Reise mit Symbolcharakter

Es war die erste Reise von Papst Franziskus. Und sie führte ihn auf die Flüchtlingsinsel Lampedusa, die im Mittelmeer zwischen Europa und Afrika liegt. Deutlicher kann die Botschaft nicht sein. Dazu die Absage an Politiker und kirchliche Würdenträger, nicht nach Lampedusa zu kommen. Franziskus ging es um die Flüchtlinge und ihr Schicksal. Entsprechend durften auch sie zu Wort kommen, als Franziskus im Hafen von Lampedusa an Land ging. Sie forderten etwa mehr Solidarität anderer europäischer Staaten. Das tat dann auch der Papst beim Gottesdienst.

Papst Franziskus spricht mit Flüchtlingen. (ap)

Franziskus wählte die für ihn üblichen deutlichen Worte; kritisierte eine „Globalisierung der Gleichgültigkeit“. „Wir haben uns an das Leiden der anderen gewöhnt. Es lässt uns gleichgültig, interessiert uns nicht“. „Die Kultur des Wohlbefindens, die uns dazu bringt, nur an uns selbst zu denken, macht uns unsensibel für den Schrei der Anderen.“ Franziskus bat Gott um Vergebung „für die Grausamkeit in der Welt, in uns und auch in jenen, die in der Anonymität Entscheidungen sozialer und wirtschaftlicher Natur treffen, die den Weg für Dramen wie dieses ebnen“. Eine klare Botschaft in Richtung der politisch Verantwortlichen. Franziskus kritisierte eine Haltung von „anonymen Verantwortlichen ohne Namen und ohne Gesicht“. Unter dem Deckmantel der Anonymität versuche jeder, die Verantwortung von sich zu weisen. Immer wieder stellte Franziskus die Frage: „Wer ist verantwortlich für das Blut dieser Brüder und Schwestern?“ Ein Christ dürfe sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Gott rufe jeden von ihnen beim Namen und verlange Rechenschaft von ihm.

Ambo und Bischofskreuz aus Holz von Flüchtlingsbooten. (ap)

Vor dem Gottesdienst hatte Franziskus von einem Schiff der Küstenwache einen Blumenkranz ins Meer geworfen im Gedenken an die Opfer, die bei der Überfahrt von Afrika nach Europa ums Leben kamen. Die Messe war voller Symbole: Franziskus zelebrierte in einem violetten Gewand, violett, die Farbe der Buße. Der Gottesdienst fand unweit des Bootsfriedhofs statt; der Ort, an dem die Reste der Flüchtlingsboote liegen; das Lesepult war aus Resten von Booten zusammengebaut; ebenso der Bischofsstab, den Franziskus benutzte. Der Pontifex tauchte tief ein in das Flüchtlingsdrama.

Franziskus hat sehr schnell begriffen, dass er mit seinem Amt Zeichen setzen kann und muss – nicht nur innerkirchlich. Mit ihm kamen die Medien aus der ganzen Welt auf die kleine Mittelmeerinsel. Papst Bergoglio versucht die Macht der Worte und der Bilder zu nutzen, um seine Vorstellung vom Christentum konkret zu leben: nahe bei denen zu sein, die am Rande der Gesellschaft stehen, rechtlos sind; denen ins Gewissen zu reden, die politisch und gesellschaftlich Verantwortung tragen sowie zu versuchen, Solidarität und Gerechtigkeit einzufordern.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.