Papstreise endet mit eindringlichem Friedensappell

„Der Nahe Osten braucht ein neues Denken!“ Mit einem eindringlichen Friedensappell für die Region verabschiedete sich Papst Leo XIV. aus dem Libanon. Das Thema Frieden und Versöhnung durchzog wie ein roter Faden die letzten beiden Tage im Libanon. Auffallend war, dass der Pontifex bei vielen Terminen im Libanon lockerer und deshalb präsenter wirkte als zuvor in der Türkei, seine Reden mit Emotionen vortrug und deshalb auch immer wieder Applaus aufkam, während er sprach. Das zeigte sich am Montag beim Treffen mit Vertretern anderer Kirchen und Religionen in Beirut und besonders bei der Begegnung mit Jugendlichen am Abend in der Katholikenhochburg Bkerke. Auch beim Gottesdienst und der Abschiedszeremonie heute, konnten die Anwesenden einen Papst erleben, der nicht nur eine Rede verlas, sondern seinen Worten Nachdruck verlieh. Bei der fliegenden Pressekonferenz auf dem Weg zurück nach Rom sprach er unter anderem über den Synodalen Weg in Deutschland, Reisepläne, den Ukrainekrieg und die Situation in Venezuela.

Papst Leo XIV. bei der Pressekonferenz auf dem Weg von Beirut nach Rom. (Foto: Erbacher)

Angst und Misstrauen überwinden

Wer, wenn nicht der Papst, sollte sich für Frieden und Versöhnung einsetzen. Daher überrascht es nicht, dass Leo XIV. im Libanon beständig darüber sprach. War es in der Türkei die Ökumene, so war es im Libanon der Frieden und der Dialog der Religionen, die im Mittelpunkt der Reise standen. Überraschend war dann doch, dass der Papst am Ende des Gottesdienstes noch einmal in deutlichen Worten eine Abkehr von Gewalt und Krieg forderte sowie neue Ansätze, „um die Mentalität der Rache und Gewalt abzulehnen, politische, soziale und religiöse Spaltungen zu überwinden und im Namen der Versöhnung und des Friedens ein neues Kapitel aufzuschlagen“.

Kurz darauf am Flughafen richtete er einen weiteren eindringlichen Appell an die Menschen in der Region und darüber hinaus: „Die Angriffe und Feindseligkeiten müssen aufhören. Niemand sollte mehr glauben, dass bewaffnete Kämpfe irgendetwas Gutes bewirken. Waffen töten, Verhandlung, Vermittlung und Dialog hingegen bauen auf. Lasst uns alle den Frieden als Weg wählen, und nicht nur als Ziel!“ Immer wieder betonte Leo XIV., dass der Libanon ein Beispiel dafür sei, dass ein gutes Miteinander gelingen könne. Etwa beim Treffen mit Vertretern anderer Kirchen und Religionen am Montagabend in Beirut. Die Menschen im Libanon, die verschiedenen Religionen angehörten, erinnerten eindringlich daran, so Leo, „dass Angst, Misstrauen und Vorurteile nicht das letzte Wort haben und dass Einheit, Versöhnung und Frieden möglich sind“.

Konklave und Synodaler Weg

Auf dem Rückweg von Beirut nach Rom wirkte der 70-jährige Pontifex gut gelaunt und aufgeräumt, beantwortete acht freie Fragen weit über die Reise hinaus. So verriet er, dass er als nächstes wohl nach Afrika reisen wird. Dort will er unter anderem in Algerien auf den Spuren des heiligen Augustinus wandeln. Weitere Länder sollen dazukommen. Die Reise könnte bereits Anfang 2026 stattfinden, war in den letzten Tagen zu hören. Sicherlich ebenfalls im kommenden Jahr dürften Peru, Argentinien und Uruguay mit einer Papstvisite rechnen. Diese Reise wird wohl eher in Richtung Sommer stattfinden. Einen kurzen Einblick gab Leo ins Konklave. Als er gewahr wurde, was auf ihn zukam, habe er tief Luft geholt und gesagt: „Hier bin ich, Herr, Du bist der Anführer, du führst uns auf dem Weg.“

Mit Blick auf den Synodalen Weg in Deutschland betonte Leo XIV., dass es „Raum für Inkulturation“ gebe. „Die Tatsache, dass die Synodalität an einem Ort auf eine bestimmte Weise gelebt wird und an einem anderen Ort anders, bedeutet nicht, dass es zu einem Bruch oder einer Spaltung kommen muss“, stellte das Kirchenoberhaupt fest. Aus seiner Sicht ist es allerdings notwendig, dass es innerhalb der Kirche in Deutschland einen weiteren Dialog und ein Zuhören geben müsse. „Damit die Stimme der Mächtigen nicht die Stimme derer übertönt, die vielleicht sogar sehr zahlreich sind, aber keinen Ort haben, an dem sie sprechen und gehört werden können“, erklärte Leo.

Offenbar hat er einen ähnlichen Eindruck wie sein Vorgänger Franziskus, dass in den deutschen Prozess nicht alle kirchlichen Lager eingebunden sind. Er zeigte sich zuversichtlich, dass der Dialog zwischen den deutschen Bischöfen und der Kurie zu einem guten Ergebnis führen werde, sieht aber auch da offenbar in Deutschland bei den Befürwortern und Gegnern des Synodalen Wegs Handlungsbedarf, wenn er abschließend feststellt: „Ich glaube, dass es auf beiden Seiten in Deutschland einige Anpassungen geben wird, aber ich hoffe sehr, dass sich die Dinge positiv entwickeln werden.“

Islam in Europa

Angesprochen auf die Ängste mancher Kreise in Europa vor dem Islam, verwies Leo XIV. auf die Gespräche und Erfahrungen während der Reise. Sie habe der Welt vor Augen geführt, dass ein respektvoller Umgang von Christen und Muslimen möglich ist. Das sei eine wichtige Lektion, die man in Europa und Nordamerika beherzigen solle. Er wisse, dass es in Europa oft Ängste gebe. „Aber meistens werden diese von Menschen geschürt, die gegen Einwanderung sind und versuchen, Menschen fernzuhalten, die aus einem anderen Land kommen, einer anderen Religion angehören oder einer anderen Rasse angehören“, antwortete Leo. Seine Konsequenz: „Wir sollten vielleicht etwas weniger Angst haben und nach Wegen suchen, einen echten Dialog und Respekt zu fördern.“

Bei den Verhandlungen über einen Frieden in der Ukraine müssten die Europäer beteiligt werden, erklärte Leo. Mit Blick auf die Situation in Venezuela sprach er sich gegen eine Militäraktion aus. Man müsse andere Möglichkeiten einer Lösung suchen, notfalls über wirtschaftlichen Druck. Zusammen mit der dortigen Bischofskonferenz arbeite man daran, wie man den Menschen im Land helfen könne. Denn, so der Papst, „in solchen Situationen leidet das Volk, nicht die Autoritäten“.

Positive Bilanz

Die erste Auslandsreise ist zu Ende. Der Papst scheint zufrieden zu sein. In der Türkei wirkte er noch verkrampft, nervös, zurückhaltend. Im Libanon taute er immer mehr auf. Mag sein, dass die Rahmenbedingungen dazu beigetragen haben. Das Verhältnis zur Regierung Erdogan ist nicht einfach. Die Kirchen sind auf das Wohlwollen der Behörden angewiesen, um arbeiten zu können. Auch in der Ökumene ist vorsichtiges Agieren geboten. Im Libanon wurde Leo XIV. mit offenen Armen empfangen. Das machte es ihm sicherlich leichter zu agieren. Und er nutzte die Möglichkeiten, die sich ihm dadurch boten. Nun bleibt es spannend, wohin die nächsten Reisen konkret führen werden. Mit dieser Reise absolvierte Leo, was Franziskus noch offengelassen hatte, auch wenn er sich die Inhalte zu eigen machte. Ab jetzt wird er eigene Reise-Akzente setzen.

P.S. Über das Thema berichtete am 02.12.2025 die ZDF-Sendung Volle Kanne ab 09.05 Uhr sowie die ZDFheute am 02.12.2025 um 19.00 Uhr.

Autorenbild

Jürgen Erbacher

Seit August 2024 leite ich die ZDF-Redaktion "Religion und Leben", in der die Redaktion "Kirche und Leben katholisch", deren Leiter ich seit Juli 2018 war, aufgegangen ist. Für das ZDF arbeite ich seit 2005 und berichte über Papst, Vatikan, Theologie und katholische Kirche. Dafür pendle ich regelmäßig zwischen Mainz und Rom - meiner zweiten Heimat. Dort habe ich vor meiner ZDF-Zeit mehrere Jahre gelebt und für Radio Vatikan gearbeitet. Studiert habe ich Politikwissenschaft und Katholische Theologie in Freiburg i.Br. und Rom.

Verfassen Sie einen Kommentar

Alle Kommentare werden vor der Veröffentlichung von uns geprüft. Kommentare, die Verlinkungen enthalten, werden nicht veröffentlicht. Hinweise zum Datenschutz