Papst erinnert an Mauerfall
Papst Franziskus hat beim Mittagsgebet auf dem Petersplatz an den Fall der Berliner Mauer vor 25 Jahren erinnert. Auch wenn der Mauerfall plötzlich geschehen sei, würdigte er den Einsatz derer, die zum Fall der Mauer beigetragen haben, hätten doch Menschen lange dafür gekämpft, gebetet, gelitten und teilweise sogar mit ihrem Leben bezahlt. Franziskus erinnerte auch an die Rolle seines Vorgängers Papst Johannes Paul II. Das Gedenken nahm Franziskus zum Anlass, sich für eine „Kultur der Begegnung“ auszusprechen. Alle Mauern, die heute noch Menschen trennten, müssten fallen. „Wo eine Mauer ist, ist das Herz verschlossen“, so Franziskus. „Wir brauchen Brücken, nicht Mauern“.
Papst trifft Evangelikale
Brücken spielten auch bei der Begegnung von Papst Franziskus mit der Evangelischen Weltallianz (WEA) in dieser Woche eine Rolle. Der Pontifex empfing die Spitze dieses Zusammenschlusses evangelikaler Kirchen und Gruppen, die nach eigenen Angaben weltweit in mehr als 120 Ländern rund 600 Millionen Menschen vertreten, am Donnerstag im Vatikan. Die Zusammenarbeit zwischen dem Vatikanischen Ökumenerat und der theologischen Kommission der WEA habe „neue Perspektiven eröffnet, Missverständnisse geklärt und Wege aufgezeigt, um Vorurteile zu überwinden“. Die Teilung des Christentums schwäche das christliche Zeugnis, so Franziskus. „Die Effizienz der christlichen Verkündigung wäre sicher größer, wenn die Christen ihre Teilungen überwinden würden und gemeinsam die Sakramente feiern sowie gemeinsam das Wort Gottes verbreiten und die Nächstenliebe bezeugen könnten.“
Franziskus würdigte in diesem Kontext gemeinsame Initiativen von Katholiken und Evangelikalen in verschiedenen Ländern. Auf diese gemeinsamen Initiativen ging auch WEA-Generalsekretär, Geoff Tunnicliffe, in seiner Ansprache ein. Er erinnerte zudem, wie auch Franziskus, an das gemeinsame Dokument „Christliches Zeugnis in einer multireligiösen Welt“, dass 2011 zwischen dem Vatikan, der WEA und dem Weltkirchenrat in Genf verabschiedet worden war. Dieses Dokument zeigt übrigens, dass auch schon vor dem Pontifikat von Papst Franziskus Kontakte zu Evangelikalen bestanden haben. Schon lange vor Franziskus sprach etwa der vatikanische Ökumeneminister, Kardinal Kurt Koch, von einer Pentekostalisierung des Christentums, die gerade für das ökumenische Gespräch eine neue Herausforderung darstelle.
Vielleicht kommt mit dem ersten Pontifex aus Lateinamerika noch einmal eine veränderte Sicht auf das Phänomen der Pentekostalen und Evangelikalen. Während in unseren Breiten sehr schnell das Wort „Sekte“ verwendet wird, auch weil es sich in Europa oft um zahlenmäßig kleine Gruppen handelt, stellen diese Kirchen und Gruppen in Lateinamerika eine ganz andere Größe dar. Das führt zu einem anderen Umgang untereinander bis hin zu enger Zusammenarbeit etwa im caritativen Bereich. Das bedeutet nicht, dass man alles gut heißt, was die je andere Gruppe vertritt. Franziskus erinnert bei der Begegnung mit der WEA an sein Schreiben Evangelii Gaudium, in dem er ganz in der Tradition des II. Vatikanischen Konzils feststellte: „Wenn wir wirklich an das freie und großherzige Handeln des Geistes glauben, wie viele Dinge können wir voneinander lernen! Es handelt sich nicht nur darum, Informationen über die anderen zu erhalten, um sie besser kennen zu lernen, sondern darum, das, was der Geist bei ihnen gesät hat, als ein Geschenk aufzunehmen, das auch für uns bestimmt ist.“ (EG 246)
Kardinal Burke versetzt
Keine oder nur eine dünne Brücke gibt es wohl zwischen Papst Franziskus und Kardinal Raymond L. Burke. Was Burke schon seit Wochen in der Öffentlichkeit verkündete, ist seit Samstag offiziell. Papst Franziskus machte Burke zum Kardinalpatron des souveränen Malteserordens. Seinen Posten als Chef der Apostolischen Signatur, dem obersten Gerichtshof der katholischen Kirche, übernimmt der bisherige vatikanische Außenminister, Erzbischof Dominique Mamberti. Burke hatte sich seit Beginn des Pontifikats als scharfer Kritiker von Franziskus hervorgetan. Zuletzt hatte es gar den Anschein, als wolle er sich als Opfer des argentinischen Papstes stilisieren, der unliebsame Kardinäle durch Versetzung mundtot machen möchte. Doch dürfte es Burke schlicht überzogen haben mit seiner Kritik. Zuletzt verglich er die Kirche unter Papst Franziskus mit einem Schiff ohne Steuer. Allein der Blick auf die Liste derer, die Franziskus als zusätzliche Mitglieder in die Synode im Oktober berufen hatte, zeigt, dass der Papst auch kritische Geister schätzt. Sonst hätte er etwa nicht den Erzbischof von Bologna, Kardinal Carlo Caffarra, berufen, der wie Burke eine offensichtlich andere Linie als Franziskus vertritt.
Neue Regelung für Bischofsrücktritt
Eine Brücke möchte Papst Franziskus künftig den Bischöfen bauen, die aus besonderen Gründen frühzeitig aus dem Amt scheiden sollen. Am Mittwoch hatte der Vatikan ein so genanntes Reskript veröffentlich, dass die Pensionierung von Kardinälen und Bischöfen neu regelt. Genauer gesagt, sind die meisten Punkte, die dort geregelt sind nicht neu. Sie werden nur noch einmal in Erinnerung gerufen; allerdings gibt es zwei Punkte, die doch an Ereignisse in Deutschland aus dem vergangenen Jahr erinnern. Diözesan- und Weihbischöfe sollen mit 75 Jahren ihren Rücktritt einreichen. Über die Annahme entscheidet der Papst. Erst dann werden sie rechtskräftig.
Mit Annahme des Rücktritts verlieren die Bischöfe auch alle anderen Ämter, die sie eventuell auf nationaler Ebene innehaben. Dies hätte etwa im Falle des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, bedeutet, dass mit der Annahme seines Rücktritts als Erzbischof von Freiburg am 17. September 2013 auch das Amt des DBK-Vorsitzenden erloschen wäre. Zollitsch hätte nicht, wie in seinem Fall geschehen, bis März 2014 als Vorsitzender im Amt bleiben können. Artikel 5 des Reskripts sieht vor, dass die „zuständige Autorität“ es als notwendig erachten kann, einen Bischof zu bitten, seinen Rücktritt einzureichen, nachdem sie ihm die Gründe dargelegt hat und „aufmerksam seine Gründe im brüderlichen Dialog“ gehört hat. Wer denkt da nicht an die Causa des Limburger Bischofs Franz Peter Tebartz-van Elst.
Neu ist übrigens auch, dass die Kardinäle, die an der Kurie als Chef einer Behörde arbeiten, künftig ebenfalls „gehalten sind“, mit 75 Jahren ihren Rücktritt einzureichen. Bisher waren sie nur dazu „gebeten“. Kurienchefs oder Mitarbeiter im Range eines Erzbischofs verlieren künftig automatisch mit Erreichen des 75. Lebensjahrs ihren Job und gehen in Pension. Diese Regelungen hatte Papst Franziskus nach Rücksprache mit dem K9-Kardinalsrat so verfügt. Sie gleicht die Praxis an der Kurie stärker an die für die Diözesen der Weltkirche an und sieht jetzt eigens einen vorzeitigen Rücktritt eines Bischofs vor, wenn der Papst diesen für angebracht hält.
Am Mittwoch traf Papst Franziskus die Vorsitzende der argentinischen Bürgerrechtsorganisation „Großmütter der Plaza de Mayo“, Estela de Carlotto. Die Organisation setzt sich für die Aufarbeitung der Zeit der Militärdiktatur in Argentinien (1976-1983) ein. Dabei geht es ihnen besonders um die Identifizierung der rund 500 Kinder, die während dieser Zeit in argentinischen Militärgefängnissen zur Welt kamen und von ihren Müttern, die als vermeintliche Regimgegner inhaftiert waren, getrennt worden waren. De Carlotto hatte erst vor wenigen Wochen ihren Enkel Ignacio Montoya Carlotto wiedergefunden. Der 36-Jährige nahm ebenfalls an der Papstaudienz teil. Franziskus sowie die argentinische Bischofskonferenz hatten in den letzten Monaten mehrfach betont, dass sie die Aufarbeitung der Zeit der Militärdiktatur unterstützen möchten. Die Rolle Jorge Mario Bergoglios in dieser Zeit ist umstritten. Auf dieses Thema angesprochen wurde De Carlotto nach dem Treffen in argentinischen Medien mit den Worten zitiert: „Wenn jemand weiterhin schlecht über den Papst spricht, dann lügt er.“
P.S. Über die neuen Transparenzregeln im Bereich der Vatikanfinanzen demnächst mehr hier im Papstgeflüster.