Papst regelt Dialog mit Piusbrüdern neu

Bei der Kurienreform warten viele seit langer Zeit auf den großen Wurf. Franziskus geht lieber in kleinen Schritten voran. Heute löste er die Kommission „Ecclesia Dei“ auf, die seit 1988 zuständig für den Dialog mit den Piusbrüdern war. Außerdem unterstellte er den Chor der Cappella Sistina dem Päpstlichen Zeremonienmeister. Bisher lag die Verantwortung für den traditionsreichen päpstlichen Knabenchor bei der Präfektur des Päpstlichen Hauses. Beide Entscheidungen sind nicht einfach nur Verwaltungsakte.

Franziskus steht unter genauer Beobachtung. In wenigen Wochen startet das siebte Jahr seines Pontifikats. Ob es das verflixte siebte Jahr wird? Einfach wird es sicher nicht. (Quelle: dpa)

Strukturen vereinfacht

Die Kommission „Ecclesia Dei“ hat in den vergangenen Jahren immer wieder Reformen erfahren. Ursprünglich von Johannes Paul II. als eigenständige Institution gegründet, um nach dem Schisma 1988 den Kontakt zu den Piusbrüdern zu halten, hatte Benedikt XVI. 2007 ihre Kompetenzen erweitert. Fortan sollte sie auch den Kontakt zu den katholischen Traditionalisten halten, die in Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom stehen. Nachdem mit der Zulassung des Außerordentlichen Ritus 2009 der Streit um liturgische Fragen im Dialog mit den Traditionalisten wegfiel und sich die Meinungsverschiedenheiten auf Lehrfragen konzentrierten, dockte Benedikt XVI. die Kommission an die Glaubenskongregation an.

Franziskus geht nun einen Schritt weiter und vereinfacht die Strukturen. Die Kommission wird aufgelöst und die Aufgaben künftig von einer neu geschaffenen Abteilung innerhalb der Glaubenskongregation übernommen. Es werden schlicht die Strukturen an dieser Stelle verschlankt und der Dialog mit den Piusbrüdern wird in die normalen Verfahrensstrukturen der Glaubenskongregation eingegliedert. Der Papst begründet seine Entscheidung damit, dass die anstehenden Fragen sich auf die Lehre konzentrieren. Und Lehrfragen sind ureigenste Aufgabe der Glaubenskongregation. Zudem heißt es in der Vatikanerklärung, dass sich die Zahlen und das Leben der Gruppen, die den Außerordentlichen Ritus feierten, stabilisiert hätten. Damit braucht es offensichtlich keine eigene Kommission mehr für deren Betreuung.

Stillstand bei den Verhandlungen?

Was den Kontakt zu den Piusbrüdern anbetrifft, scheint es aktuell kaum Bewegung zu geben. Noch immer gelten die Zugeständnisse im Bereich der Seelsorge, die Franziskus den Priestern der Piusbrüder im Rahmen des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit 2016 gemacht hatte. Demnach ist es allen Gläubigen möglich, bei Priestern der Bruderschaft gültig und legitim beichten. Diese dürfen bei Eheschließung gültig assistieren. Damit sind auch wichtige Seelsorgefragen geklärt. In Lehrfragen herrscht seit Jahren Stillstand. Die Piusbruderschaft wählte im vergangenen Sommer mit dem italienischen Priester Davide Pagliarani einen neuen Generaloberen. Der scheint anders als sein Vorgänger, der französische Bischof Bernard Fellay, weniger kompromissbereit zu sein mit Blick auf die kontroversen Lehrfragen. Hier geht es vor allem um die Anerkennung wichtiger Errungenschaften des II. Vatikanischen Konzils wie die Reform der Liturgie, die Anerkennung der Religionsfreiheit sowie die Öffnung der katholischen Kirche für die Ökumene und den interreligiösen Dialog. Schon Benedikt XVI. machte den Piusbrüdern klar, dass Rom hier keine Abstriche macht.

Seit September 2011 liegt der Piusbruderschaft eine „Lehrmäßige Erklärung“ vor. Ihre Unterzeichnung ist für den Vatikan Voraussetzung, um über eine vollständige Integration der Gruppierung in die katholische Kirche zu sprechen. Aus vatikanischer Sicht ist die Sache ausverhandelt. Auch deshalb braucht es keine eigene Kommission mehr.

Anfang vom Ende der Präfektur?

Die zweite Strukturveränderung wirkt auf den ersten Blick wie eine Kleinigkeit, könnte aber der Vorbote von etwas Größerem sein. Papst Franziskus hat die Zuständigkeit für den Chor Cappella Sistina von der Präfektur des Päpstlichen Hauses ins Päpstliche Liturgiebüro verlegt. Das macht durchaus Sinn. Denn letztlich dient der Klangkörper dazu, um die päpstlichen Liturgien musikalisch zu gestalten. Warum soll er dann nicht auch dem Päpstlichen Zeremonienmeister unterstellt sein. Der Chor ist damit organisatorisch am richtigen Ort. Die Frage ist allerdings, ob dies der erste Akt auf dem Weg zur Auflösung der Präfektur des Päpstlichen Hauses ist. Seit einigen Tagen wird in Rom darüber spekuliert, dass Franziskus im Rahmen der Kurienreform die Aufgaben dieser traditionsreichen Einrichtung auf andere vatikanische Behörden verteilen könnte.

Die Präfektur organisiert unter anderem die Audienzen des Papstes, von den Privataudienzen für Bischöfe und Politiker bis zur wöchentlichen Generalaudienz. Diese Aufgabe, so Beobachter, könnte in die Protokollabteilung des Staatssekretariats wandern. Die Organisation der inneritalienischen Reisen, die bisher bei der Präfektur liegt, könnte künftig vom Büro des Päpstlichen Reisemarschalls übernommen werden, der die Auslandsreisen organisiert und auch im Staatssekretariat angesiedelt ist. Bleiben noch die Verwaltung des Apostolischen Palasts und verschiedene andere Dienste, für die sich sicherlich ebenfalls andere Dienststellen finden lassen. Aktueller Chef der Präfektur ist Erzbischof Georg Gänswein, der Sekretär des emeritierten Papstes Benedikt XVI. Der bräuchte dann eine neue Aufgabe.

Die bekam heute übrigens auch der bisherige Sekretär der Kommission Ecclesia Dei, Erzbischof Guido Pozzo. Er wurde zum Verwaltungschef des Chors Cappella Sistina ernannt. Damit hat Papst Franziskus einmal mehr eine Personalentscheidung getroffen, die äußert fragwürdig ist und seine eigenen Vorgaben konterkariert. Die Zeiten sollten eigentlich vorüber sein, in denen Bischöfe Verwaltungschefposten innehaben.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

14 Kommentare

  • Novalis
    19.01.2019, 22:32 Uhr.

    Ecclesia Dei: Die Auflösung ist mehr als richtig. Eine Einigung mit den Piusreaktionären ist sowieso utopisch. Die werden nicht eher ruhen, ehe die katholische Kirche in den Schoß der Piusbruderschaft zurückkehrt. Also nie.
    Pozzo: Und was wäre die Alternative, Herr Erbacher? Soll man den Mann in den Ruhestand schicken vor der Zeit? Natürlich ist die Kritik richtig. Die ganze Kurie sollte wieder das sein, was sie vor 1000 Jahren war: Das Ordinariat der Erzdiözese Rom. Aber das geht von heute auf morgen nur, wenn man die Kurie in die Luft sprengt. Franziskus denkt evolutionär, nicht revolutionär.

  • Student
    19.01.2019, 22:36 Uhr.

    Ja, aber irgendeine Aufgabe muss doch der arme Guido Pozzo noch haben. Er kann doch nicht bloß Messen feiern und ansonsten rumsitzen und Däumchen drehen…

    • Novalis
      21.01.2019, 9:13 Uhr.

      Es gibt genügend Bischöfe im Vatikan, die genau das tun. In der Regel sind das die pastoral Unverträglichen. Irgendwas muss der Vatikan ja machen mit Leuten, die den Gemeinden schaden. So hat zB niemand Gerhard Ludwig Müller nachgetrauert, außer seinem Generalvikar.

  • Silberdistel
    21.01.2019, 8:09 Uhr.

    Es ist doch immer wieder interessant zu erfahren, wie auf dem Rücken der Friedensbotschaft Jesu, damit letztlich auf Seinem Rücken, recht egoistische Konflikte ausgetragen werden. So als wolle der Mensch ´Gott´ dazu zwingen in sein menschliches Schema zu passen.

  • YALOB
    21.01.2019, 10:07 Uhr.

    Welches Alter hat Guido Pozzo?

    • Jürgen Erbacher
      Jürgen Erbacher
      21.01.2019, 19:45 Uhr.

      Erzbischof Pozzo ist 67 Jahre alt.

      • Alberto Knox
        22.01.2019, 9:20 Uhr.

        ruhestandsalter

        • Heilbründl
          23.01.2019, 1:41 Uhr.

          für vatikanische Verhältnisse durchaus noch nicht!

  • Wanda
    21.01.2019, 20:35 Uhr.

    Angesichts dessen, dass endlich ein (wenn auch protestantischer) Geistlicher, die Christenverfolgung vor allem in islamischen Ländern beklagt, deutlich anspricht und davor warnt, all das nur aus falsch verstandener political correctness weiterhin zu übergehen oder gar zu unterschlagen, kommen mir die internen Querelen des röm.-kath. Klerus wie hartleibige Probleme im Unterbauch der Amtskirche vor…

    • Jürgen Erbacher
      Jürgen Erbacher
      22.01.2019, 9:52 Uhr.

      Das Thema Christenverfolgung und die Forderung nach Religionsfreiheit gerade auch für die Christen gehört zu den Dauerthemen von Papst Franziskus. Immer wieder spricht er es in unterschiedlichsten Kontexten an. Zuletzt etwa prominent beim Urbi et orbi an Weihnachten.

      • Wanda
        22.01.2019, 18:42 Uhr.

        Tut mir leid, Herr Erbacher, aber die Bemühungen von Franziskus bei seinen Treffen mit hochrangigen Vertretern der Islamischen Religion ähneln bisher jedenfalls eher einer Appeasement-Politik und die brüderlichen Umarmungen bei diesen Treffen sind absolut fehl am Platze, weil sie unzutreffend eine nicht vorhandene Harmonie suggerieren…
        Dieses Appeasement-Verhalten kann man übrigens auch bei Kardinal Marx (und Bedford-Strohm) beobachten. Vollkommen realitätsfremd und devot…

        • Jürgen Erbacher
          Jürgen Erbacher
          23.01.2019, 7:16 Uhr.

          Hinter diesen Bildern steckt aus päpstlicher Sicht eine klare Botschaft: Auch wenn wir unterschiedlicher Überzeugung sind, ist es möglich, friedlich miteinander umzugehen und sich im Dialog zu begegnen. Gewalt hat hier keinen Platz im Verfältnis von Religionen.

          • Wanda
            27.01.2019, 18:55 Uhr.

            Herr Erbacher 23.01 07:16
            – Richtig! Warum aber spricht Franziskus das bei diesen Treffen nicht offen an ?
            Die höchsten geistlichen Führer der islamischen Welt brüderlich zu umarmen, während deren Nachgeordnete religiös positive Gutachten zu Tode-Fatwas gegen Abtrünnige und angebliche Feinde erstellen bzw. verhängen, das spricht aber ein gänzlich andere Sprache…

  • neuhamsterdam
    22.01.2019, 17:41 Uhr.

    „[…] und verschiedene andere Dienste, für die sich sicherlich ebenfalls andere Dienststellen finden lassen. Aktueller Chef der Präfektur ist Erzbischof Georg Gänswein, der Sekretär des emeritierten Papstes Benedikt XVI. Der bräuchte dann eine neue Aufgabe.“
    Obigen Absatz rückwärts betrachtet, scheint es wie eine Lex Gänswein.
    Wenn er Sekretär von Benedikt ist, dann ist er doch auch weiterhin beschäftigt. „Seht die Lilien auf den Feldern, sie säen nicht und sie ernten nicht und doch ernährt sie der Herr.“

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