Ökumene und ein aktiver Papst emeritus
Ein klein bisschen historisch war die Begegnung heute schon: Erstmals trafen sich alle altkatholischen Bischöfe der Utrechter Union mit dem römisch-katholischen Papst im Vatikan. Franziskus nutzte die Gelegenheit, um erneut zu mehr Engagement für die Ökumene und die Einheit der christlichen Kirchen aufzurufen. Zugleich betonte er aber auch, dass der Dialog zwischen römisch-katholischer und altkatholischer Kirche schwieriger geworden ist. Der Präsident der Altkatholischen Bischofskonferenz, Erzbischof Joris Vercammen, regte an, das Papstamt besser in die Synodalität der Bischöfe einzubinden. Dadurch könnte er eine noch stärkere moralische Autorität gewinnen. Jenseits des aktuellen Geschäfts des amtierenden Papstes fällt auf, dass sich seit einigen Tagen auch der emeritierte Papst wieder vermehrt äußert. Das ist doch etwas ungewöhnlich.
Dialog wird schwieriger
Freundlich aber doch mit klaren Botschaften – so könnte man die Begegnung heute im Vatikan zwischen den Vertretern der Altkatholischen Kirche und Papst Franziskus bezeichnen. Beide Seiten würdigten die guten Beziehungen, die seit dem II. Vatikanischen Konzil gewachsen sind. Zugleich machte aber Franziskus deutlich, dass es „neue Uneinigkeit“ gebe, die im Laufe der Zeit gewachsen sei. „Die ekklesiologischen und theologischen Fragen, die unsere Trennung begleitet haben, sind heute viel schwieriger zu überwinden aufgrund der zunehmenden Distanz bei Themen, die das Amt oder ethische Fragen betreffen.“ Zwar wurde Franziskus nicht konkreter. Aber die Ordination von Frauen ist für die römisch-katholische Kirche ein „no go“. Gleiches gilt für die Segnung homosexueller Paare, die in vielen alt-katholischen Gemeinden möglich ist.
Wie schon bei anderen ökumenischen Begegnungen war Franziskus auch heute mit Blick auf die Trennung der christlichen Kirchen selbstkritisch. In der Vergangenheit hätten beide Seiten „schwere Sünden und menschliche Verfehlungen“ begangen. Sie erforderten gegenseitiges Verzeihen und einen Weg der Versöhnung. Dazu sei eine „innere Umkehr“ notwendig sowie ein „spiritueller Weg von der Begegnung hin zur Freundschaft, von der Freundschaft hin zur Brüderlichkeit, von der Brüderlichkeit hin zu Einheit“.
Altkatholiken wünschen mehr Synodalität
Bischof Vercammen benannte den wunden Punkt aus Sicht der Altkatholiken mit Blick auf das Papstamt: die Einbindung in das Bischofskollegium. Das war der Ausgangspunkt für die Abspaltung der altkatholischen Bischöfe nach dem I. Vatikanischen Konzil 1870. Sie waren mit der Unfehlbarkeit und dem Jurisdiktionsprimat des Papstes nicht einverstanden. Vercammen betonte, dass auch die Altkatholiken die „einzigartige Stellung des Bischofs von Rom, des Papstes, im Ganzen der Kirche“ anerkannten. Dass aus ihrer Sicht er aber keinen universalen Jurisdiktionsprimat besitze, sondern ein „primus inter pares“ sei, eingebettet in die Synodalität der Bischöfe.
Einen Schritt in Richtung der Synodalität geht Papst Franziskus ja gerade mit dem synodalen Weg zu „Ehe und Familie“. Wie schwierig das für die katholische Kirche ist, zeigen die aktuellen Diskussionen. Ein Prozess bedeutet auch, dass nicht von Anfang an alle Positionen klar definiert sind bzw. dass auch einmal unorthodoxe Dinge gedacht werden dürfen. Damit umzugehen muss die katholische Kirche, von den Gläubigen bis in die Hierarchie hinein, noch lernen.
Aktiver Benedikt XVI.
Auffallend ist, dass in den letzten Tagen sich der emeritierte Papst Benedikt XVI. gleich mehrfach mit Botschaften zu Wort gemeldet hat: zunächst ein Text an die Teilnehmer einer Tagung an der Päpstlichen (Missions-)Universität Urbaniana in Rom, dann eine Botschaft an eine Tagung der vatikanischen Papst-Benedikt XVI.-Stiftung im kolumbianischen Medellin sowie eine Gruß an die Pilger der Gruppe „Summorum Pontificum“, die in der vergangenen Woche einen Gottesdienst im Außerordentlichen Ritus im Petersdom gefeiert haben. Gestern wurde dann eine Botschaft an die zum Katholizismus übergetretenen ehemaligen Anglikaner bekannt. Anlass ist der fünfte Jahrestag der Apostolischen Konstitution „Anglicanorum Coetibus“ am 9. November. Nun haben alle vier Ereignisse mit Benedikt XVI. zu tun; denn die Urbaniana-Botschaft schrieb er, weil die Aula Magna der Universität ihm gewidmet wurde. Auch pflegt Benedikt XVI. nach seinem Amtsverzicht einen intensiven Briefverkehr. Doch fällt auf, dass gerade in diesen Tagen sich Botschaften häufen. Allerdings muss man beachten, dass die Texte zum Teil schon vor Monaten verfasst wurden und jetzt bezogen auf das jeweilige Ereignis öffentlich werden. Es scheint also doch eher Zufall zusein, dass es in diesen Tagen eine Häufung von öffentlichen Äußerungen von Benedikt XVI. gibt. Bisher war das nur zweimal der Fall gewesen. Zum einen hatte er sich mit einer Art Interview an einem Sammelband über Papst Johannes Paul II. aus Anlass von dessen Heiligsprechung im April dieses Jahres beteiligt. Zum anderen hatte er einem italienischen Journalisten zum Jahrestag des Amtsverzichts auf einige Fragen schriftlich geantwortet und darin die Rechtmäßigkeit dieses revolutionären Schrittes gegen Kritik und Zweifel verteidigt. Sonst hat er sich bisher zurückgehalten.