Franziskus in Panama – Tag 1
Der Auftakt zum Reisejahr 2019 ist gemacht. Am Mittwochnachmittag Ortszeit ist Papst Franziskus nach knapp 13 Stunden Flug in Panama gelandet. Unterwegs bestätigte er, dass er im November nach Japan reisen will. „Bereite dich vor“, sagte er zu einem japanischen Kollegen. Das wird dann die sechste Auslandsreise in diesem Jahr. Anfang Februar geht es nach Abu Dhabi, Ende März nach Marokko, Anfang Mai nach Bulgarien und Mazedonien und Anfang Juni nach Rumänien. Anfang September könnte noch eine Afrikareise hinzukommen. Zudem will Franziskus in den Irak. Das bekräftigte er noch einmal gegenüber einem Journalisten; allerdings lasse die Sicherheitslage aktuell einen Besuch nicht zu. Von einem Journalisten auf die Migrantenströme angesprochen und den möglichen Bau einer Mauer zwischen den USA und Mexiko, erklärte der Pontifex, dass es in den ganzen Diskussionen immer wieder um das Thema Angst gehe und stellte dann fest: „Die Angst macht verrückt!“
Ist Panamareise ein Heimspiel?
Beim Treffen mit den Journalisten wirkte Franziskus am Morgen ernst wie selten. Das dürfte nicht nur dem Anlass geschuldet sein, dass er an einen Journalistenkollegen erinnerte, der über viele Jahrzehnte Papstreisen begleitete und jüngst verstorben ist. Mag das Treffen mit den Jugendlichen für manche Beobachter wie ein Heimspiel wirken für den Papst, bei dem er noch einmal durchatmen kann, bevor ein schwieriges Jahr beginnt mit den Reisen nach Abu Dhabi und Marokko, dem Missbrauchsgipfel Ende Februar und einer Bischofssynode im Herbst, die für kontroverse Diskussionen sorgen wird.
Bei genauerem Betrachten ist aber bereits das vermeintliche Heimspiel Weltjugendtag eine Herausforderung. Statt der ursprünglich geplanten 350.000 Jugendlichen, sprechen die Organisatoren nun von 150.000 Dauerteilnehmern. Die Suche nach Ursachen ist nicht einfach. Sicherlich mag die schwierige Sicherheitslage in Mittelamerika eine Rolle spielen und die hohen Kosten, die sich viele Jugendliche aus dem Süden nicht leisten können. Doch interessant ist, dass es offenbar selbst den Bischöfen Panamas nicht gelungen ist, die eigenen Jugendlichen für das Event zu begeistern. Laut Vatikanangaben sind mehr als 88 Prozent der vier Millionen Einwohner katholisch. Wenn Franziskus nun aber im Land ist, könnte sich das vielleicht noch ändern.
Befreiungstheologie als DNA
Die Kirche in Panama durchlebt eine Krise, wie viele Ortskirchen in Süd- und Mittelamerika. Über viele Jahrzehnte wurden Bischöfe und andere Kleriker, die sich im Stil eines Erzbischof Oscar Romero für mehr Gerechtigkeit eingesetzt haben und an der Seite des Volkes standen, diskreditiert und kaltgestellt. Ein beträchtlicher Teil der Verantwortung dafür liegt beim Vatikan. Franziskus versucht seit Beginn seines Pontifikats das Ruder herumzureißen. Es ist müßig darüber zu debattieren, ob Bergoglio ein Befreiungstheologe ist. Mit seiner Vision von der Kirche als Volk Gottes, das gemeinsam unterwegs ist, Hirten und Herde, als einer Institution, die sich mit Verweis auf das Evangelium für die Armen, Unterdrückten und am Rande der Gesellschaft stehenden einsetzen muss, wandelt er unzweifelhaft auf den Spuren der Befreiungstheologie. Mit der Heiligsprechung von Erzbischof Oscar Romero im vergangenen Oktober in Rom setzte Franziskus ein Ausrufezeichen in Richtung all jener, die noch immer an einem überholten Bild einer Kirche hängen, die als autoritäre Lehrmeisterin auftritt und sich in ästhetisch-liturgischen Schauspielen verliert.
Doch in der DNA der Kirche ist das längst noch nicht angekommen. Eine Entwicklung, die sich über drei oder vier Jahrzehnte entfalten konnte, lässt sich nicht in fünf oder sechs Jahren umkehren. Bis eine solche Kehrtwende vollzogen ist und an der Basis ankommt, braucht es einen längeren Atem. Ob die Gläubigen den haben, ist ungewiss. Andere Angebote wie die vieler evangelikaler Kirchen scheinen attraktiver zu sein. Eine solche Kehrtwende läuft auch nicht ohne Konflikte ab. Das wurde vom ersten Tag des Pontifikats an deutlich. Franziskus hat bisher bei allen seinen Besuchen in Südamerika versucht, dieses befreiungstheologisch angehauchte Bild von Kirche zu propagieren. Es würde schon sehr verwundern, wenn er das die nächsten Tage nicht auch hier in Panama machen würde.
8 Kommentare
Issa wech? Ach wie schön ist Winter und Kanada.
„[…] die noch immer an einem überholten Bild einer Kirche hängen, die als autoritäre Lehrmeisterin auftritt und sich in ästhetisch-liturgischen Schauspielen verliert.
Doch in der DNA der Kirche ist das längst noch nicht angekommen. Eine Entwicklung, die sich über drei oder vier Jahrzehnte entfalten konnte, lässt sich nicht in fünf oder sechs Jahren umkehren.“
Das würden die Tradis gleich unterschreiben, dass die Welt – insbesondere die Kirche – vor sieben und acht Dekaden noch in Ordnung war.
„Es ist müßig darüber zu debattieren, ob Bergoglio ein Befreiungstheologe ist“ Zitatende.
Es ist mehr als müßig darüber zu debattieren, ob Jesus Christus oder ´Gott´ ein Befreiungstheologe ist! Bereits die 10 Gebote sowie die sozialen Aspekte des AT; wie u.a. der Zehnte, der nicht nur den Leviten zufloss, sondern oft genug den Armen; legen nicht nur den Verdacht nahe das ´Gott´ will, das jedes seiner Geschöpfe ein zumindest auskömmliches irdisches Leben fristen kann. Wer anderer Meinung ist, sollte sich besser der Sache des Mammon verschreiben. Jener wird dann sehen, was er davon hat.
Speziell in Lateinamerika hat die Kirche bezüglich der ehemals harschen Zurückweisung der Befreiungstheologie einiges versemmelt. Offenbar weil man sich in Rom selbst mehr in Gesellschaft der Reichen und Mächtigen dieser Welt sah. Man sieht jedoch jetzt, was man davon hat wenn das derart enttäuschte gemeine Volk lieber der Stimme Gottes fern bleibt. Damit jedoch auch leider auch der Schönheit und Erlösung durch die frohe Botschaft, wie sie ein Papst Franziskus vertritt.
„Es ist mehr als müßig darüber zu debattieren, ob Jesus Christus oder ´Gott´ ein Befreiungstheologe ist!“
Gott – und wegen essentieller Identität auch Jesus – ist sicher gar kein Theologe.
Vielleicht wäre es nützlich, von Befreiungstheologien im Plural zu sprechen. Einer besonderen, der Gewalt abholden Form, der Theologie des Volkes, hängt unser Papst durchaus an. Dass manche marxsche Theorien sich ja als durchaus zutreffend gezeigt haben, hat ja schon Johannes Paul II., der sicher kein Befreiungstheologe war und seinen Präfekten der Glaubenskongregation in seinem Furor auf völlig irrationale Weise weit über das Ziel hat hinaus schießen lassen, anerkannt. Jedenfalls ist es gut, dass die große Masse der Befreiungstheologen nun rehabilitiert ist.
Zur Abwechslung geht es mal gegen den papa emerito, dem „furor auf völlig irrationale Weise“ unterstellt wird? Hmm, ist nicht jeder furor irrational? Egal. Mich würde interessieren, welche marxschen Theorien sich als zutreffend erwiesen haben? Die Theorie, dass die Religion „der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüth einer herzlosen Welt, der Geist geistloser Zustände“ ist? Keine Frage, wenn man sich manche Theologen ansieht, hatte Marx mit den geistlosen Zuständen recht. Die Theorie, dass die proletarische Revolution kommen und der Staat dann absterben werde? Die Theorie der „entfremdeten Arbeit“ – und nicht wie Robert Habeck meinte, die Entfremdung von der Arbeit? Die Theorie, dass die Klasse der Kapitalisten durch Kapitalakkumulation immer kleiner, dafür aber immer reicher werde? WELCHE marxistischen Theorien können herangezogen werden – oder ist vielleicht gar nicht der Marxismus gemeint, sondern dessen kümmerliche Deformation, der Kulturmarxismus, von dem Marx und Engels, hätten sie ihn erlebt, sich mit Schaudern abgewandt hätten? Man kann sicher sein, es gibt Theorien, die gar nicht so tot sein können (wie zum Beispiel die Psychoanalyse), als dass sie nicht von einigen Theologen als der Weisheit letzter Schluss herausgepackt werden.
Danke für Ihre unermüdliche Berichterstattung, Herr Erbacher!
Schließe mich gerne an.
Dem schließe auch ich mich gerne an.
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