Kommission die Zweite

Nach der Kardinalsgruppe, die eine Kurienreform vorbereiten soll, hat Papst Franziskus jetzt eine zweite Kommission eingesetzt, die über das Geschäftsgebaren der Vatikanbank „IOR“ Informationen zusammentragen soll. Ziel ist es, zu einer „besseren Harmonisierung der Vatikanbank mit den Aufgaben der universalen Kirche und des Apostolischen Stuhls“ zu kommen. Das Ganze stehe im Kontext der anstehenden Reformen der Institutionen der römischen Kurie, heißt es in einer Vatikanerklärung.

Papst Franziskus scheint den Offiziellen der Bank nicht so recht zu trauen; denn sonst hätte er ja den Chef der Vatikanbank, Ernst von Freyberg, mit dieser Aufgabe betrauen können. Der Deutsche wurde erst Anfang des Jahres von Papst Benedikt XVI. in das Amt berufen mit dem Auftrag, die Bank aus den negativen Schlagzeilen herauszuführen und für saubere sowie transparente Geschäfte zu sorgen. Auf dieses Anliegen nimmt Franziskus in seinem Ernennungsschreiben für die Kommission ausdrücklich Bezug. Er wolle auf dem Weg Benedikts fortfahren, wonach wirtschaftliche und finanzielle Aktivitäten den Prinzipien des Evangeliums entsprechen müssten. Zudem müssten die müssten die Strukturen und Instrumente der Bank den Erfordernissen der Zeit angepasst werden.

Interessant ist die Zusammensetzung der Kommission. Chef ist der langjährige Chefbibliothekar des Heiligen Stuhls Raffaele Farina (79). Weiteres Mitglied ist Kardinal Jean-Louis Tauran (70). Der französische Kurienkardinal ist im „Hauptberuf“ Chef des Päpstlichen Rats für den interreligiösen Dialog. Mehr als dieses Amt dürften ihn seine mehr als 30-jährige Erfahrung als Kurienmitarbeiter für die Aufgabe prädestiniert haben. Tauran gehört seit Jahren der Kardinalskommission für die Vatikanbank an. In dem Gremium zeigte er sich oft als kritischer Geist gegenüber der Politik von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone. Allerdings ist Tauran viel zu sehr Diplomat, als dass er Konflikte nach außen tragen würde. Er war lange Zeit Außenminister des Vatikans. Auch wenn er in dieser Zeit eng mit dem damaligen Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano zusammenarbeitete,  dem Vorgänger und auch Gegenspieler Bertones, ist Tauran stets ein unabhängiger Geist geblieben. Oft wird der an Parkinson leidende Franzose unterschätzt. Vor wenigen Tagen deutete er in einem Gespräch mit dem ZDF an, dass im Finanzbereich des Vatikans Veränderungen anstünden. Braucht es wirklich drei verschiedene Institutionen, die sich mit Finanzen beschäftigen, lautete damals seine Frage. Neben der Vatikanbank ist dies die Präfektur für die wirtschaftlichen Angelegenheiten und die Güterverwaltung des Apostolischen Stuhls.

Auffallend ist, dass in der IOR-Kommission gleich zwei US-Amerikaner vertreten sind. Neben dem vatikanischen Vize-Innenminister Bryan Wells (50) auch die Harvard-Professorin und ehemalige US-Botschafterin beim Heiligen Stuhl Mary Ann Glendon.  In den vergangenen Jahren war immer wieder aufgefallen, dass sich die US-amerikanischen Bischöfe sowie die mächtige Laienorganisation der Columbusritter unter ihrem Chef Carl Anderson sehr für die Finanzgeschäfte des Vatikans interessierten. Der 62-jährige Anderson ist übrigens auch Mitglied im Aufsichtsrat der Vatikanbank. Den US-Amerikanern schienen die negativen Schlagzeilen rund um die Vatikanbank und das Verwaltungschaos in der vatikanischen Kurie sehr zu missfallen. Durch geschickte Personalpolitik versuchten sie an Einblick und Einfluss zu gewinnen.

Als Koordinator der IOR-Kommission wurde der Sekretär im Päpstlichen Justizrat, Bischof Juan Ignacio Arrieta Ochoa de Chinchetru, ernannt. Während Mary Ann Glendon Expertin für Zivilrecht ist, kennt der Kurienbischof sich mit den kirchenrechtlichen Bestimmungen aus. Zudem heißt es in den letzten Tagen immer wieder, dass der Chef Arrietas, Kurienkardinal Francesco Coccopalmerio einer der Ideengeber für die anstehende Kurienreform sei.

So langsam kommt das Pontifikat von Papst Franziskus in Fahrt. Die IOR-Kommission soll schon in diesen Tagen mit der Arbeit beginnen. Auch die Mitglieder der Kardinalsgruppe zur Vorbereitung der Kurienreform hat bereits erste Hausaufgaben zu bearbeiten, um dann Anfang Oktober beim ersten offiziellen Treffen im Vatikan gut vorbereitet an die heikle Aufgabe gehen zu können.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.