Der Papst in Asien – Tag 4
Zum Abschluss seines Besuchs in Myanmar hat Papst Franziskus sich heute mit den Jugendlichen des Landes getroffen. Er forderte sie auf, selbstbewusst als Christen zu leben und sich angesichts von Ungerechtigkeit, Armut und Elend nicht entmutigen zu lassen. „Ihr seid eine gute Botschaft“, rief er ihnen zu und zwar für die Kirche und Myanmar. Das Land brauche ihren Einsatz für Menschenrechte, für Gerechtigkeit „und für das Wachstum dessen, was Jesus schenkt: Liebe und Frieden“. Das war der Seelsorger Franziskus, der die Jugendlichen, die angesichts von mangelnder Arbeit und Zukunftsperspektiven, versuchte aufzubauen, der ihnen sagt: „Ihr seid wichtig und der Papst zählt auf euch!“ Bei seiner Ankunft in Bangladesch war er dann wieder ganz Politiker. Eindringlich forderte er Religionsfreiheit ein. Er erinnerte an den ersten Präsidenten des Landes, Scheich Mujibur Rahmann, und die Verfassung: „Sie hatten eine moderne, pluralistische und inklusive Gesellschaft vor Augen, in der jeder Mensch und jede Gemeinschaft in Freiheit, Frieden und Sicherheit leben kann und in der die angeborene Würde und die Gleichheit der Rechte aller respektiert werden.“ Zugleich würdigte er den Einsatz Bangladeschs für die Rohingya und forderte internationale Unterstützung in der Sache für das Land.
Papst will mutige Minderheit
Die Feier in der Kathedrale von Rangun dürfte einer der emotionalsten Momente des Besuchs gewesen sein. Die Jugendlichen hatten Stunden in und vor der Kirche auf den Papst gewartet. Beim Einzug des Pontifex herrschte respektvolle Stille, wie es sie bei solchen Gelegenheiten bisher kaum gegeben hatte. Ergreifend die Gesänge der Jugendlichen beim Gottesdienst. Anders als bei der großen Messe gestern, war heute etwas mehr von der Fröhlichkeit zu spüren, die die Menschen hier auf den Straßen im Alltag versprühen.
Drei konkrete Anliegen hatte Franziskus an die Jugendlichen. Heute gebe es “vielerlei Geräusche und Ablenkungen“, so dass es für die Menschen schwer sei, von Gott zu hören. Daher brauche es „authentische Personen“, damit die Botschaft quasi erlebbar wird. Dabei blieb der Papst ganz realistisch. Auch die Heiligen wie Andreas hätten Fehler gemacht. „Habt auch Ihr keine Angst davor, aus euren Fehlern zu lernen!“ Wichtig sei, eine enge Beziehung zu Jesus im Gebet, so Franziskus. Und man brauche Geduld. Als zweites versuchte er den Jugendlichen die Angst zu nehmen, „Durcheinander zu verursachen und Fragen zu stellen, die die Leute zum Nachdenken bringen!“ Selbst die Erfahrung, nur eine kleine Gruppe zu sein, dürfe keine Angst machen. „Das Evangelium wächst immer aus kleinen Wurzeln.“ Sie sollten sich bemerkbar machen, forderte Franziskus die Jugendlichen auf. „Ich möchte euch bitten zu schreien – aber nein, nicht mit der Stimme – ich möchte, dass ihr mit dem Leben schreit, mit dem Herzen, so dass ihr Zeichen der Hoffnung seid für die Mutlosen, eine ausgestreckte Hand für den, der krank ist, ein einladendes Lächeln für den, der fremd ist, eine zuvorkommende Stütze für den, der alleine ist.“
So stellt sich Franziskus eine „missionarische Kirche“ vor. Er ermutigt sie, selbst in einer Minderheitensituation selbstbewusst aufzutreten. Dabei gilt es „nicht, sich mit eigenen Kräften nach vorn zu stürzen“, sondern „gesandt zu sein [bedeutet]: Christus zu folgen“. Jeder solle seine Berufung leben, ob als Priester, in einem Orden oder in der Familie. Entscheidend sei, „seid mutig, seid großzügig und vor allem seid fröhlich!“ Bei den Jugendlichen in Rangun kam das an.
Papst fordert Religionsfreiheit
Ob die politisch Verantwortlichen in Dhaka ebenso zufrieden sind mit den Worten des Papstes, ist nicht so klar. Denn Franziskus war durchaus auch beim Einstand in Bangladesch deutlich aber freundlich. Gleich mehrfach mahnte er beim Treffen mit Vertretern aus Politik, Gesellschaft und Diplomatischem Korps die Möglichkeit zur freien Religionsausübung an. Er brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, „dass die katholische Gemeinde im Einklang mit dem Wortlaut und dem Geist der nationalen Verfassung weiter die Freiheit genießen wird“. Im Kontext seiner Würdigung des interreligiösen Dialogs hatte er bereits betont, dass das „Klima des gegenseitigen Respekts“ es den Gläubigen auch erlaube, „ihre tiefsten Überzeugungen über die Bedeutung und das Ziel des Lebens frei zu äußern“. Er spielte auch auf die zunehmenden extremistischen Übergriffe im Land an. Er verurteilte einen Missbrauch von Religion, um Spaltung zu schüren, als skandalös. Wie schon in Myanmar sprach Franziskus auch in Bangladesch von einer „legitime Verschiedenheit“ in der Gesellschaft. Die müsse anerkannt werden, könne ein Land „die Spaltungen versöhnen, einseitige Sichtweisen überwinden und die Gültigkeit abweichender Standpunkte anerkennen“.
Franziskus forderte von der internationalen Gemeinschaft „entscheidende Maßnahmen im Hinblick auf die ernste Krise“ der Rohingya-Flüchtlinge aus dem benachbarten Myanmar. Der Papst vermied erneut den Begriff Rohingya und sprach von den Flüchtlingen „aus dem Staat Rakhine“. Er sprach von der „vorläufigen Unterkunft“ dieser Menschen in Bangladesch. Damit dürfte die vatikanische Position klar, sein, dass die Menschen wieder in ihre Heimat in Myanmar zurückkehren können müssen. Neben einer sofortigen „materiellen Hilfe“ der internationalen Gemeinschaft für Bangladesch, müssten die „politische Fragen“ gelöst werden, „die zur Verschiebung von Menschenmassen geführt haben“. Franziskus sieht als in dem Konflikt zwischen der Regierung Myanmars und den Rohingyas keinen religiösen Konflikt.
Papst schweigt zur Situation der Arbeiter
Interessant ist, dass Franziskus die prekäre Situation vieler Arbeitsverhältnisse nicht angesprochen hat. Wo doch die „moderne Sklaverei“ und die Arbeitsausbeutung zu den zentralen Themen des Pontifikats gehören. Hier hätte er durchaus auch positive Worte finden können, denn die Behörden in Bangladesch sind seit dem verheerenden Unglück von Sabhar 2013 versucht die Regierung höhere Arbeitsstandards durchzusetzen. Damals waren beim Einsturz eines Gebäudes, in dem sich mehrere Textilfabriken befanden, mehr als 1100 Menschen getötet und mehr als 2400 verletzt worden. Dennoch ist die Situation nach wie vor schwierig. Ende vergangenen Jahres wurden nach einem zweiwöchigen Streik nach offiziellen Angaben mehr als 1.500 Arbeiter, nach Gewerkschaftsangaben mehr als 3000 Arbeiter entlassen. Die Streikenden hatten eine Erhöhung des Mindestlohns von umgerechnet rund 64 Euro auf 195 Euro gefordert. Es gäbe also durchaus Anlass für den Papst, hier etwas zu sagen. Zwei Tage bleiben ihm noch Zeit dazu.