Papst: indirekte Botschaft an Trump

Der designierte US-Präsident Donald Trump hatte kaum sein erstes TV-Interview nach der Wahl gegeben, da bekam er auch schon eine Antwort von Papst Franziskus. Der nutzte eine Videobotschaft an die Vollversammlung der US-Bischofskonferenz, um eine klare Botschaft zu senden: Es sei die Zeit, Mauern einzureißen und Brücken zu bauen, lautete seine Aufforderung an die Bischöfe. Franziskus zeigte sich besorgt angesichts einer „wachsenden Polarisierung“ der amerikanischen Gesellschaft. Aufgabe der Kirche sei es, eine „Kultur der Begegnung“ zu fördern, „die Einzelne und Gruppen ermutige den Reichtum ihrer Traditionen und Erfahrungen zu teilen“. Zuwanderer hätten in der „reichen Vielfalt ihrer Sprachen und kulturellen Traditionen das sich ständig wandelnde Antlitz der amerikanischen Kirche geprägt“, so der Papst. Und was Franziskus über die Kirche sagt, gilt natürlich auch für die gesamte US-Gesellschaft.

Franziskus spricht als Einwandererkind

Hier klingen die Worte von Franziskus zum Auftakt seines USA-Besuchs vor einem Jahr nach, als er feststellte, dass er selbst ein Einwandererkind sei: „Als Sohn einer Einwandererfamilie freut es mich, Gast zu sein in diesem Land, das großenteils von solchen Familien aufgebaut wurde.“ Was die Integration angeht, fordert er die US-Kirche zu besonderem Engagement auf. Es gehe darum, nach neuen Möglichkeiten zu suchen, die wachsende Zahl an „Hispanics“ zu integrieren und ihr Potenzial zu nutzen. „Die Kirche in Amerika, wie überall, ist aufgefordert, ihre Komfortzone zu verlassen und zu einem Ort der Gemeinschaft zu werden“, so der Papst. Sie müsse „Zeichen und Prophetie“ für die „ganze Menschheitsfamilie“ sein. Der offizielle Anlass für die Videobotschaft an die US-Bischöfe ist die fünfte nationale Pastoral-Kampagne „Encuentro“, die von Januar 2017 bis September 2018 läuft und die Integration der Hispanics in die US-Kirche fördern soll. Sicherlich lässt sich in der US-katholischen Kirche auch noch Vieles in Bezug auf die Integration der Hispanics verbessern. Doch die Papstbotschaft passt mit dem Akzent auf dieses Thema doch zu gut in die aktuelle politische Debatte.

Dass die US-Bischöfe die Botschaft bereits vorher verstanden hatten, zeigte die Wahl des Erzbischofs von Los Angeles, Jose Gomez, gestern zum neuen stellvertretenden Konferenzvorsitzenden. Setzen die US-Bischöfe ihre Tradition fort, dass der Stellvertreter bei der nächsten Wahl den Vorsitz übernimmt, würde mit Gomez 2019 erstmals ein gebürtiger Mexikaner die US-Bischofskonferenz anführen. Gomez, ein Opus-Dei-Mann, hatte zwei Tage nach der Wahl Trumps ein Ende der Abschiebungen gefordert und zu einem ökumenischen Gebet für Frieden, Solidarität und Einheit aufgerufen: „In diesem Land müssen wir anfangen, Brücken zu bauen und Menschen zusammen zu bringen“, so Gomez.  Zum Vorsitzenden wurde gestern der Erzbischof der texanischen Diözese Galveston-Houston, Kardinal Daniel DiNardo, gewählt. Der 67-Jährige gehört zwar nicht gerade zu den glühendsten Verehrern von Papst Franziskus, hat sich in seinem Bistum in den vergangenen Jahren aber verstärkt um die Einwanderer gekümmert.

Autorenbild

Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

10 Kommentare

  • Alberto Knox
    16.11.2016, 23:15 Uhr.

    „Der 67-Jährige gehört zwar nicht gerade zu den glühendsten Verehrern von Papst Franziskus“.

    ich gehe nicht davon aus, dass das ein kriterium für den papst selbst wäre. im gegensatz zu seinem vorgänger pflegt er herzlich wenig eitelkeit.

    • bernardo
      17.11.2016, 12:55 Uhr.

      @ Knox: Ohne Seitenhiebe gegen Benedikt geht es wohl nicht.

      Nachdem Franziskus so klug war, Donald Trump öffentlich das Christsein abzusprechen – immerhin noch besser als die „Hassprediger“-Äußerung unseres Außenministers -, richtet er jetzt eine Botschaft an den President-Elect. Vielleicht sollte er aber, wie Gomez, seine Botschaft ebenso an alle Amerikaner richten, an die „Lock her up“-Leute ebenso wie an die „crybabies“ mit den „Not my President“-Schildern.

      • Alberto Knox
        19.11.2016, 17:57 Uhr.

        ich kann ja auch nichts dafür, dass benedikt ein so schlechter papst war (wie er in seinen hoffentlich wirklich letzten worten selbst geschrieben hat – wenn er so sehr wusste darum, dass er nicht regieren kann, dann hätte die wahl ablehnen müssen).

  • Jürgen Erbacher
    Jürgen Erbacher
    22.11.2016, 7:23 Uhr.

    Da sich die Diskussionen vom ursprünglichen Thema des Beitrags weit entfernt hat, schließen wir an dieser Stelle die Kommentarfunktion.

Kommentare geschlossen

Dieser Beitrag kann nicht länger kommentiert werden.