Deutsche Bischöfe beraten über Arbeitsrecht
Ein schwieriges Thema steht am Montag auf der Tagesordnung beim Treffen des Ständigen Rats der Deutschen Bischofskonferenz in Würzburg. Es geht um die Reform des kirchlichen Arbeitsrechts. Dass das ein kontroverses Thema ist, hat ja die Diskussion in den letzten Tagen hier im Blog schon gezeigt. Über mehrere Jahre hat eine Arbeitsgruppe der Bischöfe unter Leitung des ehemaligen Vorsitzenden, Erzbischof Robert Zollitsch, eine Reform der sogenannten Grundordnung zum kirchlichen Arbeitsrecht erarbeitet. Ein vorläufiger Entwurf liegt nun vor. Es zeigt sich allerdings, dass einige Bistümer diesen sehr kritisch sehen. Ein entsprechender Bericht der FAZ vom Wochenende deckt sich mit eigenen Recherchen.
Größerer Ermessensspielraum im Einzelfall
Die deutschen Bischöfe wollen das kirchliche Arbeitsrecht ändern. Künftig soll es etwa die Wiederheirat eines geschiedenen Arbeitnehmers oder das Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft kein unbedingter Kündigungsgrund mehr sein. Allerdings sollen für Personen, die im Verkündigungsdienst und der Seelsorge aktiv sind, auch weiterhin strengere Regeln gelten. Die Kirche – übrigens beide großen Kirchen – erwarten von ihren Mitarbeitern, dass sie die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre „anerkennen und beachten“. Künftig soll es nach dem Willen der von der Reformkommission ausgearbeiteten neuen Grundordnung für das Arbeitsrecht aber einen größeren Ermessensspielraum für die Dienstgeber geben.
Allerdings gibt es Kritik einzelner Bischöfe an den Reformvorschlägen. Diese kommt vor allem aus Bayern. Es gibt einige Bischöfe, die keinen Änderungsbedarf und sich nun durch das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum kirchlichen Arbeitsgericht darin bestätigt sehen. Allerdings gilt es zu beachten, dass das Bundesverfassungsgericht das Verfahren gegen den wegen Wiederheirat nach Scheidung gekündigten Arzt wieder an die unteren Instanzen zurückverwiesen hat. Es ist noch längst nicht klar, ob am Ende des Verfahrens nicht doch eine Weiterbeschäftigung des Arztes steht.
Viele Bischöfe wollen Änderung
Dazu kommt, dass ein großer Teil der Bischöfe unabhängig vom Urteil vom vergangenen Donnerstag Handlungsbedarf sieht, auch wenn sie durch den höchstrichterlichen Entscheid das kirchliche Arbeitsrecht gestärkt sehen. Trotzdem wollen sie Änderungen unter anderem auch, weil es bereits jetzt in verschiedenen Situationen Fälle gibt, in denen qualifizierte Mitarbeiter unter den bestehenden arbeitsrechtlichen Regelungen nur noch schwer zu bekommen sind oder etwa einem qualifizierten Arzt, der privat in aus kirchlicher Sicht ungeregelten Verhältnissen lebt, ein weniger qualifizierter vorgezogen werden muss. Auch schwindet die gesellschaftliche Akzeptanz für Entlassungen aus dem kirchlichen Dienst, nur weil etwa eine lesbische Reinigungskraft oder ein schwuler Organist mit ihrer Partnerin bzw. ihrem Partner in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben. Wie ist das geltende Arbeitsrecht mit den Diskussionen der jüngsten Synode in Rom zu verstehen, die in ersten vorsichtigen Ansätzen auch in Partnerschaften außerhalb der sakramentalen Ehe positive Elemente sieht?
Die Bischöfe, die Änderungen wollen, sehen gerade durch das Urteil vom Donnerstag die Chance, jetzt aus einer gestärkten Position heraus selbst die Reform zu gestalten und nicht aufgrund irgendwelchen richterlichen Drucks handeln zu müssen. Trotzdem fahren gerade viele Reformwillige mit gemischten Gefühlen zum Treffen der Diözesanbischöfe nach Würzburg. Was ist, wenn sich einzelne Bischöfe verweigern? Wird es dann künftig zu unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Bistümern kommen? Eine solche Ungleichbehandlung dürfte wohl vor säkularen Gerichten wenig Bestand haben. Oder bremst eine Minderheit von konservativen Bischöfen die gesamte Bischofskonferenz aus? Das würde sicherlich einen weiteren großen Schaden für das Ansehen der katholischen Kirche in Deutschland bedeuten.
Papst berät über Kurienreform
Es würde einmal mehr zeigen, dass es gar nicht so einfach ist, wenn Papst Franziskus von einer Dezentralisierung der katholischen Kirche spricht und mehr Kompetenzen für die Ebenen der Bischofskonferenzen wünscht. Die Frage ist, gibt es die notwendigen Verfahren, damit diese mittlere Ebene auch handlungsfähig ist? Vor wenigen Wochen gab es einen Brief an alle vatikanischen Dikasterien, welche Aufgaben an untere Ebenen abgegeben werden können. Während die deutschen Bischöfe in Würzburg beraten – und sich übrigens durch ihren Konferenzvorsitzenden Kardinal Reinhard Marx auch erstmals ausführlich über die Bischofssynode vom Oktober informieren lassen – sitzt Papst Franziskus mit den Spitzen der Kurie bei einer Art Kabinettssitzung zusammen. Dabei soll es um die vom K9-Kardinalsrat ausgearbeitete Reform der römischen Kurie gehen und damit auch um die Fragen, welche Aufgaben an die unteren Ebenen abgegeben werden können.
P.S. Papst Franziskus hat übrigens diese Woche das Präsidium der Ordentlichen Bischofssynode im Oktober 2015 ernannt. Es sind dieselben Personen, die auch schon bei der Außerordentlichen Synode vor wenigen Wochen die Diskussionen leiteten. Lediglich der südafrikanische Kardinal Wilfrid Fox Napier (Durban) wurde zusätzlich zu den Kardinälen André Vingt-Trois (Paris), Luis Antonio Tagle (Manila) und Raymundo Damasceno Assis (Aparecida) ins Präsidium ernannt. Generalrelator ist wieder der Erzbischof von Budapest, Kardinal Peter Erdö, Sondersekretär der italienische Bischof von Chieti-Vasto, Bruno Forte. Die Ernennungen sind ein klares Zeichen der Kontinuität. In diesen Tagen wählen die Bischofskonferenzen weltweit ihre Vertreter für die Synode, die vom 4. bis 25. Oktober 2015 im Vatikan stattfinden wird.