Synodaler Prozess für die Weltkirche
Papst Franziskus verordnet der katholischen Kirche auf Weltebene einen „Synodalen Prozess“. Dabei ist der Weg bereits das Ziel. Es geht ihm darum, möglichst viele an den Beratungen zu beteiligen. Doch am Ende wird man genau hinschauen müssen, wer wirklich die Entscheidungen fällt und die Konsequenzen aus den Beratungen zieht. So wie der Prozess angelegt ist, könnte am Ende alles beim Alten bleiben und auf weltkirchlicher Ebene beim Treffen im Vatikan, der dritten und abschließenden Etappe, es dann doch wieder nur die Bischöfe sein, die entscheiden. Doch noch ist sind viele Dinge nicht in Stein gemeißelt. Die Verlautbarung des Synodensekretariats vom Freitag bleibt vage. Die ersten Reaktionen auf die neue Verfahrensordnung fallen positiv aus – von den katholischen Laienverbänden bis zu den Bischöfen.
Prozess in drei Etappen
Drei Etappen soll es künftig bei den Synodalen Prozessen auf weltkirchlicher Ebene geben. Zunächst wird das entsprechende Thema breit in den einzelnen Bistümern diskutiert. Beim nun ersten Synodalen Prozess zum Thema „Synodalität“ beginnt diese Phase im Herbst diesen Jahres. Bis März 2022 sollen dann in den Bistümern Beratungen stattfinden. Dazu gibt der Vatikan einen Fragebogen und Leitfaden vor. Die Ergebnisse werden vom Synodensekretariat im Vatikan ausgewertet und zu einem ersten Arbeitspapier (Instrumentum laboris) zusammengefasst. Dieses wird dann in der zweiten Phase auf kontinentaler Ebene beraten. Hier sind dem Anschein nach erst einmal nur die Bischöfe involviert. Der neue vatikanische Synodensekretär, Kardinal Mario Grech, erklärte dazu gegenüber VaticanNews, man dürfe nicht vergessen, „dass der Moment der Unterscheidung vor allem den in der Versammlung versammelten Bischöfen anvertraut ist“. Er erinnert daran, dass Papst Franziskus immer wieder betont, eine Synode sei kein Parlament.
Eine wichtige Frage wird daher sein, wie das „Volk Gottes“ in die zweite und dritte Etappe des Synodalen Prozesses auf weltkirchlicher Ebene eingebunden sein wird. In der kurzen Note, die das Synodensekretariat am Freitag veröffentlichte, heißt es immerhin für die zweite Phase, man werde die Kriterien, nach denen die Ortsbischöfe „und die anderen Mitglieder des Volkes“ beteiligt werden, noch festlegen. Hier gilt es genau hinzuschauen. Sicherlich wird eine Rolle spielen, wie das Miteinander von Bischöfen und Laien bei den verschiedenen Synodalen Prozessen und Wegen funktioniert, die rund um den Globus bereits laufen oder in naher Zukunft starten. Es gibt nicht nur den Synodalen Weg in Deutschland. Die katholische Kirche in Irland will binnen fünf Jahren mit einer Nationalsynode starten. In Australien laufen die Vorbereitungen für ein Plenarkonzil. Das Arbeitspapier ist vor einigen Monaten veröffentlicht worden. In Italien ist es der Papst, der die Bischöfe zu einem Synodalen Prozess drängt.
Was bleibt auf der Strecke?
Alle diese Prozesse können dabei helfen, den richtigen Weg für die Zukunft zu finden. Das braucht Zeit. Die gibt es nun nach der Entscheidung, die Bischofssynode im Vatikan, die für den Oktober 2022 geplant war, um ein Jahr zu verschieben. Allerdings bedeutet das unter Umständen auch, dass sich die Debatten auf weltkirchlicher Ebene in den nächsten knapp drei Jahren stärker auf eine strukturelle Frage konzentriert. Zwar könnten damit wichtige Fragen zum Mit- und Zueinander von Klerus und Laien, zu Partizipation und Machtverteilung durchaus mit angesprochen werden, doch andere brennende Themen wie die nach einer Weiterentwicklung theologischer Positionen etwa bei der Sexualmoral oder die Frage nach der priesterlichen Lebensform könnten dabei auf der Strecke bleiben.
8 Kommentare
Entscheidend wird sein, dass Parrhesia, Redefreiheit zugelassen wird. Es mag quälend lang dauern, bis ich etwas ändert. Aber an das DISKUSSIONSverbot zur Frauenweihe (ja, Johannes Paul II. und der ihm nachfolgende Kleingeist wollten ernsthaft eine Diskussion verbieten) halten sich ja nicht einmal mehr die eingefleischten Gegner der Frauenweihe. Das ist ein Gewinn.
Warum nur eine Synode? Warum nicht ein 3. Vatikanisches Konzil unter Beteiligung, wie es in den frühen Ökumenischen Konzilien durchaus üblich war, der Laien? Wohl weil die Kurie nichts mehr fürchtet als ein Konzil!
DEN TEUFEL MIT BEELZEBUB AUSTREIBEN
Nachdem sich der deutsche Synodale Weg von den jüngsten grobschlächtigen kurialen Interventionen – Instruktion zur Pfarreistruktur, Frage der Eucharistiegemeinschaft, „Responsum ad dubium“ – nicht sonderlich beeindrucken ließ, verfolgt Rom jetzt eine geschicktere und – aus römischer Sicht – aussichtsreichere Strategie.
Der deutsche Synodale Weg wird einfach durch den aktuell eingeleiteten umfassenderen weltkirchlichen Diskurs verzwergt, indem man den Terminus ‚Synodaler Weg‘ übernimmt – siehe Radio Vatikan – und sich für drei Jahre die öffentliche Aufmerksamkeit für den von Rom aus gesteuerten dreistufigen Kommunikationsprozess sichert. Mit der Verschiebung der abschließenden Synodalversammlung im Vatikan auf Herbst 2023 schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen könnte die Covid-19-Pandemie bis dahin ausgestanden sein, und zum anderen findet der deutsche Synodale Weg im Februar 2022 seinen Abschluss und ordnet sich damit auf der Zeitachse quasi natürlich als Ergebnis einer Regionalsynode in die zweite Etappe – nämlich die inhaltliche Bündelung auf kontinentaler Ebene – der übergeordneten weltkirchlichen Synode ein, und damit auch unter.
Die römische Strategie beinhaltet eine unspektakuläre Entschärfung möglicher brisanter Ergebnisse des deutschen Synodalen Weges. Am Ende des kontinentalen Diskurses wird ein Abschlussdokument erstellt, das – man denke nur an die polnische Bischofskonferenz – eine andere inhaltliche Ausrichtung als das Abschlusspapier des deutschen Synodalen Weges haben wird. Zudem garantiert der zeitliche Abstand von eineinhalb Jahren, dass die deutschen Beschlüsse bei den Beratungen der weltkirchlichen Bischofskonferenz 2023 im Vatikan bereits Schnee von gestern sein werden.
Möglicherweise kann sich die deutsche Katholische Kirche auf die Fahnen schreiben, der römischen Kurie Beine gemacht zu haben. Es ist höchste Zeit, dass an die Stelle absolutistischer Top-down-Entscheidungen partizipative Formen der innerkirchlichen Weiterentwicklung treten.
Erasmus 24.05. 23:30
– Interessanter Beitrag. Ist es denkbar, dass die gravierend unterschiedlichen, z.T. grundsätzlich anderen Auffassungen zahlreicher Bischöfe (zumal laien-gestützt) von „Kirchen“ nördlich der Alpen zu einer regional ausgeprägten Art mit mehr Distanz zu bzw. grösserer Unabhängigkeit von Rom führen könnten wie z.B. bei einigen der 24 Teilkirchen ?
Zu Ihrer Frage zwei Franziskus-Zitate:
– „Ich glaube auch nicht, dass man vom päpstlichen Lehramt eine endgültige oder vollständige Aussage zu allen Fragen erwarten muss, welche die Kirche und die Welt betreffen. Es ist nicht angebracht, dass der Papst die örtlichen Bischöfe in der Bewertung aller Problemkreise ersetzt, die in ihren Gebieten auftauchen. In diesem Sinn spüre ich die Notwendigkeit, in einer heilsamen „Dezentralisierung“ voranzuschreiten.“ (Evangelii Gaudium, 2013, Nr. 16)
– „… haben wir auch gesehen, dass das, was einem Bischof eines Kontinentes als normal erscheint, sich für den Bischof eines anderen Kontinents als seltsam, beinahe wie ein Skandal herausstellen kann – beinahe! –; was in einer Gesellschaft als Verletzung eines Rechtes angesehen wird, kann in einer anderen eine selbstverständliche und unantastbare Vorschrift sein; was für einige Gewissensfreiheit ist, kann für andere nur Verwirrung bedeuten. Tatsächlich sind die Kulturen untereinander sehr verschieden, und jeder allgemeine Grundsatz … muss inkulturiert werden.“ (Abschlussrede, Bischofssynode 2015)
Der Intention des ersten Zitates entsprechend hat Bischof Bätzing – gegen grundsätzliche Bedenken aus Rom – als Gastgeber des 3. Ökumenischen Kirchentags zugelassen, dass am Samstagabend im Frankfurter Dom offiziell eucharistische Gastfreundschaft praktiziert wurde.
Bei zwei aktuellen zentralen Fragestellungen sehe ich allerdings nicht die Möglichkeit regional bzw. teilkirchlich unterschiedlicher Antworten, nämlich bei der sakramentalen Weihe von Frauen und der gleichberechtigten Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften. Hier ist die Katholische Kirche aufgefordert, jahrhundertelange Diskriminierung hinter sich zu lassen.
Denkbar ist vieles. Möglich daß sich die staatsabhängige, mediensubmisse und zeitgeisthörige deutsche (Abwicklungs- und Nach-) „Kirche“ derart orientiert, als treuhandisierter Komplex versorgungskarrieristischer Entristen („wo Aas ist, sammeln sich die Geier“, mit und ohne Schalstolen kostümierter Neokleristen). Schismatisch trennte sich dann offensichtlich Spreu vom Weizen, befeuert von einem interessant invarianten antirömischen Affekt. Als Katholik wäre es mein Stolz: Civis romanus sum! Nichts lieber als die Steuerzahlung für diese vergenderte Nationalkirche einzustellen und endlich: richtig römisch zu werden. Für meinen Teil könnte ich es kaum abwarten.
Wie wäre es mit einem Umzug nach Rom? Excusate, si civis Romanus fieri vultis, latine mihi esset loquendum. Cur non iam dudum in urbem transmigrastis? (Entschuldigung, wenn Sie ein römischer Bürger werden wollen, müsste ich ja Latein sprechen. Warum sind Sie nicht schon längst in die Stadt umgezogen?)
„Es ist höchste Zeit, dass an die Stelle absolutistischer Top-down-Entscheidungen partizipative Formen der innerkirchlichen Weiterentwicklung treten.“
Allerdings. Nur ist das nicht Franziskus‘ Sorge seit 2013? Und wirft ihm die Kurie (mit der er ja doch täglich arbeiten muss) nicht täglich Knüppel zwischen die Beine?
Ansonsten: Ja, die Gefahr sehe ich auch, die Sie sehen. ABER: Als Ludwig XVI. in auswegloser Situation die Generalstände einberief, gab es kurze Zeit später eine Nationalversammlung, die das absolutistisch verkrustete Frankreich demokratisierte. Hätte sich der König dem nicht verweigert, wäre Frankreich heute eine parlamentarische Monarchie.
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