Papst in Rumänien – Tag 3

Zum Abschluss seines Besuchs in Rumänien hat Papst Franziskus die Roma um Vergebung gebeten, „wenn wir [die Kirche] euch im Laufe der Geschichte diskriminiert, misshandelt oder falsch angeschaut haben“. Das Kirchenoberhaupt hatte als letzten Programmpunkt seiner Reise in Blaj Vertreter der Roma getroffen. Dabei betonte er, „in der Kirche Christi ist Platz für alle“. Die Kirche sei ein Ort der Begegnung. Am Morgen hatte er bei der Seligsprechung von sechs Bischöfen, die während der kommunistischen Zeit als Märtyrer starben, noch einmal betont, dass die Vielfalt der Religionen und Kulturen eine Bereicherung darstelle. Er warnte vor „neuen Ideologien“, die „auf subtile Weise Macht gewinnen und unsere Mitbürger von ihren reichen kulturellen und religiösen Überlieferungen entfremden wollen“.

Papst Franziskus hat zum Abschluss seines Besuchs in Rumänien Vertreter der Roma getroffen. (Quelle: ap)

Dialog über Konflikt stellen

Freiheit und Barmherzigkeit sind für Franziskus die Richtschnur für ein christliches Leben. Das machte er beim Gottesdienst in Blaj am Morgen deutlich. Zur Freiheit gehört für ihn, die Grundrechte der Personen nicht zu beschneiden. Was sonst geschehe, hat sich nach Ansicht des Papstes im „atheistischen Diktatorenregime“ gezeigt. Die „Haltung des Erbarmens gegenüber den Peinigern“ der neuen Märtyrer sei „eine prophetische Botschaft“, so Franziskus. „Heute stellt sie eine Einladung an alle dar, den Hass mit der Liebe und der Vergebung zu besiegen und den christlichen Glauben konsequent und mutig zu leben.“

Das gelte etwa angesichts moderner „ideologischer Kolonisation“, erklärte der Papst. Zu diesen zählt er etwa Angriffe auf den Wert der menschlichen Person, den Wert des Lebens, der Ehe und der Familie. Das seien Stimmen, die Hass und Zwietracht säten, zeigte sich das Kirchenoberhaupt überzeugt. Die Gläubigen hingegen sollten als „Zeugen der Freiheit und der Barmherzigkeit“ die „Brüderlichkeit und den Dialog über den Konflikt stellen“.

Versöhnung statt Vergeltung leben

Bei der Begegnung mit den Roma setzte Franziskus dann zum Abschluss seiner Reise noch einmal einen klaren Akzent – sowohl politisch als auch kirchlich. Er mahnte, Gleichgültigkeit züchte Vorurteile und Hass. „Wie oft urteilen wir voreilig, mit verletzenden Worten, mit Haltungen, die Hass sähen und Distanz fördern“, beklagte Franziskus. „Wir sind weder wirklich Christen noch Menschen, wenn wir nicht fähig sind, vor ihren Haltungen, vor unseren Urteilen und Vorurteilen die Person zu sehen.“

Jeden Tag müsse der Mensch wählen zwischen Kain und Abel, erklärte Franziskus. Es tue sich wie auf einem Scheideweg eine Wahlmöglichkeit auf: „den Weg der Versöhnung nehmen oder den der Vergeltung“. Der Weg Jesu sei der der Versöhnung, auch wenn er kein einfacher Weg sei. „Kein Übel bringt ein anderes Übel in Ordnung, keine Rache macht eine Ungerechtigkeit wieder gut, keine Verbitterung tut dem Herzen gut, keine Verschlossenheit bringt uns dem anderen näher“, betonte Franziskus. Die Roma wiederum fordert er auf, sich auch den Gesellschaften gegenüber zu öffnen, in denen sie leben.

Pontifikat des Dialogs und der Begegnung

„Gehen wir gemeinsam“ war das Motto der 30. Auslandsreise von Papst Franziskus. In diesem Sinne wollte er das Miteinander in Rumänien stärken – zwischen den Religionen und Konfessionen, zwischen den Kulturen, Ethnien und Traditionen. An Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft erging die Mahnung, die Schwachen in der Gesellschaft nicht zu vergessen und eine solidarische Gesellschaft aufzubauen. Dialog und Begegnung spielen im Pontifikat von Franziskus eine zentrale Rolle. In diesen Kontext muss man die aktuelle Reise einordnen. Die Botschaften haben dabei eine Bedeutung über die konkrete Reise hinaus.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

10 Kommentare

  • Novalis
    02.06.2019, 18:43 Uhr.

    Die Entschuldigung des Papstes ist gut und richtig. Sie lenkt den Blick darauf, dass Grenzen und Ausgrenzungen etwas sehr Menschengemachtes sind – und damit dem Willen Gottes, dass alle Menschen, gleich welcher Herkunft, auf dieser einen Welt eins sein sollen.

    • bernardo
      03.06.2019, 13:01 Uhr.

      Auch Vergebungsbitten nutzen sich ab, wenn sie inflationär ausgesprochen werden. Gut, diese Vergebungsbitte war richtig, wenn es um das Verhalten der Kirche geht. (Die Vergebungsbitte an die Rohingya war unsinnig, denn die Kirche hat dieser aus Bangladesch eingewanderten Bevölkerungsgruppe kein Unrecht angetan, und das Christentum kennt zwar eine stellvertretende Buße, aber keine stellvertretende Reue.) Natürlich gibt es in der Kirche keine Ausländer – damit taten sich einige meiner Landsleute schwer, als 1978 ein „Ausländer“ zum Papst gewählt wurde -, aber das ist der Unterschied zwischen Kirche und Staat. Im Staat gibt es sehr wohl Ausländer, sprich Nicht-Staatsbürger, und das Aufenthaltsrecht ist prinzipiell ein Recht für Staatsbürger, von dem Ausnahmen (Tourismus, gesuchte Arbeitskräfte, gewährtes Asyl) gemacht werden.

  • Rudolf Heller
    03.06.2019, 17:57 Uhr.

    Das ZDF verbreitete folgende Meldung:
    „Rumänienbesuch von Franziskus – Papst spricht tote Bischöfe selig“
    Datum:
    02.06.2019 14:05 Uhr

    Herr Erbacher, kann man auch lebende Bischöfe seligsprechen? So ein Unsinn….
    Das steht am heutigen Tag, am 3.6.19 um 18.00 immer noch auf der heute-Seite.

    • Jürgen Erbacher
      Jürgen Erbacher
      03.06.2019, 20:52 Uhr.

      Man kann keine lebenden Bischöfe seligsprechen; allerdings stimmt auch, dass die betreffenden Bischöfe tot sind. Ich habe Ihre Anmerkung an die Kollegen weitergeleitet.

  • Novalis
    05.06.2019, 15:21 Uhr.

    „Ja, in unserem Kulturkreis denkt man Familie heute etwas differenzierter. Und zwar gerade aus der Erfahrung raus daß das starre Schema Vater-Mutter-Kind nicht immer funktioniert, bzw. oft nur aus einem gewissen Zwang raus.“

    Und man muss bedenken, dass der Begriff „Familie“ sich auch immer schon gewandelt hat. Er bedeutete in der Antike etwas anderes als im Mittelalter und im Mittelalter etwas anderes als im 19. Jahrhundert. Das Schema Vater-Mutter-Kind stammt erst aus dem 19. Jahrhundert.

  • Silvia
    06.06.2019, 11:31 Uhr.

    Novalis
    05.06.2019, 15:21 Uhr.

    „Vater – Mutter – Kind(er) bezeichnet man als Kleinfamilie. Aber zumindest in meiner Kindheit (ich bin Jg 1951) war es selbstverständlich, dass Großeltern, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen 1., 2., 3. Grades usw. auch zur Familie gehören, obwohl man ab Onkel, Tante usw eher von Verwandtschaft gesprochen hat.

    Immer ging es aber um Blutsverwandte und deren Ehepartner, und immer war klar, dass ein Kind einen männlichen Vater und eine weibliche Mutter hat und die enge Bindung des Kindes an diese beiden Menschen und umgekehrt überlebenswichtig für das Kind sind.

    Auch in meiner Jugend, als WG`s aufkamen, wusste man, dass das Zusammenleben von nicht verwandten Personen auf Zeit keine Familie sondern höchstens eine Ersatzfamilie sein kann.

    Die Familie/Verwandtschaft kann man sich nicht aussuchen, die Eltern auch nicht, aber es ist etwas, das auf Lebenszeit angelegt ist. Das vorübergehende Zusammenleben von Menschen ist meist eine Zweckgemeinschaft.

    Wenn sich ein Mann und eine Frau zusammentun – egal ob verheiratet oder nicht – und ein Kind bekommen, gründen sie eine neue Familie.

    Auch Alleinerziehende mit ihren Kindern sind eine Familie oder Ehepaare, die ein Kind adoptieren, also an Kindesstatt für immer bei sich aufnehmen und ihm den gemeinsamen Familiennamen geben mit allen daraus resultierenden Verpflichtungen, gründen eine Familie und keine „Bedarfsgemeinschaft“ wie sich das im Behördendeutsch im Falle einer WG nennt.

    • Wanda
      10.06.2019, 0:45 Uhr.

      Silvia 06.06.2019 11:31 Uhr
      Um Himmelswillen ! Sie trauen sich was mit Ihren antiquierten Ansichten, was den Begriff der Familie angeht.
      Dass Familie, erweiterte und auch Verwandtschaft, sich über die Jahrhunderte und Epochen immer schon gewandelt haben soll (Novalis), ist mir doch ziemlich neu. Und man stelle sich vor: das Schema „Vater-Mutter-Kind(er)“ ist unserem Kulturkreis angeblich erst seit dem 19. Jahrhundert nachweisbar und geläufig. Nun, man lernt ja gern hinzu. . .
      P.S. muss unbedingt bei den Behörden die historischen Unterlagen meiner Sippe (Kleinkötter, Binnenschiffer und kath. Tagelöhner) ab Ende 16. Jahrhundert, meist aus Kirchenbüchern ab Ende 16. Jahrhundert, reklamieren: demnach alles nur Lug und Trug, was die geistlichen Beamten der Mutter Kirche da eintrugen. . .

      • bernardo
        11.06.2019, 0:01 Uhr.

        Der Neojakobinismus wird immer stärker, leider auch in der Kirche (mitsamt seiner intendierten Destruktion der Familie im Namen einer „Gendergerechtigkeit“. So wenig wie die katholischen Jakobiner fruchtbringend waren, so wenig werden die Neojakobiner die Kirche beleben. Sie unterstützen Franziskus, der kein Neojakobiner ist, der aber anders als seine beiden Vorgänger wenig bis nichts tut, um ihren verhängnisvollen Einfluss zu begrenzen. Und dessen Auftreten viel zu widersprüchlich für einen Papst ist. Dort, wo Karol Wojtyla ein Löwe war, ist Franziskus leider ein Chamäläon.

  • Novalis
    08.06.2019, 20:18 Uhr.

    Ein schönes Shawuot – und frohe Pfingsten! Und besonders Herrn Erbacher und seinem Team ein herzlicher Dank (auch wenn ich die Art der Freischaltung manchmal als tendenziös empfinde).

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