Synodale beschließen weitreichende Reformen
Kontrovers und auch emotional haben die Synodalen am zweiten Tag der fünften Synodalversammlung am Freitag in Frankfurt zentrale Reformfragen diskutiert. Am Ende gab es für alle Texte große Mehrheiten, auch von den Bischöfen. So soll es künftig auch in der katholischen Kirche in Deutschland möglich sein, dass gleichgeschlechtliche Paare oder wiederverheiratete Geschiedene gesegnet werden. Frauen sollen auch in der Messe predigen können. Weiterreichende Forderungen nach einer Möglichkeit der Taufe durch Laien oder der Eheassistenz wurden durch Änderungsanträge am Ende nicht beschlossen, sollen aber geprüft werden. Am Nachmittag wurden zudem wichtige Texte zum Thema „Prävention sexualisierter Gewalt, Intervention und Umgang mit Tätern in der katholischen Kirche“ sowie „Maßnahmen gegen den Missbrauch von Frauen in der Kirche“ mit großer Mehrheit verabschiedet.
Spannung zwischen Weltkirche und Ortskirche
Bei den Debatten am Freitag war eine hohe Anspannung zu spüren. Mehrere Laienvertreter warfen den Bischöfen vor, dass sie die Texte durch ihre Interventionen zu stark verwässerten. Zudem käme es einer Erpressung der Versammlung gleich, wenn die Bischöfe erklärten, dass sie ohne Berücksichtigung ihrer Änderungsanträge gegen die Texte zu stimmten. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf betonte bei einer Pressekonferenz am Mittag, dass er vielen Papieren auch ohne die Änderungen zustimmen könne, das Vorgehen aber als Versuch gewertet werden solle, die Texte zu retten. Aus Sicht des Generalsekretärs des Laien-Dachverbands ZdK, Marc Frings, haben die Laien eine große Kompromissbereitschaft gezeigt bei den ersten Beschlüssen, während er diese Haltung auf der Seite der Bischöfe vermisse.
Die Diskussion am Nachmittag zu „Segnungsfeiern für Paare, die sich lieben“ zeigte, wie groß die Bandbreite auch weltkirchlich ist. Schwester Katharina Ganz erklärte, die kontinentale Versammlung im Rahmen des weltweiten Synodalen Prozesses zur Synodalität Anfang Februar in Prag habe gezeigt, dass beim Thema Homosexualität die Positionen zum Teil unvereinbar seien in den unterschiedlichen Ländern. Der Vertreter der Katholiken anderer Muttersprache, Emeka Ani, erklärte, dass Katholiken aus der afrikanischen Kultur strikt gegen gleichgeschlechtliche Partnerschaften seien. Wenn man sehe, dass die katholische Kirche sich in der Mehrheit in Richtung Afrika verlagere, gebe er dem deutschen Vorstoß keine großen Erfolgsaussichten auf weltkirchlicher Ebene. Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck entgegnete, er halte die katholische Weltkirche für so interkulturell divers, dass es in verschiedenen Ländern verschieden beantwortet werden müsse. „Ich achte sehr, was in anderen kulturellen Kontexten geschieht. Daher erwarte ich auch, dass andere achten, was bei uns passiert“, sagte Overbeck.
Am Ende der Debatte berichtete der Bischof von Antwerpen, Johann Bonny, wie die belgische Bischofskonferenz bei der Einführung einer Segnung für gleichgeschlechtliche Paare vorgegangen war. Aus Rom habe es dazu keinen Widerspruch gegeben. Dem Papst sei es nur wichtig gewesen, dass alle Bischöfe dem Beschluss einmütig zustimmten. Es sei die Entscheidung der Bischofskonferenz, wie sie hier vorgehe, habe man den Bischöfen beim Ad Limina-Besuch in Rom gesagt. Der habe eine Woche nach dem der Deutschen Bischofskonferenz im November vergangenen Jahres stattgefunden. Bonnys Worte zeigen ein Doppeltes: Für Rom ist eine Segnung offenbar doch nicht ausgeschlossen, trotz einer anderslautenden Erklärung der Glaubenskongregation aus dem Jahr 2021. Zum anderen ist dem Papst die Einmütigkeit einer Bischofskonferenz bei Entscheidungen wichtig. Hier liegt das Problem bei den deutschen Bischöfen. Vielleicht liegt hier auch ein Grund für die Skepsis des Papstes gegenüber dem Synodalen Weg. Hier scheint es zwei Blöcke innerhalb der Bischofskonferenz zu geben, die sich nicht zu einmütigen Positionen durchringen können oder zumindest unversöhnlich gegenüberstehen. Wenn es keine Bewegung gibt, entscheidet Franziskus nicht. Für ihn ist eine solche Haltung nicht synodal. Schließlich stimmten über 92 Prozent der Synodalen für den Segnungstext, bei den Bischöfen waren knapp 81 Prozent dafür, neun dagegen, elf enthielten sich. Beim Text „Verkündigung des Evangeliums durch Lai*innen in Wort und Sakrament“ stimmten in der entschärften Form knapp 91 Prozent der Synodalen zu, knapp 89 Prozent der Bischöfe sagten „Ja“, sechs enthielten sich und sechs stimmten mit nein.
Streitpunkt Selbstverpflichtung der Kleriker
Kontrovers wurde am Abend der Text „Gemeinsam beraten und entscheiden“ diskutiert. Hier sahen eine ganze Reihe von Bischöfen die Autorität des Bischofs gefährdet, wenn es künftig synodale Strukturen gibt, in denen Bischöfe und Laien gemeinsam beraten und entscheiden. Einzelne Bischöfe, wie der Passauer Stefan Oster, verwiesen auf die Vorgaben aus Rom, die einer Zustimmung zu dem Text entgegenstünden. Kardinal Reinhard Marx wies darauf hin, dass der Missbrauchsskandal auch ein Versagen der Bischöfe als Ursache habe. Die Macht der Bischöfe gehe zu weit. „Wir brauchen die synodale Kirche und müssen da jetzt einen Schritt vorangehen“, so der Münchner Erzbischof. Mehrfach wurde betont, dass sich der Text im Rahmen des geltenden Kirchenrechts bewege. Ein Streitpunkt war vor allem, wie eine Selbstbindung von Bischöfen oder Pfarrern umgesetzt werden könne. Diese ist ein zentraler Punkt bei den Neuerungen im Kontext von beraten und entscheiden. Vertreter aus den Bistümern Limburg und Rottenburg-Stuttgart berichteten von ihren Erfahrungen. In beiden Bistümern gibt es seit Jahrzehnten eine ausgeprägte synodale Struktur der Gremien, weiter als in vielen anderen Bistümern. Am Ende wurde die Entscheidung über den Antrag vertagt. Er wird nun im Synodalen Ausschuss behandelt werden. Das Gremium existiert noch nicht.
Am zweiten Tag war die Spannung deutlich zu spüren. Vertreter der Laien und Bischöfe warfen sich gegenseitig Erpressung vor. Am Ende drohte der zentrale Handlungstext über eine synodalere Kirche unter die Räder zu kommen. Er geriet von zwei Seiten unter Druck. Zum einen signalisierten Laien, dass sie ihm nicht zustimmen wollten nach den Änderungswünschen der Bischöfe. Umgekehrt war auch die Zweidrittelmehrheit der Bischöfe nicht gewiss. Der Text ist so zentral, dass eine überstürzte Abstimmung sicher unklug gewesen wäre. Die Entscheidung der Vertagung kam aus dem Forum heraus, das den Text vorbereitet hatte. Es kann durchaus als Zeichen des Ernstnehmens eines synodalen Prozesses gewertet werden, einen Text, der so kontrovers diskutiert wurde, noch weiter zu beraten. Auch wenn es sicher Enttäuschung geben wird, die Themen bleiben auf der Tagesordnung und werden weiter diskutiert.
3 Kommentare
ANSPANNUNG UND GEREIZTHEIT NEHMEN DEUTLICH ZU
Der zweite synodale Tag hatte es in sich. Während sich am Tag zuvor das Wasser an der Oberfläche nur ein wenig kräuselte, gingen heute am späten Vormittag die Wogen hoch, als der Augsburger Weihbischof Florian Wörner einen Antrag auf geheime Abstimmung stellte. Gregor Podschun konterte sogleich mit einem Antrag auf namentliche Abstimmung, woraus sich kurzzeitig eine leicht chaotische Situation hinsichtlich der Auslegung von Regularien entwickelte.
Es ging offensichtlich um etwas, nämlich um die Schlussabstimmung des Handlungstextes „Verkündigung des Evangeliums durch Lai*innen in Wort und Sakrament“. Von Seiten der Laien wurde beklagt, dass sie durch den Antrag der Bischöfe quasi zu Kompromissen genötigt würden, die letztlich nur auf ein Aufschieben der jeweiligen Thematik – wie die Wiederbelebung der Laienbeichte – hinauslaufen würde. Weihbischof Ansgar Puff dagegen witterte die Gefahr, dass durch die Annahme des Textes so etwas wie „Sakramente light“ eingeführt würden.
Während 61 Prozent der Gesamtversammlung einem kurzfristig eingebrachten Änderungsantrag der Bischöfe zustimmte, wurde dieser von 62,5 Prozent der nicht-männlichen Synodalen (40 Personen) abgelehnt, was sich aber auf das weitere Prozedere nicht auswirkte. Der modifizierte Schlusstext wurde am Ende mit einer Mehrheit von 91 Prozent verabschiedet.
Am Nachmittag ging es dann um den Handlungstext „Segensfeiern für Paare, die sich lieben“. Von der Tendenz der Diskussionsbeiträge her erwartete ich ein Scheitern dieses Handlungstextes. Erfreulicherweise reüssierte der Text – sogar mit einer Mehrheit von 81 Prozent der Bischöfe.
Bei der abendlichen Beratung des Handlungstextes „Gemeinsam beraten und entscheiden“ wurde zunehmend deutlich, dass die Kompromissbereitschaft der Delegierten an eine Grenze gekommen war. Insofern war es klug, diese zentrale Thematik an den künftigen synodalen Ausschuss zu verweisen. Dessen Lösungspotenzial ist deutlich erweitert, da bei diesem Gremium keine Weihbischöfe mitwirken, die wesentlich weniger reformfreudig – beziehungsweise Rom-treuer sind – als die Ortsbischöfe.
Der 5. Synodalversammlung ist es bislang gelungen, die nicht wenigen Klippen des Erneuerungsprozesses zu umschiffen, so dass ich hinsichtlich ihrer Erfolgsbilanz vorsichtig optimistisch bin.
Auf der Titelseite unserer Gemeindezeitung für den März steht immer ein Spruch. Dieser finde ich passt gut zum Thema:
„Es gibt zwei Arten Hirte zu sein: Der eine läuft hinter der Herde, treibt sie, wirft mit Steinen, brüllt und drückt
Der gute Hirte macht das ganz anders: Er läuft vornweg, singt, ist fröhlich und die Schafe folgen ihm „
Wieso haben manche Bischöfe so Angst, ihre Macht zu verlieren?
Sollen sie doch vorangehen. Dann sehen regt es sie auch nicht auf, wenn ein Schäflein mal einen Haken schlägt.
Stefan Oster ist „mein“ Diözesanbischof. Auf dem Flyer (im Din a 5 Format mit 8 Seiten) zum Hirtenbrief zum Fastensonntag prangt auf der 1. Seite groß ein Foto seines Bischofskreuzes mit mit dem Relief des guten Hirten in der Mitte. Soll es doch ein guter Hirte mal werden. Er ist ja noch jung.
Ich habe seit 1976 viele Jahre in einem Kindergarten gearbeitet. Für mich war der gute Hirte der Bischof Franz Xaver Eder.
Nimmt man die Meinung einiger eher seriöser und überregionaler Medien, dann ist wird dort eher das Gegenteil von weitreichenden Reformen kommentiert. Man hatte wohl mehr erwartet…
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