Papst Franziskus in Fernost – Tag 1
Die 32. Auslandsreise von Papst Franziskus droht in Deutschland kaum wahrgenommen zu werden. Viele Menschen vor Ort setzen große Hoffnungen in den Besuch in Thailand und Japan. Und auch für die katholische Kirche könnte sie große Auswirkungen haben. Am Mittwochmittag Ortszeit landete der Papst in Bangkok, der ersten Station der sechstägigen Reise. Im Mittelpunkt seiner Visite in Thailand stehen der interreligiöse Dialog und die Stärkung der kleinen katholischen Minderheit. Es wird auch erwartet, dass Franziskus sich zu Menschenrechtsfragen äußert. Bei seinem Besuch in Japan liegt der Fokus auf den Besuchen in Nagasaki und Hiroshima am Sonntag. Schon im Vorfeld ließ Franziskus erkennen, dass er deutliche Worte zum Thema Atomwaffen sprechen werde. Ihren Einsatz bezeichnete er in einer Videobotschaft als „unmoralisch“. In Japan dürfte aber auch das Thema Inkulturation des katholischen Glaubens eine Rolle spielen.
Dialog und Menschenrechte
In den Straßen von Bangkok ist kein Hinweis zu finden auf den prominenten Gast aus Rom. Die Katholiken sind mit 0,6 Prozent unter den 65 Millionen Einwohnern Thailands eine verschwindend kleine Minderheit. Die will Franziskus stärken und, wie er vorab in einer Videobotschaft erklärte, die „Bande der Freundschaft kräftigen, die uns mit den vielen buddhistischen Brüdern und Schwestern verbinden“. Wie in vielen Ländern Asiens gibt es auch in Thailand unterschiedliche Strömungen innerhalb des Buddhismus. Die einen folgen den Lehren Buddhas und praktizieren Bescheidenheit sowie den Verzicht auf Gewalt. Die anderen forcieren eine Politisierung des Buddhismus, streben nach Macht und verbinden die Religion eng mit nationalistischen Tendenzen. Interessant wird daher die Begegnung des Papstes am Donnerstag mit dem obersten Patriarchen der Buddhisten Thailands, Somdej Phra Maha Muneewong.
Schwierig wird es für Franziskus in Thailand auf dem politischen Parkett. Der Papst hat in den vergangenen Jahren eine weltweite Allianz gegen Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung und moderne Sklaverei, sprich Arbeitsausbeutung, geschmiedet, an der Vertreter aus Religionen, Politik und Polizei aus der ganzen Welt mitarbeiten. Thailand ist in Asien ein Hotspot für diese Probleme. Doch offen ansprechen darf man sie hier nicht. Das gilt auch für die Migration, ein weiteres Herzensthema des Papstes. Jüngst warnten Kirchenvertreter illegale katholische Einwanderer vor der Teilnahme an der Papstmesse in Bangkok. Da die Ausweispapiere des UN-Flüchtlingshilfswerks in Thailand nicht anerkannt würden, drohten die meist aus Pakistan stammenden Migranten wegen der erhöhten Sicherheitsmaßnahmen auf dem Weg zum Gottesdienst verhaftet zu werden.
Katholische Minderheit stärken
Beim Besuch von Papst Johannes Paul II. 1984 traf sich dieser eigens mit Flüchtlingen aus Vietnam, Laos und Kambodscha. Daher gab es im Vorfeld der aktuellen Visite Kritik, dass Franziskus sich nicht mit Flüchtlingen trifft. Lokale Kirchenvertreter verweisen als Erklärung auf das „gegenwärtige repressive politische Klima“ im Land. Angesichts der schwierigen politischen Situation ließ viele schon die Äußerung des Papstes aufhorchen, als er in seiner Videobotschaft zur Vorbereitung des Besuchs von einer „multiethnischen Nation“ sprach. Im Süden des Landes gibt es Regionen mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung. Dort gibt es auch heftige Kämpfe zwischen islamischen Rebellen und dem buddhistischen Zentralstaat. In den vergangenen 15 Jahren starben dabei mehr als 7.000 Menschen.
Für die kleine katholische Minderheit ist der Besuch ein großes Fest. 70.000 werden am Donnerstagnachmittag zum Gottesdienst im Nationalstadion erwartet. Schon vor Wochen waren alle Eintrittskarten vergeben. Freitag gibt es dann noch das traditionelle Treffen mit dem Klerus, Ordensleuten sowie Seminaristen. Ein weiterer Höhepunkt für die kleine katholische Gemeinschaft dürfte dann die Messe mit Jugendlichen in der Kathedrale von Bangkok am Freitagabend sein, dem letzten offiziellen Programmpunkt in Thailand.
Papst gegen Atomwaffen
Samstag reist Franziskus dann weiter nach Japan. Erster Höhepunkt dort sind am Sonntag die Besuche in Nagasaki und Hiroshima. Es wird in mehrfacher Hinsicht ein politischer Sonntag sein. Zum einen geht es um das Thema Krieg und Frieden, die Ächtung der Atomwaffen. Die japanischen Bischöfe wünschen, dass Franziskus sich ihrer Forderung anschließt, grundsätzlich aus der Atomkraft auszusteigen. So weit ist der Papst bisher nie gegangen. Mit einer friedlichen Nutzung der Technologie hatte Franziskus bisher keine Probleme.
In der katholischen Hochburg Nagasaki wird der Papst auch der Märtyrer der Christenverfolgung in Japan gedenken, die 1597 begann und über zwei Jahrhunderte andauerte. Der christliche Glauben überlebte im Untergrund. Der Papst wird einige Nachkommen der damaligen Untergrundkatholiken treffen. Wiederholt kam Franziskus in den vergangenen Jahren auf die Situation der Verfolgung in Japan zu sprechen. Denn auch ohne Priester überlebte das Christentum in dieser Zeit; für Franziskus ein Hinweis darauf, welche Kraft und welche Chancen in den Laien bei der Weitergabe und Verbreitung des Glaubens stecken.
Bergoglio endlich in Japan
Für Franziskus dürfte der Besuch in Japan eine der emotionalsten Etappen seiner intensiven Reisetätigkeit als Papst sein. Schließlich trat er 1958 in den Jesuitenorden ein, um als Missionar nach Japan zu gehen. Doch gesundheitliche Gründe verhinderten das. Er blieb in Lateinamerika. Nach 50 Jahren kommt er nun endlich ans Ziel seiner Träume und wird in Fernost mit den Herausforderungen der Mission konfrontiert. Denn im Vorfeld der Reise hatte ihm der ehemalige Erzbischof von Tokio, Takeo Okada, einen Brandbrief in den Vatikan geschickt. Darin sprach er drei kritische Punkte an. Bei diesen sieht er dringenden Handlungsbedarf, damit die Kirche in Japan erfolgreich wirken kann: Inkulturation, Dezentralisierung und Spiritualisierung.
Diese Themen sind für Franziskus nicht neu. Erst im Oktober waren sie bei der Amazonassynode intensiv diskutiert worden. Sie kommen auch aus anderen Weltregionen. Das zeigt, dass die katholische Kirche global vor großen und meist denselben Herausforderungen steht. „Ich schlage vor, dass der Heilige Stuhl durch Delegation an Bischofskonferenzen den Versuch einer größeren Machtdezentralisierung wagt“, schrieb Okada in seinem Brief, über den der asiatische kirchliche Pressedienst Ucanews im September berichtete. Der japanische Erzbischof kritisierte darin auch die Römische Kurie, die den Eindruck vermittle, der Vatikan sei „ein Ort der Machtkämpfe oder Machtspiele“.
Wagt der Papst ein deutliches Plädoyer für Inkulturation?
Damit die katholische Kirche in Asien stärker Fuß fassen kann, braucht sie ein asiatisches Gesicht, sprich eine stärkere Inkulturation. Franziskus muss dazu den Rahmen abstecken. Die aktuelle Reise bietet ihm Gelegenheit dazu. Wie er das macht, hat am Ende auch Auswirkungen auf die gesamte Kirche.
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„Denn im Vorfeld der Reise hatte ihm der ehemalige Erzbischof von Tokio, Takeo Okada, einen Brandbrief in den Vatikan geschickt. Darin sprach er drei kritische Punkte an. Bei diesen sieht er dringenden Handlungsbedarf, damit die Kirche in Japan erfolgreich wirken kann: Inkulturation, Dezentralisierung und Spiritualisierung.“
Drei wichtige Themen – am unproblematischsten ist die Spiritualisierung und Entpolitisierung des Christentums, die zu einem wirklichen Ärgernis geworden ist und die die innerkirchlichen Gräben vertieft. Die Dezentralisierung ist notwendig – gerade im Hinblick auf eine das Subsidiaritätsprinzip betonende Kirche -, darf aber nicht zur Spaltung, zum faktischen Schisma infolge einer falsch verstandenen Synodalität führen. Am schwierigsten dürfte die Inkulturation sein, denn es handelt sich um einen schwierigen Grat zwischen dem, was die Substanz des Christentums betrifft, und den Akzidenzien des Christentums. Am problematischsten wäre eine Haltung, in der Jesus Christus neben Buddha, Konfuzius, Laotse, ggf. Mohammed eine Inkarnation göttlicher Weisheit wäre. Eine solche Vorstellung, nennen wir es beim Namen, wäre nicht mehr christlich zu nennen.
Erzbischof Okada hatte das Stichwort Spiritualisierung in einem anderen Sinne gemeint. Aus seiner Sicht fehlt es der japanischen Gesellschaft an „echten spirituellen christlichen Werten“. Diese müssten aus seiner Sicht „im Zentrum der universalen Kirche in Rom zu finden sein“. Doch statt dort „für uns ein Zeichen als arme, demütige, gläubige und heilige Diener unseres Herrn Jesus Christus zu setzen“, könne man den Eindruck gewinnen, dass der Vatikan „ein Ort der Machtkämpfe oder Machtspiele“ sei, so der ehemalige Erzbischof von Tokio.
„ein Ort der Machtkämpfe oder Machtspiele“ – das ist noch sehr dezent als Umschreibung für die Intrigen eines Müller, Brandmüller, Sarah und Burke.
Sehr gut, dass Franziskus nun wieder an die östlichen „Ränder“ der Christenheit geht. Vom fernen Osten kann man viel lernen, wenn man nur will. Manche Spiritualitätsform erinnert stark an Meister Eckart und die christliche Mystik (die man nicht mit pseudokatholischen „ich feiere die Messe lieber lateinisch“-Mystizismus verwechseln darf).
„Die japanischen Bischöfe wünschen, dass Franziskus sich ihrer Forderung anschließt, grundsätzlich aus der Atomkraft auszusteigen. So weit ist der Papst bisher nie gegangen. Mit einer friedlichen Nutzung der Technologie hatte Franziskus bisher keine Probleme.“
Die friedliche Nutzung als solche ist auch kein Problem. Die Gefahr durch menschliches Versagen und die völlig unklare Entsorgung des Atommülls sind die gewaltigen und bislang ungelösten Probleme. Wenn man rein kapitalistisch auf die Gefahren-Nutzen-Kalkulation blickt: KEINE Versicherung trägt das Risiko eines Atomkraftwerks. Dann sollte man die friedliche Nutzung bleiben lassen. Drei gigantische Unfälle in der Menschheitsgeschichte reichen.
Jedenfalls war es monströs amoralisch Zehntausende von Zivilisten in Japan durch den Atombombenabwurf zu töten.
Sehr geehrter Herr Erbacher, in drei Tagen läuft die erste Amtszeit von Kardinal Sarah, der als purer Franziskusopponent und Relativierer von Nazimonstrositäten aufgefallen ist, ab. Weiß man schon was von der Verlängerung?
Warum in die Ferne schweifen? Der Kittel brennt ganz woanders, d.h. daheim und zwar heftig:
– einem nicht-öffentlichen Zwischenbericht des Erzbistums München und Freising zufolge werden schwere Vorwürfe gegen die Katholische Integrierte Gemeinde erhoben, die lange als eine der hoffnungsträchtigsten Aufbrüche der röm.-kath. Kirche galt.
(siehe BR vom 21.11. 2019)
Sehr richtig. Sie kennen auch den Hauptförderer der Integrierten Gemeinde? Joseph Ratzinger.
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