Papst vor Trump-Audienz: Erst reden, dann urteilen
Die Audienz für US-Präsident Donald Trump, die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals, die Vorgänge in Medjugorje und der Text, in dem Franziskus eine Anspielung auf das Dritte Geheimnis von Fatima machte, waren Themen bei der Pressekonferenz auf dem Weg von Fatima nach Rom am Samstagabend. Franziskus nahm sich eine Stunde Zeit für die mitreisenden Journalisten. Am Ende musste er von seinem Pressesprecher gezwungen werden, die PK zu beenden, damit das Kabinenpersonal noch einen kurzen Snack reichen konnte. Franziskus hatte sichtlich Spaß an der Beantwortung der Fragen und trotz intensiven Programms und einer kurzen Nacht schien er nicht müde.
Papst zur Trump-Audienz
„Ich bilde mir nie ein Urteil über eine Person, ohne sie vorher gesprochen zu haben.“ Mit dieser Feststellung reagierte Franziskus auf die Frage eines Kollegen nach einer Einschätzung der Politik von US-Präsident Trump. Die beiden treffen sich am 24. Mai im Vatikan. Jeder werde dabei seine Positionen vorbringen. „Es gibt immer Türen, die nicht völlig verschlossen sind“, so Franziskus. Man müsse diese Türen, die mindestens ein bisschen offen sind, suchen und über das sprechen, was gemeinsam ist. Von dort aus müsse man dann weitergehen, Schritt für Schritt. Wie schon oft wiederholte Franziskus seine Überzeugung, „der Friede ist ein Handwerk, man muss ihn jeden Tag machen“. Auch die Freundschaft zwischen Menschen, das gegenseitige Kennenlernen, die gegenseitige Wertschätzung sei „Handwerk“. Man müsse gegenseitig Respekt haben und sich zugleich ehrlich das sagen, was man denke.
Auf die Nachfrage, ob er die Hoffnung habe, dass die Begegnung die Politik Trumps „weicher machen werde“, sagte Franziskus: „Das ist ein politisches Kalkül, das ich mir nicht erlaube zu machen. Und Ihr wisst, auf religiöser Ebene mache ich keine Proselytismus.“ Franziskus hatte bereits nach der Wahl Trumps davor gewarnt, vorschnell zu urteilen. Im Wahlkampf hingegen hatte er durchaus deutlich Stellung bezogen und erklärt, dass Menschen, die Mauern bauen, keine Christen sein könnten. Trump hatte seinerzeit auf diese Äußerung mit scharfer Kritik reagiert. Nun haben die beiden am 24. Mai Gelegenheit, erstmals direkt miteinander zu sprechen.
Papst zur Piusbruderschaft
Im Vorfeld des Besuchs von Franziskus in Fatima gab es Spekulationen, der Papst könnte während der Reise die Rückkehr der Piusbrüder in die katholische Kirche verkünden; denn diese haben eine besondere Beziehung zur Gottesmutter von Fatima. Doch der Schritt blieb aus. Auf die Frage eines französischen Kollegen, wie der Stand in der Sache sei, erklärte Franziskus, dass es ihm nicht gefalle, die Dinge zu überstürzen. Er habe einen guten Draht zu Erzbischof Fellay, dem Oberen der Piusbruderschaft. Die Glaubenskongregation habe vor Kurzem in der „Feria quarta“ ein Dokument beraten zum Thema, das er aber noch nicht kenne. Die Beziehungen zur Bruderschaft seien gut, so Franziskus. Er erinnerte an die Ausnahmeregelungen zur Gültigkeit und der Erlaubtheit der Beichte und des Ehesakraments im Kontext der Seelsorge der Piusbruderschaft. Außerdem würde diese bereits mit verschiedenen vatikanischen Stellen zusammenarbeiten etwa wenn es um Missbrauchsfälle gehe.
Papst und Missbrauchsskandal
Mit Blick auf den Ausstieg des letzten Missbrauchsopfers aus der Kinderschutzkommission, Mary Collins, vor wenigen Wochen, versuchte Franziskus die aktuellen Vorgänge auf vatikanischer Seite zu erklären. Er habe lange mit Collins gesprochen, und sie habe durchaus ein wenig recht mit ihrer Kritik. Man sei mit der Aufarbeitung im Rückstand. Dies hänge auch mit mangelndem Personal zusammen, so der Papst. Man sei auf der Suche nach mehr Personal, um die Verfahren beschleunigen zu können. Man habe den Leiter der entsprechenden Abteilung in der Glaubenskongregation ausgetauscht. Nicht weil er schlecht gewesen wäre; aber er sei etwas „müde“ gewesen. Oft komme es aber auch vor, dass die Vorarbeiten auf diözesaner Ebene nicht vollständig gemacht würden. Dann müsse Rom wieder alles zurückschicken. Um die Prozesse trotzdem zu beschleunigen, denke man über kontinentale Gerichte nach. Franziskus erinnerte daran, dass er eine neue Instanz eingerichtet habe, die Rekurse von in erster Instanz verurteilten Priestern behandelt. Früher seien auch die Rekurse von der „Feria quarta“, der monatlichen Sitzung der Glaubenskongregation verhandelt worden, die bereits das erstinstanzliche Urteil gesprochen hatte. „Hier müssen wir sauber trennen“, so Franziskus. Wenn das neue Gericht das erstinstanzliche Urteil bestätige, sei der Fall abgeschlossen. Dann bleibe dem Verurteilten nur noch der Gnadenappell an den Papst. Mit Nachdruck erklärte er, dass er bisher noch nie ein Gnadengesuch unterzeichnet habe. Das ist interessant; denn in den vergangenen Monaten war wiederholt berichtet worden, Franziskus habe an Urteil der Glaubenskongregation abgemildert.
Papst zu Medjugorje
Klare Worte fand Franziskus in Bezug auf die Ereignisse in Medjugorje. Hier gebe es drei Fragenkreise: Einmal müssten die ersten Erscheinungen untersucht und bewertet werden. Hier scheint der Papst durchaus von echten Privatoffenbarungen auszugehen. Zum zweiten müsse man die immer wiederkehrenden aktuellen Erscheinungen betrachten. Hier machte Franziskus keinen Hehl daraus, dass er diese als nicht authentisch erachte. „Diese sogenannten Erscheinungen haben keinen großen Wert“, so Franziskus. Er glaube daran, dass Maria eine Mutter sei, aber nicht die Chefin eines Postbüros, die jeden Tag Botschaften schicke. Franziskus betonte zwar, dass das seine persönliche Meinung sei, aber es ist schwer denkbar, dass bei einer solchen klaren Positionierung an dieser Stelle durch den Vatikan eine andere offizielle Positionierung erfolgen wird. Dadurch wird der dritte Punkt umso schwieriger, den Franziskus abschließend nannte: die Frage nach dem spirituellen und pastoralen Umgang mit dem, was in Medjugorje geschieht. Menschen, die sich bekehrten, die Gott begegneten und die ihr Leben änderten. „Das kann man nicht negieren.“ Daher habe er einen neuen Sonderbeauftragten ernannt, der für diese Frage nach einer Lösung suchen soll. Dann werde es auch eine offizielle Stellungnahme geben.
Interessant an den Ausführungen zu Medjugorje ist neben der Klarheit des Papstes bezüglich der aktuellen Erscheinungen die interne Vorgehensweise. Die Glaubenskongregation hatte Zweifel an den Ergebnissen einer ersten Untersuchungskommission unter Leitung des ehemaligen Kardinalvikars von Rom, Camillo Ruini, und will darüber in der Feria quarta beraten. Der Papst selbst bekommt Kenntnis von dem Vorgang und zieht ihn an sich. Kardinal Müller solle die Gegenmeinungen zu dem Bericht nicht an die Mitglieder der Feria quarta schicken, sondern an den Papst. Der wiederum lässt diese Zweifel untersuchen. Von wem? Das wird man wohl nie erfahren. Er betont aber, dass alle genau studiert worden seien.
Die Glaubenskongregation scheint damit erst einmal raus aus der Nummer. Es ist ein Beispiel von vielen, in denen Franziskus Vorgänge an sich zieht und die kurialen Wege aushebelt, die zum großen Teil kollegialer sind als man es gemeinhin annimmt. Der damalige Kardinal Joseph Ratzinger etwa legte großen Wert auf die kollegialen Beratungen in der Feria quarta und beugte sich auch Mehrheitsurteilen, die gegen seine Position ausfielen. Eine andere Frage ist es wiederum, wie die Kongregationen besetzt sind. Aber über die Auswahl der Mitglieder der Kongregationen und anderen Dikasterien kann der Papst entscheiden.
Ökumene und Klerikalismus
Nur kurz war die Antwort des Papstes auf die Frage nach weiteren Fortschritten in der Ökumene im Jahr des Reformationsjubiläums. Man habe schon viel erreicht, so Franziskus. Gott sei der Gott der Überraschungen. Interessant war hingegen die Antwort auf die Frage, wie es sein könne, dass gerade auch in katholischen Ländern wie Portugal es immer mehr Gesetze gebe, die der katholischen Lehre wiedersprächen wie etwa die Homo-Ehe, Euthanasie und liberale Abtreibungsregelungen. Franziskus enthielt sich einer Gesellschaftskritik, vielmehr sieht er die Lösung des Problems in den eigenen Reihen. Es fehle an einer guten Katechese. Außerdem entferne der Klerikalismus die Kirche von den Menschen. „Der Klerikalismus ist eine Pest in der Kirche!“
Angesprochen auf die Anspielung auf das Dritte Geheimnis in seinem Mariengebet zum Auftakt der Fatimareise mit der Formulierung des „in Weiß gekleideten Bischofs“, erklärte er, dass nicht er selbst das Gebet geschrieben habe, sondern es im Heiligtum entstanden sei. Er habe es so gedeutet, dass das Weiß den Wunsch nach Frieden, nach Unschuld ausdrücken solle, den Wunsch, mit dem anderen keinen Krieg zu machen. Was das Dritte Geheimnis anbetrifft, habe er dem nichts hinzuzufügen, was der damalige Kardinal Joseph Ratzinger im Jahr 2000 gesagt habe.
18 Kommentare
man muss schon ehrlichkeitshalber sagen: ratzinger/b16 hat ja nur dort kollegialität zugestanden, wo die gegenteiligen ergebnisse verschmerzbar waren.
als die deutschen bischöfe, von meisner abgesehen, für den lebensrettenden verbleib in der schwangerenkonfliktberatung war, war ihm dieses kollegiale urteil nicht recht und hat es mit jp2 ausgehebelt – seitdem trägt er die mitverantwortung für tausendfache tötung ungeborener menschen.
und 2007/9 haben die französischen bischöfe unisono den papst versucht abzuhalten von summorum pontificum bzw. der aufhebung der pius-exkommunikation. da war ihm die kollegialität auch so ziemlich wurscht. dem kollegialen urteil der bischöfe hat er sich gern gefügt bei einer so wichtigen frage, wie: soll der friedensgruß in der messe vor dem agnus dei bleiben oder vor die gabenbereitung gestellt werden. wow. das ist hinhören.
Der Papst muss mit allen wichtigen Politikern sprechen, ob sie ihm gefallen oder nicht. Papa Ratti (Pius XI.) sagte einmal sinngemäß, wenn er eine Seele aus der Hölle befreien könnte, würde er selbst mit dem Teufel sprechen.
Jetzt noch etwas: Ich bin etwas erstaunt, dass ein sehr moderater Beitrag von mir nicht veröffentlicht wurde, während Papst Benedikt, der aus gewissensethischen Motiven handelte, für die Tötung Ungeborener verantwortlich gemacht wird, ohne dass dieser „Beitrag“ auch nur beanstandet wird. Es ist nur allzu offensichtlich, dass dem Betreffenden der Hass auf den emeritierten Papst aus allen Poren dringt, aber eine Klarstellung sollte dennoch möglich sein. Die Verantwortung dafür tragen die Frauen, die abgetrieben haben, die Ärzte, die den „Schwangerschaftsabbruch“ – der Euphemismus schlechthin – „durchgeführt“ haben, und die „Beratungsstellen“, die entsprechende Scheine ausgestellt haben.
pius xi. sagte auch, dass mussolini ein mann der vorsehung sei.
eine sachliche korrektur: nicht benedikt, sondern johannes paul ii. handelte bei der schwangerenkonfiktberatung mit der einsamen und falschen entscheidung, aus der konfiktberatung auszusteigen. das, was die beiden da für eine angebliche wahrheit auf dem papier getan haben, ist schlicht unterlassene hilfeleistung. da hilft alle beschönigung nicht. mit ethik hat das nichts zu tun, es ging um knallharte machtpolitik. und dann die verantwortung auf frauen in notsituationen zu schieben, wow, das halte ich für niederträchtig.
und ich sage es jetzt nochmal: ich hasse ratzinger nicht. ich habe gar keinen grund dazu. ich habe richtig mitleid mit ihm […]*, er ist ein opfer der gesellschaftlichen umstände und hat sich nie davon befreien können, weil ihm dazu die intellektuellen fähigkeiten fehlen.
*Der Beitrag wurde wegen des Verstoßes gegen die Netiquette editiert.
Alberto Knox 10:36
Nun, auch die anfänglichen und überschwenglichen Lobeshymnen des Kardinals Clemens August Graf von Galen und anderer führender Christen sowohl der Katholiken als auch der Protestanten über den als von der Vorsehung gesandten Führer als von der Vorsehung Gesandter kann jeder recherchieren (wo war da eigentlich der Hl.Geist?)…
Und was den Kuhhandel des Konkordates von 1933 durch Pacelli (den späteren Pius XII.) und Franz von Papen angeht, ist durchaus interessant wenn auch recht peinlich, dass international so gut wie alle Verträge mit Nazi-Deutschland (weil ein Unrechtsregime) ungültig wurden, nur die Kirche will nicht davon lassen und besteht darauf, dass Nachkriegs-Deutschland doch der Rechtsnachfolger des 3. Reiches sei.
Bei entsprechenden Vorteilen würde die Kirche also offenbar sogar einen Vertrag mit dem Teufel (Adolf ziemlich ähnlich) rechtfertigen.
Ach ja, es wird immer heuchlerisch wenn’s um den Mammon geht…
P.S. die aktuellen Vorgänge um die „Fraternita die Misericordia“, welche in Italien Willkommenszentren für Migranten betreibt und massive Millionenhilfe von der EU erhält, hat (wen wundert’s ?) über ihren Leiter Leonardo Sacco (nomen est omen) und einen Priester, der mit 150.000 Euro „entgolten“ wurde, recht nette Verbindungen zur regionalen Ndrangheta (Mafia) und an diese sind zumindest 39 Millionen Euro „abgeführt“ worden. Das ist den ital. Ermittlern zufolge bisher jedoch nur die Spitze des Eisberges. Es wurden weitere Personen festgenommen, so dass wohl noch mehr ans Licht kommt.
Die beiden wohltätigen Akteure, oa. Signore Sacco und sein geistlicher Erfüllungsgehilfe Monsignore X. haben Verbindungen bis in den Vatikan…
– Die Verbindung der Kirche zur Mafia wenn es um Geldangelegenheiten geht, ist ja nun eigentlich eine lange und bewährte Tradition, oder ?
„Gewissensethische Gründe“ hat vermutlich auch Pius XI. angeführt, als die Faschisten unterstützte und Pius XII. als er die Nazis verharmloste.
– Empfehle die gelungene Karrikatur zum Artikel der Deutschen Welle unter der überschrift „Trumps‘ Tanz im Vatikan“ welche Franziskus zeigt, wie er mit dem Besagten den Bruderkuss austauscht. Ähnlichkeiten mit der medienwirksamen Umarmung einschliesslich Kuss des Gross-Imam al-Tayyeb sind offenbar nicht unbeabsichtigt…
„Erst reden, dann urteilen“ ist ein gut gewähltes, christliches Motto des Papstes und eben nicht: „Erst schießen und dann fragen was Er wollte“ 🙂
Silberdistel 23:11
– ist aber ein geläufiges Motto aus der Zeit „als Amerika laufen lernte“…
Bin nach wie vor der Ansicht, die ich schon zu Franziskus‘ Friedenspartner al-Tayyeb äusserte: seine Familie kann man sich nicht aussuchen – seine Gesprächspartner aber schon…
Wanda
16.05., 22:50 h
Die Lebenserfahrung eines halben Jahrhunderts (weitere folgen) lehrte mich, das Gesprächsbereitschaft von jenen Vorstellungen, Mythen & Illusionen „entzaubert“, die man sich meist selbst kreiert hat. Solche Vorstellungen & Illusionen gelten solange, bis man den Nächsten wirklich kennen gelernt hat. Als gutes Beispiel dafür ist der Islam, von dem wir im Westen eigentlich nichts fundiertes wissen*, aber vielleicht auch D. Trump. Gesprächsbereitschaft heisst aber lange noch nicht, sich selbst aufzugeben!
(* Von Vera F. Birkenbihl existiert auf YT ein unterhaltsamer wie informativer Vortrag: „Was wir unbedingt über die islamische Welt wissen müssen“, den Sie noch zu Lebzeiten gehalten hatte).
Silberdistel
15.05.2017, 23:11 Uhr.
Sehe ich genauso. Bei all den vielen Politikern, die der Papst empfängt, muss auch eine Audienz für Präsident Trump drin sein.
Silvia 23:11
– Sie haben (nur) insofern Recht, dass Trump als Gleichbehandlung vom Papst ebenfalls eine Gesprächbereitschaft zukommt wie dem fragwürdigen und trotzdem von Franziskus hofierten Grossimam al-Tayyeb aus Kairo…
Wrightflyer
17.05.2017, 21:47 Uhr.
Auch bei uns werden reine Verhütungsmittel wie die Pille schon seit meinen jungen Jahren nicht mehr von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Wie es sich mit der Spirale verhält, weiß ich nicht.
Kondome sind noch nie von den Krankenkassen bezahlt worden (die sind ja nicht mal apothekenpflichtig).
Kurioser Weise bezahlen die gestzlichen Krankenkassen dafür aber Abtreibungen.
Ob Viagra bei uns von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt wird, weiß ich nicht, ich vermute es aber.
Was ist daran kurios, dass Abtreibungen – z.B. im Falle einer Vergewaltigung oder bei medizinischer Indikation – von den Krankenkassen bezahlt wird?
Soll eine 13jährige etwa bei einer lebensgefährlichen Schwangerschaft auch noch selber zahlen? Mit ihrem Leben gar?
Kommentare geschlossen
Dieser Beitrag kann nicht länger kommentiert werden.