Ein kleiner Schritt für die Betroffenen

Ein kleiner Schritt für die Betroffenen, ein großer für die Deutsche Bischofskonferenz. So könnte man das Ergebnis der Herbstvollversammlung der katholischen Bischöfe in Fulda in Bezug auf das Thema Missbrauchsaufarbeitung zusammenfassen. Was die Kirchenoberen im März bereits in Grundzügen beschlossen hatten, wurde nun konkretisiert und endgültig verabschiedet. Betroffene können ab 1.1.2021 durch ein unabhängiges Gremium eine Anerkennung des erlittenen Leids von bis zu 50.000 Euro zugesprochen bekommen. Opfervertreter hatten Entschädigungen von bis zu 400.000 Euro gefordert und sind daher enttäuscht. Sie hoffen jetzt auf die Politik. Die Frauen, die in Fulda demonstrierten, hoffen hingegen auf die deutschen Bischöfe, dass die sich in Rom für Reformen starkmachen.

Zwei Bischöfe tragen einen Korb mit Scherben. Sie symbolisieren die Verletzungen, die die Kirche den Frauen und anderen Gruppen in der Kirche in der Vergangenheit zugefügt hat. Im Hintergrund spricht Bischof Bode mit den protestierenden Frauen vor dem Fuldaer Dom.

Chance verpasst

Die Entscheidung der Bischofskonferenz ist ein wichtiger und längst fälliger Schritt in die richtige Richtung. Jetzt gibt es ein klares Verfahren zur Anerkennung des Leids der Opfer sexuellen Missbrauchs, das von einer unabhängigen Kommission ausgeführt wird, das einheitlich sein soll in allen Bistümern und auch die Orden mit einschließt. So wird verhindert, dass es Opfer erster und zweiter Klasse gibt. Mit der Summe von bis zu 50.000 Euro bleibt die Bischofskonferenz hinter den Erwartungen der Opfer weit zurück. Die Bischöfe sagen, dass es kaum Orientierungspunkte im Rechtsbereich in Deutschland für das vorliegende Thema gebe. Daher habe man sich an gerichtlichen Entscheidungen bei vergleichbaren Schmerzensgeldfällen orientiert und wolle sich bei den Zahlungen am oberen Rand dieser Fälle orientieren.

Die katholische Kirche ist damit die erste Institution in Deutschland, die ein solches standardisiertes Verfahren aufsetzt. Die Bischöfe haben allerdings die Chance verpasst, etwas Eigenes, Neues zu setzen, das auch großen Symbolcharakter gehabt hätte. Sie hatten bei ihrer Entscheidung auch andere Organisationen im Blick wie die evangelische Kirche oder Sportvereine, die sie mit einer einseitigen Entscheidung zu höheren Zahlungen nicht in Zugzwang bringen wollten. Im März hatten die Bischöfe signalisiert, dass sie Beträge zahlen würden, wenn es dafür entsprechende gesetzliche Vorgaben gäbe, die für alle Institutionen Geltung hätten. Nun sind die 50.000 Euro die Orientierungsgröße.

Davon unbenommen ist die Übernahme von Kosten für Therapie- und Paarberatung. Betroffene, die bereits eine Zahlung erhalten haben, die in der Vergangenheit meist bei rund 5.000 Euro lag, sollen unbürokratisch die nun höhere Summe erhalten. Die Bischofskonferenz gestehe mit diesem Vorgang auch einen Fehler beim Umgang mit den Betroffenen in der Vergangenheit ein, so Matthias Katsch von der Opferinitiative „Eckiger Tisch“. Er hatte gestern zusammen mit anderen Betroffenen eine Petition beim Deutschen Bundestag eingereicht. Die Opfer sexuellen Missbrauchs wollen erreichen, dass sich das Parlament mit dem Thema Aufarbeitung des Missbrauchs in der katholischen Kirche beschäftigt und dafür sorgt, dass ein entsprechender gesetzlicher Rahmen geschaffen wird, damit eine unabhängige Aufarbeitung etwa durch eine Gerechtigkeits- und Wahrheitskommission möglich wird.

Kontroverse Debatte zum Synodalen Weg

Heftig war die Debatte der Bischöfe über den Synodalen Weg. Hier sprachen viele beim Studienhalbtag Klartext, war aus der Versammlung zu hören. Dabei ging es zum einen um die Inhalte des Reformprozesses, zum anderen aber auch um Verfahrensfragen. Bei den Inhalten zeigte sich, dass es sehr unterschiedliche Herangehensweisen an die einzelnen Themen gibt. Bei der Frauenfrage etwa kommen die einen Bischöfe aus einer stark dogmatischen Perspektive, während andere sich eher von der soziologischen Perspektive dem Thema nähern. Immerhin kündigte bisher keiner der deutschen Bischöfe seine Teilnahme am Synodalen weg auf. Der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp ist bisher nur aus dem Themenforum „Gelingende Beziehungen“ ausgestiegen. Manche Bischöfe und Beobachter befürchteten, dass im Rahmen der Vollversammlung der ein oder andere Bischof seinen Ausstieg aus dem Prozess erklären werde. Das ist nicht passiert. Viel dürfte nun von den nächsten Schritten abhängen und dabei besonders von den Beratungen in den Themenforen.

Die Bischöfe haben Fragen formuliert, die sie in die Debatten einbringen wollen und auch untereinander noch diskutieren müssen: „Ist die kirchliche Lehre offen für Weiterentwicklung? Wie ist das Verhältnis zwischen Theologie und Humanwissenschaften? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Vermittlung und die Vermittelbarkeit der kirchlichen Lehre?“ Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, betonte wiederholt, dass es beim Synodalen Weg darum gehe, „Blockaden abzubauen“, die die Evangelisierung in Deutschland behinderten. Beim Treffen mit den Frauen, die vor dem Fuldaer Dom protestierten, bat der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode am Nachmittag einmal mehr um Geduld. „Der Weg ins gelobte Land war schon immer lang und mühsam“, so Bode. Die Frauen machten allerdings deutlich, dass sie mit ihrer Geduld am Ende seien.

Die Zeit drängt

In kleinen Schritten bewegt sich etwas in der katholischen Kirche in Deutschland. Ob das Treffen in Fulda die verschiedenen Flügel innerhalb der Bischofskonferenz wieder näher zueinander geführt hat, ist für Außenstehende nicht zu bewerten. Gespräche mit einzelnen Bischöfen lassen Zweifel aufkommen. Allerdings scheint es doch zunehmend ein Klima zu geben, um die Dissense nicht nur über die Medien zu diskutieren, sondern sie in einer Art Forum internum zu besprechen. Manche Bischöfe haben, obwohl sie bereits lange gemeinsam der Konferenz angehören, in diesen Tagen erstmals über die theologischen Fundamente ihrer je eigenen Position und Argumentation gesprochen und dabei festgestellt, dass sie im Kern gar nicht so weit auseinanderliegen. Manche Dinge brauchen Zeit. Doch wenn man die Bischöfe auf die Kirchenaustrittszahlen schauen und die Tatsache, dass mittlerweile die Protestierenden vor den Beratungstüren aus der Mitte der Kirche kommen, müssten sie eigentlich verstanden haben: die Menschen haben keine Geduld mehr.

P.S. Am Abend verkündete der Vatikan einen ungewöhnlichen Schritt. Papst Franziskus hat den Rücktritt von Kardinal Giovanni Becciu als Präfekt der Heiligsprechungskongregation und von den Kardinalsrechten angenommen. Becciu ist einer der mächtigsten Männer im Vatikan. Von 2011 bis 2018 war Becciu Substitut im Staatssekretariat, der politischen Schaltzentrale des Vatikans. Er gehörte zu den engen Vertrauten des Papstes und managte 2017 für ihn die Führungskrise im Malteserorden. Im Sommer 2019 wurde seine Person in Verbindung gebracht mit undurchsichtigen Finanzgeschäften. Becciu hatte die Anschuldigungen stets bestritten. Hintergründe zu der Personalie teilte der Vatikan am Abend nicht mit.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

16 Kommentare

  • Novalis
    24.09.2020, 22:52 Uhr.

    „Ist die kirchliche Lehre offen für Weiterentwicklung? Wie ist das Verhältnis zwischen Theologie und Humanwissenschaften? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Vermittlung und die Vermittelbarkeit der kirchlichen Lehre?“

    Die Bischöfe sollten sich nach der Unfehlbarkeit des ordentlichen Lehramts fragen. Rom beharrt – wider besseres Wissen und größtmöglicher Peinlichkeiten – auf der Unfehlbarkeit des magisterium ordinarium. Darauf legte Chr. Bruns in seiner jüngsten Kontroverse mit Michael Seewald zurecht wert. Aber keine echte Reform ist auch nur einen Pfifferling wert, wenn man nicht HIER ansetzt. Aber gut, die Voderholzers, Osters und Woelki WOLLEN ja gar NICHT mehr, dass die Kirche allumfassend, also katholisch ist, sondern nur eine kleine Minderheit von Katholibans.
    Die Summe von 50.000 € ist erbärmlich. Die Bischöfe könnten ja mal zusammenlegen und auf die Hälfte ihres Einkommens verzichten. Alimente dürften die ja keine zahlen, so dass keine Familie dadurch geschädigt wird.

  • Wanda
    25.09.2020, 0:46 Uhr.

    Nun ja: einerseits Rücktritt von Kardinal Becciu, eines der mächtigsten des Vatikan, wegen riskanter Immobilien-Geschäfte (verlustreich wäre wohl zutreffender) und andererseits 50.000 Euro für Missbrauchsopfer als „Anerkennung ihres Leids“ wie es so schön heisst. Verhältnismässigkeit ist ein Grundproblem der röm.-kath. Kirche, besonders wenn es sich um ihren Kirchenadel dreht.

    • Novalis
      25.09.2020, 16:48 Uhr.

      Sie haben absolut Recht. Auf katholisch.de heißt es: „In der Kurie heißt es, dass ein Kardinal der heiligen römischen Kirche wegen Versäumnissen im Amt vor ein Vatikangericht komme, sei aus theologischen Gründen eigentlich undenkbar. So mussten sich in einer Affäre um eine 700-Quadratmeter-Ruhestandswohnung für Ex-Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone mehrere Personen juristisch verantworten, nicht jedoch der Bauherr Bertone.“
      Da irrt man sich an der Kurie gewaltig. Wenn ein Kardinal sich verfehlt, gehört er vor Gericht und bei erwiesener Schuld angemessen verurteilt.

  • Heilbründl
    25.09.2020, 7:44 Uhr.

    Die Geduld der Frauen ist endlich. Ich bin jetzt 63 geworden und hatte mich als Kind schon entsetzlich geärgert, dass ich damals nicht Ministrantin werden durfte. Heute sind die jungen Frauen nicht so duldsam, sie treten einfach aus der Kirche aus. Ich weiß nicht, ob sich die Bischöfe Gedanken darüber machen, welche Folgen das hat. Meist sind immer noch die Frauen Tischmütter und Firmhelfer. Bald bricht der ganze Unterbau der Jungen weg. Vielleicht ergeht es dann der Kirche in Deutschland wie vielen Vereinen, die sich mittlerweile auflösen mangels Nachwuchs!

    • ZufälligerGastleser
      28.09.2020, 19:19 Uhr.

      Sehr geehrte Heilbründl, der Ministrantendienst steht ja doch auch sinnvoll in einer möglichen Hinordnung zum zölibatären Priestertum, bei allem Verständnis für Ihre Verärgerung in diesem Lebensalter. Auch und besonders ist dieses, recht verstanden, ein Opfern und Dienen; dagegen soll man nun die Firmhelfer und Tischmütter nicht schlecht machen. Wäre dem so wie Sie sagen, müsste es ja auch wenigstens einen deutlichen Zustrom dieser frommen Frauen in die Orden geben, wo sie viel Gutes tun, ein geistliches Leben führen und, nebenbei, auch Priorin, Äbtissin oder Generalobere werden oder in der Lehre wirken können. Den gibt es leider nicht. Priestertum oder Ordensberufung sind aber vorallem keine Selbstverwirklichung nach eigenen und zeitgeistbeförderten Vorstellungen, sondern Selbsthingabe. Diese als reformfordernd hingestellt trotzige Austrittshaltung, bei wem und wievielen ist fraglich, halte ich daher eher für ein medial verstärktes Pseudoargument, um gegen die geltende und überlieferte Ordnung anzugehen, zu destruieren; von kirchenfeindlichen Kräften gern und seit langem aufgegriffen. Über Ihre Wortmeldung hinausgehend und zu den wiederum medial verstärkten Themen des Synodalen Weges bemerkt: Wohin soll das zusammengeführt denn führen? Frauenpriestertum, verheiratete Priester, Segnung für gleichgeschlechtliche Paare, Akzeptanz (wie oft) wiederverheirateter Paare – dann weibliche Bischöfe – und zum Schluss auch die nach Scheidung lesbisch „wiederverheiratete“ „katholische“ Bischöfin, die einen zölibatären Benediktiner- oder gar Kartäusermönch zum Priester weiht? Von der ebensolchen „Päpstin“ zu schweigen. Mich würde wirklich interessieren, ob Sie oder andere Foristen hier, sich das vorstellen oder wünschen? Wobei doch klar ist, daß dies zum großen Schisma führt …. Übrigens bin ich, selbst Laie, gewiß, daß die wahre Kirche in welchen Katakomben auch immer überleben wird und weiß, auf welche Seite ich armer Sünder beim dann zu erwartenden schisma magnum mich stellen werde.

      • Alberto Knox
        29.09.2020, 10:05 Uhr.

        „der Ministrantendienst steht ja doch auch sinnvoll in einer möglichen Hinordnung zum zölibatären Priestertum“. ministranten gibt es auch bei den orthodoxen und den unierten ostkirchenchristen. bei beiden gibt es keinen zölibat. also ist die aussage unwahr, dass ministranten auf das zölibatäre priestertum hingeordnet sind. ministranten sind gar nicht auf das priestertum hingeordnet. schließlich heiraten die meisten und haben auch sex, wenn sie erwachsen sind. und: der ministrantat ist ein liturgisches laienamt, das zurecht frauen offensteht. dass er das früher nicht tat, war schlicht eines: eine sünde gegen die biblisch von gott erforderte gleichheit der geschlechter. daher halte ich den satz „der Ministrantendienst steht ja doch auch sinnvoll in einer möglichen Hinordnung zum zölibatären Priestertum“ schlicht für sinnfreies geschwurbel […]*.

        *Der Beitrag wurde wegen des Verstoßes gegen die Netiquette editiert.

      • Erasmus
        29.09.2020, 14:32 Uhr.

        „… zum Schluss auch die nach Scheidung lesbisch „wiederverheiratete“ „katholische“ Bischöfin, die einen zölibatären Benediktiner- oder gar Kartäusermönch zum Priester weiht? Von der ebensolchen „Päpstin“ zu schweigen. Mich würde wirklich interessieren, ob Sie oder andere Foristen hier, sich das vorstellen oder wünschen?“

        Nein, das wünsche ich mir nicht. Aber eine zölibatäre Bischöfin kann ich mir gut vorstellen. Kirche – in ihrer diesseitigen Verfasstheit – hat sich in Auseinandersetzung und Antwort auf bestimmte politisch-gesellschaftliche Verhältnisse im Lauf der Jahrhunderte gewandelt. Mit dem II. Vatikanum war die Katholische Kirche auf der Höhe der Zeit, drehte dann aber das Rad zurück, während es in der Gesellschaft mit Frauenemanzipation und Demokratisierung voranging. Heutzutage reichen wohlfeile Worte über die Würde der Frau nicht mehr aus. KatholikInnen fordern zurecht Gleichberechtigung, verbunden mit dem Zugang zu allen Ämtern und Funktionen.

        Inzwischen haben sich die großen katholischen Frauenverbände kfd und KDFB viele Forderungen von Maria 2.0 zu eigen gemacht. Die Gruppe OFMW (Ordensfrauen für Menschenwürde) fordern „die Zulassung von Frauen zu allen kirchlichen Ämtern und Funktionen.“ In Freiburg betreiben Theologiestudentinnen die Website „meingottdiskriminiertnicht“ und insistieren: „Die römisch-katholische Kirche muss sich ändern, denn kein Mensch darf wegen seines Geschlechts und/oder seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden.“

        Die neue katholische Frauenbewegung ist dynamisch und hat ihren Rückhalt in breiten Kreisen des Kirchenvolkes. Mit dem prophetischen Amt ausgestattet, ist das Volk Gottes mit einem „übernatürlichen Glaubenssinn“ begabt, und kann, wenn es seine „allgemeine Übereinstimmung in Sachen des Glaubens und der Sitten äußert … im Glauben nicht irren.‘ (LG 12) Die Bischöfe haben verstanden, dass der aktuelle revolutionäre Aufbruch ernst zu nehmen ist. Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, schließt sich der Forderung nach der Gleichberechtigung von Frauen – auch in der Kirche – an:

        „Wenn man sagt, der Sensus fidelium – der Glaubenssinn – ist in der Kirche wichtig, … dann nehme ich einfach wahr: Dieser Sensus ist nicht nur bei Frauen, sondern auch bei vielen Männern da, dass das als etwas Ungerechtes empfunden wird, dass es einen Ausschluss gibt auf dieser Ebene des Sakramentalen von Frauen. Insofern würde ich sagen: Da bin ich nicht nur Moderator, sondern das mache ich mir auch zu eigen.“ (Bätzing am 21.09. im DLF)

      • Wanda
        29.09.2020, 16:35 Uhr.

        Mir erscheinen verheiratete Priester (die dann endlich auch als Fachleute gelten könnten) ebenso möglich und logisch wie Frauen als Priester. Wo gibt es in dieser Hinsicht einen logisches Vorbehalt ? Womit sollte die Unfähigkeit zum Amt begründet sein ? Bin bei weitem kein radikal „progressiver“ Mensch und nicht mal ein wirklich Gläubiger. Habe auch durchaus bestimmte Vorbehalte, die ich nicht einmal zu 100 % begründen kann und auch nicht will: ein homosexuelles Paar als Adoptiv-Eltern ist mir beispielsweise undenkbar, unabhängig davon ob es sich um Frauen oder Männer handelt. Kann mir einfach nicht vorstellen, dass es ohne Einfluss auf die Kinder bleibt. Halte mich schon sonst für recht tolerant, aber dagegen komme ich nicht an, während es Anderen durchaus ein Diskussionsthema ist. . .

        • Alberto Knox
          30.09.2020, 9:53 Uhr.

          „Mir erscheinen verheiratete Priester (die dann endlich auch als Fachleute gelten könnten) ebenso möglich und logisch wie Frauen als Priester.“

          es gibt ja verheiratete katholische priester. dem papst unterstehen 23 katholische kirchen. nur eine einzige kennt verpflichtung auf die ehelosigkeit der priester.
          „Habe auch durchaus bestimmte Vorbehalte, die ich nicht einmal zu 100 % begründen kann und auch nicht will: ein homosexuelles Paar als Adoptiv-Eltern ist mir beispielsweise undenkbar, unabhängig davon ob es sich um Frauen oder Männer handelt. Kann mir einfach nicht vorstellen, dass es ohne Einfluss auf die Kinder bleibt.“
          dann sollte man so ehrlich sein, dass a) „nicht begründen können“ heißt: irrational sein (und möglicherweise vorurteile haben); und dass „nicht begründen wollen“ heißt: fundamentalistisch sein. in einem demokratischen gesellschaftsprozess gibt es aber eine pflicht, seine meinungen zu begründen wenn man die meinungen denn einbringen WILL.

          • Erasmus
            01.10.2020, 11:43 Uhr.

            Sehr geehrter Alberto Knox,

            Sie haben sich eine Äußerung von Wanda vorgenommen:
            „Habe auch durchaus bestimmte Vorbehalte, die ich nicht einmal zu 100 % begründen kann und auch nicht will: ein homosexuelles Paar als Adoptiv-Eltern ist mir beispielsweise undenkbar, unabhängig davon ob es sich um Frauen oder Männer handelt. Kann mir einfach nicht vorstellen, dass es ohne Einfluss auf die Kinder bleibt.“

            Sie schreiben, man sollte „so ehrlich sein, dass a) ‚nicht begründen können‘ heißt: irrational sein (und möglicherweise Vorurteile haben); und dass ‚nicht begründen wollen‘ heißt: fundamentalistisch sein.“

            Ich empfinde die Aussage von Wanda als ausgesprochen ehrlich und begrüße es, dass Wanda von „bestimmten Vorbehalten“ spricht und nicht sagt: „Ich habe den glasklaren Standpunkt …“

            Ihre Replik auf Wanda dagegen erscheint mir als doktrinell und apodiktisch. Zu (a): Es gibt eine Gefühlsrationalität. Die wenigsten unserer Entscheidungen beruhen auf vorheriger logischer Vernunftabwägung. Zu (b): Wandas „nicht begründen wollen“ würde ich in psychoanalytischer Perspektive als Widerstand begreifen. Fundamentalisten beziehen sich sehr gerne auf ideologische Begründungszusammenhänge.

            Was das homosexuelle Elternpaar mit Adoptivkind anbetrifft, so sollte man das Aufwachsen eines Kindes in Heimen der Möglichkeit, in einer liebevollen – wenn auch besonderen – Familie groß zu werden, gegenüberstellen.

          • Wanda
            01.10.2020, 16:10 Uhr.

            @Alberto Knox 30. 09. 09:53
            Nichts für ungut, aber:
            – 1. lehne ich es kategorisch ab, dass man mir eine Haltung vorgibt, genau so wenig wie ich Anderen eine vorgebe,
            – 2. habe ich eindeutig meine Bedenken erklärt, die darin bestehen, dass ich einen prägenden Einfluss auf die Entwicklung der Kinder für möglich halte, so wie jede Elternschaft unweigerlich ihre Prägung auf die Kinder hinterlässt. Das dürfte wohl erwiesen sein, wenn man Kinderpsychologen und Verhaltensforscher ernst nimmt.
            – 3. bekenne ich mich zu meiner Abneigung und muss sie tolerieren: sie ist da und nicht zu ändern. Genau so wie ich einige Menschen grundlos unsympathisch finde. Deswegen bin ich diesen homosexuellen Eltern ja nicht feindlich gesinnt.
            – Abschliessend: muss ich unbedingt auf jeder Toleranzwelle mitschwimmen, obwohl ich anderer Meinung bin ? Erlaube mir meine eigenen Ansichten, die ich anderen absolut nicht aufzwinge. Dieses Recht billige ich mir zu.

      • Heilbründl
        30.09.2020, 5:19 Uhr.

        „Wäre dem so wie Sie sagen, müsste es ja auch wenigstens einen deutlichen Zustrom dieser frommen Frauen in die Orden geben, wo sie viel Gutes tun, ein geistliches Leben führen und, nebenbei, auch Priorin, Äbtissin oder Generalobere werden oder in der Lehre wirken können. Den gibt es leider nicht.“
        Könnten Sie mir das bitte näher erläutern, was Sie damit meinen?
        Im Übrigen kann ich mir verheiratete Priester Und Priesterunnen gut vorstellen und würde dies begrüßen. Bei den griechisch Orthodoxen funktioniertes ja auch (noch ohne Priesterunnen). Es ist ein Gut an sich, wenn ein Priester zölibatär lebt (Kolbe z. B.), aber es gibt auch eine Lebenswirklichkeit.
        Jesus war zu seiner Zeit sehr fortschrittlich eingestellt. Wer kann denn ausschließen, dass Jesus zur heutigen Zeit nicht auch Frauen weihen würde.

        • Alberto Knox
          30.09.2020, 9:54 Uhr.

          es gibt ja verheiratete katholische priester. dem papst unterstehen 23 katholische kirchen. nur eine einzige kennt verpflichtung auf die ehelosigkeit der priester. alle anderen katholischen kirchen haben verheiratete priester.

        • Alberto Knox
          30.09.2020, 9:58 Uhr.

          „„Wäre dem so wie Sie sagen, müsste es ja auch wenigstens einen deutlichen Zustrom dieser frommen Frauen in die Orden geben, wo sie viel Gutes tun, ein geistliches Leben führen und, nebenbei, auch Priorin, Äbtissin oder Generalobere werden oder in der Lehre wirken können. Den gibt es leider nicht.“
          Könnten Sie mir das bitte näher erläutern, was Sie damit meinen?“
          natürlich kann man das nicht näher erläutern. ich halte dieses argument mit seinen varianten (dann müsste es den evangelischen besser gehen) für pure nebelkerzen. frauen als priester braucht es nicht, weil wir mehr erfolg haben wollen (erfolg ist keiner der namen gottes), sondern weil das verbot der frauenweihe purer sexismus ist und diskriminierung. und auch gegen die bibel ist. mit genau derselben logik – jesus hatte keine frauen als apostel – kann man auch sagen: auch keine chinesen und afrikaner. der ausschluss von chinesen und afrikanern wäre rassismus, der von frauen ist sexismus. und kann sich nicht auf die bibel berufen.

        • Wanda
          30.09.2020, 22:03 Uhr.

          @Heilbründl 30.09. 05:19
          – wenn es stimmt was von Jesus berichtet wird, dann würde ich (der den Nazarener als „lediglich“ grossen, bis dato unerreichten Humanisten wertet) keineswegs ausschliessen, dass er Frauen die gleichen Fähigkeiten und spirituelle Kraft zutraute wie seinen manchmal sehr wankelmütigen Jüngern. Einige seiner Äusserungen, niedergelegt im NT lassen jedenfalls darauf schliessen. Das wird beim Bibelstudium offenbar gern unterdrückt. . .

  • Erasmus
    25.09.2020, 15:11 Uhr.

    „Bei der Frauenfrage etwa kommen die einen Bischöfe aus einer stark dogmatischen Perspektive, während andere sich eher von der soziologischen Perspektive dem Thema nähern.“

    In diesem Zusammenhang fehlt die Perspektive des in der Kirchenkonstitution ‚Lumen gentium‘ artikulierten Sensus fidelium, dem Glaubenssinn des Volkes. „Mit dem prophetischen Amt ausgestattet, ist das Volk Gottes mit einem ‚übernatürlichen Glaubenssinn‘ begabt, und kann, wenn es seine ‚allgemeine Übereinstimmung in Sachen des Glaubens und der Sitten äußert … im Glauben nicht irren.‘ (LG 12) Mit dem königlichen Amt betraut verwirklicht es sein Apostolat in der Welt.“ (Neuner: Abschied von der Ständekirche. 2015, S. 119)

    Erfreulicherweise greift Bischof Georg Bätzing genau diese Argumentationslinie auf. Auch wenn von Rom aus die Debatte über das Priesteramt für Frauen als abgeschlossen erklärt wird, kann das für Bätzing nicht heißen, „dass über die Frage der Weihe von Frauen nicht weiter gesprochen wird. Denn die Frage ist da, mitten in der Kirche! Im Gottesvolk werden die Argumente für das ‚Nein‘ zur Frauenordination vielfach nicht mehr angenommen. Deshalb bin ich sehr dafür, die Erkenntnisse und Entschlüsse, die wir auf dem Synodalen Weg sammeln – auch hinsichtlich der Frau und des Amtes –, nach Rom zu transportieren, auf die Ebene der Gesamtkirche.“ (Publik Forum 2020, Nr. 10, S. 32)

    Der Theologe und ehemalige Hochschullehrer Norbert Scholl erinnert in einem Beitrag für das Online-Magazin ‚Die Eule‘ daran, dass das Zweite Vatikanische Konzil das Dogma von der päpstlichen Unfehlbarkeit in den größeren ekklesiologischen Zusammenhang des ‚Volkes Gottes‘ gestellt hat: „Die Unfehlbarkeit kommt zunächst der Gemeinschaft der Glaubenden zu und dann seiner Leitung, dem Kollegium der Bischöfe unter Führung des Papstes.“ (Die Spaltung der Bischöfe über die Frauenordination, 17.02.2020)

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