einzeln abgestimmt, sondern in Paketen von mehreren Dutzend zur Ablehnung oder Zustimmung vorgelegt. Das bedeutet, dass bei der Endabstimmung über den Gesamttext nicht wirklich klar ist, über welche konkrete Fassung abgestimmt wird. Angesichts der Fülle der Änderungsanträge wäre allerdings eine Einzelabstimmung auch nicht möglich gewesen. Hier geht es um eine Vertrauensfrage unter den Synodalen, dass die Änderungskommissionen, die die Anträge eingearbeitet und geclustert haben, das Gesamtbild der Versammlung berücksichtigt haben.
Mit Spannung wurde am Abend die Abstimmung über den Text zu Macht und Gewaltenteilung erwartet. Er stellt einen Schlüsseltext für den gesamten Synodalen Weg dar, geht es darin doch darum, die Synodalität als grundlegendes Ordnungsprinzip der katholischen Kirche festzuschreiben. Stichworte sind Transparenz, Partizipation sowie Kontrolle von Macht und Rechenschaftspflicht. Auch die zeitliche Begrenzung von Leitungsämtern in der Kirche sowie der „geordnete Rücktritt“ bei einem „eklatanten Amtsversagen“ wird festgeschrieben. Der 24-seitige Text wurde am Ende mit einer großen Mehrheit angenommen. 88 Prozent der Gesamtversammlung stimmten zu. Auch die notwendige Zweidrittelmehrheit unter den Bischöfen wurde mit 74 Prozent erreicht. In der Versammlung war große Erleichterung zu spüren, als klar war, Dreiviertel der Bischöfe wollen Veränderung in der Verfasstheit der Kirche. Mit der Abstimmung ist das Ziel noch lange nicht erreicht. Ein langer Weg der Konkretisierung und Diskussion mit Rom steht noch bevor. Doch das Votum war ein wichtiges Signal für die weiteren Beratungen des Synodalen Wegs.
6 Kommentare
Drollig: „nur die Stimmen der Bischöfe entscheiden“… Und was ist mit dem „Leib der Kirche“, wie die Gläubigen in ihrer absoluten Mehrheit so gern genannt werden ? Die bleiben mal wieder aussen vor… Da kann sich nichts ändern. Wieso fällt mir da nur der Karl Valentin ein ? „Mögen hätten wir schon gewollt aber dürfen haben wir uns nicht getraut“…
ES GEHT VORAN
„Das Zweite Vatikanische Konzil beschloss, die Zukunft mit einem modernen Geist anzusehen und sich der modernen Kultur zu öffnen. Die Väter des Konzils wussten, dass das Ökumene und Glaubensdialog bedeutete. Seitdem ist in dieser Richtung wenig geschehen. Ich bin so bescheiden und so ehrgeizig, das wieder zu tun.“ (FRANZISKUS 2013)
Allzu weit ist Franziskus mit dieser Agenda nicht gekommen. Erfreulicherweise macht sich auch der Synodale Weg das VERMÄCHTNIS DES II. VATIKANUMS zu eigen. Es erschient vielleicht wenig aufregend, wenn die gestrige Synodalversammlung einen Grundlagentext verabschiedet, der die herkömmliche Trias „Heilige Schrift, Tradition und Lehramt“ um zwei Terme erweitert, die das II. Vatikanum stark gemacht hat: „ZEICHEN DER ZEIT“ und „GLAUBENSSINN DER GLÄUBIGEN“. Aber hierin liegt genau die Öffnung der Kirche auf Zukunft hin.
– Die Sensibilität für DISKRIMINIERUNG ist ein nicht zu übergehendes „Zeichen der Zeit“ und fordert die Kirche zu Reformen heraus, z. B. die Queerness und die Rolle der Frau betreffend.
– Mit dem „Glaubenssinn der Gläubigen“ ist auch das PRIESTERTUM ALLER GLÄUBIGEN angesprochen, wovon die Botschaft ausgeht, dass die Zeiten vorbei sind, wo ein Lehramt sich noch in der Position wähnte, den Kirchen-Schafen eine lebensfremde bzw. menschenfeindliche Doktrin aufdrücken zu können. Prominentes Negativ-Beispiel ist hier die „Enzyklika Humamae Vitae Pauls VI. aus dem Jahr 1968.
Gerne rufe ich dem Synodalen Weg zu: WEITER SO!
Erasmus 04.02. 14:02
– Zutreffend ! Was diesen Papst angeht, stimme ich Ihnen voll zu: Franziskus laviert herum. Ein Zögerer, der offenbar davor scheut Klartext zu sprechen und zu handeln. Wenn er wirklich mal einige Worte und Bemerkungen ausspricht, die Hoffnung machen, reagieren sofort irgendwelche Korrigierer aus seinem dunklen vatikanischen Umfeld und berichtigen mit fast gegenteiligen Interpretierungen dessen Äusserungen. Man fragt sich wirklich, was ist da überhaupt los ? Wer führt eigentlich die Mutter Kirche ? Eine Art konservativer Mafia aus dem Hintergrund ?
– Was Ihre anderen Ausführungen angeht, kann ich nur hoffen, Sie haben Recht – besonders was die Rolle der Frauen, die noch bestehende Diskriminierung und vor allem die arrogante Anmassung das Priestertum nur für den Klerus reserviert zu sehen: …“Aber ihr sollt euch nicht Rabbi nennen lassen, denn EINER ist euer Meister; ihr aber seid alle Brüder“… Die niedergeschriebenen Jesus-Worte (so sie denn wahr sind) wurden vom Priesteradel schon immer nur selektiv verwendet, sonst aber nicht unbedingt ernst genommen.
„Dieses neue Gutachtenwesen, also die Beauftragung von Rechtsanwaltskanzleien zur Wahrheits- und Gerechtigkeitsfindung… Ermittler, Ankläger und Richter – und… – Henker“. Hat er sich dafür auch entschuldigt, der Voderholzer?
Bischof Voderholzer hat sich entschuldigt. Die entsprechende Erklärung ist auf der Internetseite des Bistums Regensburg abgedruckt. Er ist am Rande der Synodalversammlung auch am Freitag noch einmal auf die anwesenden Vertreter der Betroffenen zugegangen, um sich direkt zu entschuldigen.
Nur für seine Entgleisung wegen der Relativierung der Missbrauchtaten. Nicht für die Bezeichnung der Gutachter als Henker.
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