Kommt Franziskus nach Deutschland?
Er hat es offen gelassen bei der fliegenden Pressekonferenz heute auf dem Rückweg von Malmö nach Rom. Auf meine Frage, ob er nach der aktuellen Reise zum Beginn des Reformationsgedenkens nach Lund auch in das Land kommen werde, wo vor 500 Jahren alles begann, sagte er: „Das Programm der Reisen im kommenden Jahr ist noch nicht fertig. Fast sicher ist, dass ich nach Bangladesch und Indien reise.“ Ausführlich äußerte sich Franziskus zum Thema Flüchtlinge. Er betonte, jedes Land müsse entscheiden, wie viele Flüchtlinge es aufnehmen und auch wirklich integrieren könne. Allerdings gab er zu bedenken: „Es ist nicht menschlich, die Türen zu verschließen. Es ist nicht menschlich, die Herzen zu verschließen.“ Auf Dauer zahle man dafür genauso politisch, wie man dafür zahle, wenn man „unvorsichtig“ sei und mehr empfange, als man integrieren kann. Ziemlich klar war seine Antwort bei der Frage nach einer möglichen Priesterweihe für Frauen entsprechend dem Vorbild der evangelischen Kirchen: Hier habe Johannes Paul II. ein klares Wort gesprochen, erklärte Franziskus. Er sieht keine Chance für eine Öffnung des Priesteramts für Frauen. Auf die Nachfrage der Kollegin, ob das für immer gelte, sagte Franziskus: „Wenn man die Erklärung von Johannes Paul II. [Ordinatio sacerdotalis] aufmerksam liest, geht das in diese Richtung.“
Klares Nein zum Frauenpriestertum
Kam das endgültige „Nein“ des Papstes zum Frauenpriestertum überraschend? Eigentlich nicht. Franziskus hat bereits mehrfach betont, dass er die Aussage von Papst Johannes Paul II. als endgültig ansieht. Damit geht er weiter, als etwa Benedikt XVI. die Aussagen von Ordinatio sacerdotalis je interpretiert hat. Zwar ist Joseph Ratzinger auch nie als Fürsprecher des Frauenpriestertums aufgetreten, aber er schloss sich doch der großen Zahl von Theologen an, die der Meinung sind, dass den Worten Johannes Pauls II. der Charakter für eine unfehlbare Formulierung fehlt. Sei es drum; zumindest für die Ära Franziskus ist damit endgültig Klarheit geschaffen.
Wie schon bei den letzten Malen, als Franziskus das Frauenpriestertum ausschloss, wird es einiges Grummeln geben; der großen Sympathie für den Papst aus Lateinamerika dürfte es aber langfristig einmal mehr nicht schaden. Zumal er einmal mehr betonte, dass den Frauen in der Kirche eine wichtige Rolle zukomme. In der Kirche gebe es zwei Dimensionen: die petrinische der Apostel, von Petrus und den Bischöfen, und die marianische, die die weibliche Dimension der Kirche sei. Was das aber konkret bedeutet, blieb er einmal mehr schuldig.
Umsicht in Flüchtlingspolitik
Mit Blick auf die Flüchtlingspolitik, sei Umsicht angesagt. Wichtig sei es, dass ein Land die Menschen auch integrieren könne, die es aufnimmt. Franziskus warnte vor Ghetto-Bildungen, wenn es keine Integration gebe und die verschiedenen Kulturen sich nicht gemeinsam entwickelten. „Wir dürfen uns nicht vor Integration fürchten. Europa ist aus einer anhaltenden Integration vieler Kulturen entstanden“, so Franziskus. Der Papst betonte, dass man zwischen Migranten und Flüchtlingen unterscheiden müssen. Für erstere Gruppe gebe es klare Regeln. Flüchtlinge hingegen kämen aus einer Situation der Angst, des Krieges oder des Hungers und bräuchten daher eine besondere Sorge.
Was den Deutschlandbesuch anbetrifft hatte am Wochenende der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, erklärt, dass dieser derzeit kein Thema sei, er aber daran arbeite, dass Franziskus nach Deutschland komme. In den vergangenen Wochen hatten vatikanische Stellen immer wieder gesagt, man müsse erst einmal Lund abwarten. Danach könne man sehen, ob eine weitere Reise im Kontext des Reformationsgedenkens möglich ist. Daher werden die nächsten Wochen wohl zeigen, ob Franziskus 2017 auf den Spuren Luthers wandeln wird oder nicht. Dabei machen ihm die Deutschen die Entscheidung allerdings auch nicht leicht. Im Frühjahr findet die Wahl zum Bundespräsidenten statt, im Herbst die Bundestagswahl. Da sind die Zeitfenster klein, in denen eine Reise stattfinden kann. Aber wo ein Wille ist, dürfte sich auch ein Weg finden lassen.
14 Kommentare
„Damit geht er weiter, als etwa Benedikt XVI. die Aussagen von Ordinatio sacerdotalis je interpretiert hat. Zwar ist Joseph Ratzinger auch nie als Fürsprecher des Frauenpriestertums aufgetreten, aber er schloss sich doch der großen Zahl von Theologen an, die der Meinung sind, dass den Worten Johannes Pauls II. der Charakter für eine unfehlbare Formulierung fehlt.“
mit verlaub, herr erbacher, aber ich kann den von ihnen zitierten worten von papst franziskus NICHT entnehmen, dass er die definitive-tenenda-entscheidung von johannes paul für unfehlbar hält. im gegenteil. „Auf die Nachfrage der Kollegin, ob das für immer gelte, sagte Franziskus: ‚Wenn man die Erklärung von Johannes Paul II… aufmerksam liest, geht das in diese Richtung.'“ – das ist sogar eine auffallend weiche formulierung. die vielleicht nicht von ihm, aber von einem nachfolger anders interpretiert wird (und auch um der wahrheit der schrift willen anders interpretiert werden muss). sie waren dabei – können sie das vielleicht bitte kontextualisieren, ich würde gern nachvollziehen, wie sie auf diese deutung der papstworte kommen!
Ich habe oben im Text nun den Link zum offiziellen Transkript des Vatikans zur Pressekonferenz eingefügt. Die schwedische Kollegin, die die Frage zum Frauenpriestertum gestellt hat, hatte zunächst gefragt, ob es realistisch sei, dass dieses in den „nächsten Jahrzehnten“ in der katholischen Kirche eingeführt werden könnte. Darauf antwortete Franziskus bereits mit dem Verweis auf Johannes Paul II. Dann fragte die Kollegin nach: „Also niemals, niemals!?“ Diese Frage ist im Transkript so nicht enthalten. Darauf sagte Franziskus den Satz mit der „Richtung“. Wir haben anschließend lange diskutiert und kamen zu dem Schluss, dass Franziskus sich hier klar festlegt.
Interessant ist meines Erachtens, dass er nicht selbst eine Aussage trifft, sondern auf Johannes Paul II. verweist. Sollte in der nahen oder fernen Zukunft ein Papst feststellen, dass Frauen doch zum Priesteramt zugelassen werden können, hat Franziskus keine neuen Steine in den Weg gelegt; sondern das könnte mit dem Verweis passieren, dass die Worte Johannes Pauls II. doch nicht die Qualität einer unfehlbaren Aussage haben. Es brodelt aktuell so stark in der katholischen Kirche, dass Franziskus hier gut beraten ist, mit einer einigermaßen klaren Aussage keine neue Baustelle zu eröffnen.
sehr geehrter herr erbacher, danke!
„Interessant ist meines Erachtens, dass er nicht selbst eine Aussage trifft, sondern auf Johannes Paul II. verweist. Sollte in der nahen oder fernen Zukunft ein Papst feststellen, dass Frauen doch zum Priesteramt zugelassen werden können, hat Franziskus keine neuen Steine in den Weg gelegt; sondern das könnte mit dem Verweis passieren, dass die Worte Johannes Pauls II. doch nicht die Qualität einer unfehlbaren Aussage haben.“
diesbezüglich sind wir einer meinung. und ich persönlich schließe an: die erklärung von johannes paul ii. kann aus formalen gründen nicht unfehlbar sein, da sich die unfehlbarkeit nur auf dogmen beziehen kann, die wiederum ein fundament in der schrift haben. johannes paul hat (worauf auch ratzinger zurecht hingewiesen hat) die kategorie des „definitiv zu halten“ als zwischenstufe eingeführt (also nah an der irrtumsimmunität, aber eben kein dogma) und dann eben für die sachfrage genutzt.
ein hinweis ans forum: wer wissen will, wie eine dogmatisierung aussieht, möge sich das sollemne iudicium von pius xii. zur aufnahme mariens in den himmel oder noch besser das feierliche urteil von pius ix. zur immaculata anschauen:
„Zu Ehren der Heiligen und Ungeteilten Dreifaltigkeit, zu Schmuck und Zierde der jungfräulichen Gottesmutter, zur Erhöhung des katholischen Glaubens und zur Mehrung der christlichen Religion, in der Autorität unseres Herrn Jesus Christus, der seligen Apostel Petrus und Paulus und der Unseren“
diese lyrische präambel ist nicht unwichtig. vor allem der schlussteil ist entscheidend: der papst sagt ausdrücklich, dass er in der autorität CHRISTI, der des APOSTELFÜRSTEN Petrus und DER EIGENEN handelt. Sagt er das nicht, liegt KEIN dogma vor. Und vor allem: die grobe Form, beginnend mit der dreifaltigkeit bis zur eigenen autorität ist prinzipiell recht fix.
„erklären, verkünden und definieren Wir:“
hier erklärt der papst, was er tut – er verabschiedet ein feierliches urteil, er DEFINIERT EIN DOGMA. und genau dieser wortlaut muss auch auftauchen. er kann nicht sagen: „ich sag da mal einen einen satz“. nein, es muss mindestens lauten: „ich/wir definiereN“.
„Die Lehre, dass die seligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch ein einzigartiges Gnadenprivileg des allmächtigen Gottes, im Hinblick auf die Verdienste Jesu Christi, des Erretters des Menschengeschlechtes, von jedem Schaden der Erbsünde unversehrt bewahrt wurde, ist von Gott geoffenbart und darum von allen Gläubigen fest und beständig zu glauben.“
und nun kommt der entscheidende lehrsatz im inhalte, das dogma. aussage: maria ist von der erbsünde bewahrt. wann? seit ihrer empfängnis. einfach so? nein, im hinblick auf jesus. hat sie es selbst verdient? nein, es ist ein gnadenakt gottes. das ist definiert und nichts anderes.
und dann kommt als abschluss: „das ist von gott geoffenbart“. es ist also wenigstens implizit in der schrift enthalten. was nicht wenigstens implizit in der schrift enthalten ist, KANN NICHT definiert werden.
„Es brodelt aktuell so stark in der katholischen Kirche, dass Franziskus hier gut beraten ist, mit einer einigermaßen klaren Aussage keine neue Baustelle zu eröffnen.“
auch das sehe ich einschränkungslos so. wenn man bedenkt, dass die petisse von zulassung zur kommunion von wiederverheirateten geschiedenen einen eiertanz erforderte, dann wäre das eine baustelle zuviel.
allerdings finde ich, dass ein kardinal kasper die mentalität der reaktionären nicht auch noch bedienen sollte mit floskeln wie: die lehre wurde nicht verändert. nur der eng eingehegte bereich der dogmen ist – nach katholischem verständnis unveränderbar. der rest der lehre sehr wohl.
Mit anderen Worten, Franziskus überlässt es einem seiner Nachfolger, die von JPII verschlossene Tür für ein Frauenpriestertum doch noch zu öffnen.
– auf den Punkt gebracht statt herumzueiern…
Differenzierung als Herumgeeiere zu diffamieren – ein starkes Stück. Naja, von Pegida und AfD ist man das gewöhnt, warum sollte es hier im Forum anders sein.
„dass man zwischen Migranten und Flüchtlingen unterscheiden müssen.“
Wenn ich mich recht erinnere, hat man genau diesen Wortherumdreh im AfD-Parteiprogramm (gleich in den ersten Zeilen) angewendet, nur um dann herumzuposaunen als „Beweis“ man wäre doch niemals nicht fremdenfeindlich – und überhaupt wie könne man denn darauf denken denn man differenziere doch.
Was beweist das? Daß bei eindeutigen Stellungnahmen die Aussage in den Vordergrund tritt und bei sowohl-als-auch-Botschaften die Erwartungen für die Einordnung maßgeblich sind.
Wenn es der Papst sagt, ist es päpstlich.
Kommentare geschlossen
Dieser Beitrag kann nicht länger kommentiert werden.