Kardinalskollegium – der Süden übernimmt
140 wahlberechtigte Kardinäle gibt es seit diesem Wochenende. Beim feierlichen Konsistorium am Samstagnachmittag nahm Papst Franziskus 21 Kleriker in das Kardinalskollegium auf, 20 von Ihnen haben das 80. Lebensjahr noch nicht vollendet und wären bei einer Papstwahl dabei. 110 der 140 wahlberechtigten Kardinäle hat Papst Franziskus ernannt, 24 Benedikt XVI. und sechs Kardinäle stammen noch aus der Zeit von Johannes Paul II., darunter der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, der im Januar 80 wird und damit aus dem Wählerkreis ausscheidet. Mit seinen zehn Konsistorien hat Franziskus das Kardinalskollegium verändert. Auch wenn dieses Mal vier Italiener unter den neuen Purpurträgern sind, ist die Macht der Italiener im Vergleich zu den letzten Konklaven gebrochen, Asien und Afrika verzeichnen starke Zuwächse. Mit diesem Konsistorium kommen nahezu 50 Prozent der Stimmen, 69 von 140 Kardinäle, aus dem Globalen Süden. Beim Konklave 2013 waren es 36 Prozent. Das wird sich auch auf das nächste Konklave auswirken.
Mehrheiten verschieben sich
Die Gegner von Papst Franziskus kritisieren seine Kardinalsernennungen. Warum soll ein Mann wie der Belgrader Erzbischof László Német Kardinal werden, in dessen Bistum rund 20.000 Katholikinnen und Katholiken leben? In ganz Serbien sind es 360.000. Oder der Erzbischof von Teheran, Dominique Mathieu, mit 2.000 Gläubigen in seiner Ortskirche? Franziskus geht mit diesen Ernennungen an die Ränder. Er sagte wiederholt, dass man vom Rand her das Zentrum anders wahrnehme. Unterschiedliche Perspektiven sind ihm wichtig. Dazu kommt, dass diese Kardinäle ihre ganz eigenen Erfahrungen in das Kollegium einbringen: das Leben als Minderheit in einer manchmal auch Christen oder Katholiken kritisch bis feindlich eingestellten Umgebung oder die ethnische Vielfalt, die diese kleinen Kirchen oft prägt, wie im Fall von Kardinal Német aus Belgrad. Viele seiner Gläubigen haben ungarische oder kroatische Wurzeln.
Die Verschiebung der Mehrheiten im Kardinalskollegium entspricht der Veränderung bei der Verteilung der Katholikinnen und Katholiken weltweit. Auch hier verschiebt sich die Mehrheit vom Norden in den Globalen Süden. Asien ist aus Sicht von Franziskus der Kontinent der Zukunft der Kirche. Die Zahl der Kardinäle dort ist in seiner Amtszeit von elf auf 25 gestiegen, Afrika steigert sich von elf auf 18, Südamerika immerhin von 19 auf 22 und Ozeanien hat aktuell vier Wahlkardinäle statt einem beim letzten Konklave. Ähnlich wie Italien musste auch Deutschland kräftig Federn lassen. Nahmen an der Wahl von Franziskus noch sechs deutsche Kardinäle teil, sind aktuell drei wahlberechtigt. Italiener wären Stand heute nur 17 dabei statt 28. Von einem Viertel der Stimmen sind sie auf zwölf Prozent geschrumpft.
Globaler Süden selbstbewusster
Wie sich diese Veränderungen auf das nächste Konklave auswirken werden, ist schwer abzuschätzen. Kardinal Karl Lehmann berichtete, dass die Kardinäle aus dem Globalen Süden beim Vorkonklave 2005 kaum wahrnehmbar gewesen seien, 2013 hingegen hätten sie ihre Positionen selbstbewusst vorgetragen. Das lässt sich auch bei den Debatten der letzten Jahre etwa bei den Synoden erkennen. Es muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass damit wichtige Anliegen der europäischen Kirchen weniger gehört werden. Denn viele Fragen wie etwa die nach der Rolle der Frau oder dem Pflichtzölibat stellen sich ebenso im Globalen Süden. Auch dort finden sich Unterstützer für Veränderungen sowie die Weiterentwicklung von Theologie und Lehre oder eine stärkere Regionalisierung in pastoralen Fragen.
Von der Westkirche zur Weltkirche – Franziskus ist ein Pontifex des Übergangs. Dieser geht nicht geräuschlos vonstatten. Es entsteht Unzufriedenheit an allen Ecken und Enden und doch bewegt sich etwas, wie bei der jüngsten Synode deutlich wurde.
3 Kommentare
„Die Gegner von Papst Franziskus kritisieren seine Kardinalsernennungen. Warum soll ein Mann wie der Belgrader Erzbischof László Német Kardinal werden, in dessen Bistum rund 20.000 Katholikinnen und Katholiken leben?“
Wer so denkt, kennt die Geschichte nicht. Kardinäle sind erst einmal die Pfarrer und Diakone Roms gewesen – warum sollten Pfarrer weniger 100 Katholik*innen den Papst wählen?
Warum sollte der Erzbischof von Köln oder Madrid eher den Papst wählen dürfen als der von Beograd? Wegen der Katholik*innenanzahl. Was ist denn das für eine sonderdämliche Begründungsfigur?
Kardinäle auszuwählen war immer die völlig freie Kompetenz eines Papstes. Der jetzige macht es eben so und es gehört zu seinen Befugnissen, dass er deswegen niemandem Rechenschaft schuldet.
Ich hoffe, dass diese jüngste Kardinalsernennung nicht die letzte in diesem Pontifikat war und Franziskus trotz seiner bald 88 Jahre sein Amt weiter ausüben wird. Dennoch erscheint die Frage nach einem kommenden Konklave durchaus nicht verfehlt zu sein.Es geht hier weniger um die aussichtsreichsten Kandidaten als um die Frage, ob und wie der Weg den Jorge Mario Bergoglio einschlug, fortgesetzt werden mag.
Nun sind es also 110 Kardinäle,von Franziskus ernannt, die derzeit zur Wahl seines Nachfolgers berechtigt wären. Allerdings ist es eine Tatsache, dass keineswegs alle mit dem Weg des Papstes einverstanden sind. So ist etwa Kardinal Müller einer derjenigen, der zum um wiederholten Mal seinen Protest explizit formulierte. Daneben gibt es aber auch solche, die sich nicht konkret äußern, sondern der Kritik nach dem Wort „Wer schweigt stimmt zu“ folgen könnten.
Die beiden letzten Papstwahlen einigten sich rasch auf einen Kandidaten, wobei das Ergebnis von 2005 zu erwarten war – ähnlich wie 1939 als Pacelli (Pius XII) und 1963 Montini (Paul VI) gewählt wurden. Es ist allerdings unsicher, ob das nächste Konklave zu einem ähnlich schnellen Resultat kommen kann. Ein Punkt sollte nicht übersehen werden – die Kardinäle über 80, noch nie war ihre Anzahl so groß ! Auch wenn sie nicht am „Wahlakt“ unmittelbar teilnehmen, ist ihr Einfluss nicht zu unterschätzen. Und unter ihnen gibt es viele, die mit dem derzeitigen Kurs absolut nicht einverstanden sind…
Zum hohen Klerus wäre folgendes zu bemerken: in meiner Schule wurde die Bergpredigt gern als Strafarbeit verhängt, weil sie so schön lang zum Abschreiben war und mich betraf es leider auch. Deshalb kenne ich so manche Stelle von Matthäus 5,1 – 7,29 recht gut, besonders jene, die sich mit der voraussehenden Schelte des Jesus von Nazareth an den späteren Klerus richteten, aber eigentlich nie von der Kanzel oder im Religionsunterricht erwähnt werden. Aus gutem Grunde: man sägt doch nicht am eigenen Ast. Nur kurz zu Matth. 23,9 „…Und ihr sollt niemanden euren Vater heißen auf Erden: denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel ist…“ Trotzdem lassen sich die geistlichen Herren gern Pater, Padre und Franziskus sogar „Heiliger Vater“ nennen. Wäre nur noch anzumerken, daß mich ein Jesuit der Uni München einst dahingehend belehrte, das Attribut „heilig“ käme nur Gott zu, Menschen könnten nie heilig sein. Man lernt eben auch als Agnostiker nie aus…