Papst Franziskus in Fernost – Tag 4

Papst Franziskus hat zum Auftakt seines Besuches in Japan die hohe Zahl von Selbstmorden sowie das Mobbing als Plagen bezeichnet, deren sich die Kirche des Landes besonders annehmen müsse. Zugleich erklärte er, dass er sich die „prophetischen Appelle“ der katholischen Bischöfe Japans zur nuklearen Abrüstung zu Eigen machen wolle. Franzskus wird am Sonntag Nagasaki und Hiroshima besuchen. Neben viel Wertschätzung für die Leistung der Kirche in Japan mahnte der Papst am Abend bei einem Treffen mit den lokalen Bischöfen, dass sie die ganze Gesellschaft im Blick haben müssten. Kritiker werfen der japanischen katholischen Kirche vor, sie sei eine Kirche der Eliten und zu wenig inkulturiert.

Über den Wolken hat Franziskus heute vielleicht eine Chance verpasst. (Quelle: Erbacher)

Kein Ton zu Hongkong

Während Thailand den Papst am Samstagmorgen mit Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen verabschiedete, erwartete Japan ihn am späten Nachmittag mit Regen und kühlen 15 Grad. Dazwischen ließ Franziskus die Gelegenheit aus, beim Überfliegen der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong endlich das Schweigen des Vatikans zu den Demonstrationen dort zu brechen. Die mitreisenden Journalisten hatten im Vorfeld darum gebeten, der Papst möge auf dem knapp sechsstündigen Flug eine kurze Pressekonferenz geben. Er hat sich nicht gezeigt.

Dabei sollte es in erster Linie um einen Rückblick auf den Besuch in Thailand gehen. Darüber hinaus hätte die geografische Nähe zu Hongkong die Chance zu einer Positionierung geboten. Es fällt auf, dass der Vatikan bisher zu den Ereignissen dort schweigt. Nicht einmal der Aufruf zum friedlichen Austragen des Konflikts war bisher aus dem kleinsten Staat der Welt zu vernehmen. In vergleichbaren Situationen nutzt Franziskus das Mittagsgebet am Sonntag oder die Generalaudienz am Mittwoch regelmäßig für Appelle zum Dialog und friedlicher Konfliktlösung. Hat der Vatikan Angst vor der Reaktion aus Peking, wenn er sich äußert?

Chinakurs des Vatikans umstritten

Seit langer Zeit gibt es heftige Diskussionen um den aktuellen Chinakurs des Vatikans. Der Heilige Stuhl habe sich beim Abschluss eines vorläufigen Abkommens über die Ernennung von Bischöfen über den Tisch ziehen lassen, erklären Kritiker wie der ehemalige Erzbischof von Hongkong, Kardinal Joseph Zen Ze-kiun. Seitdem habe sich die Situation der Katholiken verschlechtert. Zudem sei das Abkommen, in dem betont werde, dass es in China nur eine katholische Kirche gebe, nämlich die offiziell anerkannte Katholische Patriotische Vereinigung, ein Verrat an den Untergrundkatholiken.

Papst Franziskus setzt auch an dieser Stelle auf Dialog. Man kann den Eindruck bekommen, er möchte um jeden Preis einen direkten Gesprächsfaden mit der Regierung in Peking spinnen. Wiederholt hat er seine Wertschätzung gegenüber der chinesischen Kultur zum Ausdruck gebracht und erklärt, dass er sofort zu einer Reise ins Reich der Mitte bereit wäre, wenn eine entsprechende Einladung aus Peking komme. Will man dieses Projekt, an dem im Hintergrund auch eine Reihe Drittstaaten mitarbeiten, nicht gefährden? Fürchtet man weitere Repressionen für die Katholiken in China? Spätestens beim Rückflug von Tokio nach Rom am Dienstag wird Franziskus bei der Pressekonferenz den Journalisten dazu Rede und Antwort stehen müssen.

Lob und Mahnung für Japans Bischöfe

Der Fokus des Papstes liegt nun zunächst auf Japan. Beim Treffen mit den Bischöfen fiel auf, dass er ausdrücklich betonte, dass „die Mission auf diesem Boden durch eine intensive Suche nach Inkulturation und Dialog gekennzeichnet“ war. Als wäre es heute nicht mehr so. Dazu kam die beständige Mahnung an die Kirchenoberen, „das Leben des ganzen euch anvertrauten Volkes zu lieben“ und allen zu helfen, die in Not sind. „Das Böse bevorzugt keine bestimmten Menschen und informiert sich nicht über die Zugehörigkeiten“, begründete Franziskus seinen Appell. Ausdrücklich würdigte er die großen Zeugen des Glaubens in der Zeit der Verfolgung sowie das Wirken der Untergrundkatholiken in dieser Phase. Es war also die typische Mischung aus Lob und Tadel des Papstes gegenüber seinen Mitbrüdern im Bischofsamt.

Mit Blick auf die „Plagen“ der hohen Zahl an Suiziden, des Mobbing sowie „verschiedener Formen von Selbstüberforderung“, forderte er die Kirche Japans auf, „Räume zu schaffen, in der die Kultur der Effizienz, der Leistung und des Erfolgs sich für die Kultur einer unentgeltlichen und uneigennützigen Liebe öffnen kann, die imstande ist, allen und nicht nur denen, die es ‚geschafft haben‘, Möglichkeiten eines glücklichen und gelungenen Lebens aufzutun“. Dazu müsse die Kirche die Menschen in ihrem Alltag erreichen. Auch wenn der Begriff nicht eigens fiel, war das Bild klar. Die Kirche muss hinausgehen an die Orte, an denen die Menschen leben und arbeiten.

Besuch mit persönlicher Note

Nur kurz erwähnte Franziskus zu Beginn seines Treffens mit den Bischöfen, dass er seit vielen Jahrzehnten auf diesen Besuch in Japan warte. Seit seiner Jugend hege er Sympathie und Zuneigung für das Land. Heute sei er als missionarischer Pilger gekommen. Die ersten großen Akzente wird er am Sonntag bei seinen Besuchen in Nagasaki und Hiroshima setzen. Der Vatikan kündigte eine Botschaft zu Atomwaffen sowie einen Friedensappell an. Schon im Vorfeld der Reise hatte Franziskus den Besitz von Atomwaffen als unmoralisch bezeichnet. Entsprechend werden morgen zu dem Thema deutliche Worte erwartet.

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Jürgen Erbacher

Seit Juli 2018 leite ich die ZDF-Redaktion "Kirche und Leben katholisch", für die ich seit 2005 über die Themen Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche berichte. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

2 Kommentare

  • Wanda
    23.11.2019, 17:52 Uhr.

    Wen reisst es denn noch vom Hocker, wenn eine weltprominente Persönlichkeit wie der Papst sich gegen Atomwaffen und für eine nukleare Abrüstung ausspricht ? Wer glaubt denn noch an die Wirksamkeit einer solchen Erklärung, die bereits so oft und von so vielen, auch politischen Entscheidungsträgern gemacht wurde.
    Abgesehen davon, haben sich denn Franziskus‘ Vorgänger im Amt nicht schon dazu entsprechend geäussert ? Die Position des Vatikan dürfte damit doch wohl hinreichend bekannt sein…
    Habe den Eindruck, diese Reise des Pontifex ist/war überflüssig wie ein Kropf angesichts der brennenden existenziellen Probleme der Mutter Kirche…

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