Ein kleiner ökumenischer Fortschritt

Es war dann doch spannend in diesen Tagen bei der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Ingolstadt. Das lag nicht nur am neuesten Finanzskandal, der sich im gastgebenden Bistum Eichstätt abspielt. Viele Beobachter waren sich nicht sicher, ob die Bischöfe sich bei der Öffnung der Kommunion für evangelische Ehepartner würden einigen können. Eine emotionale Debatte soll es gewesen sein bis zum Schluss. Doch dann entschied sich eine „satte Zweidrittel-Mehrheit“, wie zu hören war, für das vorgelegte Papier. Die beiden Kommissionen für Ökumene und Glauben der Bischofskonferenz hatten im vergangenen halben Jahr intensiv daran gearbeitet. Veröffentlicht werden soll es erst in einigen Wochen. Kardinal Reinhard Marx zeigte sich am Donnerstagmittag erleichtert über den Ausgang der Beratungen in diesem Punkt. „Viele warten darauf“, erklärte der Konferenzvorsitzende. Details nannte er nicht. Energisch wirkte er bei einem anderen Punkt: den Finanzen. Einmal mehr bestimmte das Thema die Beratungen der Vollversammlung. Marx hofft, dass nun endlich die letzten Skeptiker überzeugt sind, dass entschiedenes Handeln notwendig ist. Es braucht einheitliche Standards, mehr Transparenz und unabhängige Kontrollmechanismen, damit die katholische Kirche in Deutschland endlich aus den Negativschlagzeilen herauskommt.

Thema in Ingolstadt war auch die bevorstehende Bischofssynode zum Thema Jugend. Drei DBK-Bischöfe werden im Oktober in Rom dabei sein. Mitte März gibt es bereits eine „Vor-Synode“. Daran nehmen mehrere junge Erwachsene aus Deutschland teil. (Quelle: Erbacher)

Transparenzoffensive nach der Transparenzoffensive

Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke hatte seinen Mitbrüdern ausführlich geschildert, wie es zum jüngsten Skandal kommen konnte. Ein inzwischen entlassener Mitarbeiter hatte fast 50 Millionen Euro in ungesicherte Darlehen im US-Immobilienmarkt investiert. „Das können wir nicht mehr aufschieben“, betonte DBK-Chef Marx heute und kündigte an, dass schon beim nächsten Ständigen Rat konkrete Vorschläge auf dem Tisch liegen sollen, wie die Reform des Finanzenwesens aussehen soll. Dabei geht es auch um die Frage einer Neuordnung des Finanzausgleichs unter den Diözesen. Bisher werden die Bistümer im Osten Deutschlands (Dresden-Meißen, Erfurt, Görlitz, Magdeburg) über einen sogenannten „Strukturbeitrag“ mit jährlich 57 Millionen Euro von den Westbistümern unterstützt. Dieser Beitrag soll bis 2020 auf 40 Millionen absinken. Nun gibt es aber zunehmend Bistümer im Westen, die in eine finanziell schwierige Zukunft blicken. Das Erzbistum Hamburg hatte vor wenigen Monaten angekündigt, aufgrund wachsender Schuldenberge bis zu acht der 21 Schulen schließen zu wollen. Weitere Kürzungsmaßnahmen sollen folgen. Die Frage nach einem Finanzausgleich wird unter den Bischöfen kontrovers diskutiert. Man will auch kein Bistum dazu verleiten, durch fest zugesagte Ausgleichszahlungen auf Dauer über seine Verhältnisse zu leben. Die Gespräche könnten daher schwierig werden.

Das waren sie auch im Blick auf die neue „pastorale Handreichung“ zum Thema „Konfessionsverschiedene Ehen und gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie“. Im vergangenen Herbst sah es noch so aus, als könnten sich die Bischöfe nicht auf eine einheitliche Linie verständigen. Doch der Druck der Basis war groß. In vielen Gemeinden wird seit langer Zeit bereits das praktiziert, was die Bischöfe jetzt nach einem zähen Ringen offiziell erlauben. Dennoch ist das Placet der Amtskirche wichtig. Es wird damit erstmals konkret für eine größere Personengruppe ausgeführt, was im Kirchenrecht als Ausnahmefall (can. 844) beschrieben ist und auch schon von Papst Johannes Paul II. in seiner Ökumeneenzyklika Ut unum sint (46) angemerkt worden war. Wichtig ist dabei, dass die Betreffenden das Sakramentenverständnis der katholischen Kirche teilen.

Mutige Schritte in der Ökumene notwendig

Wie schon bei der Frage nach der Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene kann der Kommunionempfang für nicht-katholische Christen nur in Einzelfällen und nach sorgfältiger Abwägung erfolgen. Einmal mehr sind die Seelsorgerinnen und Seelsorger gefordert, die Betroffenen auf dem Weg der Entscheidungsfindung zu begleiten. Die Bischöfe orientieren sich in der aktuellen Frage an Amoris laetitia. Damit wird deutlich, dass dieses Dokument durchaus einen normativen Charakter hat. Es zeigt Wege auf, wie mit pastoralen Situationen konkret zu verfahren ist. Was die Bischöfe nun auf die konfessionsverschiedenen Ehen angewendet haben, lässt sich auch noch auf andere Bereiche anwenden. Damit wird auch verständlich, warum die Katholiken, die sich keine Veränderungen in der Kirche wünschen, Amoris laetitia als einen Art Sündenfall sehen und den Papst zu Korrekturen auffordern wollen.

Die deutschen Bischöfe betonen ausdrücklich, dass es sich bei ihrem Papier um eine „pastorale Handreichung“ handelt und nicht um ein dogmatisches Papier. Damit umgehen sie zum einen, dass bei der Verabschiedung eine Einstimmigkeit notwendig ist, die sie mit Sicherheit nicht hätten erreichen können. Damit umgehen sie aber auch, dass das Papier von Rom abgesegnet werden muss. Es wird dennoch spannend sein, welche Reaktionen aus der Römischen Zentrale kommen werden. Erst am Freitag war ein Brief bekannt geworden, den Papst Franziskus dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, im Nachgang zum Reformationsjubiläum geschickt hatte. Darin schreibt Franziskus: „Ausgehend vom Jahr des gemeinsamen Reformationsgedenkens ist das Gebot der Stunde, das gemeinsam Erreichte zu vertiefen und weiter voranzuschreiten.“ Das nun verabschiedete Papier der katholischen Bischöfe ist ein wichtiger und richtiger Schritt. Weitere werden aber folgen müssen. Dazu haben DBK und EKD beschlossen, eine Kommission einzurichten, „die Ideen zur Zukunft der Ökumene in Deutschland und zu konkreten Schritten entwickeln soll“. Vor allem mutige Schritte wären zu wünschen.

Ein kontroverses Thema, das in den vergangenen Wochen in den Medien diskutiert wurde, stand in Ingolstadt nicht auf der Tagesordnung: die mögliche Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Der stellvertretende Vorsitzende, Bischof Franz Josef Bode, hatte mit einem Zeitungsinterview die Debatte angestoßen. Anfang Februar war dann in den Medien zu hören, auch der Konferenzvorsitzende Kardinal Reinhard Marx könne sich eine solche Segnung vorstellen. Zum Auftakt der Vollversammlung erklärte Marx am Montag, er habe sich nie dafür ausgesprochen. Unabhängig davon, wie seine Position konkret aussieht, wurde bei Gesprächen am Rande der Vollversammlugn deutlich, dass dieses Thema durchaus viel Sprengkraft besitzt und es sicherlich noch viel Zeit braucht, bis es hier zu einer Entscheidung kommt. Erfreulich ist allerdings, dass es möglich scheint, dieses Thema ohne große Polemik und Verletzungen zu diskutieren. Unrühmliche Ausnahme war vor wenigen Tagen der emeritierte Salzburger Weihbischof Andreas Laun, der mit einem KZ-Vergleich für heftige Reaktionen gesorgt hatte und unter anderem vom Wiener Kardinal Christoph Schönborn heftig kritisiert worden war.

P.S. Mehr Informationen zur Vollversammlung gibt es auch bei heute.de.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

4 Kommentare

  • Novalis
    23.02.2018, 0:37 Uhr.

    Das Eucharistieverständnis hat im Grunde Lutherische und Katholiken noch nie getrennt; den Unterschied zwischen Konsubstantiation und Transsubstantiation können vermutlich nicht mal die Bischöfe darlegen. Von der Realpräsenz Christi unter den Gestalten von Brot und Wein war Luther jedenfalls überzeugt, nicht weniger als Thomas von Aquin; alles andere sind theologische Nebensächlichkeiten. Wer also überzeugt ist, dass ihm oder ihr in der Messe Christus gereicht wird, der soll ihn empfangen; wer nicht davon überzeugt ist: warum will er ihn empfangen?
    So schön dieser Beschluss ist: Man hätte ihn schon lange haben können.

    Transparenz: Haben eigentlich schon alle Bistümer ihre Finanz-Daten offengelegt? Wissen Sie welche noch fehlen?

    Laun: Mei, was will man denn von so jemandem erwarten? Der hat ja zum FPÖ-Wählen aufgerufen. Da weiß man doch, das sojemand in Neonazinähe steht.

  • Silberdistel
    23.02.2018, 10:56 Uhr.

    „In vielen Gemeinden wird seit langer Zeit bereits das praktiziert, was die Bischöfe jetzt nach einem zähen Ringen offiziell erlauben“ Zitatende.
    War schon immer so, zumindest in der Neuzeit, das sich die Basis der Gläubigen primär vor dem eigenen Gewissen und letztlich vor Gott zu verantworten wußten und nicht vor der jeweiligen Kirchennomenklatura. Und in den Glaubensbrüdern und -schwestern anderer christlicher Konfessionen eben solche sahen und nicht die Konkurrenz für den Einzug in den Himmel. Ohne diesen stetigen Basisdruck hätte sich die meist vom wirklich real existierenden Leben abgehobene Kurie auch niemals zu Reformen durchringen können. Die Herde scheint halt oftmals näher dran als ihre Hirten selbst, insbesondere wenn man sich die chronischen Skandale jener anschaut. Vielleicht sollte man sich künftig noch viel mehr an Fragebogenaktionen orientieren, als an Auffassungen fossiler Eminenzen und Monsignores?!
    Was finanzielle Schieflagen in der Kirche anbelangt, so können die sich auch nur bei vollkommener Unkenntnis der Reden des Christus über den Mammon und dessen Versuchungen, entfalten wie die Sumpfblüten im Sumpf. Und ist man mit dem Thema denn nicht schon wieder beim Versagen der Kirchennomenklatura angekommen?! So ist durchaus vorstellbar, das sich die hl. Dreifaltigkeit schenkelklopfend eins lacht, wenn man sich derart dumm und letztlich nur dreist und gierig, auf Spekulationsgeschäfte einlässt. Wer geht denn auch schon in die Kirche um dort Gold zu bewundern.

  • Wanda
    23.02.2018, 15:00 Uhr.

    Das ist also das was man unter Fortschritt versteht ? Die Äusserungen der röm.-kath. Amtskirche in DEU, speziell mit Kardinal Marx, sind schon etwas wirr, so nach dem Motto „Mögen täten wir schon wollen, aber dürfen haben wir uns nicht getraut“ (Karl Valentin).
    Liegt möglicherweise daran, dass Marx wie K. Valentin in München residiert. Das mag abfärben…

  • Erasmus
    03.03.2018, 2:21 Uhr.

    Es gibt einen Fortschritt in der katholischen Kirche, und der ist in dem päpstlichen Schreiben „Amoris laetitia“ zu finden. Kardinal Marx gehört zu den Wegbereitern der neuen Linie, und er ist Unterstützer von Papst Franziskus. Am 03.02. interviewte der BR den Kardinal, um eine Art Resümee nach 10-jähriger Amtszeit in München zu ziehen.
    Interviewerin:
    Katholiken würden sich wünschen, „dass die Kirche ja sagt zu homosexuellen Paaren …“
    Marx:
    „Wir müssen stärker versuchen, Menschen in ihren konkreten Lebenssituationen zu begleiten … dass wir hier auch seelsorglich näher an den Menschen dran sind, die die Seelsorge brauchen … muss man ermutigen dazu, dass die Priester und Seelsorger den Menschen in den konkreten Situationen auch einen Zuspruch geben.“
    Aus dem „Zuspruch geben“ machte beispielsweise die FAZ die Headline „Kardinal Marx stellt Segnung homosexueller Paare in Aussicht.“ Im Kontrast dazu wird im Artikel richtigerweise konstatiert: „… eine generelle Freigabe für eine kirchliche Segnung homosexueller Paare lehnt er (Marx) weiterhin ab.“
    Das Problem liegt nicht bei Kardinal Marx, sondern bei medial erzeugten „alternativen Fakten“.

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