Papst: Nicht an Krieg gewöhnen!

Ostern 2022 steht im Zeichen des Ukrainekriegs. In seiner Osterbotschaft rief Papst Franziskus die Menschen auf, „von unseren Balkonen und auf den Straßen mit lauter Stimme den Frieden zu verlangen“. Niemand dürfe sich an den Krieg gewöhnen. „Man höre auf, die Muskeln spielen zu lassen, während die Menschen leiden“. Die Menschen hätten zu viel Blutvergießen und zu viel Gewalt gesehen. Ausgehend von der Ukraine erinnerte Franziskus beim Urbi et orbi an die Konflikte weltweit, vom Heiligen Land über Afrika bis nach Asien. „Der Friede ist möglich, der Frieden ist eine Pflicht, der Frieden ist die vorrangige Verantwortung aller“, erklärte der Pontifex.

Papst Franziskus verliest seine Osterbotschaft vor dem traditionellen Segen „Urbi et orbi“. (Quelle: reuters)

Orthodoxie im Blick

Franziskus griff in seiner Osterbotschaft die Gemütslage vieler Menschen weltweit in diesem Frühjahr auf. Nach zwei Jahren Pandemie, die „schwere Spuren hinterlassen habe“, sei es an der Zeit gewesen, „gemeinsam aus dem Tunnel herauszukommen, Hand in Hand, mit vereinten Kräften und Kräften.“ Doch stattdessen herrsche Krieg. Der ganze Text wirkte wie ein einzig großes Flehen nach Frieden. Mehr als 20 Mal rief Franziskus der Welt das Wort „Frieden“ entgegen. Die Botschaften zum Urbi et orbi an Weihnachten und Ostern sind traditionell Friedensbotschaften, die Päpste erinnern an die Konflikte weltweit und rufen zur Versöhnung und diplomatischen Lösungen auf. Doch in dieser Intensität war das heute etwas Besonderes.

Auch eine Botschaft an die orthodoxen Christen fehlte nicht, als Franziskus zu Beginn seiner Botschaft erklärte, das „Christus ist auferstanden, er ist wahrhaft auferstanden“ sei ja gerade auch eine Botschaft, „die dem christlichen Osten so teuer ist“. Und die Osterbotschaft ist untrennbar mit dem Friedensgruß verbunden. Einmal mehr wählt der Pontifex den Weg, über eine Art Katechese eine Botschaft an die Orthodoxie zu senden. Das war schon bei der Videoschalte mit dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. Mitte März so, als Franziskus nach Vatikanangaben über die Verpflichtung der Religionsführer für den Frieden einzutreten sprach.

Geste der Versöhnung trotz Kritik

Franziskus geht seinen eigenen Weg und lässt sich dabei auch nicht beirren. Trotz Kritik hielt er daran fest, dass am Karfreitag beim traditionellen Kreuzweg an der Station, die an den Tod Jesu erinnert, eine Russin und eine Ukrainerin gemeinsam das Kreuz getragen haben. Der Text der Meditation wurde kurzfristig geändert. Statt vieler Worte, gab es eine Aufforderung zur Stille und zu einem Gebet für den Frieden. In einem TV-Interview zu Karfreitag machte Franziskus deutlich, dass er im Krieg ein Werk des Teufels sieht. Zugleich betonte er: „Wir dürfen niemanden aufgeben, von niemandem meinen, sein Leben sei endgültig dem Bösen geweiht und sagen: ‚Das ist ein Verurteilter‘“. Entsprechend wird aus seiner Logik verständlich, wie er in der aktuellen Situation handelt. Er brandmarkt die Sünde, verurteilt aber nicht den Sünder. Er will die Möglichkeit des Dialogs und der Umkehr offenhalten.

Am Ende der über zwei Stunden dauernden Zeremonie wirkte Franziskus müde und angespannt. Gestern Abend hatte er die Osternachtsfeier erstmals nicht selbst geleitet. Aufgrund seiner Knie- und Hüftprobleme überließ er Kardinaldekan Giovanni Battista Re diese Aufgabe. Der Pontifex predigte aber und grüßte am Ende seiner Ansprache eine Delegation aus der Ukraine, die nach Rom gekommen war, darunter der Bürgermeister von Melitopol, Iwan Fedorow. Dieser war während des Krieges von russischen Soldaten entführt und später wieder freigelassen worden. „In der Finsternis des Krieges, in der Grausamkeit, beten wir alle für euch und mit euch in dieser Nacht. Wir beten für alle, die leiden. Wir können euch nur unsere Gesellschaft, unsere Gebete geben“, erklärte Franziskus.

Folgen deutlichere Gesten?

Der Pontifex bleibt seiner Linie treu und sucht durch deutliche Worte und das Aufzeigen der Konsequenzen der Gewalt an das Gewissen der Kriegstreiber zu appellieren. Allerdings konnte man in seiner Rhetorik in den vergangenen Wochen auch eine Steigerung feststellen. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass Franziskus in den nächsten Tagen noch klarere Worte spricht oder weitere Zeichen setzt.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

2 Kommentare

  • Wanda
    17.04.2022, 17:04 Uhr.

    Man lese allein die heutigen Kommentare z.B. des BR zu Ostern und der Bedeutung der Kirche sowie ihre Wahrnehmung durch die Menschen und Gläubigen…

  • Novalis
    18.04.2022, 9:03 Uhr.

    Frohe Ostern und allen Menschen guten Willen Frieden.

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