Franziskus und die Frauen
„Die ersten Zeugen der Auferstehung sind die Frauen. Und das ist schön, das ist ein bisschen auch die Mission der Frauen, der Mütter, der Großmütter: Zeugnis ablegen gegenüber den Kindern, den Enkeln. Dass Jesus lebt, dass er auferstanden ist. Mütter und Frauen: macht weiter mit diesem Zeugnis!“ Mit diesen Worten richtete sich heute Papst Franziskus bei seiner zweiten Generalaudienz an die rund 30.000 Teilnehmer auf dem Petersplatz. Er würdigte die Rolle der Frauen als Erstverkünder der Auferstehung; der zentralen Botschaft des christlichen Glaubens. Beim Hören seiner wie immer sehr engagiert vorgetragenen Rede, war man gespannt, welche Folgerungen Franziskus aus dieser zentralen Rolle der Frauen am Anfang des Christentums ableiten würde. Doch dazu kam er dann nicht. Gut, er stellt fest, dass diese besondere Rolle der Frauen zum Nachdenken darüber anregen müsse, „wie die Frauen in der Kirche und auf dem Weg des Glaubens eine besondere Rolle hatten und noch heute haben, um die Türen für den Herrn zu öffnen, indem sie ihm folgen und indem sie sein Angesicht verkünden.“ Tja, was heißt das jetzt konkret für die Frauen in der Kirche? Gut, eine Generalaudienz ist nicht dazu da, theologische Abhandlungen über die Rolle der Frau vorzulegen. Aber wenn es als Denkanstoß gedacht war, darf man gespannt sein, was da noch kommt.
Eines war Franziskus wichtig. Die Tatsache, dass Frauen als Erstzeugen genannt werden, ist für ihn Beleg für die Historizität der Ereignisse. Im jüdischen Recht hätten Frauen und Kinder in der damaligen Zeit keine Glaubwürdigkeit als Zeugen besessen. Wenn die Evangelisten aber gerade Frauen als erste Zeugen anführten, spreche das für die Authentizität. Die Frauen kommen bei Franziskus auch besser weg als die Jünger und Apostel; denen falle es viel schwieriger zu glauben als den Frauen. Franziskus beklagte eine „Verwässerung“ des Auferstehungsglaubens, der aus einer gewissen Oberflächlichkeit oder aus Gleichgültigkeit entstehe in einer Zeit, „in der die Menschen mit tausend Sachen beschäftigt seien, die sie für wichtiger halten als den Glauben“. Am Ende seines Vortrags fordert er die Jugendlichen in einem flammenden Appell dazu auf, die Botschaft der Hoffnung, die in der Auferstehung begründet sei, in die Welt zu tragen, die ein bisschen alt geworden sei aufgrund der vielen Kriege, des Schlechten und des Bösen. „Los geht’s ihr jungen Leute!“ rief der Papst unter Applaus den vielen Jugendlichen auf dem Platz zu.
Franziskus ist sich auch heute treu geblieben. Er sprach nur auf Italienisch. Auch die Grüße etwa an die Deutschen mussten im Anschluss von einem Kleriker des Staatssekretariats aus dem Italienischen übersetzt werden. Manche Pilger sind enttäuscht; auch die wieder sehr emotionale Fahrt mit dem Papamobil über den Petersplatz im Vorfeld der Audienz kann das nicht aufwiegen.
Der Vatikan veröffentlichte heute das liturgische Programm des Papstes bis Pfingsten. Dabei fällt auf, dass Franziskus jeden Sonntag eine öffentliche Liturgie feiert. Angefangen vom nächsten Sonntag mit einem Gottesdienst zur Inbesitznahme der Lateranbasilika, seiner Bischofskirche, über eine Messe am 14. April in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern bis zu verschiedenen Eucharistiefeiern im Petersdom und auf dem Petersplatz mit Priesterweihe, Firmung und Heiligsprechungen sowie Gottesdiensten mit Bruderschaften und den geistlichen Bewegungen zu Pfingsten. Das ist ein strammes Programm, das sich Franziskus vorgenommen hat. Umgekehrt ist es auch nur schwer vorstellbar, dass ein Mann, der es bis vor wenigen Wochen als Erzbischof von Buenos Aires gewohnt war, jeden Sonntag und auch an vielen Werktagen mit den „einfachen“ Gläubigen Gottesdienst zu feiern, plötzlich nur noch im kleinen (geschlossenen) Kreis in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses Santa Marta seine Liturgien feiert. Diese Fülle an öffentlichen Liturgien erinnert an die Zeit Papst Johannes Pauls II. Ob Franziskus diese Schlagzahl auch nach Pfingsten wird durchhalten können, wird man sehen. Sicher muss auch er Erfahrungen sammeln in seinem neuen Amt.
P.S. Gestern hat Franziskus zum 8. Todestag seines Vorvorgängers das Grab des seligen Johannes Pauls II. im Petersdom besucht. Das vatikanische Presseamt nahm dies zum Anlass, eigens auf die Kontinuität des neuen Papstes mit seinen Vorgängern hinzuweisen. Der Besuch an den Gräbern der letzten Päpste in den vergangenen Tagen sowie die wiederholten Telefonate und das Treffen mit Benedikt XVI. seien Ausdruck „der tiefen spirituellen Kontinuität des Petrusdienstes der Päpste, die Franziskus lebe und intensiv spüre“. Es ist auffallend, dass der Vatikan in den letzten Tagen diese Kontinuität immer wieder ausdrücklich betont. Als habe man Sorge, dass angesichts des neuen Stils diese Kontinuität übersehen werden könnte oder in Vergessenheit geraten könnte; obwohl Franziskus selbst in seinen Predigten und Ansprachen durchaus deutlich macht, dass er sich in dieser Kontinuität sieht. Vertraut man da den Worten des Papstes nicht? Oder den Journalisten, die darüber berichten?