Synode berät über Ökologie, Eucharistie und Inkulturation

Die Themenpalette ist wie zu erwarten breit, die in den Plenumssitzungen der Amazonassynode in den ersten Tagen diskutiert wird. Allerdings gibt es einige Punkte, die immer wieder auftauchen. So legen es die Berichte nahe, die gefiltert durch die vatikanische Pressemaschinerie aus der Synodenaula nach draußen dringen. Neben der Ökologie und sozialen Fragen sind es innerkirchliche Themen: die Inkulturation von Glaube, Theologie und Liturgie, die Frage nach Ämtern für Laien, insbesondere für Frauen, sowie die viri probati. Waren gerade letztere Themen über Jahrzehnte tabu, ziehen sie sich jetzt wie ein roter Faden durch die ersten Plenarsitzungen.

Wie weit kann Inkulturation gehen? (Quelle: ap)

Von einer „Besuchspastoral“ zur „Anwesenheitspastoral“

Die Themen sind weitestgehend bekannt, die in den ersten Tagen in den Vorträgen benannt werden: von der Kritik an der Ausbeutung der Ressourcen im Amazonasgebiet, die Umweltverschmutzung bis hin zur Unterdrückung fundamentaler Menschenrechte. Zwischen 2003 und 2017 seien 1119 Indigene bei der Verteidigung ihrer Gebiete ums Leben gekommen, verlautete aus der Synodenaula. Oft würden die Anführer kriminalisiert, wenn sie sich für die Rechte ihrer Völker einsetzen, kritisierte ein Redner. Immer wieder wird betont, dass bei den ökologischen und sozialen Fragen auch die internationale Gemeinschaft gefordert ist. In diesem Kontext wurde wiederholt von der prophetischen Dimension der Kirche gesprochen. So solle sie etwa die sozialen Basisbewegungen unterstützen und sich in die gesellschafts-politische Debatte einmischen.

Immer wieder taucht die Forderung auf, dass die Kirche von einer „Besuchspastoral“ zu einer „Anwesenheitspastoral“ übergehen müsse. Voraussetzung dafür ist, dass kirchliche Amtsträger vor Ort sind. Bei der Frage, wie das gewährleistet werden kann, gehen die Meinungen dann auseinander. Die einen fordern eine Stärkung des Ständigen Diakonats der Männer und eine verstärkte Berufungspastoral für das traditionelle zölibatäre Priesteramt. Eine ganz große Mehrheit der bisherigen Redner scheint sich allerdings für viri probati auszusprechen.

Neue Ämter für Frauen

Darüber hinaus wurden Forderungen nach neuen Ämtern für Laien laut, darunter das Diakonat für Frauen sowie andere Dienste mit Beauftragung für Laien. Dabei geht es nach Aussage des Vatikanischen Medienministers, Paolo Ruffini, an vielen Stellen gar nicht darum, neue Ämter zu schaffen, sondern bereits bestehende Praxis durch offizielle Ämter anzuerkennen. Bischof Erwin Kräutler erklärte beim Pressebriefing, dass zwei Drittel der Gemeinschaften, in denen es keine Priester gebe, von Frauen geleitet werden. Hier brauche es konkrete Antworten.

Bei der Diskussion um viri probati kann man aus den Berichten sehr unterschiedliche Positionen erkennen. Es wurden Stimmen laut, die eine zu starke Funktionalisierung und Einengung des Priesteramts auf die Eucharistie befürchten, anstatt den Priester als „Hirten der Gemeinschaft, Lehrer eines christlichen Lebens und konkrete Gegenwart der Nähe Christi“ zu sehen. Einige plädieren dafür, die viri probati nur als weitere Ausnahmen einzuführen, grundsätzlich aber am Pflichtzölibat festzuhalten. Bischof Kräutler, der seit vielen Jahrzehnten im Amazonasgebiet lebt und wirkt, warnte beim Pressebriefing davor, den Zölibat über die Eucharistie zu stellen. Seine Erfahrung zeige, dass in der indigenen Kultur der Zölibat nicht vermittelbar sei.

Ab Donnerstag erstmals Kleingruppenarbeit

Laut den offiziellen Berichterstattern gab es Stimmen, die anmerkten, dass der Priestermangel nicht nur ein Problem im Amazonas sei, sondern überall in der Welt. Andere sehen in den viri probati nicht die Lösung der Probleme, sondern eher in einer stärker missionarischen Ausrichtung der Kirche. Neben der Ämterfrage geht es immer wieder um eine stärkere Inkulturation bis hin zur Einführung eines eigenen Ritus für die Indigenen. In den Plenumssitzungen der ersten Tage gibt es noch keine echten Diskussionen. Aber sie bieten den Teilnehmern die Möglichkeit, die Stimmung unter den Synodenteilnehmern zu erspüren. Ab morgen geht es in die Kleingruppen. Dort geht es dann darum, die Ideen zu konkretisieren und Vorschläge zu erarbeiten, wohin die Reise geht.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

16 Kommentare

  • Novalis
    10.10.2019, 10:54 Uhr.

    „Seine Erfahrung zeige, dass in der indigenen Kultur der Zölibat nicht vermittelbar sei.“
    Der Zölibat ist auch nicht in Europa vermittelbar. Er ist lediglich eine Zuflucht für homosexuelle Männer, die sich vor ihrer Orientierung verstecken und sie dann heimlich ausleben wollen.

    • Wanda
      10.10.2019, 18:28 Uhr.

      Novalis 10.10. 10:54
      – Muss mich doch sehr wundern: nicht einmal ich als Ungläubiger und Kirchenkritiker würde den Zölibat auf allein das reduzieren wie Sie es tun und ihm komplett unterstellen.
      Meine Meinung: es sollte den Geistlichen freigestellt werden. Wer den Zölibat leben will und dazu in der Lage ist, mag es tun. Wer nicht, sollte nach seine Facon selig werden. Freie Entscheidung wäre anzuraten, nicht mehr und nicht weniger.
      Zwang führt immer in die (Un-)Heimlichkeit – was zu beweisen war…
      – Gebe aber gern zu: wenn meine Sohn noch Kind wäre (er ist inzwischen selbst Vater), würde ich ihn keinem schwulen oder gar pädophilen Priester anvertrauen. Den Schutz würde ich ihm garantieren.

      • bernardo
        12.10.2019, 10:38 Uhr.

        @ Wanda: Sehe ich auch wie Sie, da der Nicht-Zusammenhang zwischen Homosexualität und Pädophilie offensichtlich doch nicht so klar ist, wie es von progressiver Seite behauptet wird.

        „Einige plädieren dafür, die viri probati nur als weitere Ausnahmen einzuführen, grundsätzlich aber am Pflichtzölibat festzuhalten.“ Das scheint mir ein guter Kompromiss zu sein, aber den Betreibern der Amazonas-Synode geht es längst um Grundsätzliches: „Bischof Kräutler, der seit vielen Jahrzehnten im Amazonasgebiet lebt und wirkt, warnte beim Pressebriefing davor, den Zölibat über die Eucharistie zu stellen. Seine Erfahrung zeige, dass in der indigenen Kultur der Zölibat nicht vermittelbar sei.“

        Ach so, das ist nicht „vermittelbar“. Den Römern in der Antike war auch nicht „vermittelbar“, dass die Christen nicht dem Kaiser opferten; sie haben dennoch daran festgehalten.

        Die Frage der Inkulturation ist eine sehr schwierige, da Form und Inhalt nicht so klar getrennt werden können, wie sich manche dies wünschten. Ich habe allerdings bei Kräutler und anderen den Eindruck, sie instrumentalisieren die „Inkulturation“, um eine andere Kirche zu bekommen.

        • Jürgen Erbacher
          Jürgen Erbacher
          14.10.2019, 20:42 Uhr.

          Gibt es für den von ihnen angedeuteten „Nicht-Zusammenhang…“ belastbare Quellen?

          • bernardo
            15.10.2019, 19:57 Uhr.

            Nein, aber ich habe gelesen, die Zahl der missbrauchten Jungen sei höher als die der Mädchen, was ein Indiz sein könnte. Natürlich gäbe es dafür auch andere Erklärungen.

  • galileo2011
    13.10.2019, 9:35 Uhr.

    Ob ein Priester zölibatär leben möchte oder nicht, sollte ihm selbst überlassen werden. Ein diesbezüglicher Zwang greift in die Selbstbestimmung des Menschen ein.
    Welch großen Schaden der Zölibatszwang schon angerichtet hat wissen diejenigen, die darunter leiden mußten.

    Im Übrigen ist der Zölibat NIE von Jesus Christus verlangt worden sondern lediglich von der Kirche, um vererbbares Vermögen von Geistlichen an die Kirche binden zu können – also aus reinem Eigennutz.

  • Wanda
    17.10.2019, 17:37 Uhr.

    Carla Maltese 16.10. 12:13 und 17.10. 8:48
    – Reich-Ranitzki war schon Einer. Clever wie er war hat Science Fiction nur deshalb verachtet weil er nicht zugeben wollte, dass er dieses Genre nicht verstand.
    Übrigens muss ich Pratchetts unnachahmliche und zudem so fantasievolle Weise anerkennen – z.B. die Stadt Ankh-Morpork: Ankh = altaegyptisches Wort/Symbol für das Weiterleben und aus seiner engl. Sprache Mor(more) und pork (Schweinefleisch), oder ? Ergibt übertragen den sinnigen Namen „Ewig(es) Schweinefleisch“ für eine Science Fiction Stadt. Darauf muss man erst einmal kommen. Grosse Literatur: bin beeindruckt!
    Bernardo 17.10.08:48:
    – Sie haben vollkommen recht: ein französischer oder italienischer Kommunist bzw. Linker würde empört zurückweisen kein Patriot zu sein und wer das behauptet, liefe Gefahr sich eine einzufangen.

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