Papst Franziskus eröffnet Familiensynode

Kurz aber deutlich war die Predigt von Papst Franziskus zur Eröffnung der Sondersynode über Ehe und Familie. Im vollbesetzten Petersdom warnte er davor, „der Traum Gottes kollidiert stets mit der Heuchelei einiger seiner Diener. Wir können den Traum Gottes ‚vereiteln‘, wenn wir uns nicht vom Heiligen Geist leiten lassen.“ Dieser Geist schenke die Weisheit, „die über die Lehre hinausgeht, um großherzig in wahrer Freiheit und demütiger Kreativität zu arbeiten“. Als Lehre ist in diesem Kontext das „Wissen“ zu verstehen. Franziskus warnte davor, sich bei der Synode in der Diskussion von „originellen Ideen“ zu verlieren. Es gehe darum, „sich um die Familie zu kümmern“. Der Papst wirkte beim Gottesdienst ernst. Es ist ihm wohl bewusst, dass die nächsten zwei Wochen nicht einfach werden.

Klappt das „Projekt Franziskus“?

In den vergangenen Tagen war hier in Rom immer wieder von Synodenvätern zu hören, man fühle eine Stimmung wie vor dem II. Vatikanischen Konzil. Allen scheint klar, es geht um viel in den nächsten zwei Wochen. Nicht dass schon Entscheidungen fallen, aber sicher Weichenstellungen. Es wird sich zeigen, ob der Wunsch von Franziskus aufgeht. Er will eine ehrliche Diskussion, in der alle Positionen vorgetragen werden können, will Schluss machen mit dem Verdrängen der Kluft zwischen kirchlicher Lehre und Realität, will eine Kirche, die die Menschen mit ihren Brüchen sowie Fragen ernst nimmt und ihnen hilft.

Der Papst griff in seiner Predigt das Bild vom Weinberg des Herrn auf. Dieser sei Gottes „Traum“. Und dieser Traum sei sein Volk, das er hege und pflege, „damit es ein heiliges Volk werde“. Allerdings berichte das Evangelium, dass die Winzer „den Plan des Herrn verderben: Sie tun nicht ihre Arbeit, sondern haben eigene Interessen“. Die Führenden im Volk, denen Gott die Aufgabe gegeben habe, das Volk zu pflegen, müssten dies mit „Freiheit, Kreativität und Fleiß machen“. Franziskus warnte vor der Gier nach Geld und Macht. „Und um diese Gier zu befriedigen, laden die schlechten Hirten den Menschen unerträgliche Lasten auf die Schultern, die zu tragen sie selber aber keinen Finger rühren.“ Die Synodenversammlung sei nicht dazu da, so der Papst, „schöne und originelle Ideen zu diskutieren oder zu sehen wer intelligenter ist“. Sie sei vielmehr dafür da, „den Weinberg des Herrn besser zu pflegen“ und an Gottes „Plan der Liebe für sein Volk mitzuarbeiten“.

Herausforderungen an Familie weltweit sehr unterschiedlich

Der Vorsitzende der Schweizer Bischofskonferenz, Bischof Markus Büchel, wertete den Auftakt der Synode als einen „besonderen Tag für die katholische Kirche in der Welt“. Es sei mutig und gut, dass Papst Franziskus das Thema Familie an den Anfang seines Pontifikats gesetzt habe, sagte Büchel bei einer Pressekonferenz in Rom. Franziskus habe nun einen Prozess in Gang gebracht, „der dauert“. Der Papst wolle, dass es bei der Synode einen „Raum der Diskretion“ gebe, damit alle offen sprechen könnten, so Büchel. Noch nie habe ein Papst in dieser Deutlichkeit gesagt, dass offen diskutiert werden solle. Er sei sich bewusst, dass die Erwartungen der Menschen an die Synode hoch seien und das Risiko damit groß sei, dass es am Ende des Prozesses Enttäuschung gebe. Auch darüber müsse die Synode sprechen, erklärte Büchel.

Der Vorsitzende der Schweizer Bischofskonferenz, Bischof Markus Büchel: In sechs Wochen haben in der Schweiz mehr als 25.000 Menschen an der Online-Umfrage zur Vorbereitung der Sondersynode über Ehe und Familie teilgenommen.

In sechs Wochen haben in der Schweiz mehr als 25.000 Menschen an der Online-Umfrage zur Vorbereitung der Sondersynode über Ehe und Familie teilgenommen. Nach Ansicht des Vorsitzenden der Schweizer Bischofskonferenz, Bischof Markus Büchel, sind die Anliegen der Schweizer im Instrumentum Laboris vertreten.

Angesprochen auf die Diskussion unter den Kardinälen der letzten Wochen sagte Büchel, er könne beide Seiten verstehen. Kardinal Müller stehe als Chef der Glaubenskongregation in einer hohen Verantwortung. Büchel zeigte sich überzeugt, dass Papst Franziskus nicht an der Lehre der Unauflöslichkeit der Ehe rütteln werde. Er glaube aber, dass es, wie Kardinal Kasper es aufgezeigt habe, Neuansätze in der pastoralen Praxis geben könne. „Da hoffe ich, dass wir da einen Schritt tun können.“ Die Frage der wiederverheirateten Geschiedenen sieht Büchel als eine zentrale Frage, „die sicher hier besprochen werden muss“. Antworten könne er aber verständlicherweise noch keine geben.

Der Sankt Gallener Bischof unterstrich, das Instrumentum Laboris zeige, dass die Situationen und Herausforderungen der Familien in den verschiedenen Regionen der Welt äußerst unterschiedlich seien. „Die Differenzen sind so groß, dass man nicht sofort Antworten auf unsere Fragen erwarten kann.“ Die Synode sieht er als Chance, dass sich die verschiedenen Kulturen gegenseitig bereichern und voneinander lernen könnten. „Vielleicht müssen wir lernen, in der großen Einheit der katholischen Kirche von einer gewissen pastoralen Einheitlichkeit weg zu kommen, aber ohne den Grund und die gesetzte Lehre der Kirche zu verraten“, so Büchel.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.