Papst: Gesten zählen mehr als Bilder und Worte
Papst Franziskus setzt erneut ein deutliches Zeichen. Den Gottesdienst zur Erinnerung an das Letzte Abendmahl Jesu feierte er in einer Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge vor den Toren Roms.Wie schon in den vergangenen Jahren wusch er dabei in Erinnerung an die Fußwaschung Jesu an seinen Jüngern zwölf Frauen und Männern die Füße, darunter auch Nichtkatholiken. Einmal mehr machte Franziskus deutlich, dass für ihn der Mensch zählt, nicht die Konfession oder Religion. Während Europa über neue Grenzen und Mauern diskutiert, geht Franziskus zu den Menschen. Unter dem Eindruck der Ereignisse von Brüssel stand für Franziskus allerdings nicht die Frage nach dem Umgang mit den Migranten im Vordergrund. Vielmehr ging es ihm darum, ein Zeichen der Geschwisterlichkeit udn des MIteinanders zu setzen. „Wir glauben alle an denselben Gott“, lautete seine Botschaft. Die wird so manchem Theologen sicher Kopfzerbrechen bereiten; doch angesichts von Terror und Krieg sieht Franziskus seine Aufgabe darin, Brückenbauer zu sein.
Papst: Wir wollen Frieden!
Zwei Gesten bestimmten den Gründonnerstag, so Franziskus: zum einen Jesus, der seinen Jüngern die Füße wäscht, zum anderen Judas, der zu den Feinden Jesu gehe, die keinen Frieden wollten, der das Geld nimmt. Genauso sei es heute, so Franziskus. „Wir alle hier, zusammen: Muslime, Hindu, Katholiken, Kopten, Evangelische, aber Brüder, Söhne desselben Gottes, die wir in Frieden und integriert leben wollen. Eine Geste. Und vor drei Tagen: eine Geste des Krieges, der Zerstörung in einer Stadt Europas von Leuten, die nicht in Frieden leben wollen.“ Aber, so Franziskus, hinter den Ereignissen steckten wie bei Judas andere, darunter die Waffenhändler, die Blut wollten und nicht Frieden. Die Fußwaschung an den Flüchtlingen der verschiedenen Religionen möchte der Papst als Zeichen der Geschwisterlichkeit und des Friedens verstanden wissen. „Wir sind verschieden, haben unterschiedliche Kulturen und Religionen, aber wir sind Brüder und wollen in Frieden leben“, so Franziskus zu den mehreren hundert zumeist muslimischen Flüchtlingen. Dann wusch er elf Flüchtlingen, darunter zwei Frauen mit ihren Neugeborenen, und einer Helferin die Füße: drei Muslimen, einer Hindu, drei koptischen Christen, vier Katholiken aus Nigeria und einer Italienerin. Für Franziskus steht der Mensch an erster Stelle, nicht die Religionszugehörigkeit. Frieden und Versöhnung stellt er über theologische und kirchenrechtliche Spitzfindigkeiten. Seine Kritiker wird das nicht überzeugen. Nach dem Gottesdienst nahm er sich viel Zeit, um hunderte Flüchtlinge einzeln zu begrüßen.
Papst: Zu viel Barmherzigkeit kann es nicht geben!
Bereits am Vormittag hatte Franziskus beim Gottesdienst zur Weihe der Heiligen Öle deutlich gemacht, dass es nie zu viel Barmherzigkeit geben könne. Traditionell feiern die Diözesanbischöfe diesen Gottesdienst mit den Priestern ihres Bistums. Franziskus mahnte: „Als Priester sind wir Zeugen und Ausspender dieser immer noch größeren Barmherzigkeit unseres Vaters“. Dabei müsse man keine Angst haben, zu übertreiben. Er machte deutlich, dass sich das Christentum am Umgang mit „den Ärmsten, den am weitesten Entfernten und den am meisten Unterdrückten“ entscheidet. „Jesus bewirkt mit seinen Worten und Gesten, dass offenbar wird, was jeder Mensch in seinem Herzen trägt“, so Franziskus.
Der Papst wird nicht konkret, doch wer diese Worte hört hat unweigerlich die Bilder von Idomeni vor sich, aber auch die der Obdachlosen, der Hartz IV-Empfänger, der Millionen Menschen in den Slums, der wegen ihrer Religion, Ethnie oder sexuellen Orientierung Verfolgten. Die Liste ließe sich unendlich fortsetzen. Wenn Jesus Umzäunungen niederreiße und Sicherheiten zur Diskussion stelle, „dann tut er das, um eine Bresche zu öffnen für den Strom der Barmherzigkeit“. Franziskus kritisierte, dass die Christen den „barmherzigen Gott“ in „enge Schablonen“ einzwängten. Er warnte die Priester, gegenüber dem Schicksal der Unterdrückten blind zu werden etwa durch ein „Übermaß an komplizierten Theologien“ oder eine „Spiritualität mit dem Prädikat light“. „Wir sind unterdrückt, aber nicht von Drohungen und Fußtritten wie viele arme Menschen, sondern vom Reiz tausender Konsumangebote, die wir nicht abschütteln können“, so Franziskus.
6 Kommentare
Ich kann Papst Franziskus so weit zustimmen, dass wir Alle geliebte Kinder des selben Gottes sind, das vor Gott alle Menschen gleich sind und wir geistige Geschwister innerhalb der großen Menschheitsfamilie sind.
Nur glauben wir halt leider nicht Alle an denselben Gott, Hindus z.B. sind nicht mal Monotheisten.
Und die Frage ist für mich, ob die Nichtchristen die symbolische Geste der Fußwaschung überhaupt verstanden haben.
Damals vor drei Jahren, als er die Fußwaschung im Gefängnis vollzogen hat, u.a. auch an einer Muslima, fand ich das toll, heute bin ich da eher skeptisch.
– darf berichtigen: Taten zählen mehr als Worte, Bilder und Gesten…
Wie also wär’s mit Taten, z.B. Gelder aus dem riesigen Vermögen der Kirche für die Flüchtlinge bereitzustellen ?
Nimmt man die offiziellen Vermögensangaben allein der Bistümer Paderborn oder Köln, wäre es ein Leichtes, den meist muslimischen Flüchtlingen in der Türkei Gutes zu tun, und zwar im Namen der grössten christlichen Konfession…
Das wäre „meine“ Kirche, hier kann ich jeden Satz von Papst Franziskus mit unterschreiben. M.M. ist das die Essenz des Urglaubens an das Göttliche.
Vielleicht schafft es ja die Kirche sich nicht nur an einem solchen Feiertag so zu geben und die alten „Brimborium“-Zöpfe, die noch aus der Vorzeit des II. Vatikanums stammen, abzuschneiden. Vielleicht schafft sie es dann auch die anderen Weltreligionen mit zu nehmen. Endlich die UNdR (UN der Religionen) zu institutionalisieren, um die Jahrtausende alte Weisheit, die in diesen Weltreligionen enthalten ist, zu den Entscheidungsträgern dieser Welt zu emittieren. Wünschenswert wär das alles, die Hoffnung stirbt zuletzt.
Denn auch die Welt der Neuzeit hat nach dem „wind of change“, den diversen „politischen Frühlingen“, den zahlreichen gescheiterten -ismen und -logien nunmehr bewiesen, das sie kein Konzept zum friedlichen Zusammenleben so vieler Menschen, auf und mit diesem Planeten, hat.
Wanda
25.03.2016, 2:01 Uhr.
Da ist was dran. Das Problem bei den Gesten und Zeichen ist auch, dass sie viel Interpretationsspielraum bieten und eben auch missverstanden werden können.
Es war einer dieser Momente in denen ich spürte das unser Glaube lebt. Ein Papst verlässt den Pomp des Vatikan, des Petersdoms geht in ein Flüchtlingslager feiert dort die eine schlichte heilige Messe am Gründonnertstag, Einem der höchsten Feiertage der Christenheit. Muslimen in diesen Tagen des Hasses mit der Fußwaschung ein christliches Zeichen der Liebe Jesu und der Versöhnung zu geben, zeigt ein weiteres mal die menschliche Größe des Papstes. Er sagt übrigen im Wortlaut nicht das „wir alle an einen Gott glauben“ sondern differenziert sehr genau in seiner direkten Ansprache an die Flüchtlinge:
„Wir alle, gemeinsam, Muslime, Hindus, Katholiken, Kopten, Evangelische Christen, aber wir sind Geschwister, Kinder desselben Gottes, und wir wollen in Frieden Leben, integriert.“ Und die Geste des Judas, der Verrat, spiegele sich in den Ereignissen von Brüssel, „vor drei Tagen, eine Geste des Krieges, in einer Stadt Europas, von Menschen, die nicht in Frieden leben wollen.“ „Jeder von euch, in seiner religiösen Sprache, bete zum Herrn, dass diese Geschwisterlichkeit die Welt anstecke…… (nach Radio Vatikan)
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