Franziskus und die Familie

Die Familie steht an diesem Wochenende im Zentrum des Interesses im Vatikan. Im Rahmen des Jahres des Glaubens findet ein „Familienwochenende“ statt. Höhepunkt ist der Gottesdienst mit Papst Franziskus am Sonntag auf dem Petersplatz. Die „Familie“ liegt dem Papst besonders am Herzen. Er verschließt allerdings auch nicht die Augen davor, dass an vielen Stellen Ehe und Familie in einer Krise sind. Daher hat er die Familie auch zu einem Schwerpunktthema gemacht. Er will mit den Bischöfen auf der Sondersynode im Oktober 2014 darüber sprechen und dann ein Jahr später auf der ordentlichen Synode das Thema vertiefen. Daher braucht es wohl bei dem ganzen Themenkomplex Familie, wiederverheiratete Geschiedene etc. Geduld. Das ist der Preis der verstärkten Synodalität bzw. Kollegialität, die viele über Jahre auch in der katholischen Kirche forderten und die jetzt langsam „laufen“ lernt.

Wie klar sind die Konturen des Pontifikats von Papst Franziskus? Darüber wird nicht nur hier im Blog heftig diskutiert. (reuters)

Bei einem Treffen mit den Mitgliedern des Päpstlichen Familienrats bezeichnete Franziskus die Familie heute als „Motor der Welt und der Geschichte“, die besondere Anerkennung und Schutz durch die Gesellschaft erfahren müsse. Die Familie, so Franziskus, gründe auf der Ehe. Durch einen Akt freier und treuer Liebe bezeugten die christlichen Eheleute, dass die Ehe als Sakrament die Basis sei, auf die man eine Familie gründet.

Zeitgleich zur Glaubensjahr-Familienfeier laufen im Vatikan die Vorbereitungen für die Bischofssynode im nächsten Jahr an. Der Chef des Päpstlichen Familienrats, Erzbischof Vincenzo Paglia erklärte heute in einem Zeitungsinterview, dass in wenigen Tagen Fragebögen zum Thema an alle Bischöfe geschickt würden. Es gebe keine Tabus bei der Synode. So wollte er nicht ausschließen, dass auch über gleichgeschlechtliche Partnerschaften gesprochen werde. Papst Franziskus selbst hatte ja gesagt, dass für ihn auch das Thema wiederverheiratete Geschiedene auf die Tagesordnung der Synode gehört. Wenn für ihn bei diesem Thema alles klar wäre, hätte er das nicht machen müssen. Daher wird in einem Jahr sowohl über Ansätze, wie sie in der Handreichung des Erzbistums Freiburg vor wenigen Tagen vorgestellt wurde, diskutiert werden, wie über den Aufsatz vom Präfekten der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard-Ludwig Müller, von dieser Woche in der Vatikanzeitung L’Osservatore Romano, der hier ja bereits diskutiert wurde. Erzbsichof Müller wollte übrigens gegenüber dem Papstgeflüster nicht bestätigen, dass Papst Franziskus seinen Artikel im L’Osservatore Romano vorab gesehen bzw. gutgeheißen habe. Müller ließ lediglich mitteilen, dass er diesen Text nicht als Privatperson, sondern als Präfekt der Glaubenskongregation geschrieben habe.

Schon bei seinem Abschied von der Deutschen Bischofskonferenz erklärte er gegenüber seinen deutschen Mitbrüdern im Bischofsamt, dass aus seiner Sicht keine Änderung der kirchlichen Position möglich ist – es sei denn über den Weg der Ehenichtigkeit. Das hat allerdings die deutschen Bischöfe nicht daran gehindert, zwei Arbeitsgruppen zum Thema einzusetzen. In der einen geht es um arbeitsrechtliche Regelungen, in der anderen um pastorale Fragen im größeren Kontext der Ehe- und Familienpastoral. Es wurde ja hier in den vergangenen Tagen schon sehr viel zum Thema wiederverheiratete Geschiedene diskutiert. Und das ist gut so. Dabei wurde auch schon das „Gewissen“ angesprochen. Ich glaube, dass es sich lohnt, um Franziskus gut zu verstehen, das „Gewissen“ noch einmal näher anzuschauen. Das wird uns hoffentlich hier in Kürze einmal ausführlicher gelingen. Genauso wie das Thema des „Glaubenssinns der Gläubigen“ – „sensus fidei“. Den spricht Franziskus immer wieder an. Doch es ist eine nicht leicht zu greifende theologische Größe. Franziskus ist sie aber wichtig. Das wird noch große Diskussionen geben, wie dieser „Glaubenssinn der Gläubigen“ zu deuten und zu verstehen ist.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.