Frieden, Gott und China – die Weihnachtsbotschaft des Papstes
Der Papst ist doch immer für eine Überraschung gut. In seiner Weihnachtsbotschaft heute findet sich plötzlich ein ausführlicher Teil zu China: Normalerweise konzentriert er sich in seiner Ansprache auf eine theologische Deutung des Weihnachtsereignisses und die Konfliktherde der Welt. Wieso dann plötzlich heute die Wünsche an die neue Staatsführung in China?
Das Reich der Mitte gehört seit langer Zeit zu den Sorgenkindern des Papstes. Die Zahl der Katholiken dort wächst; doch die Machthaber lassen nicht zu, dass das Kirchenoberhaupt über seine Schäfchen dort so wacht, wie über all die anderen rund eine Milliarde Katholiken weltweit. China sieht es etwa als Einmischung in innere Angelegenheiten an, wenn der Vatikan darauf besteht, die katholischen Bischöfe frei zu benennen. Die Bischöfe werden daher seit langer Zeit von der „Katholischen Patriotischen Vereinigung“ in Abstimmung mit der kommunistischen Partei ernannt und nicht vom Vatikan. Immer wieder ist es dem Vatikan zwar gelungen, bei der Auswahl der Kandidaten mitzusprechen, so dass immer wieder auch Bischöfe mit dem Segen Roms ins Amt kamen; aber bei diesem Verfahren ist Rom stets vom guten Willen Pekings abhängig. Dazu kommt, dass es keine diplomatischen Beziehungen zwischen Peking und dem Heiligen Stuhl gibt.
In den vergangenen Monaten haben zwar die Bemühungen wieder zugenommen, über diplomatische Kanäle „befreundeter“ Staaten – etwa Deutschland, Italien oder die USA – Kontakt mit den Behörden in Peking aufzunehmen, ob diese neue Offensive zu Erfolg führen wird, ist eine der spannenden politischen Fragen mit Blick auf den Vatikan und das Jahr 2013. Einen Rückschlag in den Bemühungen um eine Annäherung hatte es erst Anfang Dezember gegeben, als der mit Zustimmung des Vatikans von den Machthabern zunächst neu ernannte Weihbischof von Shanghai, Savio Hon Tai-Fai, nach seinem offenen Treuebekenntnis zum Papst von der Konferenz der katholischen Bischöfe Chinas, die vom Vatikan nicht anerkannt ist, und der Katholischen Patriotischen Vereinigung wieder abgesetzt wurde.
Neben dem Thema China durchziehen die Themen Frieden und die Gottvergessenheit der heutigen Zeit die beiden großen Ansprachen Papst Benedikts XVI. zu Weihnachten 2012. In der Christmette forderte Benedikt XVI. eindringlich Frieden im Heiligen Land. „Beten wir in dieser Stunde für die Menschen, die heute dort leben und leiden. Beten wir darum, dass dort Friede sei. Beten wir darum, dass Israelis und Palästinenser im Frieden des einen Gottes und in Freiheit ihr Leben entfalten können.“ Zugleich nahm er die ganze Region Nahost in den Blick und forderte Frieden etwa für den Libanon, für Syrien und den Irak. Christen und Muslime sollten im Frieden Gottes miteinander ihre Länder aufbauen.
Benedikt XVI. warnte vor einem Missbrauch von Religion. In der Geschichte habe zwar der Monotheismus oft als Vorwand für Intoleranz und Gewalt gedient. Doch dies entspreche nicht dem wahren Sinn der Religion. Es sei genau umgekehrt: „Wenn das Licht Gottes erlischt, erlischt auch die göttliche Würde des Menschen.“ Das habe das vergangene Jahrhundert gezeigt. Benedikt XVI. kritisierte zugleich die Gottvergessenheit und Ich-Bezogenheit der heutigen Zeit. Die Menschen hätten keine Zeit mehr für Gott „Wir sind mit uns selbst vollgestellt, so dass kein Raum für Gott bleibt. Und deshalb gibt es auch keinen Raum für die anderen, für die Kinder, für die Armen und Fremden.“
Schließlich dann heute in der Weihnachtsbotschaft die eindringlichen Appelle zu Frieden und gegen Gewalt in Syrien und vielen Ländern Afrikas. Dazu die erneute Aufforderung an Israelis und Palästinenser „mit Entschiedenheit den Verhandlungsweg“ einzuschlagen – und eben der Blick nach China. Benedikt XVI. sprach von „Hoffnung in der Welt, auch in den schwierigsten Momenten und Situation.“ Eine Hoffnung, die sicher an vielen Orten in der großen Politik wie im kleinen Alltag notwendig ist. Allen Leserinnen und Lesern ein frohes Weihnachtsfest aus Rom!