Gespräche gescheitert?

Nationalwallfahrt der Piusbruderschaft

Stehen die Gespräche zwischen dem Vatikan und der traditionalistischen Piusbruderschaft vor dem Aus? Der deutsche Disktriktobere, Pater Franz Schmidberger, hat jedenfalls jetzt in einem Interview erklärt, dass die Forderungen Roms für die Gemeinschaft inakzeptabel seien. Das hört sich nicht nach Versöhnung an. Oder ist es ein weiterer Versuch, den Vatikan unter Druck zu setzen? Denn natürlich ist klar, dass Papst Benedikt XVI. viel an einer Einigung gelegen ist. Er möchte Einheit und kein Schisma.

Würde die Einigung nicht gelingen, wäre das auch für ihn eine Niederlage – mit einem hohen Preis. Denn der Wirbel um die Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe der Piusbruderschaft im Januar 2009 war groß. Zum einen war bzw. ist da der Holocaustleugner Richard Williamson unter den vier Bischöfen; zum anderen brachten aber auch die zum Teil erzkonservativen Positionen der Piusbruderschaft viel Verunsicherung bei katholischen Gläubigen. Dass der Papst ausgerechnet dieser Gruppe die Hand der Versöhnung reichte, verstärkte den Verdacht, er verordne seiner Kirche eine „Rolle rückwärts“ hinter das II. Vatikanische Konzil zurück.

Die neuen Äußerungen aus den Reihen der Piusbruderschaft zeigen nun, dass Benedikt XVI. nicht zum „Ausverkauf“ des Konzils bereit ist. Zwar hat er die vorkonziliare Messe als außerordentlichen Ritus wieder zugelassen; doch fordert er gleichzeitig die volle Anerkennung der „reformierten“ nachkonzliaren Liturgie. Die Piusbrüder sollen außerdem anerkennen, dass das II. Vatikanische Konzil ungebrochen in der Reihe aller Konzilien und Lehren der katholischen Kirche stehe. Das geht für die Piusbrüder zu weit. Gehört es doch gerade zu ihrem Proprium, zentrale Inhalte des Konzils abzulehnen, weil sie darin einen Bruch mit der Tradition sehen – eben bei der Liturgie, bei Themen wie Ökumene und Religionsfreiheit.

Und jetzt? Die Piusbruderschaft hat in den vergangenen Monaten immer wieder versucht, einen Keil zwischen den Papst und die römische Kurie zu treiben. Sie wollten glauben machen, Benedikt stehe nicht hinter den klaren Forderungen der Glaubenskongregation. Doch jetzt hat er in einem Brief an die Piusbruderschaft bestätigt, dass das sein Kurs ist. Übrigens hat er schon kurz nach der Aufhebung der Exkommunikation Ende Januar 2009 erklärt, dass er von den Piusbrüdern Bewegung in der Sache erwartet. Diese scheint bisher nicht erfolgt zu sein. Vielmehr bekräftigt der deutsche Distriktobere in seinem Interview von dieser Woche, dass die „lehrmäßigen Differenzen“ nicht auf der Seite der Piusbrüder lägen, sondern in Rom.

Von dort war in den letzten Tagen nichts zu hören. Die Position des Vatikans sei bekannt. Das II. Vatikanische Konzil müsse anerkannt werden – so etwa der neue Chef der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, vergangene Woche in einem Gespräch. Kann es da zu einer Lösung kommen? In genau drei Wochen, am 11. Oktober 2012, ist der 50. Jahrestag der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils. Wäre das nicht ein idealer Anlass, um klare Verhältnisse zu schaffen?

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.