Der Papst in Südostafrika – Tag 3
Mit einem eindringlichen Appell zur Versöhnung hat Franziskus seinen Besuch in Mosambik beendet. Bei einem großen Gottesdienst rief er die Mosambikaner auf, sich nicht von Hass und Vergeltung leiten zu lassen. Vielmehr gelte für Christen das Prinzip Jesu: „Liebt eure Feinde“. Auch wenn das ein hoher Anspruch sei, können nur so eine friedliche Zukunft aufgebaut werden. Zuvor hatte der Papst ein AIDS-Projekt der Gemeinschaft Sant’Egidio besucht. Dort wird HIV-infizierten Frauen und deren Kindern geholfen sowie Präventionsarbeit gemacht. Franziskus würdigte die Arbeit von „Dream“. Sie nähmen sich derer an, „die in der Schande, an den Rand gedrängt und von allen verurteilt leben“. Durch die Arbeit konnten bereits mehr als 100.000 Kinder von HIV-infizierten Müttern gesund geboren werden.
Keine Vergeltung!
Franziskus ist sich bewusst, dass er viel von den Mosambikanern verlangt. „Es ist schwierig, von Versöhnung zu reden, wenn die Wunden aus langen Jahren der Zwietracht noch offen sind, oder zu einem Schritt der Vergebung aufzurufen, ohne den Schmerz der Betroffenen zu vergessen.“ Doch für den Pontifex ist klar, „Christ zu sein, aber nach dem Vergeltungsprinzip zu leben“, das geht nicht. „Der Auftrag Jesu zielt vielmehr auf ein aktives, uneigennütziges und außergewöhnliches Wohlwollen gegenüber jenen, die uns verletzt haben“, erklärt Franziskus. Dabei gehe es nicht einfach darum, nebeneinanderher zu leben, sondern darum, aktiv aufeinander zu zu gehen.
Es gehe nicht nur darum „Versöhnung und Frieden im Sinne der Abwesenheit von Konflikten zu stiften“ oder gar eine Gesellschaft aufzubauen, die auf dem „Gleichgewicht der Gewalt beruht“. Letzteres führe zu „einer Spirale ohne Ende und ihr Preis ist sehr hoch“. Die Christen müssen vielmehr „Protagonisten eines anderen Lebensstils“ sein, bei dem eben nicht gelte „Aug‘ um Auge, Zahn um Zahn“. In diesem Kontext kritisierte Franziskus die Korruption im Land, die nicht selten unter dem Deckmantel der Hilfe für die Armen praktiziert werde.
Besuch eines Sozialprojekts
Fragen der Sexualmoral interessierten den Papst am Morgen nicht beim Besuch des Dream-Projekts. Keine Moralpredigt für die Infizierten. Für Franziskus lag der Fokus auf den vielen Helfern, Medizinern und Sozialarbeitern, die sich für die einsetzen, die aufgrund ihrer Infektion von der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Das Projekt zeige, „dass die notwendige medizinische Behandlung nicht ausreicht“, erklärte der Papst. Dream ist in der Präventionsarbeit tätig, die auch Aufklärung und Bildung beinhaltet. Unterstützt wird die Gemeinschaft Sant’Egidio dabei vom Kindermissionswerk in Aachen und der deutschen Bundesregierung.
Ohne die konkreten Unterstützer zu nennen, gab Franziskus der Zusammenarbeit mit nicht-kirchlichen Organisationen seinen Segen. „Wir sind geleitet vom Glauben und vom Gebot der Nächstenliebe, doch wissen wir andere Formen der Hilfe und der Solidarität anzuerkennen, die sich teilweise dieselben Ziele setzen.“ Es gehe darum, die eigenen Grenzen anzuerkennen und „anderen die Hände entgegenzustrecken, damit die gegenseitige Zusammenarbeit wirksamer das Ziel erreichen kann“. Wer diese Zeilen liest, muss unweigerlich an die Kritik denken, der sich kirchliche Hilfswerke gelegentlich ausgesetzt sehen, wenn sie mit staatlichen Stellen zusammenarbeiten oder staatliche Fördergelder für ihre Hilfsprojekte annehmen.
Kann Reise Versöhnung anstoßen?
Papst Franziskus hatte in Mosambik einen ganz klaren Fokus: Versöhnung und Frieden. Damit fielen viele andere Themen weg, die man beim Besuch eines afrikanischen Landes auch hätte ansprechen können. Doch die entscheidende Frage für die Zukunft des Landes ist die Versöhnung. Während der Besuch von Johannes Paul II. 1988 einen entscheidenden Anstoß für den Friedensprozess ab, könnte dieser Besuch einen entscheidenden Anstoß für den Versöhnungsprozess geben. Wenn Franziskus das schafft, hat er viel erreicht. Beobachter sagen, dass der Friedensprozess nach dem Friedensabkommen von 1992 deshalb nicht wirklich vorangekommen sei, weil das Thema Versöhnung nicht konsequent angegangen wurde. Das muss jetzt folgen, damit der Frieden eine Chance hat.
Dabei spielen die Religionen eine große Rolle. Deshalb war das interreligiöse Treffen am Donnerstag wichtig. Natürlich waren dabei die anwesend, die offen sind für ein Miteinander der Religionen. Doch die Bilder des Treffens können nachwirken. Auffallend ist, dass die Bundesregierung seit 2018 mehrfach in Mosambik interreligiöse Treffen mit organisiert hat. Auch in Berlin ist man von der besonderen Verantwortung der Religionen überzeugt. Der Papst hat sich mit seiner Visite in den Dienst dieser Sache gestellt. Was sollte eine dringlichere Aufgabe für einen Pontifex sein, als Brücken zu bauen? Vielleicht kann er an dieser Stelle mehr erreichen, als im theologischen Kleinklein, das manche gerne als Kernaufgabe des Papstes sehen. Franziskus kümmert sich um die großen Linien: ein Leben in Frieden und Würde. Bei den Ideen, wie das gelingen kann, schöpft er aus den Tiefen des christlichen Glaubens.
4 Kommentare
Ein Johannes Paul II. hätte solch eine Gelegenheit sicher nicht ausgelassen, um darüber zu predigen, wie verwerflich die Benutzung von Kondomen ist. Man darf schon froh sein, auch wenn es viel zu wenig ist, dass Franziskus diesen von Woityła und Ratzinger verbrochenen verantwortungslosen Unsinn beschweigt. In Rom ist das ja bekanntermaßen der erste Schritt, um theologischen oder moralischen Unfug (wie man ihn oft und reichhaltig im 19. Jahrhundert verbrochen hat) zu beerdigen und sich dann eines besseren zu besinnen.
„…schöpft er aus den Tiefen des christlichen Glaubens.“ Zitatende.
Doch, aus meiner Sicht ist Papst Franziskus derjenige Papst, welcher noch am ehesten die Fußabdrücke des Christus nicht verfehlt.
Doch warum greift er gerade in Sachen Afrika, das Kondomverbot seiner kath. Kirche nicht an. Bzw. reformiert es? Er ist Papst! Die vielen Aids-Siechenden, gerade in Afrika, die deswegen sozusagen auf der Strecke bleiben müssen, ausgeliefert unaussprechlichem Leid.
Ich möchte an dieser Stelle gerne ein Buch von Dr. multi Elisabeth Kübler-Ross empfehlen wenn ich darf, Titel: „AIDS Herausforderung zur Menschlichkeit“, veröffentlicht bereits 1988. Für Afrika, deren übewiegend arme Menschen fern moderner, teurer Medikamente leben müssen, allerdings aktueller wie nie zuvor.
Madagassen erklärten mir, dass man das Thema Sexualität, AIDS und Kondome in der Öffentlichkeit nicht anspricht. Es sei daher gut gewesen, dass der Papst sich nicht wie ein Elefant im Porzellanladen benommen habe, sondern er habe den richtigen Ton getroffen, indem er die Hilfe für die Ausgegrenzten in den Mittelpunkt gestellt habe.
Herr Erbacher 07.09. 12:58
– aha, man spricht die genannten Probleme als besser nicht an ? Kaum zu fassen: mit höflichen (oder dümmlichem) Verschweigen ist niemandem geholfen und statt berechtigt von der Kirche(?) Hilfe in Aussicht zu stellen, wäre wohl sehr viel sinnvoller und auch wirksamer die Ursachen der Malaise knallhart zu benennen und zu bekämpfen…
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