Kardinäle wünschen prophetischen Papst
Das Konklave rückt näher. Zwei Tage mit Beratungen bleiben den Kardinälen noch nach dem Wochenende. Für Montag haben sie bereits eine zusätzliche Sitzung für den Nachmittag beschlossen. Bisher tagten sie immer nur am Vormittag. 177 Kardinäle nahmen heute an der Generalkongregation teil, darunter 127 Wähler. Laut Vatikansprecher Matteo Bruni sind aber fast alle unter 80-Jährigen in der Stadt. Auch heute waren Synodalität und Kollegialität wieder Thema, dazu der Wunsch, dass der künftige Papst einen prophetischen Geist haben möge und die Fähigkeit, eine Kirche zu führen, „die sich nicht in sich selbst verschließt, sondern es versteht, hinauszugehen und Licht in eine von Verzweiflung gezeichnete Welt zu bringen“. Oft sei das erste Apostolische Schreiben von Papst Franziskus „Evangelii gaudium“ erwähnt worden. Sammelt sich langsam doch eine Bewegung, die eine Fortsetzung dessen möchte, was Franziskus angestoßen hat?
Prozesse fortsetzen
Die kurzen Ausführungen von Vatikansprecher Matteo Bruni scheinen doch eine bestimmte Richtung vorzugeben, wie sich viele Kardinäle die Zukunft der katholischen Kirche vorstellen. „Es entstand ein Bewusstsein für die Gefahr, dass die Kirche sich auf sich selbst bezieht und ihre Bedeutung verliert, wenn sie nicht in der Welt und mit der Welt lebt,“ erklärte Bruni heute nach den Beratungen. Unter den 26 Wortmeldungen hätten Kardinäle auf die Prozesse verwiesen, die Papst Franziskus in seinem Pontifikat angestoßen habe und sie hätten die Verantwortung unterstrichen, diese fortzusetzen und zu bewahren. Ob damit auch die Fortsetzung des Synodalen Prozesses der Weltsynode zur Synodalität gemeint ist, blieb in dem Pressebriefing offen. Es seien verschiedenste Themen des kirchlichen und seelsorglichen Lebens angesprochen worden. „Sie dachten über die doppelte Aufgabe der Kirche nach: die Gemeinschaft im Innern zu leben und zu bezeugen sowie die Brüderlichkeit in der Welt zu fördern,“ erklärte der Pressesprecher. Ökumene und Mission seien ebenfalls benannt worden.
Gestern fehlten noch vier Papstwähler. Seitdem seien mehrere angekommen, so Bruni. Der bosnische Kardinal, Vinko Puljic wird Anfang kommender Woche in Rom erwartet. Der 79-Jährige hatte zunächst angekündigt, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Wahl teilnehmen werde. Mittlerweile hätten seine Ärzte grünes Licht gegeben, wird er in Medien zitiert. Es wird angenommen, dass er aber nicht zu den Wahlgängen in die Sixtinische Kapelle wird kommen können, sondern, wie von der Konklaveordnung vorgesehen, drei Kardinäle ausgelost werden, die seinen Stimmzettel jeweils im Gästehaus Santa Marta abholen werden. Das könnte zu einer Verzögerung bei den Wahlgängen führen. Nähere Angaben zum Prozedere machte der Vatikan bisher nicht.
Vorbereitungen fast abgeschlossen
Am Sonntag feiern viele Kardinäle in ihren Titelkirchen in und um Rom herum Gottesdienste. Am Montag sollen die Vorbereitungen in den Gästehäusern Santa Marta und Alt-Santa Marta abgeschlossen sein. Sie seien auch dazu genutzt worden, um einige grundsätzliche Renovierungsarbeiten durchzuführen, erklärte Vatikansprecher Bruni. Für das Konklave müssen auch die Kleriker ihre kleinen Appartements in Santa Marta räumen, die wie Papst Franziskus dauerhaft im Gästehaus wohnen. Wann die Zimmer zugelost werden, ist bisher nicht bekannt. Die Kardinäle werden ab Dienstagabend bis spätestens am Mittwochmorgen vor dem Konklave-Gottesdienst dort einziehen.
Auch vier Tage vor Beginn des Konklaves bleibt die Situation unübersichtlich. Es sind nicht nur drei oder vier Namen, die genannt werden, sondern unzählige. Eine völlige Abkehr vom Kurs von Papst Franziskus scheint nicht bevorzustehen. Doch ist an vielen Stellen zu hören in Gesprächen mit Kardinälen und unter Journalisten, dass es eine Konsolidierung dieses Kurses brauche. Die große Frage ist, wer diese Aufgabe übernehmen kann, zugleich eine prophetische Figur ist und nebenbei auch noch die Römische Kurie zu führen vermag.