Vatikanbank IOR und Kollegialität

Die Vatikanbank IOR bleibt weiter bestehen; allerdings wird es Veränderungen bei den Aufgaben geben. Das hat Papst Franziskus jetzt beschlossen. Die Entscheidung ist nach einem intensiven Beratungsprozess gefallen, in den mehrere Spezialkommissionen, die K8 sowie der neue Finanzminister Kardinal George Pell eingebunden waren. Mehr Beratung will Franziskus künftig auch bei theologischen Fragen. Deshalb will er die Bischofssynode als kollegiales Organ stärken. Wie er sich das genau vorstellt, hat er noch nicht verraten. Das wird eventuell die erste Bischofssynode unter seiner Führung im Oktober zeigen.

IOR bleibt und verändert sich

Nun sind die Würfel gefallen. Die Vatikanbank IOR wird nicht geschlossen. Allerdings wird sie sich künftig auf den „Dienst für die Weltkirche“ beschränken. Das war bisher eigentlich schon ihr Schwerpunktgebiet. Dennoch mischte sie auch in der Vermögensverwaltung und Geldanlagen des Vatikans mit. Das wird jetzt anders. Schon vor wenigen Wochen legte der Papst fest: die Zentralbank des Vatikans ist die APSA, die Vermögensverwaltung des Heiligen Stuhl. Dort gibt es eine eigene Abteilung, die sich um die Finanzen und Immobilien der verschiedenen Behörden des Heiligen Stuhls kümmert.

Das IOR wird sich künftig wieder auf seinen Dienstleistungscharakter für kirchliche Organisationen und natürlich auch den Papst konzentrieren. Dabei geht es in erster Linie darum, Gelder von Dritten sicher zu verwahren und zu verwalten. Wer diese Kunden sind, ist genau festgelegt. Das Institut ist seit einem Jahr dabei, den Kundenstamm zu bereinigen. Künftig können nur noch Orden, Diözesen und kirchliche Institutionen, Vatikanmitarbeiter sowie beim Heiligen Stuhl akkreditierte Diplomaten für die Zeit ihres Dienstes in Rom ein Konto beim IOR führen. In der Erklärung von gestern wurde auch noch einmal eigens betont, dass die Arbeit der Vatikanbank nach internationalen Standards und Regeln (compliance) entsprechen muss. Auch hier ist das IOR seit einem Jahr dabei, seine Hausaufgaben zu machen.

Aufräumen zeigt erste Früchte

Unter der Führung des deutschen Managers Ernst von Freyberg ist es offensichtlich gelungen, eine Perspektive für das IOR zu entwickeln, die eine Zukunft ohne Skandale zu ermöglichen scheint. Das hat der Vatikan natürlich nicht ganz freiwillig gemacht. 2012 stand er mit dem Rücken zur Wand. Aufgrund strenger internationaler Regeln zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung wollte und konnte kaum mehr ein Institut mit dem IOR zusammenarbeiten. Der Vatikan musste handeln. Dazu kam der Wunsch des damaligen Papstes Benedikt XVI., im Bereich von Finanzen und Wirtschaft den Vatikan aus den negativen Schlagzeilen zu bekommen – sprich endlich aufzuräumen.

Franziskus hat damit ernst gemacht – mit der Rückendeckung der Kardinäle aus den Diskussionen des Vorkonklaves. Der Bereich Finanzen ist auf den Weg gebracht. Freilich ist es noch ein langer Weg, bis alle Vorhaben umgesetzt sind. Noch steckt das Super-Finanz- und Wirtschaftsministerium unter Kardinal George Pell  in den Kinderschuhen. Auch müssen nach dem IOR jetzt noch eine ganze Reihe weiterer Finanzinstitutionen „gesäubert“ werden – wie die eben bereits erwähnte APSA. Dort sind  seit 15. Oktober die externen Experten von Promontory am Werk, die bereits seit Frühjahr 2013 mit zwei Dutzend Mitarbeitern jedes einzelne IOR-Konto und jeden einzelnen IOR-Kunden „filzen“ – vom einfachen Vatikanmitarbeiter bis zum Kardinal. Ernst&Young prüft seit Mitte Dezember das Geschäftsgebaren im Governatorat, also der Verwaltung des Vatikanstaats.

Wie geht mehr Kollegialität?

Mit seinem Brief von den Chef des Synodensekretariats, Kardinal Lorenzo Baldisseri, von gestern steigt die Spannung, wie Papst Franziskus künftig die Bischofssynoden organisieren wird und welche Bedeutung er ihnen zukommen lassen wird. Schon lange wird darüber spekuliert, ob Franziskus die Synode zu einer dauerhaften Einrichtung machen könnte. D.h. diese fände dann nicht nur alle drei Jahre statt wie bisher (plus vereinzelt zusätzliche Sondersynoden in den Zeiträumen dazwischen), sondern könnte – in unterschiedlichen Zusammensetzungen – jährlich tagen. Man könne und müsse immer „tiefere und authentischere Formen der Ausübung der synodalen Kollegialität“ finden, so Franziskus. Man wird im Herbst sehen, wie der Papst dies konkret bei den Beratungen über das Thema „Ehe und Familie“ umsetzen wird. Die spannende Frage wird auch sein, wie er die Laien an diesen Beratungen wird beteiligen wollen. Denn schon mehrfach hatte Franziskus in seinem Pontifikat vom „sensus fidei“, dem Glaubenssinn der Gläubigen gesprochen, sowie vom Bischof, der seine Herde vorausgehen müsse, der aber auch inmitten der Herde gehen müsse und hinter ihr, „um dem Spürsinn zu folgen, den das Volk Gottes hat, um neue Wege zu finden“.

P.S. Noch ein Nachtrag zur Vatikanbank. Diese ist für kirchliche Einrichtungen durchaus von Vorteil. So kann sie etwa internationale Überweisungen durchführen, ohne dass die Summe durch Gebühren beteiligter Instituts fast aufgezehrt wird. Auch ist das IOR nach wie vor eine wichtige Institution, um Gelder kirchlicher Institutionen in Krisengebieten zu verwalten und sie so vor dem Zugriff unbefugter Dritter zu schützen – z.B. im Falle Syriens, Afghanistans oder anderer Krisenländer der Welt.

P.P.S. Gründonnerstag wird Franziskus in diesem Jahr den Abendmahlsgottesdienst in einer römischen Einrichtung für Menschen mit Behinderung feiern. Letztes Jahr hatte sein Besuch in einem römischen Jugendgefängnis für großes Aufsehen gesorgt. Seine Vorgänger feierten immer einen Gottesdienst in der römischen Lateranbasilika. Franziskus blieb seiner persönlichen Tradition treu, und feierte wie schon als Erzbischof von Buenos Aires den Gottesdienst zur Erinnerung an das Letzte Abendmahl Jesu mit denen, die am Rande der Gesellschaft leben (müssen).

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.