Papst in Afrika – Tag 6

Zum Abschluss seines Afrikabesuchs hat Papst Franziskus heute ein wichtiges Zeichen der Versöhnung gesetzt. Er besuchte die Zentralmoschee in Bangui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik. Dort betete er und nahm anschließend den Imam auf dem Papamobil mit. Franziskus ist sich der Wirkung solcher Bilder bewusst. Bei der Pressekonferenz auf dem Rückweg von Bangui nach Rom machte er deutlich, dass die Religionsführer solche Zeichen setzen und die Fundamentalisten, die es in allen Religionen gebe, davon überzeugen müssten, dass religiöser Fundamentalismus gar nicht religiös sei, weil Gott fehle. Er sei letztlich Idolatrie. Franziskus zeigte bei der Pressekonferenz eine gewisse Flexibilität bei der Nutzung von Kondomen und erklärte mit Blick auf den Klimagipfel in Paris: „Die Welt steht am Rande des Selbstmords“. Daher gelte für Paris: „Jetzt oder nie!“ Vor seinem Abflug hatte Franziskus mit mehreren zehntausend Menschen im Sportstadion von Bangui eine Messe gefeiert. Dabei ermutigte er die Gläubigen, zu „Handwerkern“ und Gestalter der menschlichen und geistlichen Erneuerung des Landes zu werden.

Eine knappe Stunde nahm sich Papst Franziskus Zeit für die Pressekonferenz. (Quelle: Erbacher)

Eine knappe Stunde nahm sich Papst Franziskus Zeit für die Pressekonferenz. Angesprochen auf den Vatileaks-Skandal stellte er lachend fest: „Ich danke Gott, dass es heute keine Lucrezia Borgia mehr gibt!“ (Quelle: Erbacher)

Nein zu Hass und Gewalt im Namen einer „Religion“

„Sagen wir gemeinsam ‚nein‘ zum Hass, zur Rache, zur Gewalt, besonders zu jener, die im Namen einer Religion oder im Namen Gottes verübt wird! Gott ist Friede, salam.“ Dazu rief Papst Franziskus am Morgen beim Besuch in der Zentralmoschee von Bangui die muslimischen „Brüder“ auf. Auf Wunsch des Papstes verharrten Papst und Imam Tidiani Moussa Naibi still vor dem Mihrab, der Gebetsnische, die gen Mekka zeigt. Franziskus bestätigte bei der Pressekonferenz im Flugzeug, dass er gebetet habe. Anschließend habe er den Imam auf dem Papamobil mitgenommen. Sie fuhren durch ein kleines Flüchtlingslager, das auf dem Gelände der Moschee ist. Dorthin haben sich vor allem muslimische Einwohner von Bangui geflüchtet, die wegen der Konflikte mit christlichen Milizen sich in ihren Stadtvierteln nicht mehr sicher fühlen. Moussa Naibi nahm später auch am Gottesdienst im Stadion teil. Er war auch am Sonntagabend schon in der Kathedrale bei der Messe zur Eröffnung des Heiligen Jahres.

In der Pressekonferenz warnte Franziskus vor einem Generalverdacht gegenüber dem Islam. In allen Religionen gebe es Fundamentalisten auch etwa in der katholischen Kirche. Zudem wies er darauf hin, dass es in der Geschichte immer wieder Religionskriege gegeben habe. „Auch wir müssen um Vergebung bitten“, so Franziskus mit Verweis auf Ereignisse wie den 30-jährigen Krieg oder die Bartholomäusnacht. „Den Sacco di Roma haben nicht die Muslime gemacht.“ Im Islam gebe es viele Werte, die konstruktiv seien, darunter etwa das Gebet und das Fasten, erklärte Franziskus auf die Frage einer Journalistin, was die Welt vom Islam lernen könne.

AIDS und Kondome

Knifflig wurde es bei der Frage, ob die katholische Kirche nicht ihre ablehnende Haltung zum Gebrauch von Kondomen im Kontext von AIDS ändern müsse. Man merkte Franziskus sichtlich an, dass er diese Frage nicht mochte. Sie sei klein, partiell, so das Kirchenoberhaupt. Sie erinnere ihn an die Frage, ob es legitim sei, am Sabbat Menschen zu heilen. „Es ist obligatorisch zu heilen“, erklärte Franziskus. Die Kirche stehe bei der Frage nach AIDS und Kondomen vor einem Dilemma. Nach den Worten des Kirchenoberhaupts geht es um eine Abwägung zwischen dem 5. und 6. Gebot, zwischen der Verteidigung des Lebens und der Offenheit des sexuellen Akts für das Leben. Es gefalle ihm aber nicht, dass man mit dieser Frage in eine Art Kasuistik verfalle. Zudem sei diese Frage nicht das Problem. Die eigentlichen Probleme seien die sozialen Ungerechtigkeiten, Unterernährung, Ausbeutung der Menschen, die Sklavenarbeit und das Fehlen von Trinkwasser. Wenn es alle diese Probleme nicht mehr gebe und niemand mehr wegen Hunger oder fehlendem Wasser sterbe, könne man über die Frage sprechen, ob es erlaubt sei, am Sabbat zu heilen.

Was will Franziskus damit sagen? Die Antwort ist zutiefst bergoglianisch und damit schwierig bzw. für viele Hörer auch unbefriedigend. Zunächst einmal stellt der Papst fest, dass Kondome „eine Methode sind“, um die Infektionen zu verhindern. Dann zeigt er mit seinem Unbehagen gegenüber einem kasuistischen Denken und dem beschriebenen Dilemma angesichts der beiden Gebote, dass er hier keine generelle Antwort geben will. Für den konkreten Fall gibt er mit dem Verweis auf die Sabbat-Szene eine klare Linie vor: Der Sabbat ist für den Menschen da und nicht der Mensch für den Sabbat. Es läuft also auch hier auf eine Einzelfallentscheidung hinaus. Die Nutzung eines Kondoms für einen HIV-positiven, der mit ständig wechselnden Partnern schläft, wird der Papst nie billigen. Bei einem Ehepaar, bei dem einer der Partner HIV-positiv ist, die ihre Beziehung aber in Treue leben, dürfte das schon ganz anders aussehen. Die Antwort steht in einer Reihe ähnlicher Antworten etwa auf die Frage der Protestantin nach dem gemeinsamen Abendmahl mit ihrem katholischen Mann oder die Frage nach dem Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene.

Was ist dann aber mit dem Verweis auf die „größeren Probleme“? Will Franziskus damit sagen, dass das Thema AIDS nicht so wichtig ist? Diese Aussage wird sicherlich noch kontrovers diskutiert werden. Da für Franziskus die Grundlinie für den Umgang mit dieser Thematik klar ist – siehe den Verweis auf die Sabbatfrage – scheint eine solche Diskussion über eine Änderung der kirchlichen Kondomposition für ihn derzeit nicht angebracht. Fast könnte man meinen, er hält sie für eine Luxusdiskussion, angesichts der riesigen Herausforderungen, vor denen die Menschheit aus seiner Sicht steht. Vor einiger Zeit hatte ich hier im Blog geschrieben, dass es manchmal scheint, als klammerten sich die Gegner des Kommunionempfangs für wiederverheiratete Geschiedene deshalb so an die theologische Diskussion dieser Frage, weil sie sich damit nicht mit den viel größeren Problemen der Gegenwart beschäftigen müssen. Für Franziskus ist die Frage entschieden und wird im Zusammenspiel von persönlichem Gewissen, persönlicher Gottesbeziehung und Beichtvater gelöst.

Eine Lesart der Worte könnte daher sein, sich die Haltung von Franziskus aus einem anderen Kontext zu eigen zu machen: „Wer bin ich zu urteilen?“ und die Frage ins Forum internum zu verweisen, sich in der öffentlichen Debatte aber um die „größeren Themen“ zu kümmern. Das Problem bei dieser Deutung ist allerdings, dass diese sich stringent in Worte und Taten von Franziskus einfügt, dass diese Haltung in der katholischen Kirche aber noch längst nicht überall praktiziert wird. Hier fügt sich das Ganze dann in die grundsätzliche Frage nach der Rezeption des Papstes in der breiten katholischen Weltkirche ein.

Zum Klimagipfel in Paris

Scharfe Worte sprach Franziskus mit Blick auf den Klimagipfel in Paris. Seit dem ersten Treffen in Tokio sei eigentlich nichts passiert. Daher gelte für Paris: „Jetzt oder nie“. Mit seiner Aussage, die Welt stehe am Rande eines Selbstmords, wählte er ganz bewusst ein solch drastisches Wort. Der Papst zeigte sich allerdings überzeugt, dass die meisten Teilnehmer den Ernst der Lage erkannt hätten und gewillt seien, entsprechende konkrete Vereinbarungen zu treffen. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hatte sich übrigens von Uganda aus direkt nach Paris begeben, um am Gipfel teilzunehmen. Er hatte den Papst nicht mehr in die Zentralafrikanische Republik begleitet.

Worüber sprach der Papst noch: Vatileaks und den aktuellen Gerichtsprozess im Vatikan, Waffenhandel und Kriege als Konjunkturspritze, die Reisepläne für den Mexikobesuch im nächsten Jahr sowie Afrika als Opfer ausländischer Mächte. Dazu morgen mehr. Auch die Übersetzung muss so lange warten sowie die Fotos vom letzten Tag. Hier gibt es eine italienische Fassung der Pressekonferenz sowie auch eine englische Version.

Das Interview im Wortlaut in einer eigenen deutschen Arbeitsübersetzung:

Armut

Sie haben im Slum Kangemi arme Familien getroffen und haben deren Zeugnisse gehört, dass sie etwa kein Zugang zu Trinkwasser haben usw. Was muss man machen, um diese Ungerechtigkeiten zu beenden?

Zu diesem Thema habe ich mindestens dreimal sehr klar gesprochen. Zunächst beim ersten Treffen der Volksbewegungen im Vatikan. Dann beim zweiten Treffen der Volksbewegungen in Santa Cruz della Tierra in Bolivien. Und dann noch zweimal mehr. In Evangelii gaudium ein bisschen. Und dann sehr stark und klar in Laudato si. Ich erinnere mich nicht genau an die Statistiken. Daher bitte ich Euch, die Statistiken nicht zu veröffentlichen, die ich sage. Ich weiß nicht, ob sie wahr sind. Aber ich habe das gehört. Ich glaube, dass 80 Prozent der Reichtümer der Erde in den Händen von 17 Prozent der Bevölkerung sind. Aber ich weiß nicht, ob es stimmt.Die Dinge sind ungefähr so. Wenn jemand von Euch die Statistik kennt, dann sagt es bitte, damit wir korrekt sind. Das ist ein Wirtschaftssystem, in dessen Zentrum das Geld steht, der Gott Geld. Ich erinnere mich, dass ich einmal einen großen Botschafter getroffen habe. Er hatte Französisch gesprochen. Er hat zu mir den Satz gesagt, er war nicht katholisch: „Nous sont tombés dans l’idolatrie dell’argent!“ Und wenn die Dinge so weitergehen, wird die Welt so weitergehen. Sie haben mich gefragt, was ich gefühlt habe bei den Zeugnissen der Jugendlichen und in Kangemi. Ich habe Schmerz gefühlt. Einen großen Schmerz. Gestern zum Beispiel bin ich ins Kinderkrankenhaus gegangen. Das einzige Kinderkrankenhaus in Bangui oder gar des Landes [Reisemarschall Gasbarri: Ja]. In der Intensivstation haben sie keine Sauerstoffmasken. Es waren viele unterernährte Kinder. Viele. Und die Ärztin hat mir gesagt, die Mehrheit wird sterben, denn sie haben starke Malaria und sind unterernährt. Idolatrie ist es, wenn ein Mann oder eine Frau die „Carta d’identita“ verlieren, Sohn Gottes zu sein. Und glaubt sich einen Gott nach seinen Maßen zu suchen. Das ist das Prinzip: Wenn die Menschheit nichts ändert, werden die Tragödien und Miseren, die Kriege weitergehen, die Kinder, die an Hunger sterben, Ungerechtigkeit. Was denkt dieser Prozentsatz, der 80 Prozent der Reichtümer der Erde in Händen hält? Und das ist nicht Kommunismus. Das ist die Wahrheit. Die Wahrheit ist nicht einfach zu sehen. Danke für diese Frage, denn es ist das Leben.

Schönster Moment der Reise

An welchen Moment erinnern sie sich am meisten von dieser Reise? Kommen sie bald zurück nach Afrika? Und wohin geht die nächste Reise?

Fangen wir von hinten an. Wenn alles gut geht, glaube ich, dass die nächste Reise nach Mexiko sein wird. Noch sind die Daten nicht präzise. Zweitens: Ob ich nach Afrika zurückkomme? Ich weiß es nicht. Ich bin alt. Die Reisen sind anstrengend. Und die erste Frage, was war das? [zögert] Ein Moment, ich musste nachdenken. Diese Masse, mit der Freude, diese Fähigkeit zu feiern mit leerem Magen. Für mich ist Afrika eine Überraschung gewesen. Ich habe gedacht, Gott überrascht uns; aber auch Afrika überrascht uns. Ich erinnere mich an viele Momente, aber die Masse. Sie haben sich gefreut, besucht zu werden Sie haben einen sehr großen Sinn für ein Willkommen. Ich habe das in allen drei Nationen gesehen, denn sie waren glücklich darüber, besucht zu werden. Dann hat jedes Land seine Identität. In Kenia, ein bisschen moderner, mehr entwickelt. Uganda hat die Identität der Märtyrer. Das ugandische Volk, sowohl katholisch als auch anglikanisch, verehrt die Märtyrer. Ich war in beiden Heiligtümern, erst dem anglikanischen, dann dem katholischen. Und das Gedenken an die Märtyrer ist seine „Carta d’identita“. Der Mut, das Leben für ein Ideal zu geben. Die Zentralafrikanische Republik möchte den Frieden, die Versöhnung, das Vergeben. Sie haben bis vor drei Jahren gelebt wie Brüder, Katholiken, Evangelische, Muslime. Gestern bin ich zu den Evangelikalen gegangen. Sie machen sehr viel Gutes. Sie sind dann zur Messe gekommen am Abend. Heute war ich in der Moschee. Ich habe in der Moschee gebetet. Auch der Imam ist im Papamobil mitgefahren, um einen kleinen Giro bei den Flüchtlingen zu machen. Da ist eine kleine Gruppe, ich glaube christlich oder sich christlich nennt, die sehr gewalttätig sind. Es ist nicht ISIS, es ist etwas anderes, christlich. Aber sie [die Mehrheit der Bevölkerung] wollen den Frieden. Jetzt machen sie die Wahlen. Sie haben einen Status des Übergangs gewählt. Sie haben eine Frau, die Bürgermeisterin, zur Präsidentin dieses Übergangstaats gewählt. Und sie machen die Wahlen. Aber sie suchen den Frieden, die Versöhnung, keinen Hass. Keinen Hass.

Vatileaks und freie Presse

Was denkt er über Presse, die Korruption aufdeckt?

Die freie Presse, säkular aber auch konfessionell, muss professionell sein. Die Professionalität der Presse kann säkular oder konfessionell sein. Wichtig ist, dass sie wirklich professionell sind, dass die Nachrichten nicht manipuliert werden. Das ist für mich wichtig. Denn das Aufdecken von Ungerechtigkeiten, von Korruption ist eine gute Arbeit. Wenn man sagt, dort ist Korruption, muss der Verantwortliche handeln, einen Prozess machen. Allerdings muss die professionelle [betont] Presse alles sagen, ohne den drei am weitesten verbreiteten Sünden zu verfallen: die Desinformation, nur die Hälfte zu sagen und nicht die andere Hälfte. Die Verleumdung, wenn es keine Professionalität gibt, beschmutzt man den anderen, und die Diffamierung. D.h. Sachen zu sagen, die den Ruf einer Person beschädigt, Dinge, die in diesem Moment niemandem wehtun, vielleicht aus der Vergangenheit sind. Das sind die drei Defekte, die die Professionalität der Presse schädigen. Aber wir brauchen die Professionalität, das Richtige, die Sache ist so, die Sache ist so, die Sache ist so … Und zur Korruption, da muss man genau die Daten sehen und die Dinge beim Namen nennen: Es gibt Korruption hier für das, für das, für das … Und dann, ein Journalist, der ein echter Profi ist, bittet um Vergebung, wenn er einen Fehler macht: „Ich dachte…, aber dann habe ich gemerkt, nein.“ Und so laufen die Sachen bestens. Das ist sehr wichtig.

Fundamentalismus und Religion

Müssten sich die religiösen Führer angesichts des religiösen Fundamentalismus nicht mehr in die Politik einmischen?

Im politischen Bereich zu intervenieren, wenn das heißt, Politik zu machen, nein. Sie sollen Hirten, Priester, Imam, Rabbiner sein. Das ist die Berufung. Aber man macht indirekt Politik, wenn man Werte predigt, die wahren Werte. Und einer der größten Werte ist die Geschwisterlichkeit unter uns. Wir sind alle Kinder Gottes. Wir haben denselben Vater. In diesem Sinn muss man eine Politik machen der Einheit, der Versöhnung. Ein Wort, das mir nicht gefällt, aber ich muss es gebrauchen, ist Toleranz. Denn es geht nicht nur um Toleranz, sondern um Zusammenleben, Freundschaft und so. Der Fundamentalismus ist eine Krankheit, die es in allen Religionen gibt. Wir Katholiken haben einige, nicht einige, viele, die glauben, sie hätten die absolute Wahrheit. Und sie beschmutzen andere mit Verleumdung, mit Diffamierung, und sie schaden. Sie schaden. Und das sage ich, weil das meine Kirche ist. Das muss man bekämpfen. Der religiöse Fundamentalismus ist nicht religiös, denn es fehlt Gott. Er ist idolatrisch, wie der Götze Geld. Politik machen im Sinne, diese Leute zu überzeugen, die diese Tendenz haben, das ist eine Politik, die wir religiösen Führer machen müssen. Aber der Fundamentalismus, der immer in einer Tragödie, oder im Begehen von Delikten endet, ist eine schlechte Sache. Aber es gibt in jeder Religion ein Stückchen.

Vatileaks

Wie war es möglich, dass Prälat Lucio Angel Valleja Balda und Francesco Chauqui in die COSE-Kommission berufen wurden? Glauben Sie, Sie haben einen Fehler gemacht?

Ich glaube, dass ein Fehler gemacht wurde. Prälat Vallejo Balda ist berufen worden wegen der Aufgabe, die er hatte und die er bis jetzt gemacht hatte. Er war Sekretär der Präfektur für die wirtschaftlichen Angelegenheiten. Und wie sie hineingekommen ist, bin ich mir nicht sicher. Aber ich glaube, dass ich nicht falsch liege, wenn ich sage, dass er es war, der sie präsentiert hat, als eine Frau, die sich auskennt in der Wirtschaftswelt und so. Sie haben gearbeitet und als die Arbeit zu Ende war, sind die Mitglieder dieser Kommission, die sich COSEA nannte, in einigen Posten im Vatikan geblieben. Vallejo Balda auch. Frau Chaouqi ist nicht im Vatikan geblieben, denn sie kam für die Kommission und dann ist sie nicht geblieben. Einige sagen, dass sie sich darüber verärgert darüber war. Aber die Richter werden uns die Wahrheit sagen über ihre Absichten und wie sie es gemacht haben. Für mich war es keine Überraschung. Es hat mir nicht den Schlaf geraubt. Denn sie haben letztendlich all die Arbeit offen gelegt, die begonnen hat mit der Kardinalskommission K9, die die Korruption gesucht hat und die Dinge, die nicht gehen. Hier möchte ich eine Sache sagen. Nichts zu Vallejo Balda und Chaouqi, sondern generell. Die Korruption, einer der beiden aus Kenia hat das Wort gesagt. 13 Tage vor dem Tod des heiligen Johannes Paul II. in jenem Kreuzweg hat der damalige Kardinal Ratzinger, der den Kreuzweg leitete, vom Dreck in der Kirche gesprochen. Es war er! [Betonung auf „er“] Er hat als erster angeklagt. Dann ist er [Johannes Paul II] gestorben in der Osteroktav und er [Kardinal Ratzinger] ist Papst geworden. Und in der Messe „pro eligendo pontefice“, er war Dekan, nein, er war Camerlengo, nein, Dekan, hat er über dasselbe gesprochen. Und wir haben ihn für diese Freiheit, die Dinge zu sagen, gewählt. Und seit dieser Zeit ist bekannt, dass es im Vatikan Korruption gibt. Es gibt Korruption. Zu diesem Gerichtsprozess, den habe ich den Richtern übergeben. Die konkreten Anklagen, also das, was für die Verteidigung wichtig ist, die Formulierung der Anklagen, die habe ich nicht gelesen, die konkreten Anklagen, die technischen Details. Ich wollte, dass das vor dem 8. Dezember, dem Jahr der Barmherzigkeit, fertig wird. Aber ich glaube, dass man das nicht wird machen können, denn ich möchte, dass alle Anwälte, die verteidigen, die Zeit haben zu verteidigen haben. Dass die Freiheit der Verteidigung da ist. Die Korruption ist schon lange offengelegt.

Wie wollen Sie weitermachen, damit das nicht mehr passiert?

Nun ich danke Gott, dass es keine Lucrezia Borgia mehr gibt. [lacht] Ich weiß nicht. Wir müssen aber fortfahren mit den Kardinälen, mit den Kommissionen, und aufräumen.

Politik in Lateinamerika

Gibt es derzeit einen Wandel in der Politik in Lateinamerika, wie es sich etwa bei den Wahlen in Argentinien jetzt gezeigt hat?

Ich habe einige Meinungen gehört. Aber ehrlich, zu dieser Geopolitik in diesem Moment, weiß ich nicht, was ich sagen soll. Ehrlich. Ich weiß nicht, denn es gibt Probleme in einigen Ländern auf dieser Linie. Aber ehrlich, ich weiß nicht, wie es angefangen hat. Ich weiß es nicht, warum. Wirklich. Es sind einige Länder in Lateinamerika in dieser Situation des Wechsels. Das ist wahr. Aber ich weiß nicht, wie ich das erklären soll.

AIDS und Kondome

AIDS ist gerade in Afrika sehr weit verbreitet. Wir wissen, dass Prävention das Wichtigste ist und dass Kondome nicht das einzige Mittel sind, um die Epidemie zu stoppen. Aber sie sind ein wichtiger Teil der Antwort. Ist es vielleicht nicht an der Zeit, dass die Kirche ihre Haltung ändert und Kondome erlaubt, um neue Infektionen zu verhindern?

Die Frage scheint mir eng gefasst zu sein. Mir scheint es auch eine partielle Frage zu sein. Ja, es ist eine der Methoden. Die Morallehre der Kirche befindet sich, glaube ich, in diesem Punkt in einem Dilemma. Entweder das 5. oder das 6. Gebot: Die Verteidigung des Lebens oder, dass die sexuelle Beziehung offen ist für das Leben. Aber das ist nicht das Problem. Das Problem ist viel größer. Diese Frage lässt mich daran denken, wie sie einmal Jesus gefragt haben: „Sag mir Meister, ist es legitim am Sabbat zu heilen?“ Es ist obligatorisch zu heilen. Ja, es ist legitim zu heilen. Aber die Unterernährung, die Ausbeutung der Personen, die Sklavenarbeit, das Fehlen von Trinkwasser, das sind die Probleme. Sprechen wir nicht darüber, ob man dieses Pflaster eine kleine Wunde gebrauchen kann. Die große Wunde ist die soziale Ungerechtigkeit. Die Ungerechtigkeit der Umwelt. Die Ungerechtigkeit der Ausbeutung, die ich genannt habe, und die Unterernährung. Das ist es. Mir gefällt es nicht, Fragen oder Reflektionen zu verhandeln, die derart kasuistisch sind, wenn die Menschen wegen fehlendem Wasser, wegen Hunger sterben. [lange Pause] Wenn alle geheilt sind oder wenn es nicht mehr diese tragischen Krankheiten gibt, die der Mensch macht, sei es wegen sozialer Ungerechtigkeit, sei es um mehr Geld zu verdienen, denken Sie an den Waffenhandel … Wenn es diese Probleme nicht mehr gibt, glaube ich, kann man diese Frage stellen: Ist es legitim am Sabbat zu heilen. Warum macht man weiter damit, Waffen zu produzieren und mit Waffen zu handeln. Die Kriege sind die Ursache für eine viel größere Todesrate. Ich würde sagen, denkt nicht daran, ob es legitim ist oder nicht, am Sabbat zu heilen. Ich sage der Menschheit, macht Gerechtigkeit. Und wenn alle geheilt sind, wenn es keine Ungerechtigkeit mehr gibt in dieser Welt, können wir über den Sabbat reden.

Türkei, Russland und Armenien

Wie ist die Position des Vatikans zur Krise zwischen Russland und der Türkei? Fahren Sie nach Armenien zum 101-Jahr-Gedenken des Völkermords?

Letztes Jahr habe ich den drei Patriarchen versprochen, dorthin zu gehen. Das Versprechen gibt es. Ich weiß nicht, ob man das machen kann, aber das Versprechen besteht. Dann die Kriege. Kriege kommen aus Ehrgeiz. Die Kriege, ich spreche nicht von den Kriegen, um sich zu gerechterweise gegen einen ungerechten Aggressor zu verteidigen, die Kriege sind eine Industrie. In der Geschichte haben wir gesehen, dass oft ein Land, dessen Bilanz nicht okay war, entschieden hat, einen Krieg zu machen und so die Bilanz in Ordnung gebracht hat. Der Krieg ist ein Geschäft, ein Geschäft, die Waffen. Die Terroristen, machen die die Waffen? Ja, vielleicht kleine. Wer gibt sie ihnen, um Krieg zu führen? Das ist alles eine Kette von Interessen. Da steckt das Geld dahinter, oder die Macht entweder die imperialistische Macht oder die konjunkturelle. Wir sind seit Jahren in einem Weltkrieg in Teilen. Und jedes Mal sind die Teile weniger Teile, sondern werden immer größer. Was denke ich? Was der Vatikan denkt, weiß ich nicht. Aber was denke ich? Dass die Kriege eine Sünde sind. Sie sind gegen die Menschheit. Sie zerstören die Menschheit. Sie sind die Ursache der Ausbeutung, des Menschenhandels und vieler Dinge. Das muss aufhören. Bei den Vereinten Nationen habe ich zweimal gesagt, dieses Wort, sowohl hier in Kenia als auch in New York, dass diese Arbeit nicht ein nominalistischer Deklaratismus sein darf, dass sie effektiv sein muss, dass sie den Frieden bringt. Sie machen viele Dinge. Hier in Afrika habe ich gesehen, wie die Blauhelme … aber das ist nicht genug. Die Kriege sind nicht von Gott. Gott ist der Gott des Friedens. Gott hat die Welt gemacht, er hat alles schön gemacht, schön … Dann nach der biblischen Erzählung hat ein Bruder einen anderen umgebracht. Der erste Krieg. Der erste Weltkrieg, unter Brüdern. Ich weiß nicht. Das fällt mir dazu ein – und ich sage das mit viel Schmerz.

Umweltgipfel in Paris

In Paris beginnt heute der Umweltgipfel COP21. Sind Sie zuversichtlich, dass es Fortschritte geben wird?

Ich bin mir nicht sicher. Aber ich kann Ihnen sagen: Jetzt oder nie. Vom ersten [Gipfel], ich glaube er war in Tokio, bis jetzt hat man nur wenige Sachen gemacht. Und jedes Jahr werden die Probleme schlimmer. Als ich in einer Versammlung von Universitätsprofessoren war, um darüber zu sprechen, welche Welt wir unseren Kindern überlassen wollen, hat einer gesagt: Aber sind sie sicher, dass es Kinder dieser Generation geben wird? Wir sind am Limit. Wir sind am Rande eines Selbstmord, um ein hartes Wort zu sagen. Und ich bin sicher, dass quasi die alle, die beim COP21 in Paris sind, sich dessen bewusst sind und etwas machen wollen. Vor einigen Tagen habe ich gelesen, dass in Grönland die Gletscher Milliarden Tonnen von Eis verloren haben. Im Pazifik gibt es ein Land, das kauft von einem anderen Land Erde, um sie ins eigene Land zu bringen. Denn in 20 Jahren wird es nicht mehr da sein. Ich habe Vertrauen, ich habe Vertrauen in diese Leute, dass sie etwas machen, denn sie haben einen guten Willen, etwas zu tun. Und ich wünsche mir, dass es so sein möge. Und ich bete dafür.

Islam

Sie haben diese Zeichen des Respekts und der Freundschaft gegenüber dem Islam gemacht. Was kann der Islam der Welt heute sagen?

Sie [der Islam] haben Werte, viele Werte. Sie haben viele Werte. Diese Werte sind konstruktiv. Auch ich habe die Erfahrung der Freundschaft, das ist ein starkes Wort, Freundschaft, mit einem Muslim, der auf Weltebene aktiv ist. Wir können reden, er über seine Werte, ich über meine. Er betet, ich bete. Es gibt viele Werte. Das Gebet beispielsweise, das Fasten, auch andere Werte. Man kann eine Religion nicht abschaffen, weil es Gruppen von Fundamentalisten gibt, oder viele Gruppen in einem bestimmten Moment der Geschichte. Es ist wahr, die Religionskriege hat es immer gegeben in der Geschichte. Immer. Auch wir müssen um Vergebung bitten. Catarina di Medici war keine Heilige. Der 30-jährige Krieg, die Bartholomäusnacht … Auch wir müssen um Vergebung bitten für die Extremismen und Fundamentalismen, für die Religionskriege. Aber sie haben Werte. Mit ihnen kann man Dialog führen. Heute war ich in der Moschee. Ich habe gebetet. Auch der Imam wollte mit mir kommen, um den Giro mit dem Papamobil zu machen in dem kleinen Flüchtlingscamp, wo viele waren, die nicht rein kommen konnten [in die Moschee]. Und im Papamobil waren der Papst und der Imam. Es gibt Menschen mit religiösen Werten und es gibt Menschen,die das nicht haben. Aber wie viele Kriege, nicht nur der Religionen, haben wir Christen gemacht? Den Sacco di Roma haben nicht die Muslime gemacht. Sie haben Werte. Sie haben Werte.

Mexikoreise

Wir wissen, dass Sie nach Mexiko reisen wollen. Werden Sie auch nach Kolumbien oder Peru kommen?

Die Reisen in meinem Alter tun nicht gut. Sie hinterlassen Spuren. Ich gehe nach Mexiko und in erster Linie mache ich das, um unsere Liebe Frau, die Mutter Amerikas [die Madonna von Guadeloupe] zu besuchen. Wenn sie nicht gewesen wäre, wäre ich nicht nach Mexiko-Stadt gegangen. Weil ich als Kriterium für die Reise habe, dass ich drei oder vier Städte besuchen möchte, wo noch nie ein Papst war. Dann werde ich nach Chiapas gehen, dann nach Morelia und ziemlich sicher wird es vor der Rückreise nach Rom einen Tag in Ciudad Juarez [an der Grenze zur USA] geben. Zu anderen lateinamerikanischen Ländern: für 2017 wurde ich nach Aparecida eingeladen, zur anderen Patronin Amerikas, der portugiesisch sprachigen. Von dort aus kann man andere Länder besuchen. Aber es gibt noch keine Pläne.

Sicht auf Afrika

Es war ihre erste Reise nach Afrika und es gab viele Sicherheitsbedenken. Was sagen Sie der Welt, die denkt, dass Afrika nur Krieg und Zerstörung ist?

Afrika ist Opfer. Afrika ist immer ausgebeutet worden von anderen Mächten. Von Afrika kamen die Sklaven, die nach Amerika verkauft worden waren. Es gibt Mächte, die nur darauf aus sind, die großen Reichtümer Afrikas zu nehmen. Es ist vielleicht der reichste Kontinent. Aber sie denken nicht daran zu helfen, dass die Länder wachsen, dass alle Arbeit haben. Die Ausbeutung … Afrika ist ein Märtyrer. Es ist Märtyrer der Ausbeutung in der Geschichte. Die, die sagen, dass aus Afrika alles Unheil und alle Kriege kommen, verstehen vielleicht nicht richtig, den Schaden, den manche Formen der Entwicklung für die Menschheit bedeuten. Und deshalb liebe ich Afrika. Denn Afrika war ein Opfer anderer Mächte.

Am Ende des Treffens sagte Franziskus noch: „Ich antworte das, was ich weiß. Und das, was ich nicht weiß, sage ich nicht. Ich erfinde nichts.“

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

16 Kommentare

  • Alberto Knox
    01.12.2015, 0:17 Uhr.

    zu den kondomen: wenn es nicht den unsäglich blödsinn gäbe, den johannes paul ii. zum thema über zwei jahrzehnte immer wieder vom stapel gelassen hat, nachdem schon paul vi. eine sachlich falsche entscheidung getroffen hatte, dann müsste man sagen: im grunde liegt der papst gar nicht so falsch. kondome zur bekämpfung von hiv in afrika greifen ja nur am symptom an und beseitigen nicht das übel an sich. hiv in afrika ist neben vielem anderen einem ganz und gar verwerflichen patriarchalismus geschuldet, der frauen en gros zu sexobjekten macht. insofern ist franziskus auch weiter als benedikt, der just männliche prostituierte im sinn hatte (und man fragt sich, warum gerade dies. da liegt m.e. schon der gedanke an eine ekklesiogene und aus der eigenen entwicklungspsychologie stammende sexualneurose nicht fern). nach der – im übrigen mit genauer bibellektüre ja nicht in einklang zu bringenden – verurteilung der homosexualität, wie sie im vatikan gepflegt wird, ist prostitution, homosexueller geschlechtsverkehr und kondombenutzung schwere sünde. warum gerade kondombenutzung durch homosexuelle prostituierte ein schritt in die richtige richtung ein so engherzig verstandenen sexualität werden soll, bleibt wohl das geheimnis von ratzinger. vermutlich wollte er weniger hiv-positive prälaten im vatikan haben – oder deren gewissen erleichtern, obwohl sie den zölibat brechen.
    wir sollten am heutigen weltaidstag für alle hiv-erkrankten beten und ihnen unsere solidarität in jeglicher beziehung zukommen lassen.

    • Silvia
      02.12.2015, 9:53 Uhr.

      „vermutlich wollte er weniger hiv-positive prälaten im vatikan haben – oder deren gewissen erleichtern, obwohl sie den zölibat brechen.“

      Lieber Herr Knox, meine Gedanken gingen damals in dieselbe Richtung, anders hätte die Kondomerlaubnis für männliche Prostituierte noch weniger Sinn gemacht als sowieso schon.

    • SuNuraxi
      02.12.2015, 20:16 Uhr.

      Alberto Knox, 01.12.2015, 0:17 / Silvia, 02.12.2015, 9:53

      Sie sollten sich eventuell ein bisschen über die menschliche Anatomie Gedanken machen. Angesichts der Unterschiede zwischen einem männlichen und einem weiblichen Körper ist es doch klar, dass sich der Mann den Gummi überzieht und nicht die Frau, folglich auch DER Prostituierte und nicht DIE Prostituierte.

  • Arnd
    01.12.2015, 10:18 Uhr.

    Sehr geehrter Herr Erbacher,

    ich denke was das Kondomverbot angeht, wollte der Papst Folgendes sagen:
    Es ist eine typische westliche Herangehensweise und Frage, die er so nicht beantworten möchte. Der sekulare westliche Weg ist, die Armen dieser Welt zur Lösung ihrer Probleme (AIDS, Armut)auf Kondome zu verweisen. Eigentlich sagt man damit: Dezimiert Euch lieber, seid rational, bevor wir etwas von unseren Gütern abgeben. Außerdem schwingt mit: Ihr seid an Eurer Situation doch selbst (mit) Schuld, müsst doch nicht so viele Kinder kriegen. Gleichzeitig zeigt man auf die Kirche, die Kondome verbietet, sie solle sich doch erklären, dass Kondome ok sind, alles andere sei grausam. In diese Ecke will sich der Papst nicht stellen lassen. Er meint, gebt erst mal etwas ab, löst die Armutsprobleme, bevor ihr den moralischen Zeigefinger hebt und: wenn die soziale Situation sich in den Ländern bessert, wird es auch mehr verantwortete Elternschaft mit weniger Kindern geben und weniger AIDS. Gleichzeitig wiederholt er, dass natürlich Kondome benutzt werden können, um Krankheit und Tod abzuwenden, wie das auch Benedikt in seinem letzten Interviewbuch schon gesagt hat.
    Insofer: Ja, ein typischer Bergoglio.

    LG

    Arnd.

    • Jürgen Erbacher
      Jürgen Erbacher
      02.12.2015, 7:45 Uhr.

      In der Tat hatte Benedikt XVI. in dem Interviewbuch eine Öffnung in konkreten Fällen angedacht. Leider wurde er aber von der Glaubenskongregation wieder eingefangen. Ähnlich verlief es mit einer anderen Initiative Benedikts XVI. Er hatte zu Beginn seiner Amtszeit den Präsidenden des Päpstlichen Gesundheitsrats gebeten, eine Studie zum Gebrauch von Kondomen anzufertigen für die Fälle, in denen ein Ehepartner HIV-positiv ist. Nach meinen Informationen soll das Ergebnis gewesen sein, dass dann der Kondomgebrauch gestattet werden sollte. Doch die Studie ist in den Mühlen der Glaubenskongregation zermahlen worden. Das war noch alles vor der Zeit des heutigen Präfekten Müller.

      • Arnd
        02.12.2015, 9:29 Uhr.

        Das ist ja tendenziell in der Frage der Wiederverheiratet-Geschiedenen gegenwärtig auch so, die Position Franziskus ist klar, dennoch -sieht man mal von dem dt. Gruppenergebnis unter Beteiligung von Kardinal Müller (als Bischof, nicht als Glaubenpräfekt)ab. Dennoch ist ja der Papst Nachfolger Petri und nicht die Glaubenskongregation. Mir scheint das Problem zu sein, dass einige hoffen, über die Frage einer Krankheit oder von Armut die katholische Sexualmoral insgesamt behandeln zu können. Das durchschaut der Papst natürlich, denn er ist ja nicht dumm und es missfällt ihm, auch weil es im Ansatz etwas unehrlich ist. In der Frage der Verhinderung von schlimmen Übeln durch den Gebrauch eines Kondoms scheint mir aber -Glaubenskongregation hin oder her- kein großer Dissenz in der Kirche zu herrschen.

  • Silvia
    01.12.2015, 11:19 Uhr.

    Die ausweichende Antwort zum Thema Kondome im Zusammenhang mit Aids stimmt mich nachdenklich. Denn wenn der Papst sich bereits da um eine Antwort drückt, wo die Sachlage doch ganz offensichtlich ist, wie sollte er dann erst zu einer positiven Einstellung zur „künstlichen“ Empfängnisverhütung kommen?

    Im Falle einer HIV – Infektion bietet ein Kondom relativ guten Schutz davor, die Infektion weiter zu verbreiten und das sollte ganz besonders für Ehepaare gelten, bei denen ein Partner HIV – positiv ist.

    Es ist moralich nicht zu rechtfertigen, den Partner anzustecken oder ein Kind zu zeugen, das die Infektion dann wahrscheinlich schon im Mutterleib übertragen bekommt.

    Hier wäre eine KLARE Antwort das einzig Richtige gewesen.

  • JasJu
    01.12.2015, 11:49 Uhr.

    Daß Kondome die Ausbreitung des HIV-Virus wirkungsvoll verhindern, wird immer wieder als Tatsache behauptet, ist aber gar nicht so sicher. Besser sind eheliche Treue und Abstinenz. Die katholischen Länder Afrikas weisen – mit einer Ausnahme – geringere HIV-Infektionszahlen auf als die mohamedanischen und heidnisch dominierten Länder. Der Gebrauch von Kondomen (die qualitativ sehr differieren) spielt eine Sicherheit vor, die leichtsinnig macht; außerdem beinhaltet „Safer Sex“ immer die Gefahr der Banalisierung des Geschlechtsakts zwischen Mann und Frau und dessen Abkoppelung von der Offenheit für das Leben.

  • bernardo
    01.12.2015, 16:20 Uhr.

    Ich hoffe, dass Franziskus mit der Korruption, dem Nepotismus und dem Machtmissbrauch in der Kurie aufräumt. Man könnte ja wirklich den Eindruck haben, seit den Zeiten von Lucrezia Borgia habe sich nicht viel geändert.

    Etwas schwächlich fand ich seine Ausführungen zum Islam? „Aber wie viele Kriege, nicht nur der Religionen, haben wir Christen gemacht? Den Sacco di Roma haben nicht die Muslime gemacht. Sie haben Werte. Sie haben Werte.“ Santissimo Padre, La prego, anzi La supplico – un po‘ più di concretezza e un po‘ meno di correttezza politica, se non Le Sue dichiarizioni divantano un bla bla.

    • JasJu
      02.12.2015, 11:17 Uhr.

      … e qualche volta è meglio e più saggio di tacere

    • Wanda
      02.12.2015, 18:26 Uhr.

      – nun, Franziskus: den Sacco die Roma hatte der vom Papst oft als „Ihre aller-katholischste Majestät“ gelobte Carlos V. zu verantworten der zugleich als der mächtigste Verteidiger gegen die Ausbreitung der Reformation höchstes Wohlwollen der Kirche genoss…
      Karl selbst wies die Schuld jenen zu (Papst Clemens VII. und dessen franz. Verbündeten Franz I.), die ihn gezwungen hätten sich zu verteidigen und ein derart grosses, unkontrollierbares Heer aufzustellen. Dass er danach den Papst zeitweilig gefangenhielt, fällt da nicht weiter in’s Gewicht…
      Man schlägt sich und verträgt sich – natürlich nicht persönlich. Dafür hat man Söldner und das Fussvolk…

  • bernardo
    02.12.2015, 18:20 Uhr.

    @ Wrightflyer: „Sie [der Islam] haben Werte, viele Werte.“
    Vermutlich wurden die Fackeln und Heugabeln an dieser Stelle schon ausgepackt, aber noch können wir es nicht lesen. Naja, dann kann ich noch etwas dazu schreiben, bevor das hier an dieser Stelle wieder sehr hässlich wird.“

    Warum sollte das „häßlich“ werden? Die Aussage des Papstes ist schwammig, wahrscheinlich bewusst schwammig gehalten, nachdem der Versuch seines Vorgängers in einen intellektuellen Diskurs mit Vertretern des Islam zu gelangen, gescheitert ist. Gescheitert am intellektuellen Unvermögen vieler Meinungsmacher und Journalisten, gescheitert an den ständig zur Empörung und zum Selbstmitleid bereiten Vertretern des Islams. (Einige haben dann tatsächlich angefangen, auf der Grundlage der Regensburger Rede zu diskutieren – mit dem durchaus richtigen Hinweis, dass die Frage nach dem Verhältnis von Allmacht und Allvernunft Gottes auch im Christentum durchaus unterschiedlich beantwortet worden ist.) Was Franziskus sagt, ist nicht falsch. (Ich würde mir allerdings keine Koran küssenden oder nach Mekka betenden Päpste wünschen.) „Werte“ sind ganz neutral, es gibt „richtige“ und „falsche“ Werte, richtige Werte, die pervertiert werden, „schlechte“ und „gute“ Werte usw. Man hätte sagen können, dass auch die Nazis Werte hatten. Insofern sehe ich eher einen Mangel an Konkretheit. Da das Konkrete aber Gefahren birgt, wäre es vielleicht ein sehr bedeutsames Zeichen des Papstes gewesen, wenn er einfach geschwiegen hätte.

  • Wanda
    03.12.2015, 1:03 Uhr.

    – Hochinteressant:
    der iran. Friedenspreisträger Navid Kermani stellte klar, er widerspreche all jenen, denen angesichts des IS-Terrors nur die Floskel einfalle, dass die Gewalt nichts mit dem Islam zu tun habe…
    Im Neuen Testament erklärt Jesus, es sei nicht gekommen um Frieden zu bringen, sondern das Schwert…
    – Wer hat nun „fundamentalistisch“ Recht ? Jesus/Gott oder jene Exegeten, welche aus solchen, auch im Koran zu findenden Passagen theologische Rechtfertigung für ihr Handeln ziehen ?
    Und der Papst ging in Afrika ja mit seiner Kirche ebenfalls in´s Gericht …“auch wir (Christen) müssen Gott um Vergeben bitten“ (ua. wegen der historischen Religionskriege etc…)
    Was könnte man daraus folgern ? Offenbar liegt Hans Küng richtig …“kein Frieden unter den Nationen ohne Frieden unter den Religionen – kein Frieden unter den Religionen ohne Dialog zwischen den Religionen“…
    Mit anderen Worten: der Ball liegt zu allererst im Feld der Religionen.
    Absolut überraschend und erstaunlich mutig, dass der höchste Muslim Kenias die Verwirklichung dieser These Küngs beim Besuch Franziskus von beiden Religionen, der christlichen UND der muslimischen, einforderte…

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