Papst: Kardinäle sind keine Fürsten
Die katholische Kirche hat fünf neue Kardinäle. Papst Franziskus nahm heute Nachmittag fünf Bischöfe in den Senat der Kirche auf. Dabei mahnte er die neuen Purpurträger, ihre Aufgabe sei es, so wie Jesus und mit ihm zu dienen. Es gehe darum, die Wirklichkeit wahrzunehmen und sich nicht durch „andere Sichtweisen ablenken zu lassen“. Die kurze Predigt des Papstes zeigte einmal mehr, dass für Franziskus der Dienst an Gott durch den Dienst am notleidenden Menschen passiert. Die Wirklichkeit seien die Unschuldigen, „die aufgrund von Kriegen und Terrorismus leiden und sterben“; sei die Sklaverei, „die nicht aufhört, die Würde des Menschen auch im Zeitalter der Menschenreche zu leugnen“; die Wirklichkeit sei jene der Flüchtlingslager, „die zuweilen mehr einer Hölle als einem Fegefeuer ähneln“; die Wirklichkeit sei „die systematische Entsorgung all dessen, was nicht mehr gebraucht wird, und seien es Menschen“. Bischöfe, die in solchen Situationen ihre Stimme erheben oder deren Gläubige, und sei die Herde auch noch so klein, in solchen Situationen leben, werden unter Franziskus zu Kardinälen erhoben. Das Kardinalat wird in erster Linie zur moralischen Unterstützung. Franziskus scheint weniger den Aspekt des Beratens im Blick zu haben. Mit den fünf neuen verschieben sich die Stimmenverhältnisse erneut, wenn auch nur gering, weiter in Richtung der südlichen Halbkugel.
Europas Vormacht schwindet weiter
Nur noch 44 Prozent der Papstwähler kommen künftig aus Europa, das sind 53 von 121 Kardinälen. Afrika und Asien werden künftig mit je 15 Kardinälen (je 12 Prozent) vertreten sein, Ozeanien mit vier Kardinälen (3 Prozent), Nordamerika mit 17 Kardinälen (14 Prozent) sowie Mittel- und Südamerika ebenfalls mit insgesamt 17 Kardinälen. Mit dem heutigen Konsistorium hat Franziskus 49 der aktuell 121 wahlberechtigten Kardinäle ernannt. In ein Konklave würden zudem 53 Purpurträger aus dem Pontifikat von Benedikt XVI. und 19 aus dem von Johannes Paul II. einziehen. Damit haben die „franziskanischen“ Kardinäle noch keine Mehrheit. Dies führte in den vergangenen Wochen zu Spekulationen, der Papst könnte eine Aufstockung des Wahlgremiums auf bis zu 150 Kardinäle vornehmen, um sozusagen sein Erbe zu sichern. Immerhin werden die nächsten Plätze erst wieder frei ab Februar 2018. Insgesamt vollenden dann bis Juni 2018 sieben Kardinäle ihr 80. Lebensjahr. Da wird sich Franziskus also unter Umständen etwas einfallen lassen müssen, wenn er dem Kardinalskollegium weiter seinen Stempel aufdrücken möchte. Doch bisher gibt es keine Anzeichen für eine Aufstockung.
Alle neuen Kardinäle anwesend
Beim Konsistorium heute waren alle fünf neuen Kardinäle anwesend. Bis zuletzt war unklar, ob der Erzbischof von Bamako, Jean Zerbo, kommen wird. Laut einem Bericht der Zeitung „Le Monde“ soll die Malische Bischofskonferenz umgerechnet rund 12 Millionen Euro auf Privatkonten in der Schweiz haben. Für die Anlage soll seinerzeit Zerbo verantwortlich gewesen sein. Die Malische Bischofskonferenz hatte die Anschuldigungen zurückgewiesen. Für eine abschließende Beurteilung fehlen viele Informationen. Zu bedenken ist auch, dass gerade in Ländern, in denen Bürgerkrieg herrscht oder es kaum eine Infrastruktur gibt, Institutionen wie die Kirche Geld im Ausland verwahrte, um es dem unberechtigten Zugriff etwa staatlicher Stellen zu entziehen, und zuverlässig Zahlungen vornehmen zu können.
Mit Anders Arborelius wird erstmals ein Bischof aus Schweden Kardinal. Mit dem Weihbischof von San Salvador, Gregorio Rosa Chávez, ehrt Franziskus indirekt auch den ermordeten Erzbischof Oscar Romero. Chávez war Mitarbeiter des 1980 ermordeten Romero und ist einer der wichtigsten Führsprecher der Heiligsprechung des salvadorianischen Märtyrers. Mit Louis-Marie Ling Mangkhanekhoun, dem Apostolischen Vikar von Paksé in Laos, gibt es einen weiteren Kardinal aus einem Land, in dem die Katholiken eine kleine Minderheit darstellen. Franziskus wählt also nicht unbedingt nach Größe und Katholikenzahl aus. Ihm scheint es wichtig zu sein, dass möglichst viele Regionen und Lebenswirklichkeiten im Kardinalskollegium vertreten sind. Einziger Kardinalspurpur für einen „traditionellen“ Kardinalssitz gab es heute für den Erzbischof von Barcelona, Juan José Omella.
Auffallend war bei der Zeremonie im Petersdom, dass die Reihen licht waren, sowohl unter den Kardinälen als auch bei den Gläubigen. Es waren nur wenige neue Kardinäle, daher erklären sich vielleicht die lichten Reihen unter den Gläubigen; aber auch bei den Kardinälen waren nur gut 90 der 220 Purpurträger zum Gottesdienst in den Petersdom gekommen. Das dürfte zum einen damit zusammenhängen, dass das Konsistorium während der Woche stattfindet. Es dürfte für viele Kardinäle aber auch schlicht eine Frage des Aufwands gewesen sein. Einmal mehr nutzte Franziskus das Konsistorium nicht, um sich mit den Kardinälen zu beraten. Das bedeutet zugleich auch, dass den Kardinälen die Möglichkeit fehlt, sich gegenseitig kennenlernen. Das war immer ein guter Nebeneffekt der Beratungstage bei früheren Konsistorien und in seinem Wert nicht zu unterschätzen. Denn schließlich müssen die Purpurträger eines Tages aus ihren Reihen den neuen Papst wählen. Franziskus hat bisher zweimal ein Konsistorium zur Kreierung neuer Kardinäle mit Beratungen verbunden: Im Februar 2014 ging es um das Thema Ehe und Familie, ein Jahr später um die Kurienreform.
21 Kommentare
Mit zusammen 58 Prozent liegen Europa und Nordamerika, also die Kardinäle aus der westlichen Welt, immer noch vorne.
Dass den Kardinälen nun eine Möglichkeit genommen wurde, sich persönlich kennen zu lernen, halte ich für einen großen Fehler vor allem hinsichtlich einer späteren Papstwahl, aber auch sonst.
Mit zusammen 58 Prozent liegen Europa und Nordamerika, also die Kardinäle aus der westlichen Welt, immer noch vorne.
Diese prozentuelle Verteilung der „Wahlmänner“ ist ohne jede Frage durchaus noch den tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen; aber wie so manches mag hier auch der Grundsatz „man muss der Zeit Zeit lassen“ seine gewisse Berechtigung haben. Wenn man bedenkt, dass beim Konklave von 2013 die „europäisch-atlantische“ Kardinalsgruppe 65 % der gesamten Wählerschaft umfasste, dann kam es hier auch zu Veränderungen, die sich in den nächsten Jahren fortsetzen werden. Beispielsweise stammen von den obenerwähnten sieben Kardinälen, die 2018 ihr Wahlrecht verlieren werden, bis auf einen alle aus Europa.
Es heißt in einer älteren Schrift, die Priester seien zwischen den Engeln und den Menschen verortet, um als Mittler das wahrhaftige Gottes- und Friedensreich auf Erden zu errichten. Dabei ist es per se auch vollkommen schnurz, aus welcher Ecke des Globus die Priester kommen, wenn denn schon der ganze Globus geheilt werden soll. Das Christentum hat sich zu postjesu Zeiten aus dem Judentum heraus, ja ohnehin hauptsächlich in solche Länder ergossen, die für die zeitgenössischen Juden vollkommene Exoten waren, wie etwa das heutige Europa mit seinen damaligen und heutigen Wilden.
Für das Gottesreich zu arbeiten bedeutet jedoch, sich selbst schon auf einem sehr hohem christlichen Niveau zu bewegen. – Zu hoffen ist nur, das das allen Priestern/Mittlern bekannt und vor allem bewußt ist und sie als Seilschaft letztlich alle an einem Strang ziehen. Ob pro oder contra jeweiligem Papst ist in der Sache, Gottes ´Sache´, dabei irrelevant. Denn letztere gehen, doch ´Gott´ bleibt mit den Menschen.
PS: Im Kontrast zu meinem o.g. formulierten Anspruch, die zuverlässig auftretende bittere Realität aus jenen Reihen: Das sich z.B. aktuell in Melbourne der ranghohe Kurienkardinal, Vatikan-Finanzchef sowie Papstvertrauter George Pell; gerichtlich wegen sexuellen Missbrauch von minderjährigen Jungen verantworten darf.
Dazu morgen mehr. Heute reicht leider die Zeit nicht mehr.
Ernsthaft gefragt:
– kann sich jemand von den hier Diskutierenden Jesus in der Gesellschaft dieser Kardinäle überhaupt (bildlich) vorstellen ?
nein, und das habe ich mir schon gedacht bei dem konsistorium, in dem rührige, vernünftige und gute kardinäle wie lehmann und kasper aufgenommen wurden.
Habe es öfter geschrieben: meine unerschütterlich gläubige Mutter hielt wenig von der Priesterkaste und betonte immer „wenn ich etwas mit meinem Gott auszumachen habe, dann tue ich das persönlich“ (und sie hatte aufgrund ihres schweren Lebens so manchen Grund dazu).
– Glaubt denn wirklich jemand von den hier Diskutierenden, ein Gott, dem man ua. die Attribute „allmächtig, allwissend und allgegenwärtig“ zuschreibt, bräuchte einen Vermittler als Kontakt zu seinen Gläubigen ? Das wäre mit dem Wort Widerspruch ja wohl noch sehr dezent umschrieben…
– Zum Thema Kardinals-Diskussion und -Geschichte: es wurden recht zahlreich männliche Kinder (fast immer Verwandte) von den Päpsten in den Kardinalsrang erhoben, und zwar noch bis in´s Zeitalter der Vernunft. Der Grund dazu war sicherlich nicht, fähige Berater an der päpstlichen Seite zu haben. Da verweigerte sich sogar der Hl. Geist…
„Denn schließlich müssen die Purpurträger eines Tages aus ihren Reihen den neuen Papst wählen.“
Das ist kirchenhistorisch und kirchenrechtlich falsch. Wählbar ist jeder gültig getaufte Mann.
Es ist zwar schon länger her (1378, und das war keine segensreiche Wahl), dass ein Nichtkardinal gewählt wurde (dass der neugewählte zwar Kardinal, aber kein Bischof war kam noch im 19. Jahrhundert vor). Aber die Kardinäle sind absolut frei, auch einen Nichtkardinal zu wählen.
De facto wählen sie aus ihren Reihen einen Papst. Das war mit der Aussage intendiert. Das jeder katholische Mann gewählt werden kann, der die Voraussetzungen für eine Priester- und Bischofsweihe besitzt, ist korrekt, aber in der Praxis eher unwahrscheinlich.
Es ist offensichtlich, dass Franziskus mit der gestrigen Kardinalsernennung seiner Gewohnheit treu bleibt und das Kollegium zumindest einmal im Jahr nach eigenen Vorstellungen ergänzt. Der Termin mochte sich aus dem Umstand ergeben, dass 2017 – mögliche Todesfälle ausgenommen – die Anzahl der heute wahlberechtigten Kardinäle unverändert bleibt. Die Frage einer Vergrößerung des Wahlkollegiums, wie es sie nach den Kardinalsernennungen von 2001 und 2003 unter JP II. gab, als die Anzahl der Wahlberechtigten zwischenzeitlich auf eine Gesamtzahl von 135 angewachsen war, steht meiner Ansicht nach wohl eher außer Frage. Franziskus überschritt bei seinen bisherigen Berufungen neuer Kardinäle, das von Paul VI. festgelegte Limit von insgesamt 120 Mitgliedern eines zukünftigen Konklaves zwar konstant, allerdings immer nur geringfügig (2014 gab es 122 „Wahlkardinäle“, 2015 waren es 125, sowie 2016 und 2017 dann 121).
Gerade aus diesem Grund erscheint mir die im Beitrag erwähnte Möglichkeit einer Erweiterung des Wahlkollegiums auf 150 als reine Spekulation; in seiner bisherigen Haltung ist es Franziskus ganz offensichtlich daran gelegen, es bei den „Rahmenbedingungen“ der Teilnehmerzahl zu belassen, dafür jedoch für eine allmähliche Neuausrichtung der Proportionen zu sorgen. Was das bedeutet, lässt sich an statistischen Fakten ablesen; hier möge man nur darauf hinweisen,dass es seit dem Konklave 2013 zu einem Zuwachs der Herkunftsländer der Kardinäle von insgesamt 25 % kam.
Zum Thema Kardinäle habe ich eine Frag:
Im Juli jährt sich zum 5. Mal die Ernennung von Kardinal Müller zum Glaubenspräfekt.
Weiß man schon, ob er in diesem Amt bestätigt wird oder ob der Papst eine andere Verwendung für ihn hat?
Ich vermute, dass das nicht nur mich brennend interessiert.
eben habe ich die nachricht erhalten, unser franz habe den müller nicht verlängert. wenn dem so ist, dann ist das gleich die zweite wirklich gute nachricht an diesem tag.
Ja du meine Güte, Knox!
Mit diesem „eben habe ich die nachricht erhalten“ wollen Sie wohl wieder mit irgendwelchen besonderen Beziehungen zu ich weiß nicht wem angeben, damit alle hier nur ja wissen, dass Sie enge Beziehungen zu informierten „Kreisen“ haben und deshalb immer im Recht sind. Nun, wenn man in diverse einschlägige Blogs reinschaut (besonders italienische, aber nicht nur), dann merkt man, dass diese „die nachricht“ schon deutlich früher als Sie erhalten haben. Könnte es sein, dass Sie einfach nur diese Blogs durchforsten, um dann die Dinge möglichst früh melden zu können und das alles dabei so zu formulieren, dass andere den Eindruck bekommen, Sie hätten die „nachrichten“ aus erster Hand?
PS: Die Formulierung „unser franz“ ist auch ein wenig – nun ja – despektierlich, sag ich einmal. Ein Versuch, den Lesern hier ein persönliches Naheverhältnis zu „franz“ zu suggerieren?
„Mit diesem „eben habe ich die nachricht erhalten“ wollen Sie wohl wieder mit irgendwelchen besonderen Beziehungen zu ich weiß nicht wem angeben, damit alle hier nur ja wissen, dass Sie enge Beziehungen zu informierten „Kreisen“ haben und deshalb immer im Recht sind.“
nein gar nicht, ich hatte schlicht einen italienischen link erhalten. fürs durchforsten von irgendwas fehlt mir als arbeitendem menschen die zeit. und auch die geduld zu übersetzen.
ich mag den franz eben. er ist der beste papst seit paul vi. und ich verdanke ihm spirituelle anregungen sowie neue freude an der kirche. wenn er nicht ihr papst ist, können sie ja gehen.
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